Predigt in leichter Sprache zu 1. Korinther 4,16b-21 von Christiane Neukirch
4,16-21

Predigt in leichter Sprache zu 1. Korinther 4,16b-21 von Christiane Neukirch

(Diese Predigt ist bestimmt für einen Gottesdienst in Gebärdensprache. Deshalb ist sie in leichter Sprache verfasst und kürzer als Predigten für hörende Gemeinden. Im Vortrag wird sie noch weiter vereinfacht.)

Paulus schreibt: Ihr sollt so werden wie ich bin! Deshalb habe ich euch Timotheus geschickt. Ich habe ihn lieb wie meinen Sohn, denn er ist treu mit Jesus Christus verbunden. Er wird euch erinnern: ich, Paulus, gehe alle meine Wege mit Jesus Christus. Genauso lehre ich auch überall in den Gemeinen. Aber einige Angeber haben behauptet: ich, Paulus, komme gar nicht?! Ich werde bald zu euch kommen, wenn Jesus Christus will. Und ich werde die Kraft bei euch kennenlernen – nicht die Worte von den Angebern. Denn was ist das Reich Gottes? Das Reich Gottes ist Kraft, nicht Wort! Was wollt ihr? Soll ich mit dem Stock zu euch kommen oder in Liebe und Sanftmut?

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater im Himmel und von Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde!

Der Junge packt seine Schulsachen und läuft los. Er will den Bus noch bekommen. Er hat 10 Kilometer Weg bis zur Schule vor sich.

Früher ist er gelaufen. Jeden Tag. Morgens 10 Kilometer hin, nachmittags wieder zurück. Die Schule im Dorf kann er nicht besuchen. Da versteht er nichts. Denn er ist gehörlos. In der großen Stadt aber, da gibt es eine Schule für Kinder und Jugendliche wie ihn. Der Staat unterstützt diese Schule nicht. Menschen aus Deutschland und aus Finnland geben das Geld für die Schule. Die Schule liegt in Eritrea in der Stadt Keren und die evangelischen Gehörlosengemeinden aus Deutschland und Finnland geben das Geld für die Schule – und noch für zwei andere Gehörlosenschulen in Afrika.

So genau weiß der Junge das aber gar nicht. Gott sei Dank gibt es jetzt den Bus, einen VW-Bus. Er findet noch einen Platz und es geht los. Über Straßen und Feldwege, Löcher und Huckel, es rüttelt und schüttelt alle im Bus hin und her. Die Kinder sind fröhlich. Sie gehen gern zur Schule. Sie hoffen ganz fest: mit dem Lernen in der Schule wird es ihnen später im Leben besser gehen. Das ist nicht nur ihr Wunsch, aber auch nicht nur der Wunsch von ihren Eltern und den Lehrerinnen und Lehrern. Jede Woche bei der Andacht feiern sie wieder neu: Das will auch Gott, er hat alles Leben geschaffen! Gott hilft ihnen, Gott begleitet sie!

Der Junge kann sich noch gut erinnern an den Tag, als der Bus zum ersten Mal kam. So ein großes Geschenk!! Das Leben kann hart sein, das weiß der Junge von zuhause. Er sieht ja jeden Tag seine Eltern – sie sind so arm. Aber trotzdem und zur gleichen Zeit kann das Leben auch wunderbar sein – wenn Menschen anderen Menschen helfen. Sie müssen einander nicht persönlich kennen. Es ist genug, wenn sie wissen: da brauchen andere Menschen Hilfe. Der Junge hat ganz konkret erfahren: da gibt es im fernen Europa Menschen, die denken an ihn und die anderen gehörlosen Kinder und Jugendlichen in Eritrea; und die tun was. Die reden nicht nur.

Das Reich Gottes ist da – aber nicht in Worten, sondern in Kraft. So sagt es der Apostel Paulus in unserem Predigttext. Worte fliegen so viel durch die Luft – gesprochene, geflüsterte, gebrüllte Worte; gedruckte auf Papier oder im Internet, getwittert, gesimst, gefaxt, gemailt.. Worte Worte Worte. Worte von Angebern – wie die Angeber, die behauptet haben, Paulus kommt gar nicht zu der Gemeinde in Korinth! Worte, die verletzen und Verbindungen zerstören. Worte, die gar nicht wahr sind. Worte, die täuschen und verführen. Wahlkampf. Werbung. Du kannst mir viel erzählen! sagt einer zum andern. Er glaubt dem andern nicht. Worte und Taten müssen zusammenpassen! Dann erst können wir vertrauen.

In der Bibel lesen wir von Gottes Worten. Gottes Worte haben Dynamik, sind kraftvoll. Deshalb ist der Glaube an Gott genauso. Vom Glauben sprechen, mit Worten den Glauben bekennen, das ist gut. Das tun wir in fast jedem Gottesdienst. Gott gibt uns aber auch die Kraft etwas zu tun und nicht nur zu reden!

Ich weiß noch genau, wie ich in den Gebärdengemeinden zum ersten Mal den kleinen Pappbus als Sammelbüchse herumgegeben habe, für das Projekt „Schulbus für Keren“. Ich werde nie vergessen, mit welcher Offenheit und mit welchem Mitgefühl die Gemeinden die gehörlosen Kinder und Jugendlichen aus Eritrea und Tansania sofort ins Herz geschlossen haben. So viel Bereitschaft, zu helfen. So viel Verbundenheit zwischen ganz fremden Menschen. Plötzlich gehören wir zusammen, auch wenn uns 1000de Kilometer und sehr verschiedene Lebenssituationen trennen. Die Spenden sind mithineingeflossen in die Bezahlung für den Bus. Die Freude der Schulkinder ist auch unsere Freude geworden. Aus dieser Freude kommt wieder neue Kraft für das nächste Projekt: eine Solaranlage für die Schule in Keren – damit sie unabhängig von der staatlichen Stromversorgung arbeiten kann. Die klappt nämlich mal gut und mal gar nicht?!

In Vorträgen mit vielen Bildern erzählen uns die Mitarbeiter von der Gehörlosenmission, wie das Leben in den Schulen ist. Jedes Jahr gibt es Besuch – aus Deutschland fliegt eine Delegation nach Afrika oder aus Afrika kommen Gäste zu uns. Viele organisatorische Hindernisse gibt es dabei immer wieder. Aber davon lassen wir uns nicht entmutigen. Persönliche Begegnungen sind so wichtig, tun so gut!

Das Reich Gottes ist da – aber nicht in Worten, sondern in Kraft. Das Reich Gottes – das ist Gottes Kraft, die uns verbindet – mit Gott und miteinander! Hier und heute genauso wie in der Zeit des Apostels Paulus. Das Reich Gottes – das ist Gottes Kraft, die uns verbindet zu einer großen Gemeinde über alle Grenzen hinweg. Sie hilft uns, einander zu sehen und zu verstehen. Sie flößt uns Respekt und Liebe ein und macht uns barmherzig. Gottes Kraft – sie motiviert uns, immer wieder zu überlegen: wie können wir helfen, was können wir geben, was können wir tun? Und sie drängt uns dazu, das dann auch zu tun! Das kann ein Gebet sein, eine Spende, eine persönliche Begegnung... Dazu gehört aber auf jeden Fall auch immer wieder eine Pause, die ich mir nehme, weil ich wieder neue Kraft von Gott brauche.

Ihr sollt so werden wie ich bin – das schreibt der Apostel Paulus an die Gemeinde in Korinth. Ich glaube, Paulus meint das so:

Streitet euch nicht mit vielen Worten, sondern sucht die Kraft Gottes, die euch stärkt und verbindet! Diese Kraft ist da! Schöpft daraus, nehmt sie euch, gebt euch dieser Kraft hin und handelt mit ihr!

So lasst uns leben, liebe Gemeinde!

Amen.

Perikope
Datum 29.05.2016
Kapitel / Verse: 4,16-21