Predigt zu 2. Korinther 4, 16-18 von Johannes Neukirch
4,16

Predigt zu 2. Korinther 4, 16-18 von Johannes Neukirch

16 Darum werden wir nicht müde; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.
  17 Denn unsre Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit,
  18 uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig.
Liebe Gemeinde,
Ich kann in 3 Sekunden die Welt erobern
  Den Himmel stürmen und in mir wohnen.
  In 2 Sekunden Frieden stiften, Liebe machen, den Feind vergiften.
  In 'ner Sekunde Schlösser bauen
  2 Tage einzieh'n und alles kaputt hau'n.
  Alles Geld der Welt verbrenn'
  und heut' die Zukunft kenn'.
Und das ist alles nur in meinem Kopf.
  Und das ist alles nur in meinem Kopf.
  Ich wär' gern länger dort geblieben,
  doch die Gedanken kommen und fliegen.
  Alles nur in meinem Kopf
  Und das ist alles nur in meinem Kopf.
"Nur in meinem Kopf" heißt der Song von Andreas Bourani, aus dem diese beiden Verse sind. Dieser Songtext schlägt eine Brücke über fast 2000 Jahre zu dem Text des Paulus, den wir eben gehört haben - eine Brücke zu dem inneren Menschen - alles nur im Kopf. Die Realität ist das Eine - was wir uns vorstellen können, was wir glauben und hoffen, das ist das Andere. Noch mal Andreas Bourani:
Wir sind für 2 Sekunden Ewigkeit unsichtbar
  Ich stopp die Zeit
  Kann in Sekunden Fliegen lernen
  Und weiß wie's sein kann, nie zu sterben.
  Die Welt durch deine Augen seh'n.
  Augen zu und durch Waende geh'n.
Bei Paulus, liebe Gemeinde, ist das ganz offensichtlich, er baut sich in seinem Kopf seine eigene Welt. Nach allem, was wir wissen, war er nicht gerade ein strahlender Held, er bezeichnet sich oft selbst als schwach und hatte eine Krankheit, über die wir nur Vermutungen anstellen können. Am Schluss des Korintherbriefs sagt er die rätselhaften Worte, daß ihm ein Pfahl ins Fleisch gegeben worden ist, und dass er zum Herrn gefleht habe, er möge ihn von ihm nehmen. Was immer das war, es muss eine quälende Krankheit gewesen sein. Am Anfang des zweiten Korintherbriefs schreibt er von einer Bedrängnis, die über seine Kräfte geht und dass er am Leben verzagt ist und dass er dachte, er müsse sterben.
"Alles nur in meinem Kopf" - das meint im Blick auf Paulus: Seine Krankheit, seine Bedrängnis bezieht er auf das Leiden von Jesus Christus. Er sieht sich geradezu in einer Leidensgemeinschaft mit Christus, dem Gekreuzigten.  "Wir tragen allezeit das Sterben Jesus an unserem Leibe" sagt er. Oder: "Denn wir, die wir leben, werden immerdar in den Tod gegeben um Jesus willen."
Daraus, dass Paulus seine Krankheit, seine Schwäche, die Verfolgung und Bedrängnis auf Christus bezieht, gewinnt er enorme Kräfte. Er kann das alles auch ganz anders sehen.  Er färbt sich das nicht schön, er hofft nicht auf ein bißchen Besserung, sondern greift gleich ins Volle:  Wenn unserer äußerer Mensch verfällt - das erleben wir alle, leider - so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert. Unsere Trübsal, so Paulus, ist nicht so schlimm, weil sie zeitlich und leicht ist und weil sie eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit schafft. Denn wir, da müssen wir ergänzen, wir als gläubige Menschen, sehen nicht auf das Sichtbare, auf unser tägliches Elend, sondern auf das Unsichtbare, auf das Ewige.
"Wir sind für 2 Sekunden Ewigkeit unsichtbar" singt Bourani, "Kann in Sekunden Fliegen lernen - und weiß wie's sein kann, nie zu sterben."
Liebe Gemeinde: Wie schafft es Paulus, alles umzudrehen? Wie kann er in der Trübsal die Herrlichkeit sehen, im Sichtbaren das Unsichtbare erkennen, und im Zeitlichen die Ewigkeit? Wie kommt es, dass bei ihm der innere Mensch von Tag zu Tag stärker wird, so dass er alles ertragen kann, was mit dem äußeren Menschen passiert?
Der Schlüssel liegt in seiner Bekehrung. Paulus ist uns ja so nahe, weil er wie wir und im Unterschied zu den Jüngern Jesu, Jesus nie persönlich kennen gelernt hat! Er beschreibt zwar, wie ihm der auferstandene Christus erschienen ist, wie immer das zu verstehen ist. Aber er ist zu Lebezeiten Jesu nicht mit ihm gegangen, er hat nie zugehört, wie Jesus gepredigt hat, er war nicht dabei, als er gekreuzigt wurde, er war nicht beim leeren Grab. Paulus hat da angefangen, wo wir alle auch irgendwann angefangen haben, ob im Kindergottesdienst, im Konfirmandenunterricht oder noch später: Er hat von Jesus gehört. Das führte sogar dazu, dass er als strenggläubiger Jude die frühen Christen verfolgt hat, weil er meinte, dass sie vom rechten Weg abgewichen seien. Dann hat sich ihm Gott offenbart, so beschreibt er das. Gott hat sich ihm gezeigt, er ist ihm erschienen und das hat ihn, salopp gesagt, komplett verändert. An einer Stelle beschreibt Paulus es so: "Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir." Er wurde von Christus von innen her ergriffen, heißt es an einer anderen Stelle, und er hat die Kraft der Auferstehung an sich selbst gespürt.
"Kann in Sekunden Fliegen lernen - und weiß wie's sein kann, nie zu sterben." - so ein Gefühl muss das gewesen sein.
Es geht, liebe Gemeinde, wir können unser Leben von der Auferstehung Christi her sehen. Wir müssen ja nicht gleich die ganze Dramatik des Lebens von Paulus erleben. Vielleicht denken Sie an eine Situation in Ihrem eigenen Leben, in der Sie getröstet worden sind. Weil Sie das Unsichtbare gesehen oder vielleicht auch nur geahnt haben. Vielleicht haben Sie in einer Situation einmal die Kraft der Auferstehung gespürt - dass es weiter geht, dass Gott für uns eine Zukunft geschaffen hat. Vielleicht haben Sie den verunglückten Wetten-Dass-Kandidat Samuel Koch in einer Sendung gesehen oder sein Buch "Samuel Koch - Zwei Leben" gelesen. Darin schreibt er: „Mein Körper ist futsch und ich kann damit im Moment nichts mehr anfangen. Deshalb gebe ich ihn ab: Hier, Gott, hast du meinen Körper, meinen Geist – ich habe keinen Plan mehr. Aber du hoffentlich schon. Mach damit, was du willst, und am liebsten sofort.“
"Darum werden wir nicht müde; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert." Ich wünsche uns, dass die Kraft der Auferstehung in unseren Köpfen und Herzen wirke. Amen.
Perikope
Datum 29.04.2012
Bibelbuch: 2. Korinther
Kapitel / Verse: 4,16
Wochenlied: 108
Wochenspruch: 2 Kor 5,17