Gottes Wohngemeinschaft - Predigt zu Epheser 2,17-22 von Mirko Peisert
2,17-22

Gottes Wohngemeinschaft - Predigt zu Epheser 2,17-22 von Mirko Peisert

Liebe Gemeinde,

je mehr die ersten christlichen Gemeinden wachsen, desto mehr treten auch Unterschiede und Gegensätze zu Tage, desto mehr wachsen die Spannungen.
In den christlichen Gemeinden kommen Menschen aus jüdischer Tradition zusammen mit Menschen, die bislang nur römische Götter oder griechische Gottheiten kannten. Es kommen Sklaven und Freie zusammen, Mägde und Herren, Knechte und wohlhabende Frauen. Unterschiedliche Herkunftssprachen, unterschiedliche Familientraditionen. Lauter Unterschiede und auch Widersprüche, die in den christlichen Gemeinden für viel Streit und Diskussionen sorgen.

Auch der heutige Predigttext aus dem Epheserbrief versucht zu vermitteln zwischen unterschiedlichen Gruppen der Gemeinde. Es heißt, der Epheserbrief wurde von Paulus geschrieben, doch wir wissen heute, dass es wahrscheinlich eher einer seiner Schüler war, der im Sinne seines Lehrers den Brief verfasst hat. Doch egal, wer den Brief geschrieben hat, der heutige Predigttext kann helfen auch unsere Gemeindesituation besser zu verstehen.

Ich lese aus dem 2. Kapitel des Epheserbriefes:

(Christus) ist gekommen und hat im Evangelium Frieden verkündigt euch, die ihr fern wart, und Frieden denen, die nahe waren. Denn durch ihn haben wir alle beide in einem Geist den Zugang zum Vater.
So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen, erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist, auf welchem der ganze Bau ineinander gefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn. Durch ihn werdet auch ihr miterbaut zu einer Wohnung Gottes im Geist.

Paulus vergleicht die Gemeinde mit einem Haus. Das Leben in der Gemeinde entspricht einem Hausbau, an dem viele mitarbeiten und ein Haus in dem viele unterschiedliche Menschen miteinander wohnen.
In der Gemeinde sind wir alle zusammen eine große Wohngemeinschaft, Hausgenossen Gottes.
Der Grundstein für dieses Haus ist Jesus Christus, auf ihm ruht das ganze Haus.
Das Fundament haben bereits unsere Vorfahren im Glauben gelegt, wir bauen nicht neu, sondern wir bauen vielmehr weiter an dem, was wir geerbt haben.

Mir gefällt dieses Bild von Gemeinde sehr gut. Und ich lade Sie ein, einen Moment über dieses Bild und unsere Gemeinde nachzudenken. Ich glaube in den letzten Jahren haben wir viel gebaut, im ganz konkreten, aber auch im übertragenen Sinne.

Aber:
Wo müssen wir heute weiter bauen?
Wo sind wichtige Baustellen in unserer Gemeinde?

WennSie mit dieser Frage nichts anfangen können, dann denken Sie vielleicht vielmehr über die Frage nach:
Wofür bin ich dankbar in unserer Gemeinde?
Was ist gelungen in unserer Gemeinde?

Pfadfinder werden gleich Stifte und Zettel verteilen und ich bitte sie ein Stichwort ihrer Überlegungen aufzuschreiben und dann hierher nach vorne zu bringen, alle Zettel zusammen werden dann hier zu einem Haus zusammen gefügt.

Wir hören währenddessen Musik und bitte denken Sie einmal an unsere Gemeinde:
Woran müssen wir arbeiten?
Wofür bin ich dankbar?

+ MUSIK – Zettel und Stifte werden verteilt +

So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen, erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist, auf welchem der ganze Bau ineinander gefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn. Durch ihn werdet auch ihr miterbaut zu einer Wohnung Gottes im Geist.

Wir alle zusammen sind Gottes Hausgenossen, seine Wohngemeinschaft, ein Haus gebaut auf dem Grundstein Jesus Christus.
Ich glaube, wenn wir nachdenken, dann gibt es ganz vieles, über das wir in unserer Gemeinde dankbar sein können, viele Bauabschnitte, die gelungen sind, auch wenn unsere Gemeinde eine Baustelle bleibt!

Lassen Sie mich dazu noch zwei Anmerkungen machen:

1.
Gottes Gemeindehaus ist ein Haus mit vielen Räumen, ein Haus, das Platz lässt für vieles und viele! Da gibt es Räume für Kinder, für Jugendliche, für Männer und Frauen, für die, die zweifeln genauso wie für die, die tief verwurzelt sind im Glauben.
Vielfalt zuzulassen, anzunehmen und zu gestalten – ich  glaube, das ist eine Aufgabe, der wir uns immer wieder stellen müssen.
Von den einen höre ich: „Ach, am Sonntag, da ist Familiengottesdienst, da werde ich nicht kommen, das ist mir zu laut, wenn so viele Kinder da sind.“
Und von anderen höre ich: „Ich höre Sie ja ganz gerne predigen, aber ich komme nicht gerne in die Kirche, da sind doch immer nur alte Leute!“

Als Gottes Wohngemeinschaft zusammen zu leben, das heißt, einander anzunehmen und anzuerkennen. Unterschiedliche Formen, den Glauben auszudrücken und zu leben, nicht zu verurteilen oder angstvoll abzulehnen, sondern als Gottes Vielfalt anzuerkennen.

Was wären die Alten ohne die Kinder?
Was wären die Kinder ohne die Alten?
Was wären die, die fest verwurzelt sind im Glauben und in der Tradition, ohne die, die Fragen stellen, die Zweifel anmelden?
Was wären Jugendliche ohne starke Vorbilder im Glauben?
Was wären die Erwachsenen ohne den Veränderungswillen und die Aufbruchsfreude der Jugendlichen?
Was wären schließlich wir ohne unsere Mütter und Väter im Glauben, von denen wir unsere Traditionen, unsere Gebete und Gottesdienste geerbt haben?

Wir brauchen einander in aller Verschiedenheit! Es kommt nur darauf an, den anderen nicht als Fremden oder Unfrommen zu sehen, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.

2.
Und doch ist Gottes Haus keine „Villa kunterbunt“! Das ist das Zweite was ich heute Morgen sagen will!
Es geht nicht um ein verschiedenes Einerlei, um der Vielfalt willen.
Sondern wir bauen nicht nur auf einem vorgegebenen Fundament, wir folgen Gottes Bauplan. Es ist sein Haus, das er baut.

Wir müssen uns immer wieder fragen, im Kirchenvorstand, als Gemeinde, jeder für sich: woran baue ich?
Was ist Gottes Wille mit der Gemeinde?
Was ist sein Weg?
Verfolgen wir nur unser eigenes Projekt? Mache ich nur mein Ding für mein EGO, für meine Selbstdarstellung oder um einer Pflicht zu genügen - oder ist es sein Bauplan, um den es mir geht?
(Gerade Pastoren sind da sehr anfällig, mehr sich selbst als Gottes Architektur zu sehen.)

„Wenn der HERR nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen." So mahnt der 127. Psalm eindringlich.

„Wenn der HERR nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen.
Wenn der HERR nicht die Stadt behütet, so wacht der Wächter umsonst.
Es ist umsonst, dass ihr früh aufsteht und hernach lange sitzet und esset euer Brot mit Sorgen;
denn seinen Freunden gibt er es im Schlaf.“

Gottes Bauplänen zu folgen, das ist eine Herausforderung, denn seine Baupläne können manches Mal ganz anders aussehen als meine.
Der Theologe Michael Herbst hat es einmal zugespitzt: „Auch die Sparzwänge und die Kirchenaustritte sind eine Weise Gottes, mit uns zu reden!“
Gottes Bauplan heißt nicht immer: schöner, moderner, größer.
Sein Bau sieht anders aus!
In seiner Architektur, da hat wohl auch Unfertiges, Langsames, Schräges seinen Platz.
Manchmal ist es wohl auch sein Wille, dass abgerissen wird und abgebrochen, dass wir uns verabschieden.

So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.

AMEN

P.S.: Die gesammelten Notizen können spontan in der Fürbitte aufgenommen werden, sie können auch an einer Wäscheleine aufgehängt und ausgestellt werden und können beim Kirchencafé als Gesprächsanregung dienen.

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Pastor Mirko Peisert
Dorfstr. 7
31275 Lehrte-Steinwedel
05136/5565