Mit dem Beten geht das so .... – Predigt zu Lukas 11,5-13 von Katharina Wiefel-Jenner
11,5-13

Mit dem Beten geht das so .... – Predigt zu Lukas 11,5-13 von Katharina Wiefel-Jenner

Und es sprach einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten!  Und Jesus sprach zu ihnen: Wer unter euch hat einen Freund und ginge zu ihm um Mitternacht und spräche zu ihm: Lieber Freund, leih mir drei Brote; denn mein Freund ist zu mir gekommen auf der Reise, und ich habe nichts, was ich ihm vorsetzen kann, und der drinnen würde antworten und sprechen: Mach mir keine Unruhe! Die Tür ist schon zugeschlossen und meine Kinder und ich liegen schon zu Bett; ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben. Ich sage euch: Und wenn er schon nicht aufsteht und ihm etwas gibt, weil er sein Freund ist, so wird er doch wegen seines unverschämten Drängens aufstehen und ihm geben, so viel er bedarf.

Und ich sage euch auch: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.

Wo bittet unter euch ein Sohn den Vater um einen Fisch, und der gibt ihm statt des Fisches eine Schlange? Oder gibt ihm, wenn er um ein Ei bittet, einen Skorpion? Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten!

 

Rogate! Betet!

Mit dem Beten geht das so – sagt Jesus: Betet so wie der Freund, der Gott zum Nachbarn hat.

Beten wir!

Beten wir also so: Verlassen wir uns einfach auf die gute Nachbarschaft zu Gott. Auch mitten in der Nacht, wenn es anklopft und wir nicht weiterschlafen können. Wenn es nicht hilft, die Decke über den Kopf zu ziehen. Wenn es nicht hilft, darauf zu warten, dass es vorbei geht. Wenn es weiter klopft und klopft und uns wach hält. Wenn lange vor Sonnenaufgang die nächtliche Ruhe dahin ist und wir leise vom nächtlichen Lager aufstehen. Hoffentlich mache ich keinen Lärm. Hoffentlich werden die Kinder nicht wach. Hoffentlich bleibt noch ein bisschen Schlaf. Ich muss doch morgen früh raus und habe einen anstrengenden Tag vor mir.
Rogate! Betet! Beten wir also so wie der Freund, der in guter Nachbarschaft mit Gott lebt. Der zögert nicht. Der geht einfach davon aus, dass sich sein Nachbar wie ein echter Freund verhält. Gehen wir einfach davon aus, dass unser Gott wie unser bester Freund handeln wird. Vertrauen wir Gott. Beten wir einfach, mitten in der Nacht, wann immer es nötig ist. Was auch immer uns bedrängt, anklopft, den Schlaf hindert.

So geht das mit dem Beten – sagt Jesus!

 

Beten wir!

Beten wir auch so wie der Freund, der mitten in der Nacht für seinen Freund zu Gott geht, weil der ihn braucht. Er verlässt sich in der Not einfach auf die gute Nachbarschaft zu Gott.

Beten wir also so für die Freunde, die mitten in der Nacht zu uns kommen. Für die, die erst ankommen, wenn schon alle Türen verschlossen sind. Für die, deren Reise mühsam und voller Hindernisse war. Für die Müden und Erschöpften und für die Hungrigen. Wenn sie am Ende ihrer Kräfte sind und ihr Weg noch weit ist, brauchen sie einen Ort der Ruhe. Beten wir für sie, wie der Freund, dessen Nachbar Gott ist. Bitten wir für sie bei Gott, denn sie vertrauen uns. Klopfen wir bei Gott an, damit wir ihnen Brot geben können. Klagen wir Gott ihr Leid, damit wir sie trösten können. Fragen wir Gott, wie es weitergehen soll, denn sie sind zu müde und erschöpft dazu. Mitten in der Nacht sind sie auf uns angewiesen. Wir haben Gott als Nachbarn. Wir können Gott für sie bitten. Wir können bei Gott für sie Hilfe suchen. Wir können für sie anklopfen. Von wem, wenn nicht von uns, sollen sie es erwarten. Beten wir so wie der Freund. Er verlässt sich einfach darauf, dass Gott wie ein guter Nachbar ist und der auch für die Reisenden da ist. Der ein offenes Herz und Brot hat.

So geht das mit dem Beten – sagt Jesus.

 

Rogate! Betet!

Und noch eines sagt Jesus: Betet so wie Kinder.

Beten wir also wie die Kinder, die alles von ihren Eltern erwarten, was sie zum Leben brauchen. Alles empfangen sie und alles erwarten sie von den Eltern. Niemand anderes könnte ihnen geben, was sie zum Leben nötig haben. Niemand anderes weiß besser, was ihren Hunger stillt, niemand kann ihnen die Welt besser erklären. Auf sie verlassen sie sich, um zu bekommen, was das Herz erwärmt und was die Tränen trocknet. Alles empfangen sie von ihnen: sogar das Leuchten der Sterne, das Lachen mit Freunden, den Ball zum Spielen und auch das Marmeladenbrot. Sie empfangen es und wenn sie darum bitten, dann wissen die Eltern schon längst, was sie brauchen.

Beten wir wie die Kinder, die sicher sind, dass sie Brot und Fisch bekommen. Beten wir zu Gott so wie Kinder, die wissen, dass ihre Eltern ihnen nie schaden und die absolut sicher sind, dass die Eltern es gut meinen. Beten wir zu Gott so wie die Kinder, die alles von ihren Eltern erwarten und weil sie wissen, dass sie alles für ihre Eltern sind.

Beten wir so. Gott ist uns Vater und Mutter. Von ihm empfangen wir Leben und Liebe, Brot und Wein. Wir sind diese Kinder und wir können alles von Gott erbitten, das Brot und den Wein, sein Wort und den Frieden. So geht das mit dem Beten – sagt Jesus.

 

Beten wir!

Aber wie geht das wirklich, Jesus!?

Manches Mal sind die Nächte lang. Manches Mal fehlt der Mut, in die Dunkelheit hinauszutreten. Manches Mal ist der Weg mitten in der Nacht weit. Selbst wenn Gott ganz nah ist, sogar näher als der hilfsbereiteste Nachbar und auch näher als die beste Freundin. Manches Mal empfangen wir zwar das nötige Brot, aber für das Herz wäre der ersehnte Ball wichtiger gewesen. Schlimmer noch: Manches Mal können wir den Freund nicht trösten und wissen genauso wenig wie die Reisenden den Weg.

Beten – wie geht das, Jesus? Wenn die Angst bleibt? Wenn die Schmerzen quälen? Wenn die Tränen nicht trocknen? Wenn die Ratlosigkeit wächst?

Jesus? Jesus!

 

Herr, lehre uns beten! (Lk11,5b)

Mit dem Beten geht das so – sagt Jesus:

Betet wie Jüngerinnen und Jünger. Ihr seid Gottes Kinder, aber ihr seid nicht unmündig. Betet wie Erwachsene. Der Glaube ist kein Ammenmärchen, keine Fabel oder Illusion. Der Glaube ist eine große Kraft und jedes Gebet hat Anteil an dieser Kraft. Sogar dann, wenn es der Glaube schwer hat, steckt in jedem Gebet genügend von dieser Kraft Gottes, die den Glauben wieder stark macht.

Beten wir also wie die Jüngerinnen und Jünger. Wenn der Weg voller Gefahren ist, beten wir um Mut. Wenn die Tränen fließen, bitten wir um Trost. Wenn wir den Hunger sehen, ringen wir mit Gott um einen Plan für die Gerechtigkeit. Wenn wir müde und traurig werden, bitten wir Gott um Zuversicht. Wenn sich die Lüge breit macht, bestehen wir bei Gott darauf, dass die Wahrheit Kraft hat. Wenn der Hass um sich greift, bitten wir um Frieden.

So geht das mit dem Beten – sagt Jesus.

Wenn ihr mich bittet „Herr, lehre uns beten!“ - dann hört meine Worte, teilt mein Brot, nehmt hin meinen heiligen Geist. Und wenn der Abend kommt, bleibe ich bei euch. Wenn der Weg schwer wird, gehe ich mit euch. Wenn alles in der Dunkelheit versinkt, macht mein Heiliger Geist alles neu.

So geht das mit dem Beten – sagt Jesus.

Dann beten wir also so: Komm, Heiliger Geist?

Ja, genau so betet: Komm, Heiliger Geist, mache uns und diese Welt neu?

Amen.