Predigt zu Lukas 21,25-33 von Mirko Peisert
21,25-33

Predigt zu Lukas 21,25-33 von Mirko Peisert

Liebe Adventsgemeinde!

Am 21.12. geht die Welt unter!
Alles beginnt mit einer nuklearen Kettenreaktion in den USA und dem finalen Fall out.

Was wird dann kommen?
Und was wird bleiben?
Gibt es noch ein Überleben für die Menschheit?

Du schlüpfst in die Rolle des Apokalyptischen Reiters. Du kämpfst gegen Mutanten und marodierende Banden. Du versuchst Dir ausreichend Munition zu sichern und Nahrungsmittel zu horten.
Was kommen wird und was bleibt, du hast es in der Hand!

Das ist ungefähr könnte die Geschichte eines neuen Computergames Apocalypse 5.2 sein– zu deutsch Enthüllung oder Offenbarung, Teil 5.2!

Die Apocalypse-Spielereihe für die X-Box begeisterte in den letzten Jahren immer wieder mit absolut sensationeller Grafik, neuer Menüführung und völlig überarbeiteten Charakteren und füllte deshalb nicht nur die Kassen des Einzelhandels, sondern erfüllte auch die Weihnachtswünsche von zahllosen Jugendlichen.

Das geilste Spiel überhaupt – heißt dazu auf Facebook!
Doch ich sage, das ist alles nur eine billige und langweilige Kopie!

Ich habe dagegen das Original! Die echte Geschichte. Und die, die stammt von Jesus.

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Hören sie sich an, was wirklich kommen wird und was bleiben wird!
Der Evangelist Lukas hat es aufgeschrieben:

Jesus sagt: Und es werden Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen, und auf Erden wird den Völkern bange sein, und sie werden verzagen vor dem Brausen und Wogen des Meeres, und die Menschen werden vergehen vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über die ganze Erde; denn die Kräfte der Himmel werden ins Wanken kommen.
Und alsdann werden sie sehen den Menschensohn kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit. Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.

Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Seht den Feigenbaum und alle Bäume an: wenn sie jetzt ausschlagen und ihr seht es, so wisst ihr selber, dass jetzt der Sommer nahe ist. So auch ihr: wenn ihr seht, dass dies alles geschieht, so wisst, dass das Reich Gottes nahe ist.

Wahrlich, ich sage euch: Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte vergehen nicht.


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Die Frage ist nun: War Jesus nun der erste Gamer?
Ist das jetzt auch nur ein Spiel? Oder ist das Echt?
Meint er das ernst?
Und wenn ja:
Was hat das alles eigentlich mit uns heute zu tun?

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Viele Wissenschaftler sagen: Jesus meint das sehr ernst, das schon, - aber es ist auch schon alles vorbei! Das wovon Jesus da redet. Es geht ihm nämlich um die Zerstörung Jerusalems durch die Römer im Jahre 70. Er scheint die Vernichtung der Stadt und des Tempels schon vorausgeahnt zu haben. Und kündigt die Zerstörung als Gericht Gottes an!

Die Verwüstung der Stadt und insbesondere die Zerstörung des Tempels, der danach nie wieder aufgebaut wurde. Das war ein tiefer Einschnitt für die Juden genauso wie für die Christen damals.
Und die Menschen damals dachten: Das ist das Ende der Welt!
Es ist vorbei!

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Wozu dann aber noch dieser Predigttext heute?

Ehrlich gesagt, habe ich mich das auch gefragt. Und es gibt doch in diesen Tagen so viel Angenehmeres und Schöneres über das sich Nachdenken und Predigen ließe!
Von Lichtern und Lebkuchen, von Sternen und Stiller Nacht.

Aber vielleicht ist es auch ganz richtig und notwendig, dass wir es uns in diesen Adventswochen nicht ganz so gemütlich machen! Denn die Adventszeit, das ist eine Zeit mit doppeltem Boden!

Dieser doppelte Boden um den geht es mir heute Morgen! Der doppelte Boden im Advent, der fängt schon beim Begriff an: Advent!

Advent das ist Latein und das heißt schlicht Ankunft – Ankommen.
Aber wer kommt da eigentlich?
Wer wird da erwartet im Advent?

Antwort 1: Der Weihnachtsmann! Oder: Die Weihnachts-Geschenke! Das wäre wahrscheinlich die häufigste Antwort auf dem Hannoveraner Weihnachtsmarkt! Irgendwie ist sie auch nicht falsch, denn die mit dem Weihnachtsmann verbunden Geschenke werden ja wirklich erwartet. Aber leider gibt es für diese Antwort hier in der Kirche 0 Punkte!

Also noch mal die Frage: Wer kommt da im Advent? Wen erwarten wir?

Antwort 2: Das Kind von Bethlehem! Auch das ist nicht falsch, aber auch nicht ganz richtig! Im Kindergarten zumindest würde ich die Antwort auch gelten lassen!

Zumindest die Hauptkonfirmanden könnten und sollten aber auch noch mehr und auch die Antwort 3 kennen. Denn diese Antwort geben wir jeden Sonntag im Gottesdienst, wenn wir das Glaubensbekenntnis sprechen: Wir glauben an Jesus Christus……er sitzt zur rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, von dort wird KOMMEN zu richten die Lebenden und die Toten.

Advent ist eine Zeit mit doppeltem Boden:
Vordergründig da geht es um Bethlehem, um das Kind, das kommt, das wir erwarten, auf das wir uns vorbereiten.

Aber im Hintergrund, da geht es um noch um ein ganz anderes Kommen, da geht es um das Kommen Jesu Christi in diese Welt, am Ende der Zeit, als Richter über Lebende und Tote!
Es geht darum, was bleibt, wenn alles andere vergeht!
Es geht um das, was ich erwarte, wünsche und hoffe für diese Welt!

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Advent ist eine Zeit mit doppelten Boden und ein wenig wie das Kunstwerk von Teresa Margolles, der mexikanischen Künsterlin!

Es ist schon ein paar Jahre her, da hat sie im Frankfurter Museum für moderne Kunst einen Raum gestaltet: der Besucher ihres Raumes wird von einer Kaskade von Seifenblasen begrüßt! Die Seifenblasen tanzen durch den Raum bis sie irgendwann zerplatzen. Ansonsten ist der Raum weiß und leer. Nur die Seifenblasen, die eine Maschine kontinuierlich in den Raum pustet.

Ein Raum voller Seifenblasen, das ist wunderbar. Bilder aus meiner Kindheit werden in mir wach, ich denke an mein Patenkind, wie es begeistert die ersten Seifenblasen produziert hat, fasziniert schaue ich den Seifenblasen hinterher, denke an Kinderlachen, an den Frühling….

Wer will kann nur das sehen! Ja. Man könnte sich soweit zufrieden geben! Mit dieser Ebene, aber auch Teresa Margolles Kunst hat einen doppelten Boden, eine zweite Botschaft.

Theresa Margolles ist nicht nur Künstlerin, sie arbeitet eigentlich als Gerichtsmedizinerin. Täglich hat sie mit den Ermordeten des mexikanischen Drogenkrieges zu tun. Sie untersucht die Leichen, sie wäscht sie. Das Leichenwasser aber hat sie für ihr Frankfurter Kunstwerk aufgehoben und aufbereitet, desinfiziert.

Und verwandelt es nun zu Seifenblasen!

Ihre Arbeit lässt sich als eine bittere Anklage gegen die Ungerechtigkeit in ihrem Land lesen.
Und: Eine Anklage gegen das Wegschauen!
Teresa Margolles will sich nicht ab mit den Zuständen abfinden.
Sie will etwas verändern!
Und so erinnert sie noch einmal sanft an die Toten und uns an die Vergänglichkeit des Lebens.

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Ich glaube, manchmal brauchen wir das Erschrecken! Und vielleicht ging es Jesus auch genau darum.

Drastisch und deutlich erinnert er an die Vergänglichkeit des Lebens, ja, die Vergänglich der Welt, um so unsere Erwartung wecken!
Die Erwartung auf Gottes Kommen.
Dass er für Gerechtigkeit sorgt.
Das Unrecht beendet.

Es geht um die Sehnsucht nach Gott.
Dass er zurückkommt und die Welt verändert und erlöst.

Von dieser Sehnsucht erzählt die Lesung aus dem Alten Testament. Da betet der Prophet Jesaja voller Erwartung:

Ach, Gott, dass du den Himmel zerrissest und führest herab,
dass die Berge vor dir zerflössen,
wie Feuer Reisig entzündet und wie Feuer Wasser sieden macht.


Denselben Text hat mehr als 2000 Jahre später Friedrich Spee von Langenfeld zu einen Adventslied gemacht:

Oh, Heiland reiß die Himmel auf,
herab, herauf vom Himmel lauf,
reiß ab vom Himmel Tor und Tür,
reiß ab, wo Schloss und Riegel für.

Das sind Worte von Menschen, die sehnsuchtsvoll auf Gott warten, dass er endlich mit Macht herabsteigt vom Himmel, dass er herunterkommt, dass er diese Welt verändert und erlöst. Worte von Menschen, die Gott sehnlichst vermissen, denen Gott fehlt.

Bei uns hingegen klingt die Adventszeit viel zu sehr nach diesem Lied: „Alle Jahre wieder!“
Alle Jahre wieder, Immer wieder das gleiche. Jedes Jahr der gleiche Weihnachtsstress und die gleiche Mühe. Jedes Jahr die gleiche Sorge um die Geschenke und die vollen, überfüllte Geschäfte und der überteuerte Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt.

Aber wozu dann noch Advent, wenn wir sonst nichts mehr zu erwarten haben? Wenn unsere Sehnsucht nicht mehr kennt als den Weihnachtsmann?

Gut, wer einen zweiten Boden hat, der ihn trägt!
Der noch etwas im Hintergrund hat, wenn der Boden unter den Füßen schwankt.

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Was kommt?
Was bleibt?

Ich muss bei diesen Fragen an eine alte Fotografie der Berliner Elisabethkirche Kirche denken.

Nach dem 2. Weltkrieg ist Berlin eine apokalyptische Ruinenlandschaft. 90 Prozent der Gebäude in der Mitte Berlins sind zerstört. So auch die Elisabethkirche, 1834 von Schinkel erbaut. Als im März 1945 Phosphor-Bomben die Kirche treffen, brennt die ganze Kirche aus, das Dach stürzte ein, sämtliches Inventar wird zu Asche.

Nicht wenige haben damals gesagt: Die Kriegszerstörungen das war eine Strafe Gottes. Sie hatten das Gefühl, das ist sein Gericht.

Auf wundersame Weise aber blieb das große Eingangsportal der Kirche erhalten und über der Tür die Buchstaben eines Bibelverses:

Caelum et terra transibunt -
Verbum Dei Manet in aeternum.
Himmel und Erde werden vergehen;
aber Gottes Worte vergehen nicht.


Die Herren der Welt vergehen.
Die Mächtigen gehen dahin.
Die Herrscher und Herren.
Vorsitzenden und Präsidenten.
Sind wie Seifenblasen.

Unser Gott kommt.
Und bleibt.
In Ewigkeit.

AMEN

 

Perikope
Datum 07.12.2014
Bibelbuch: Lukas
Kapitel / Verse: 21,25-33
Wochenlied: 6
Wochenspruch: Lk 21,38