Predigt zu Hebräer 13,12-14 von Peter Huschke
13,12-14

Predigt zu Hebräer 13,12-14 von Peter Huschke

Liebe Gemeinde,
Sie haben es gehört. Es ist ein schwerer und ein anstößiger Text, der da zum Ende der Passionszeit uns zum Nachdenken über Jesu Leiden und Sterben anleiten und anregen soll.
Aber manchmal sind es ja gerade die beim ersten Zuhören fremden Worte, die einen weiter bringen und einen die Dinge wirklich noch einmal neu oder tiefer sehen lassen
Was bringt Jesu Leiden für uns?
Was verändert sich mit Jesu Leiden für unser Leben als Christinnen und Christen?
In ungewöhnlich unangenehmer Weise wird da vom Christsein und von der Bedeutung des Leidens Jesu im Hebräerbrief gesprochen. Es klingt beim ersten Hören blutrünstig, schwer verständlich und ziemlich weltabgewandt.
Deutlich ist:
Christ sein ist kein Zuckerschlecken. Es ist auch eine ernste und anstrengende Sache, Christ zu sein

Christen sollen raus gehen, dorthin, wo es auch weh tut. Ähnliches hat Papst Franziskus gesagt: Er hat seiner Kirche empfohlen, hinaus zu gehen, zu den Menschen am Rand der Gesellschaft.
Fast alle haben diese Weltoffenheit, diesen diakonischen Einsatz und diese Öffnung des Evangeliums für alle Menschen befürwortet.
Wenn es im Hebräerbrief mir selber gesagt wird, dass ich das Gewohnte, Vertraute und lieb Gewonnene verlassen soll, damit ich Menschen in den Blick bekomme, die mir fremd, unbekannt sind und deren Kennenlernen für mich unbequem werden könnte, bin ich oft erst einmal nicht ganz so begeistert.

Ich erahne aber, warum von Auslegern über den Hebräerbrief gesagt wird, dass der Hebräerbrief mit seiner „Aufforderung zur Heiligung“ an die Gemeindeglieder das Reden von Jesus Christus als unserem Hohenpriester zur Lebenshilfe machen will.
Den Ausgangspunkt zu dieser Lebenshilfe für den Alltag von Geheiligten finde ich dabei doch sehr beruhigend und auferbauend:
Jesu Leiden dient der Heiligung seines Volkes. Jesus leidet, damit wir als seine Menschen mit dem ganzen Auf und Ab unseres Lebens seine Heiligen werden und sein können.
Damit wir nicht mehr denken „weil ich das oder jenes falsch gemacht habe, weil mir dies oder das passiert ist, mag mich Gott nicht, bin ich Gott nicht wichtig“, muss Jesus ein ganzes Menschenleben mit allem Auf und Ab durchmachen. Jesus muss eben auch Leiden und Sterben erfahren, damit wir genauso Gottes Kinder sein können wie er selber.
So heißt es im Hebräerbrief.
V. 12

Jesu Leiden hat also etwas Besonderes aus uns gemacht. Jesu Leiden hat dazu geführt, dass wir etwas Besonderes sein dürfen und schon jetzt sein können: Wir sind als sein Volk geheiligt. So werden die Menschen erinnert, die den Hebräerbrief lesen.
Dass Jesus - so wie es das Volk Israel von einem Hohenpriester kennt - als Gottes Sohn für mich da ist, das kapiere ich noch leidlich. Das lasse ich mir gerne gesagt sein.
Dass das durch Blut geschieht, entspricht meinen Vorstellungen so gar nicht. Aber Karl May und viele aktuelle Filme arbeiten ja auch mit Blutsbrüderschaft oder anderen mir sehr blutig vorkommenden Ritualen, um zu verdeutlichen, wie wichtig Menschen füreinander sind.
Und beim Abendmahl lässt mich das gemeinsame Trinken aus dem einen Kelch zur Erinnerung an den Bund, den Jesus zwischen Gott und uns geschlossen hat, die Worte verstehen und ernstnehmen: Christi Blut, für Dich vergossen.
So kann ich dann auch den Satz für mich gelten lassen:
V. 12
So geheiligt von Jesus können wir seine Kirche sein. Gott hat für uns viel gemacht und er hat mit uns viel vor.
Deswegen ist Jesus hinaus vor das Tor hinein in unsere Welt gegangen. Jesus hat draußen vor dem Tor mitten in der Welt für seine Menschen gelitten.
Und genau dort will Jesus nun auch seine Menschen, mich eingeschlossen, sehen: draußen vor dem Tor mitten unter den Menschen in Gottes Schöpfung.

So heißt es nun im Blick auf uns Christinnen und Christen, die Jesus geheiligt hat und für die er gelitten hat:
V. 13
Außerhalb des Lagers
ist der Platz von uns Christinnen und Christen.
Außerhalb des Lagers lebt die Kirche Jesu Christi als Gemeinschaft der Heiligen.
Außerhalb des Lagers lebten nach der Vorstellung des Volkes Israel die von Gott Entfernten. Dort meinten die Frommen, dass Gott nicht sei. Gott korrigiert diese Vorstellung, die uns ja auch nicht fremd ist. Jesus wurde in die Welt hineingeführt, damit keiner mehr draußen vor der Tür steht – auch ich nicht, wenn ich selber meine, eigentlich zu Recht draußen vor die Tür gestellt zu sein.
Wie Gott auch außerhalb des Lagers durch Jesus Christus Quartier genommen hat, so soll ich das auch tun. So soll auch die Kirche Jesu bei den Menschen in Gottes Schöpfung ihr Quartier suchen.

Was Gott für mich tut, soll, kann und darf ich, soll, kann und darf Kirche Jesu Christi nun auch tun und dabei Jesu Schmach tragen:
V. 13
Im Evangelium wurde das eben sehr anschaulich beschrieben, was es bedeutet, Jesu Schmach zu tragen.
Nicht mir dienen lassen, sondern selber dienen lautet die Anweisung an die Kirche Jesu Christi, an uns, die wir seit der Taufe als Gemeinschaft der Heiligen leben dürfen.
Ich kann hinausgehen und Schmach tragen. So lasse ich nicht mir dienen, sondern diene anderen.
Ich kann zu Verachteten und Verspotteten stehen.
Ich kann mich trennen von Dingen, die mir mal lieb und wert waren, mich aber jetzt eher an einem sinnvollen Lebenswandel hindern.
Ich kann mich ändern, auch wenn mich andere dafür auslachen.
Ich kann zu Schuld und Lügen stehen und mich ändern.
Ich kann gut über andere reden und nicht mit machen, wenn über sie hergezogen wird.
Es fällt mir da noch einiges ein, wenn es da im Hebräerbrief heißt: Wir sollen die Schmach Jesu tragen.
Das muss nicht gleich das Kreuz tragen sein. Sich wie Jesus mit Außenseitern zusammen zu setzen. Mit verachteten und verschmähten Menschen zusammen zu essen. Um Kranke keinen Bogen zu machen. Für Menschen einzutreten, die nicht aus diesem Land sind. Es gibt da wahrlich noch viele Möglichkeiten, Jesu Schmach zu tragen.
Und wieder leuchtet mir unmittelbar ein, warum es nützlich für unseren Alltag ist, dass Jesus für uns gelitten hat. Wir können so auch für andere leidensfähig werden.

Warum ich das kann, wird mir noch einmal mit einem Blick in Gottes Zukunft für mich verdeutlicht:
V. 14
Wir haben hier keine bleibende Stadt,
wir können uns schon auf den Weg in die zukünftige Stadt Gottes für seine Heiligen machen.

Wiederum blitzt sie auf für mich: Die Freiheit, die Gott uns durch Jesu Leiden und Sterben schenken will.
Nichts kann mich festhalten.
Ich weiß doch, dass für meine Zukunft gesorgt ist.
Ich weiß, dass meine zukünftige Heimat bei Gott gesichert ist.
Ich bin doch durch Gott in Jesu Namen seit meiner Taufe geheiligt.
So kann ich mich jetzt hier auf den Weg machen und leben:
Ich kann rausgehen aus Gewohntem und Vertrautem.
Ich kann mit anderen geliebten Menschen etwas riskieren.
Ich kann damit leben, auch mal ausgelacht zu werden.
Ich kann auch mal anders leben, als das angeblich alle machen.

Das Leiden Jesu  ändert mein Handeln und das Handeln der Kirche.
Diese Freiheit und Lockerheit, die Gott seinen Heiligen durch Jesus Christus schenken will, wird in den Versen nach unserem Predigttext treffend auf den Punkt gebracht:
V. 15f
Gott opfert sich in seinem Sohn und dessen Leiden für mich. Er tut alles für mich: Ich darf in der Gemeinschaft seiner Heiligen als Kirche Jesu Christi leben Meine Zukunft ist gesichert, damit ich mich voll auf die Gegenwart konzentrieren kann. Damit kann ich dann im Sinne des Hebräerbriefes Gott mit meinen Lippen loben, Gutes tun und  mit anderen teilen.
Dank Jesu Leiden und Sterben und der darauf folgenden Auferstehung in die zukünftige Stadt Gottes für ihn und für uns schenkt mir Gott dafür die notwendige Lockerheit, Freiheit und Sicherheit.
Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahrt so unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen