Konfirmationspredigt zu 2.Korinther 5,20b von Angelika Volkmann
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Konfirmationspredigt zu 2.Korinther 5,20b von Angelika Volkmann

Eingeladen zum Fest des Glaubens

"So bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!"

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Gemeinde,
für Gott gibt es keinen Beweis.  Aber auch keinen Gegenbeweis.
Darüber haben wir in der Konfigruppe manches Mal geredet.
Manches, was uns sehr wichtig ist, ist unsichtbar.
Die Liebe z.B. Und eben Gott.
Gott ist bei uns wie ein unsichtbarer Freund. Mit ihm können wir sprechen, er versteht uns, er hat uns gern.
„Aber er tut ja nichts!“ hat einer von euch einmal gesagt. „Wie meinst du das?“ „Ja wenn einer auf dem Schulhof von drei anderen fertig gemacht wird und die ihn richtig schlagen und treten – dann tut Gott doch nichts!“
Ja.
So sieht es aus.
Ich glaube, dass Gott jeden Tag eine ganze Menge tut.
Gott ist anders, als wir denken.
Er verhindert nicht jede Bosheit, die ein Mensch tut.
Er verhindert nicht jedes Leid.
Doch er ist uns immer nahe.
Wir machen ihm Vorwürfe.  Und Gott bittet, dass wir uns mit ihm versöhnen.
Paulus schreibt:  So bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!

Da steht einer, mitten auf dem großen Platz, wo die vielen verschiedenen Menschen umherlaufen, und verteilt Karten. Einladungskarten. Einladungen zu einem Fest. Jeder, der es möchte, bekommt eine Karte. Außen darauf steht: Lasst euch versöhnen mit Gott!

Was soll ich? fragt eine Frau fast höhnisch, als sie die Karte in die Hand nimmt. Mich versöhnen lassen mit Gott! Da kann der lange drauf warten. Weiß er denn, was ich erlebt habe? Ich hätte ihn gut brauchen können, aber er war ja nicht da, er war ja nicht da! Als mein Kind diesen schrecklichen Unfall hatte und nun behindert ist und entstellt – weiß Gott überhaupt davon?? „Lesen Sie auch die Innenseite“, sagt ihr der Mann, der ihr die Karte gegeben hat.  Am liebsten würde die Frau die Karte in hohem Bogen wegwerfen, doch neugierig ist sie auch und schlägt die Karte auf. Da steht der Satz: „Ja, ich kenne deine Tochter, ich weiß, was mit ihr passiert ist. Nina heißt sie. Ich bin ihr täglich nahe. Sie ist unglaublich. Sie ist phantastisch.“
Das gibt’s doch gar nicht! Die Frau ist verwundert, getroffen, schaut sich verdutzt um. Auch andere stehen da und lesen in ihrer Karte. Sie liest noch einmal, was da steht, und kaum, dass sich in ihr die Frage regt:  „Aber warum hast du dann den schlimmen Unfall nicht verhindert??“  erscheint ein neuer Satz  vor ihren Augen: „Das konnte ich nicht.“ Und kurz danach darunter: „Es tut mir sehr, sehr Leid.“  Was? Du konntest es nicht? Bist du denn nicht allmächtig? „Nicht in diesem Sinne.“  Ja wie denn dann?
„Ich weiß, ich enttäusche dich. Ich bin anders, als du mich gerne hättest.“
Ja, das glaube ich allerdings auch. Und wie bist du bitteschön? „Der Unfall damals ist mir sehr nahe gegangen. Ich habe die Schmerzen deiner Tochter gespürt, ich habe sehr um deine Tochter geweint, und um dich. Ich weiß, wie es ist, wenn man entstellt ist. Und ausgelacht wird.“
Was, du warst da?
„Ich bin die ganze Zeit da. Auch bei Nina. Es berührt mich, wie lebensfroh sie ist, trotz allem. Das hat sie auch dir zu verdanken. Was du für sie getan hast, das ist großartig. Voller Liebe. Ich war auch bei dir, immer.“ Du hast mich gesehen? Alles? Der Frau steigen die Tränen in die Augen.  „Komm doch zu meinem Fest. Lass dich mit mir versöhnen!“
Nachdenklich geht die Frau mit ihrer Karte weiter …
Auch ein Mann mittleren Alters hat  eine Einladungskarte genommen. Kopfschüttelnd liest er, was außen drauf steht: Lasst euch versöhnen mit Gott! Ich kann mich nicht mit Gott versöhnen, denkt er. Mit niemandem kann ich mich versöhnen. Ich habe etwas Unverzeihliches getan. Durch den Ausruf eines Jugendlichen wird er aus seinen Gedanken gerissen: „Ej, das ist ja cool“ ruft der 17jährige. „Hey Leute, ihr müsst die Karten innen drin lesen! Das gibt es ja gar nicht! Hier steht drin, dass ich es gar nicht war, der die CDs geklaut hat! Echt, das steht hier drin! Gott weiß, dass ich unschuldig bin! Ha!“ Der Mann sieht, wie andere völlig gebannt die Innenseite der Karte studieren. Das veranlasst ihn, auch seine Karte aufzuschlagen. „Du kannst dir selber nicht verzeihen.“ steht da. Er ist wie vom Donner gerührt. Natürlich kann ich mir selber nicht verzeihen!  Er merkt gar nicht, dass er diesen Satz laut schreit. Einige schauen zu ihm hin. Darum flüstert er den nächsten Satz tonlos vor sich in: Ich habe fahrlässig den Tod eines Menschen verschuldet! Wie soll ich  mir das jemals verzeihen können!
Auf der Karte erscheint der Satz: Das ist schwer, aber es gibt einen Weg.
Was für einen Weg denn? Er ist tot! Und ich bin schuld!
Willst du es wirklich wissen?.
Ja, ich will es wissen.
Zunächst einmal: dass du zu deiner Schuld stehst, spricht für dich. Das tun die wenigsten.
Es war eben ganz eindeutig. Ich bin zu schnell gefahren.
Dann frage ich dich: Wenn du dein eigener Richter wärst, was für eine Strafe würdest du dir geben?
Ich habe einen Menschen um sein Leben gebracht. Imgrunde habe ich dadurch das Recht auf mein eigenes Leben verwirkt.
Kannst du dir vorstellen, dass jemand dieses Urteil stellvertretend für dich auf sich nimmt?
Wie? Was? So was ist doch absurd.
Nein. Es ist Liebe.
Es braucht seine Zeit. Aber du könntest, wenn du diese Worte nach und nach mit ganzer Seele verstehst, ein dankbarer und zutiefst demütiger Mensch werden. Einer, der weiß, dass einem ein solch fataler Fehler passieren kann. Du kannst deinen Fehler nie ungeschehen machen. Er wird dich zeitlebens begleiten. Aber im Guten. Jemand nimmt deine Strafe auf sich, damit du dir verzeihen kannst. Und wem viel vergeben ist, der liebt viel. Komm doch, lass dich versöhnen mit Gott! Lass dich versöhnen mit deinem eigenen Leben! Lass etwas Gutes daraus entstehen.
Ob ich vielleicht doch zu dem Fest gehe? Denkt der Mann jetzt.
Und bei dem Fest treffen sie sich alle, die Mutter mit Nina, der Mann mittleren Alters, der Jugendliche, der froh ist, nicht als Dieb zu gelten, und viele, viele andere, auch der, der auf dem Schulhof geschlagen wurde. Ihm hatte Gott gesagt: Ich war bei dir. Jeden Schlag habe ich mit dir gespürt. Sie haben dir Unrecht getan.
Alle fühlen sich wohl auf dem Fest. Alle fühlen sich beschenkt, beschenkt mit dem größten Geschenk ihres Lebens. Es ist ein besonderes Fest.  Ein Fest, bei dem Leid, Schuld und Schmerz nicht zugeschüttet werden, um feiern zu können. Ein Fest, bei dem der Gastgeber selber gezeichnet ist davon, wie wir alle bedrückt werden und bedrücken, wie wir alle belastet sind und andere belasten. Er hat alles mit allem versöhnt. In seinem Gesicht kann man das sehen. Und er feiert nun ein Fest angesichts von Schuld und Tod. Ein Fest, das darüber hinaus weist auf grenzenlose Liebe, unendliches Verzeihen und neues Leben. Ein Fest, bei dem man dies alles erleben kann.
Wir alle sind zu diesem Fest eingeladen.
Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden – vielleicht denkt ihr jetzt: das Fest gibt es doch gar nicht in echt.
Dann lasst euch sagen: in eurer Seele, da gibt es viel Raum. Da hat ganz vieles Platz: Gefühle, Zuneigung, das Empfinden, geliebt zu sein, manchmal auch Vorwürfe, Selbstvorwürfe, Angst – und all das ist echt. In eurer Seele, da ist ganz viel Raum. Da hat auch dieses Fest Platz und kann euch froh machen. Ich seid nicht allein. Ihr könnt lernen, andere immer besser zu verstehen. Und jeder Gottesdienst, den wir feiern, ganz besonders jedes Abendmahl, weist uns auf dieses Fest hin.
So bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!
Ihr Konfirmandinnen und Konfirmanden sagt dazu heute euer Ja.
Wir wünschen euch ein frohes Fest, heute – und euer ganzes Leben lang.
Amen.

Liedempfehlung nach der Predigt: Eingeladen zum Fest des Glaubens, Text: Eugen Eckert, Musik: Alejandro Veciana. Aus der CD „Blatt um Blatt“, Strube-Verlag, München