Predigt zu Lukas 2,1–20 von Karin Klement
2,1-20

Predigt zu Lukas 2,1–20 von Karin Klement

LIED:    32, 1 – 4          Zu Bethlehem geboren

Hinführung und Lesung Lk 2, 1 – 7
Erster Predigtteil
Liebe große und kleine Menschen,
liebe Glaubende und Nach-Glauben-Suchende –
an diesem Heiligen Abend!

Mein Freund HÄGAR, der Schreckliche aus den Wikinger-Comicbüchern, sitzt auf einer Bank vor seinem Haus. HAMLET, sein schmächtiger, aber kluger Sohn sitzt neben ihm. „Warum hat GOTT die Dunkelheit geschaffen?“ fragt er. „Ich weiß nicht…“, sinniert HÄGAR und blickt hoch zum Nachthimmel. „Vielleicht, weil wir dann besser die Sterne sehen können.“

STERNE sieht man nicht am hellen Tag, son­dern nur in der Nacht, nur wenn es sonst ganz dunkel um uns ist. So liegt im Un­scheinba­ren, Dunklen ver­borgen, was das Herz froh und leuchtend hell ma­chen kann. Ähnlich ist es mit dem Glauben; er ist eine Sache des Vertrauens, nicht der Sichtbarkeit. Und dennoch brauchen wir etwas zum Anschauen. Bilder, die unserem Glauben auf die Sprünge helfen. Ansichten, die unser Herz berühren. Wie die Bilder der Weihnachtsgeschichte.

Eigentlich klingt sie recht nüchtern – diese weihnachtliche Geburtsgeschichte. Sachlich genaue, knappe Fakten. Zumindest am Anfang. Sie setzen etwas in Gang. Sobald ein Regierungschef Anweisungen erlässt, müssen alle gehorchen. Und Kaiser Augustus war nicht irgendwer. Ein machtbewusster Stratege, der sich geschickt zum Kaiser und Alleinherrscher emporgehoben hatte. Er litt gewiss nicht unter fehlendem Selbstwertgefühl, als er sich „Sohn Gottes“ titulieren ließ. Ein politisch denkender Herrscher muss wissen, wie viele Bürger ihm unterstehen. Damit er die Steuereinnahmen kontrollieren kann. So geschah die allererste Volkszählung, von der wir wissen. Sie brachte ein junges, verlobtes Paar in den Strudel der Geschichte ein, von denen sonst wohl nie jemand etwas erfahren hätte: JOSEF und MARIA, die schwanger war.

Schwangere Mädchen, junge Frauen, in denen neues Leben wächst. Nichts Wichtigeres gibt es als die Geburt eines neuen Lebens. Doch, wie kümmern wir uns um diesen kostbaren Schatz? Wie sorgsam gehen wir um, z.B. mit den Frauen ferner Länder, die „guter Hoffnung sind“ (wie man früher sagte), die aus ihren Heimatländern flüchten und bei uns anklopfen, weil Krieg oder Hungersnot sie fortreibt? Ein uneingeschränktes Bleiberecht ohne Abschiebung, ohne Trennung von Eltern und Kind wäre nötig. Offene Türen, ein gastfreundliches Willkommen. Denn wir haben weiten Raum in unserem Land, viel mehr, als für ihre Herberge tatsächlich gebraucht wird. Und wir können uns freuen an ihren Kindern, die unsere Gesellschaft jung machen. Wie Sterne leuchten sie für eine stabile Zukunft in unserem Land.

Und es kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Kein Wort von den anstrengenden Stunden der Geburtswehen, die Maria aushalten muss. Ihrer lauten und leise Schmerzensschreie; der sorgenvollen Blicke und sanften Handgriffe, mit denen Joseph zu helfen versucht. In zwei Sätzen kommt das Kind zur Welt – und findet sich alsbald in einem Futtertrog für Tiere wieder. Ein harter Lebensanfang; wie für Millionen Kinder weltweit.

So „einfach“ kommt Gott zur Welt. So schlicht und machtlos, so ungeschützt und hilfsbedürftig. Nicht in den Palästen der Kaiser und Herrschenden, sondern bei denen, die ihn brauchen. Kein Machthungriger mit Star-Allüren, sondern ein wahrer Sohn Gottes. Er kommt uns Menschen nahe, geht uns unter die Haut bis ins Herz hinein. Geboren in einfachen Verhältnissen – unter einem guten Stern – kümmert er sich als Erwachsener vor allem um die sogenannten einfachen Leute. Arme, Kranke, Behinderte, Bedürftige in vielfältiger Weise. Er stellt sie in die Mitte; zeigt uns, dass wir viel davon haben, wenn wir sie als unsere Geschwister ansehen, Kinder des einen, himmlischen Vaters. Wir lernen voneinander, lachen, weinen, streiten und versöhnen uns miteinander; wir sind stark in Gemeinschaft.

Und wie ging es weiter?

LIED:    24, 1 – 3          Vom Himmel hoch
Lesung Lk 2, 8 – 14

Zweiter Predigtteil
Der Heilsbringer – ein Neugeborenes, eine zerbrechliche, menschliche Gestalt für den Allmächtigen. Ein Kind, vor dem wir uns nicht fürchten müssen. Im Gegenteil; es lässt uns spüren, wie kostbar, einmalig, aufregend-schön das Leben ist. Aber auch, wie anstrengend und gefährdet.

Das Alltagsleben der HIRTEN war eher selten besonders bedeutungsvoll. Sie bewachen die Herden ihrer Herren, ver­tieft in das Leben, wie es läuft. Sie schuften für ihr Auskom­men. Irgendwie zurecht­kommen ist alles. Für Träume bleibt da keine Zeit. Viel Finsternis umfängt sie. Der Hirtenberuf – damals kein Wunschtraum! Bei Kälte oder Hitze, immer draußen auf dem Felde, bei Tag und meist auch noch bei Nacht. Von Lagerfeuer-Romantik keine Spur. Im Alltag war das Leben der Hirten sehr hart. Und obwohl ihre Arbeit unentbehr­lich war, erhielten sie von ihren Mit­menschen wenig Ansehen.
Doch gerade ihnen öffnet sich der Himmel. Aufgeweckt durch das Leuchten des STERNS, beinahe aufge­schreckt durch die ENGEL, Gottes Botschafter, wer­den sie erleuch­tet von Gottes Licht. Ihnen, den sonst so ge­ring Geachte­ten, be­gegnet das Wunder der Heiligen Nacht zu al­lererst!

Und was ist mit den ENGELN?

Die kühlen, fernen Gottesboten, unnahbare Traumgestalten?
Glauben Sie an ENGEL, liebe Gemeinde? Kinder glauben bestimmt an sie! Es gibt schlaue Besserwisser, die leichthin behaupten, dass es Engel gar nicht geben kann. Dann frage ich sie: Was geschieht eigentlich, wenn entgegen allen Voraussagen ein Wunder geschieht? Die Rettung eines Verschütteten aus 1000 Meter Tiefe. Ein Unfall, der in letzter Sekunde verhindert wird. Ein Krebskranker, der ungeahnte Heilkraft in sich entdeckt, als ob ihm ein Unsichtbarer den Rücken stärkt…
Wo­her kommen die wunderbaren Erfah­rungen von Be­hütet-Sein? Die un­erwarteten Mo­mente, wenn ein Mensch dem anderen unverhofft Glück und Freude schenken kann? Hat da nicht doch ein Engel die Hand im Spiel?
Nur echte Realisten wis­sen, dass es mehr gibt, als das, was wir mit unseren Sinnen wahrnehmen.
Engel können die Nacht hell machen, kön­nen beglei­ten durch dunkle Schluchten. Engel sind die Briefträger Gottes für gute Nachrichten. Sie reden durch Träume und bringen Menschen auf den richti­gen Weg.
Engel können auch Furcht einflößen; darum beginnt ihre Bot­schaft oft mit den Worten: „Fürchtet euch nicht!“ En­gel sind die unsichtbaren Wesen der Liebe Got­tes. Mit ihnen kommt Gottes Friede zu uns Menschen.

LIED:    48, 1 – 3          Kommet, ihr Hirten

Lesung Lk 15 – 20

Dritter Predigtteil

Aufbruchsstimmung. Die HIRTEN bleiben nicht bei ihrem Alltag stehen. Sie wollen sich persönlich überzeugen. Die Geschichte sehen, die ihnen zugesprochen wurde. Das hoffnungsvolle Wort lässt ihre Gesichter aufleuchten: FREUDE wird verheißen für das ganze Volk, für alle, die den Erdkreis bewohnen. Der Heiland – für euch geboren! Ein Geschenk des Himmels mitten hinein in diese dunkle Welt. Ein Wort und sein Zeichen: das Wickelkind in der Krippe. Da fließen den himmlischen Heerscharen die Lippen über mit Lobgesang für GOTT und Friedenswünschen für uns Menschen seines göttlichen Wohlgefallens.
Wie können sich die Hirten dabei noch zurückhalten? Sternenglanz und himmlische Stimmen entzünden ihr Herz, wecken in ihnen die Sehnsucht danach, dass es wahr sein könnte: der Heiland – leibhaftig nahe. Sie müssen es selbst sehen, hören, wahrnehmen.
Wer glauben will, schaltet den Verstand nicht aus; ganz im Gegenteil. Er will sich überzeugen, die Bilder prüfen, der Sache auf den Grund gehen, das Gehörte ernst nehmen.
So kommen sie eilend. Kein Aufschub, wenn es um die eigene Seele geht. Wenn Leib und Seele, Herz und Verstand berührt sind. Sie kommen eilends – und finden eigentlich nur das, was ihnen die Engel versprachen: Zwei Menschen mit einem neugeborenen Kind. Kein Heiligenschein um sein Köpfchen, kein Sternenschimmer am Himmel über ihm. Und dennoch gehen ihnen Augen und Mund über, so voll werden ihre Herzen von dem, was sie erle­ben dürfen.

Wie schön, wenn Menschen sich so bewegen lassen kön­nen von dem, was ihnen geschieht, was ihnen zu Ohren kommt und vor Augen ist! Kinder sind da den Hirten ganz ähnlich und uns Erwachsenen manchmal voraus! Was sie bewegt, das sprechen sie aus. Von ihren Erlebnissen erzählen sie un­befangen immer wieder.
Manchmal wundern wir Erwachsenen uns über ihre Worte, und manchmal behalten wir sie ganz fest in un­seren Herzen. Damit wir auch noch später, wenn die erste Aufregung vor­über ist, erinnern können, was da­mals geschah.

Die HIRTEN kehrten wieder um, lobten und priesen Gott, und gingen dann zurück in ihren Alltag, an ihre Arbeit. Denn die Schäfchen mussten weiterversorgt werden.

Und doch hatte sich etwas verändert – in den Hirten selbst und um sie herum. Sie sahen die Sterne in der Nacht mit anderen Augen. Sie wussten, es steckt noch mehr dahin­ter, als man auf den ersten Blick erkennt.
Mochte es Tag oder Nacht sein, sie wussten sich beglei­tet vom Stern über Bethlehem. Er erinnerte sie immer wieder daran, dass Gott MENSCH wurde, ganz klein, so arm wie sie, ohne Macht, aber mit so viel Liebe, wie ein kleines Kind.

Ob der kleine HAMLET weiter darüber nachdenkt, was hinter den Sternen liegt? Und warum GOTT Licht und Schatten geschaffen hat? Er wird weiter fragen.
Die Geschichte weitererzählen, die da vor unseren inneren Augen und Ohren geschehen ist. Das ist auch unsere Aufgabe. Vertrauen wachsen lassen, damit eine neue Hoffnung sich wie Sternenglanz ausbreitet. Und der Friede wahr wird!
AMEN

LIED:    37, 1 – 3          Ich steh` an deiner Krippen