Predigt zum Monatsspruch Oktober über Klagelieder Jeremias 3, 25 von Christiane Neukirch
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Predigt zum Monatsspruch Oktober über Klagelieder Jeremias 3, 25 von Christiane Neukirch

Vorbemerkung: Diese Predigt ist in einfacher Sprache verfasst, weil sie im Gottesdienst für Gehörlose und Hörgeschädigte gehalten und in Gebärdensprache übersetzt wird.
Liebe Gemeinde!
In diesem Erntedankmonat Oktober begleiten uns Worte aus den Klageliedern Jeremias im Alten Testament. Jeremia schreibt:
Gott ist freundlich zu dem, der auf ihn wartet, zu dem Menschen, der ihn mit seinen eigenen Fragen sucht.
Warten sollen wir – jeder wartet auf irgendwas, so singt eine Künstlerin aus Bayern. Die Mücke wartet, dass sie mich endlich stechen kann, wenn mein Licht aus ist; das Kamel wartet, bis die Karawane endlich in der Oase ankommt und es Wasser saufen kann; der Mann mit dem Loch im Zahn wartet, dass die Zahnschmerzen verschwinden – er möchte nicht zum Zahnarzt gehen; der Bauer wartet, dass die Früchte reif werden.
Es gibt schönes Warten. Warten mit Vorfreude! Weihnachten zum Beispiel. Als Kind habe ich das besonders stark erlebt.
Aber es gibt auch Warten, das stört und macht keine Freude. Wenn man nicht genau weiß: was kommt - zum Beispiel wenn es ganz doll regnet. Dann stehen die Leute in den Hauseingängen und Bushäuschen, bleiben in den Cafes und Geschäften und hoffen, dass es aufhört. Aber das kann dauern. Und es gibt noch viele andere Beispiele für dieses Warten, das wir nicht mögen – wir kennen sie alle.
Ganz schlimm ist es, wenn wir was Schlimmes erwarten. So war es in der Zeit von Jeremia. Er lebt im 6. Jahrhundert vor Christus. Die Babylonier sind Nachbarn des Staates Juda. Der Staat Juda gehört dem Volk Israel. Er ist viel viel kleiner als der Staat von den Babyloniern. Die Babylonier wollen Juda besetzen. Die Menschen vom Volk Israel sind nervös und ängstlich. Sie überlegen viel und diskutieren: was können sie tun? Starke Freunde suchen? Heute hat Israel starke Freunde! Vor kurzem lese ich in der Zeitung: Obama will Israel gegen den Iran schützen und helfen. Aber damals gab es noch keinen Obama und kein Amerika. Die Angst der Menschen heute wie damals kann so groß werden, dass Menschen Fehler machen, weil sie die Situation nicht mehr richtig erkennen können.
  Jeremia ist mitten drin in diesen Ängsten der Menschen und versteht ihre Sorgen genau. Aber Jeremia sieht weiter als die Menschen. Er sieht weiter, nicht nur in die nächste Zukunft. Jeremia steht in Verbindung mit Gott. Deshalb weiß Jeremia: was auch kommt, ist begrenzt, bleibt nicht für immer, wird eines Tages überwunden und unwichtig sein. Hinter, über, unter und in allem ist Gott, der allmächtige Gott, der barmherzige Gott, der nahe und der weite Gott, den wir nicht fassen können, der aber uns fasst – wie ein Vater sein Kind an der Hand fasst, der uns mit Hoffnung erfüllen kann und uns stark machen kann auch für schwere Zeiten und der uns auffängt, wenn hier alles aus ist. Deshalb sagt Jeremia:
Wartet nicht auf das Schlimme, was ihr kommen seht, schaut weiter und tiefer: Gott ist da und wird es immer sein. Er ist freundlich – bei ihm wird es euch gut gehen. Seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende – so lese ich wörtlich bei Jeremia im Alten Testament.
Ich glaube, das ist ein guter Rat auch für uns, wenn wir ängstlich in die Zukunft schauen – wie wir das ja tun in jeder Zeitung, jeder Nachrichtensendung, wenn wir lesen vom Iran und seinem Atomprogramm, von den Renten in Deutschland in der Zukunft, vom Wandel in unserer Gesellschaft – immer mehr alte Leute, immer weniger junge Leute.. ! Nehmen wir die Worte von Jeremia in uns auf, lassen wir sie wirken in unser Leben hinein. Das bedeutet auch für uns: weiter und tiefer schauen als nur auf das Schlimme, was wir erwarten. Schauen wir mit Vertrauen auf den freundlichen Gott hinter, über, unter und in allem, was wir erwarten und erleben.
Das Erntedankfest kann uns doch Mut dazu machen. Die vielen, leckeren, guten Früchte, die wir auch in diesem Jahr wieder ernten konnten trotz aller Sorgen und Probleme auf unserer Welt: Kürbisse, Äpfel, Birnen, Getreide, Kartoffeln und andere Gemüse, Kastanien, Blumen und und und. Sie erinnern uns daran: das alles ist gewachsen in aller Stille und mit aller Kraft. Was die Pflanzen zum Wachsen brauchen, war und ist ja da und sie haben es tagtäglich aufgesaugt aus der Tiefe im Boden, in sich aufgenommen aus dem Regen vom Himmel, aus den Sonnenstrahlen in der Luft.
  Genauso macht es Gott mit uns doch auch: er ist freundlich zu uns und gibt uns tagtäglich, was wir brauchen – essen, trinken, Lachen und Freude, schöne Bilder und Erinnerungen und sein Wort, in dem uns seine Zukunft aufleuchtet. Mit jedem Danke! an Gott kommt uns das zu Bewusstsein und wird uns stärker machen und mit Kraft von Gott erfüllen. Martin Luther war ganz erfüllt davon, deshalb konnte er sagen: auch wenn morgen die Welt untergeht – wenn! -, pflanzt er heute noch einen Apfelbaum. So kann das aussehen, dieses Gottvertrauen! Lassen wir uns davon anstecken.
Gott ist freundlich zu dem, der auf ihn wartet, zu dem Menschen, der ihn mit seinen eigenen Fragen sucht.
Amen.