Predigt zu Matthäus 7, 24-27 von Jochen Cornelius-Bundschuh
7,24

Predigt zu Matthäus 7, 24-27 von Jochen Cornelius-Bundschuh

24Darum, wer diese meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels baute. 25Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, fiel es doch nicht ein; denn es war auf Fels gegründet.
  26Und wer diese meine Rede hört und tut sie nicht, der gleicht einem törichten Mann, der sein Haus auf Sand baute. 27Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, da fiel es ein, und sein Fall war groß.

  Zwei Dinge zeichnen Christinnen und Christen aus: das Hören und das Tun. Darauf kommt alles an: dass wir hören, was Gott uns sagen will – und dass wir tun, was wir gehört haben. Beides zusammen bildet ein tragfähiges Fundament für unser Leben.
  Kurz und bündig ist dieser Predigttext – und gut verständlich. Wie beim Bauen! Sie kennen das wahrscheinlich besser als ich. Viele von Ihnen haben ein eigenes Haus. Sie wissen, was wichtig beim Bauen ist. Wer ein Haus baut, achtet darauf, dass es ein gutes Fundament hat.
  Ein Haus, hier auf Fels gebaut, dort auf Sand. Das eine steht fest – trotz aller Unwetter, das andere aber stürzt ein.
  So ist es auch mit dem Hören und dem Tun. Nur Hören und Tun gibt einen festen Grund.
I
Was gibt es denn zu hören? Was ist denn „meine Rede“, von der Jesus spricht?
  Das Bild vom Hausbaus steht am Ende der Bergpredigt. Jener Rede, bei der Jesus eine große Volksmenge um sich gesammelt hat. Viele sind gekommen, weil sie hören wollen, was dieser junge Mann zu sagen hat. Er ist schon bekannt. Durch seine ersten Reden, durch seine Gespräche mit den Gelehrten im Tempel, durch Wunder und Heilungen.
  Das ist einer, der etwas zu sagen hat!
  Das ist einer, der tut, was er sagt!
  Jesus steht auf dem Berg oberhalb vom See Genezareth und hält eine Grundsatzrede. Das ist mein Programm! Besser: das ist Gottes Programm!
  Hört, was es heißt, schon jetzt, heute und hier im Reich Gottes zu leben.
  Glücklicherweise haben Matthäus und Lukas die Rede für uns festgehalten: Übers Töten spricht Jesus, übers Schwören, über Ehebruch und über Vergeltung: Nicht länger soll gelten: Auge um Auge, Zahn um Zahn, sondern: wenn dich jemand auf die rechte Backe schlägt, dann biete die andere auch dar. Auch über das Beten, das Fasten und das Richten spricht Jesus.
  Im Zentrum seiner Rede finden sich zwei wichtige Texte:
  Das eine ist ein Gebet: das Vaterunser! Alles kommt darin vor, was der Mensch zum Leben braucht und was ihn bestimmt: Gott und das tägliche Brot. Schuld und Vergebung. Das Böse und Gottes Reich. In diesem Gebet wird das ganze Leben in Ordnung gebracht – und vor Gott gebracht.
  Das zweite ist ein Satz, der aus drei Worten besteht: Liebet eure Feinde! In dieser Aufforderung kommt alles zusammen, was Jesus uns im Namen Gottes sagt. Das Reich Gottes ist mitten unter uns, wo Feinde anfangen sich zu lieben! Wo Menschen sich versöhnen, die sich spinnefeind sind. Wo Identität nicht durch Abgrenzung gewonnen wird.
  Feindschaft gibt es nicht nur zwischen Nationen; es gibt sie im Dorf, in der Nachbarschaft und in der Schulklasse – und manchmal sogar in der Verwandtschaft. Den ersten Schritt tun, den Feind lieben, aufhören, schlecht übereinander zu reden, wo das gelingt, ist das Reich Gottes mitten unter uns. Da fällt ab, was wir an Panzer um uns aufgerichtet haben, um uns abzugrenzen und aufzurüsten. Die viele Kraft, die das kostet, wird frei. Uns wird leichter, manchmal fließen Tränen – und es fließt all das ab, was uns voneinander trennt. Menschen kommen zusammen, versetzen sich in die andere, den anderen hinein. Sie beginnen Brücken der Verständigung zu bauen.
  Liebt eure Feinde! Das Reich Gottes ist mitten unter euch!
  Dann kommt Jesus zum Schluss seiner Rede. Und schärft den Hörenden noch einmal ein: Das ist Gottes Botschaft an euch. Das müsst ihr hören und tun, dann seid ihr auf dem Weg ins Reich Gottes! Dann habt ihr euer Leben auf einem Fels gebaut, sonst aber auf Sand.
II
Liebet eure Feinde! Die andere Backe hinhalten! Dem Gebet etwas zutrauen! Jesu Worte hören und sie tun!
  Nicht erst heute scheint das weltfremd. Matthäus erzählt, dass seine Hörerinnen und Hörer sich schon damals entsetzt haben. Wie soll das gehen? Wer kann da bestehen?
  Wichtig ist die Reihenfolge: Hören und Tun; sie ist unumkehrbar. Zunächst gilt es zu hören und dann erst zu tun.
  Das ist schwer zu begreifen. Vielleicht sind wir auch deshalb skeptisch und verzagt und unsicher, dass wir Jesu Rede ernst nehmen können, weil wir die Reihenfolge meistens umkehren.
  Ich will stark sein und erwachsen. Ich will selbst bestimmen, wohin mein Weg geht. Ich will etwas tun, um etwas zu erreichen.
  Dann merke ich, dass das nicht gelingt. Dass ich nicht fertig werde, dass nicht das heraus kommt, was ich geplant habe. Sondern etwas anderes, etwas, dass zwei Seiten hat.
  Da will eine Lehrerin die Klasse dazu bewegen, besser mitzumachen und brüllt und schimpft – und je mehr sie brüllt und schimpft, desto weniger hören die Kinder zu.
  Da soll der Terrorismus eingedämmt werden durch eine militärische Intervention – und die Welt spaltet sich weiter, die Bedrohung wächst! Immer selbstverständlicher wird es, dass Konflikte sich nur militärisch lösen lassen! Sicherheit sollte gewonnen werden, die Welt freier und friedlicher werden, stattdessen breitet sich die Gewalt aus.
  Es ist wie verhext. Wir wollen etwas Bestimmtes durchsetzen; wenn wir das nicht schaffen, strengen wir uns noch mehr an – und noch mehr, und noch mehr – und irgendwann sind wir bereit, schlechte Mittel anzuwenden um unser Ziel zu erreichen und kommen immer weiter weg von unserem Ziel.
  Jesus nimmt uns mit auf einem anderen Weg: Er verzichtet darauf sich und sein Programm mit Macht und Gewalt durchzusetzen. Er geht auf diesem Weg für und mit uns, für und mit seinen Feinden: gewaltlos, bereit zu leiden, frei von Hass. Bis zum Tod am Kreuz ist Jesus diesen Weg gegangen und hat damit dem Willen Gottes entsprochen. Und Gott hat ihn nicht im Tod gelassen, sondern hat ihn auferweckt – und damit seine Rede, seine Worte bestätigt. Liebt eure Feinde, dann ist das Reich Gottes mitten unter euch!
III
Hören und tun, das ist die Reihenfolge – und nicht umgekehrt.
  Hört auf meine Rede, sagt Jesus: sie hat eine Überschrift. Sie beginnt mit den Seligpreisungen: selig sind, die da geistlich arm sind. Selig sind, die da Leid tragen, selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit. Selig sind die Schwachen, die Suchenden, die Hoffenden. Diejenigen, die um ihre Grenze wissen.
  Auch diejenigen, die hören und im Tun scheitern? Ja, auch die: auch Petrus, der Treue schwört und verrät, auch Thomas, der zweifelt, auch die, die sich um die besten Plätze im reich Gottes streiten. Sie hören Jesus wie wir: Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, ich habe dich erlöst, du bist mein. Fürchte dich nicht! 
  Auch deshalb fängt das Reich Gottes mit dem Hören an: Hören und still werden, Grenzen erkennen und anerkennen, die dem menschlichem Tun gesetzt sind. Wahrnehmen, dass weder ich noch andere Menschen alles in der Hand haben. Loslassen: mein Leben, meine Sorgen, meine Freude Gott anvertrauen. Hören! Unterscheiden zwischen dem, was ich will, und dem, was Gott für mich tut. Damit fängt das Reich Gottes an.
IV
Aber das Hören ist kein Besserwissen. Die Überschrift heißt nicht: Alles, was ihr oder andere tut, ist nichts wert; das bringt ja doch alles nichts! Jesus nimmt uns mit auf seinem Weg; wir gehen mit ihm, wir handeln mit ihm!
  Wir folgen seinen Worten: „Strengt euren Kopf und euer Herz, eure Hände und Füße an. Lebt nach meinen Worten, auch wenn ihr nicht mit einem Schlag die Welt, nicht einmal eure Nachbarschaft, euer Dorf, eure Stadt oder eure Familie verändern werdet.“ Sagt nicht: Jesu Worte sind so richtig und so wahr, dass sie mit meinem Alltag und unserer Welt nichts zu tun haben. Sie sind für eine andere Welt, für Gottes Welt gesagt; in unsere Welt passen sie nicht, in unserem Leben gelten sie nicht.
  Probiert es aus, auch wenn es unbequem ist. Fragt euch: Wo rede ich schlecht über andere, wo versetze ich mich zuwenig in ihre Lage? Was kann ich tun, damit in meiner Familie mehr Freundlichkeit herrscht? Was kann ich dazu beitragen, dass muslimische Jungen sich in unserem Land besser zugehörig fühlen, dass sie wissen: wir gehören hierher? Wir sind verschieden, aber wir sind einander nicht Feind?
V
Jesu Worte hören und tun! Darum geht es! Darauf können wir unser Lebenshaus als einzelne, als Familie, als Gemeinde, als Gesellschaft bauen.
  Hören, wirklich hören, nicht immer schon alles besser wissen, still werden, neu von Jesus her denken: Was würde er zu unsere Problemen sagen?
  Und dann tun: die guten Seiten im Feind entdecken. Nicht schlecht reden, nicht vergelten, sondern Brücken bauen. Verlässlich sein und freundlich. Ja sagen und ja meinen, nein sagen und nein meinen. Geben und nehmen, annehmen. So lebt es sich in einem Haus auf einem sicheren Fundament.
  Selig seid ihr, denn ihr seid Gottes Kinder, Schwestern und Brüder von Jesus, Licht der Welt und Salz der Erde.
  Amen.