Predigt zu 2. Korinther 8, 9 von Winfried Klotz
8,9

Predigt zu 2. Korinther 8, 9 von Winfried Klotz

Luther
Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus: obwohl er reich ist, wurde er doch arm um euretwillen, damit ihr durch seine Armut reich würdet. Mt 8,20; Phil 2,7

Gute Nachricht Bibel
Ihr wisst ja, was Jesus Christus, unser Herr, in seiner Liebe für euch getan hat. Er war reich und wurde für euch arm; denn er wollte euch durch seine Armut reich machen.

Liebe weihnachtliche Gemeinde!

Sie kennen vielleicht auch Geschichten von verarmten Lottogewinnern. Im Internet fand ich folgende Geschichte, die ich Ihnen kurz nacherzählen will:

1956 gewann ein Walter K. 500 000 DM beim Berliner Zahlenlotto. Das war sehr viel Geld zu jener Zeit, vor allem für jemanden,. Der bisher mit Schnürsenkeln und Bürsten gehandelt hat. Was machte Walter K. mit dem vielen Geld? Er kaufte ein Haus, mehrere Autos, heiratete seine Freundin und machte ein riesiges Fest daraus.

Walter K. verteilte auch einiges Geld an Menschen in seiner Umgebung, die sich als arm ausgaben. Dann machte er ein Hotel auf, das aber ganz schlecht lief. Als ihm die Konzession entzogen wurde, hängte er ein Schild an die Tür: „Wegen Reichtum geschlossen.“

Das Ende vom Lied: Walter K. landete, trotz eines weiteren großen Lottogewinns, zusammen mit seiner Ehefrau in einer Obdachlosenunterkunft und arbeitete wieder als Hausierer. Soweit die Geschichte.

Erst arm, dann reich, dann wieder arm. So geht es manchmal bei uns Menschen. Wie stark ist das Streben nach Besitz, Wohlstand, Sicherheit in uns! Geld, viel Geld, scheint all das zu gewähren. Jetzt kann ich mir meinen Traum vom großen Auto erfüllen, jetzt kann ich ein Haus ganz nach meinen Wünschen bauen, jetzt kann ich ein großes Geschäft aufziehen, jetzt kann ich mir im Krankheitsfall die besten Ärzte leisten … und was sonst noch Geld ermöglichen kann.

Freiwillig arm werden? Es gibt auch dafür Beispiele, aber die Sehnsucht danach ist nicht so weit verbreitet.

Unser Bibelwort aus dem 2. Korintherbrief, es stammt aus einem Zusammenhang, in dem der Apostel Paulus um Unterstützung für die verarmten Gemeinden in Judäa wirbt, stellt uns Jesus vor Augen: „Er war reich und wurde für euch arm“, sagt Paulus.

Jesus reich? Er wurde doch in eine Handwerkerfamilie hineingeboren, hatte noch eine Menge Geschwister; als er loszog, das Reich Gottes zu predigen, da musste er nicht allzu viel aufgeben- oder?

Paulus meint es anders: Jesus wurde arm, weil er für die Menschen die himmlische Herrlichkeit aufgab und selbst ein Mensch wurde. Es ist genau das, was wir an Weihnachten feiern und was in einem Lied von Martin Luther, Ev. Gesangbuch Nr. 23, so beschrieben wird:

5. Der Sohn des Vaters, Gott von Art,
ein Gast in der Welt hier ward
und führt uns aus dem Jammertal,
macht uns zu Erben in seim Saal. Kyrieleis.

6. Er ist auf Erden kommen arm,
dass er unser sich erbarm
und in dem Himmel mache reich
und seinen lieben Engeln gleich. Kyrieleis.

Welch eine Vorstellung, für uns heute eher befremdlich: Jesus kommt von Gott! Nicht nur als jemand, den Gott berufen hat, so wie wir es von Propheten kennen, sondern als der, der seinen Ursprung in der himmlischen Wirklichkeit Gottes hat, - und der trotzdem nicht als Gott, sondern als wahrer, wirklicher Mensch über diese Erde geht. Welch ein eigentlich unüberbrückbarer Gegensatz: Gott wird Mensch! Das, gerade das, feiern wir an Weihnachten! Wir bekennen es doch bei jedem Sprechen des Apostolischen Glaubensbekenntnisses: „Empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria.“ Matthäus und Lukas bezeugen es; im 1.Kapitel des Matthäusevangeliums heißt es:

„Während er (Josef) noch hin und her überlegte, erschien ihm im Traum der Engel des Herrn und sagte zu ihm: »Josef, du Nachkomme Davids, scheue dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen! Denn das Kind, das sie erwartet, kommt vom Geist Gottes.“

Warum tun wir uns so schwer damit zu glauben und zu bekennen: Jesus kommt von Gott? Weil Gott und der Himmel so fern gerückt sind, unwirklich, undenkbar, weil nicht mit unserer irdischen Welt durch uns zu verknüpfen? Wir werden in diese Welt geboren und sterben eines Tages, darüber hinaus gibt es nichts, so meinen manche.

Die Bibel hat einen anderen, weit größeren Horizont und das nicht, weil sie ein Sagen – und Märchenbuch ist. Sie berichtet von Gott, weil er geredet und gehandelt hat in der Geschichte des Volkes Israel, die auf den Messias Jesus zuläuft. Daraus wird erkennbar: Gott ist – positiv – nur zu denken, weil er sich offenbart hat. Schauen wir auf Gottes Offenbarung in Jesus merken wir, Gottes Wirklichkeit ist nicht jenseitig, sondern ganz im Diesseits, wenn es Gott so gefällt. Wie anders können wir die Geschichte von der Verklärung Jesu verstehen als das hier ein kleines Stück Himmel im Diesseits aufleuchtet?

Gottes Himmel ist nicht fern; er ist nicht das Jenseits, über das wir spekulieren. Er ist das ganz Andere, das sich uns öffnet, wenn es Gott gefällt. In Jesus hat es Gott gefallen uns seinen Himmel aufzutun und zwar nicht dazu, damit wir dahinein schauen, sondern dahinein kommen. Uns geht es so, wie den Jüngern, die bei der erschreckenden Stimme Gottes zu Boden fallen und dann, als Jesus sie anrührt und aufrichtet, nur noch ihn allein sehen. Auf Jesus, den Menschen Jesus von Nazareth sehen, und in ihm den erkennen, der von Gott kommt, in dem Gott Mensch geworden ist, in dem, wie es der Hebräerbrief sagt, ‚die ganze Herrlichkeit Gottes aufleuchtet und Gott sein innerstes Wesen sichtbar gemacht hat‘, (Hebr. 1, 3a) das ist unsere Rettung, unser Heil, unser Glück und unsere Zukunft.

„Ihr wisst ja, was Jesus Christus, unser Herr, in seiner Liebe für euch getan hat. Er war reich und wurde für euch arm“, so noch einmal der erste Teil unseres Predigttextes. Mit „ihr wisst“, deutet Paulus an, dass dieses Bekenntnis Allgemeingut der christlichen Gemeinde ist. Das ist Grundüberzeugung, nicht esoterisches Spezialwissen weniger. Das ist Gottes Gnade in Jesus, das ist sein Liebesdienst für uns, dass er Gottes Herrlichkeit verlies und Mensch wurde, Kind in der Ärmlichkeit des Stalles und schrecklich leidender Mann am Kreuz. Der reich war, wurde arm – für uns! „Denn er wollte euch durch seine Armut reich machen.“

Das klingt für unsere Ohren auch widersprüchlich: Ein Armer kann doch andere Arme nicht reich machen! Franz von Assisi hat das schon gekonnt: Die, die sich ihm anschlossen, wurden durch seine Armut nicht materiell, aber doch geistlich reich. Bei Jesus ist es noch grundsätzlicher: In IHM wurde Gott Mensch und Gottes Reich, seine Heils-Absicht mit uns Menschen und seine Ziele mit dieser Welt sichtbar. In Jesu Worten und Taten macht sich Gott in einer Weise verständlich, die alles Bisherige übertrifft. Die Elenden, Gottfernen, Hoffnungslosen und Kranken finden den rettenden Gott, die Stolzen, Unbarmherzigen scheitern an IHM. Denn auch in seinem Menschsein ist Jesus Ort der Gegenwart Gottes.

„Ihr werdet den Himmel offen sehen und die Engel Gottes auf- und niedersteigen auf dem Menschensohn“, sagt Jesus im Johannesevangelium, Kapitel 1 (Joh. 1, 51).

In Jesus wurde Gott arm, niedrig und gering, so erzählen es die Geschichten von seiner Geburt. Er gab seine Macht auf und stieg so tief hinab, dass er sich am Kreuz als Verbrecher hinrichten lies. So ist Jesus Ort der Sühne, der Versöhnung mit Gott geworden. Das alles ist geschehen, damit wir durch seine Armut reich würden. Reich? Wie macht Jesus denn reich?

Ich habe den Weg Jesu nachgezeichnet, attraktiv scheint dieser Weg nicht. Wer mag sich auf diesen armen und machtlosen Sohn Gottes einlassen, wer ihm folgen? Jesus folgen macht reich für Gott, aber nicht reich in dieser Welt. IHM folgen ist manchmal ein Kampf und eben nicht der schnellste Weg zum irdischen Glück. Es bedeutet immer auch ein loslassen, verlassen, aufgeben. Es muss nicht irdischer Besitz sein, wie bei Franz von Assisi, aber doch alles, was mich hindert Jesus zu folgen. Alles, was verhindert, dass seine Güte in meinem Leben in Familie, Beruf, Nachbarschaft sichtbar wird. ABER, ich schreibe dieses ABER bewusst mit großen Buchstaben, wer in der Spur von Jesus geht steht nicht nur in einem Kampf, sondern erfährt Gottes Reichtum, seine Freude und seinen Frieden und lebt in einer großen Hoffnung, die niemand sonst geben kann. Ich schließe mit einem Gebet:

„Herr Gott, himmlischer Vater, der du durch die lieben Engel den armen Hirten auf dem Felde hast verkündigen lassen, sie sollen sich nicht fürchten, sondern freuen, dass Christus der Heiland geboren ist, wir bitten dich, du wollest durch deinen heiligen Geist alle Furcht aus unseren Herzen treiben und diese wahre, rechte Freude in uns erwecken.

Und wenn wir gleich hier auf Erden verachtet, elend, arm und verlassen sind, wir uns doch trösten und freuen, dass wir deinen lieben Sohn, Christum unsern Herrn, zum Heiland haben,
der um unsertwillen Mensch geworden ist, dass er uns wider Tod und alles Unglück helfen
und uns in alle Ewigkeit selig machen wolle. Amen” (Kühner, digitale Ausgabe 973)