Gottes Gnadenstrom - Predigt zu Johannes 1,15-18 von Winfried Klotz
1,15-18

Gottes Gnadenstrom - Predigt zu Johannes 1,15-18 von Winfried Klotz

Johannes trat als Zeuge für ihn auf und rief: »Das ist der, von dem ich sagte: 'Nach mir kommt einer, der über mir steht; denn bevor ich geboren wurde, war er schon da.'« Aus seinem Reichtum hat er uns beschenkt, uns alle mit grenzenloser Güte überschüttet. Durch Mose gab Gott uns das Gesetz, in Jesus Christus aber ist uns seine Güte und Treue begegnet. Kein Mensch hat Gott jemals gesehen. Nur der Eine, der selbst Gott ist und mit dem Vater in engster Gemeinschaft steht, hat uns gesagt und gezeigt, wer Gott ist. (Johannes 1, 15-18, Gute Nachricht Bibel)

Liebe Gemeinde,
Epiphanias - Tag der Erscheinung des Herren, Weihnachten zum Zweiten, bei Evangelischen meist nicht weiter beachtet und auch nur in wenigen Bundesländern arbeitsfreier Feiertag. Ein Tag, an dem Bayern in Hessen einkaufen, weil ja bei ihnen Feiertag ist und in Hessen ein Arbeitstag.
Epiphanias - nichtjüdische Sterngucker machen ihren Besuch in Bethlehem beim König der Juden, verehren und beschenken das Kind. Ein ungewöhnlicher Stern hat sie aufgeschreckt, sodass sie sich auf den weiten Weg vom Zweistromland nach Judäa machten. Heutzutage ziehen die Sternsinger von Haus zu Haus - jedenfalls, wenn sie willkommen sind - singen und sammeln für Bedürftige. CMB hinterlassen sie an der Haustür, „Christus mansionem benedicat“, Christus segne das Haus.
Epiphanias - am Jordan steht ein asketischer Prediger, zeigt mit langem Finger auf einen Unbekannten und ruft ganz laut: Das ist der, von dem ich sagte: 'Nach mir kommt einer, der über mir steht; denn bevor ich geboren wurde, war er schon da.' (Joh 1,15) Der Evangelist baut dieses unüberhörbare Zeugnis in die Eröffnung seines Evangeliums ein und wir sehen uns unvermittelt angerufen und damit konfrontiert. Dabei ist bis jetzt im Evangelium noch nicht einmal der Name dessen genannt, über den Johannes Zeugnis ablegt. Erst im Fortgang unseres Abschnittes nennt der Evangelist den Namen: Jesus Christus.
Epiphanias - Tag der Erscheinung des Herrn. Johannes macht sich klein, damit ein anderer groß werde, gesehen werde, geglaubt werde. Johannes will keinesfalls das Licht verdecken, das vom Christus ausgeht, ER soll leuchten! Er sollte Zeuge sein für das Licht und alle darauf hinweisen, damit sie es erkennen und annehmen. Er selbst war nicht das Licht; er sollte nur auf das Licht hinweisen. (Joh 1,7f) Der Wegbereiter darf den Kommenden nicht in den Schatten stellen. Die von Gott ausgehende Bewegung zu uns Menschen darf nicht behindert werden. Jetzt zieht Gottes überfließende Fülle bei uns Menschen ein in dem, der einzig Gott entspricht, Jesus Christus.
Gottes Fülle, das ist nicht das Schlaraffenland, nicht die Wellness Oase, nicht ein Leben im irdischen Überfluss. Gottes Fülle, das ist seine grenzenlose Gnade! Ein heller Strom des Lebens für eine dunkle Welt. Ein Gnadenlicht, das dem Verirrten den Weg nach Hause zeigt. Ein Lichtschein, der auch die im dunklen Kerker Gefangenen erreichen und in die Freiheit führen kann. Ja, in Jesus Christus tritt Gott auf den Plan, entgöttlicht und doch Gott, der einzige, der Gott völlig entspricht. Arm, machtlos, niedrig. Kein Wunderdoktor und auch kein religiöses Genie, aber doch das Wort, durch das Gott neu macht, befreit, mit göttlichem Leben erfüllt alle, die ihn aufnehmen in ihr Leben. Die das erfahren haben, bekennen mit dem Evangelisten: Aus seinem Reichtum hat er uns beschenkt, uns alle mit grenzenloser Güte überschüttet. (Joh 1,16)
Dieses Bekenntnis sagt auch: Bisher lebten wir im irdischen Licht in einer von Gott losgelösten Welt. Im Gnadenlicht, das Jesus gebracht hat, werden wir verwandelt. Unser irdisches Licht erweist sich als Dunkelheit, unsere irdische Fülle als lebensbedrohlicher Mangel, unsere irdischen Freuden als Totentanz.
Epiphanias - Tag der Erscheinung des Herrn. Nicht, noch nicht erscheint er zum Gericht. Ein Lebensstrom geht von ihm aus. Weit mehr als eine Weisung zum Leben, die sagt: „Tue das, so wirst du leben!“ Gott hat durch Mose Weisung zum Leben gegeben. Er hat sich ein Volk ausgewählt: Israel, das schwächste und kleinste. Und er hat es wirklich liebgehabt. Durch sein Gesetz hat er es herausgehoben aus allen Völkern. Das gilt bis heute. Und doch ist ein Unterschied zwischen Mose und Jesus. Die Fülle der Gnade Gottes für alle Welt kommt durch Jesus. Durch den, der am Herzen des Vaters ruht, durch den, der einzig dem Vater entspricht, der Sohn, der Gott ist. Solche Gemeinschaft hat sonst niemand mit Gott, dem Vater, nur der Sohn. Er verkündigt den Vater. Das Trennende nimmt er weg. Gottes Gnade und Wahrheit legt er ins Herz. Wer an den Sohn glaubt, hört nicht nur mit den Ohren. Dann bist Du doch Kind, Tochter, Sohn Gottes!
Ist es so mit uns, liebe Gemeinde? Es kann, es soll so mit uns sein! Der Gnadenstrom fließt bis heute. Es soll nicht so sein, wie es Vers elf unseres Kapitels erzählt: Er kam in seine eigene Schöpfung, doch seine Geschöpfe, die Menschen, wiesen ihn ab. (Joh 1,11)
Vielmehr kann aus Gottes Gnade geschehen, was die Verse 12 und 13 sagen: Aber allen, die ihn aufnahmen und ihm Glauben schenkten, verlieh er das Recht, Kinder Gottes zu werden. – Das werden sie nicht durch natürliche Geburt oder menschliches Wollen und Machen, sondern weil Gott ihnen ein neues Leben gibt. Amen.