Das Geschenk der Freiheit Predigt zu Philipper 1, 15-21 von Anke Fasse
1, 15-21

Das Geschenk der Freiheit Predigt zu Philipper 1, 15-21 von Anke Fasse

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

 

Liebe Gemeinde,

sie hat mich fasziniert, diese Frau. Sie ist Vorsitzende eines großen Hilfsvereins. Für viele an ALS Erkrankte setzt sie sich ein, hat in den letzten Jahren ein dichtes Netzwerk der Kommunikation und Unterstützung geschaffen. Sie liebt das Leben – und strahlt dies auch aus. Gemeinsam mit ihrem Mann, ihrer Tochter, Hund und Katze ist ihr ein offenes gastfreundliches Haus wichtig. Sie, das ist Nadine, 45 Jahre und seit fünfzehn Jahren an ALS, einer nicht heilbaren, fortschreitenden Erkrankung des motorischen Nervensystems erkrankt. Inzwischen kann sie nur noch ihre Augen bewegen. Sie kommuniziert durch Augenkontakt mit einem Computer, so schreibt sie auch ihre Briefe und Emails als Vorsitzende des Vereins.

Nadine ist vollständig auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen. Natürlich ist das nicht leicht. Die Diagnose und dann der Alltag mit der fortschreitenden Erkrankung hat das Leben von Nadine und ihrer Familie vollständig verändert.

Es war ein besonderer Weg, den sie gegangen sind, erzählt sie – mit Hilfe ihres Sprachcomputers. Aber sie ist gewachsen auf diesem Weg, hat so viel Neues gelernt und erfahren, Menschen noch einmal neu und anders kennengelernt – und sie ist sicher, dass sie nur so ihre Aufgabe gefunden hat, nämlich sich durch ihre Erfahrungen für andere einzusetzen. Natürlich gab es auf diesem Weg auch Rückschläge und dunkle Zeiten. Aber insgesamt, möchte sie ihr Leben nicht tauschen, das steht für Nadine fest.

Sie hat mich fasziniert, diese Frau. Welche Kraft, ja welche Freiheit von ihr ausstrahlt, und das obwohl sie sich selbst nicht bewegen kann und ganz auf die Hilfe anderer angewiesen ist.

 

Seit Jahrhunderten fasziniert er viele. Zunächst waren ihm die Christen ein Dorn im Auge. Aber dann, seit jenem Erlebnis auf dem Weg von Jerusalem nach Damaskus, veränderte sich alles. Nun war er ein leidenschaftlicher Missionar geworden, gründete Gemeinden, lebte, liebte und sorgte für sie, mehr als für sonst irgendetwas. Der Glaube, das Vertrauen in Jesus Christus, das war für ihn das Entscheidende. Ja, und selbst im Gefängnis, selbst unter Anfeindungen, unter der Gefahr des eigenen Lebens, lässt er nicht davon ab. Weiter schreibt er Briefe an die verschiedenen Gemeinden und erzählt ihnen von seinem Vertrauen in Jesus Christus. Christus ist mein Leben und Sterben ein Gewinn. Er strahlt Vertrauen und Freiheit, Freiheit aus dem Glauben heraus aus, ja sogar eine tiefe Freude, obwohl er sich im Gefängnis befindet und sein Leben in akuter Gefahr ist. An die Gemeinde in Philippi schreibt Paulus:

Einige zwar predigen Christus aus Neid und Streitsucht, einige aber auch in guter Absicht: diese aus Liebe, denn sie wissen, dass ich zur Verteidigung des Evangeliums hier liege; jene aber verkündigen Christus aus Eigennutz und nicht lauter, denn sie möchten mir Trübsal bereiten in meiner Gefangenschaft. Was tut’s aber? Wenn nur Christus verkündigt wird auf jede Weise, es geschehe zum Vorwand oder in Wahrheit, so freue ich mich darüber.

Aber ich werde mich auch weiterhin freuen; denn ich weiß, dass mir dies zum Heil ausgehen wird durch euer Gebet und durch den Beistand des Geistes Jesu Christi, wie ich sehnlich warte und hoffe, dass ich in keinem Stück zuschanden werde, sondern dass frei und offen, wie allezeit so auch jetzt, Christus verherrlicht werde an meinem Leibe, es sei durch Leben oder durch Tod. Denn Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn. (Phil 1, 15-21).

 

Paulus, der voller Freude, Freiheit und Zuversicht ist – durch seinen Glauben, auch in Gefangenschaft. Mich fasziniert dieser Mann.

 

Zwei besondere Menschen, deren Körper in unterschiedlicher Art und Weise gefangen sind; deren Geist und Seele aber in ganz besonderer Art und Weise frei ist. Sie zeichnet ein besonderes Vertrauen aus, dass sie Vieles andere, was Menschen oft beschäftigt und bindet, loslassen lässt. Und dieses Vertrauen, es schenkt Freiheit. Faszinierend!

 

Ja, es gibt sie diese besonderen Menschen, die berühren, die Vorbilder sind. Menschen mit einem besonderen Charisma. Die Mütter und Väter des Glaubens gehören dazu. Ich weiß nicht, an wen Sie dabei denken oder wer Ihnen da vielleicht wichtig geworden ist.

Für mich ist Dietrich Bonhoeffer ganz wichtig. Die vielen Texte und Briefe, die er im Gefängnis schrieb.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,

erwarten wir getrost, was kommen mag.

Gott ist bei uns am Abend und am Morgen

Und gewiss an jedem neuen Tag.

Er gibt die Erfahrung tiefen Vertrauens in einer Zeit weiter, in der das ganze Leben aus den Fugen geriet und eine Zukunft kaum erkennbar schien. Und wenn Paulus hinter Gefängnismauern schreiben konnte Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn, so sind von Bonhoeffer angesichts des Todes die Worte überliefert: Das ist das Ende, für mich aber der Beginn des Lebens.“

 

Große, faszinierende Menschen – Vorbilder des Glaubens, die mich berühren, aber deren Leben und Ausstrahlung auch ganz besonders und einzigartig bleibt.

Ich brauche, diese Leuchtturm-Menschen. Und ich, ja wir brauchen die Menschen, die sich mit ihrer ganz eigenen Lebens- und Glaubensgeschichte einbringen und da sind. Hier und heute. Ganz nah und greifbar. Denn diese Menschen machen unsere Gemeinden aus und gestalten Kirche – in den Gemeinden, in Krankenhäusern, an vielen verschiedenen Orten. Kirche mit dir und mir durch unsere Fähigkeiten, mit allen Fragen und Zweifeln – und mit großem Vertrauen und in Freiheit. So ist es ein Grund zur Freude, dass heute in den vielen verschiedenen Gemeinden und Kirchen Gemeindekirchenratswahlen sind. Es gibt viele verschiedene Kandidatinnen und Kandidaten, die trotz vieler anderer Angebote und gegen den Zeitgeist Kirche mitgestalten wollen, weil ihnen ihr Glaube wichtig ist und sie darauf vertrauen. Auch dies, empfinde ich faszinierend und Mut machend.

 

Vertrauen, Glauben, Freiheit und Freude – dies gehört zusammen. Das ist uns verheißen und geschenkt.

Und manches Mal ist es trotzdem schwer die Kraft für den Alltag, für die Aufgabe, für den Glauben zu gewinnen.

Und dazu ist uns mit Blick auf Paulus etwas Weiteres geraten: das Gebet füreinander und der Beistand des Geistes Jesu Christi.

 

So lasst uns dies tun und beten zu Gott,

um Kraft und Segen für unsere täglichen Aufgaben.

Um Schutz und Bewahrung für Menschen, denen wir verbunden sind,

um Vertrauen in Dich, Gott, und Deine befreiende Verheißung für uns,

schenke Du uns Glauben, schenke uns Vertrauen, schenke uns Freiheit,

 jeden Tag neu. Amen