Zur Ruhe finden - Predigt zu Hebräer 4,9-11 von Anke Fasse
4,9-11

Zur Ruhe finden - Predigt zu Hebräer 4,9-11 von Anke Fasse

Zur Ruhe finden

Liebe Gemeinde,

RUHE

Lasst uns zur Ruhe kommen und miteinander Gottesdienst feiern; loslassen, was uns gefangen nimmt; und offen werden für Gott, für sein Wort und seinen Segen. Denn unser Leben ist mehr als das Alltägliche. Gott, lass uns jetzt offen sein für Dich. Rühr Du uns an. - Mit diesem Gebet haben wir, die wir diesen Gottesdienst gestalten, vor Beginn des Gottesdienstes innegehalten.

RUHE

Eine quälende Ruhe liegt in der Wohnung. Zwei Monate ist der Ehemann jetzt schon tot. Aber immer noch wartet sie darauf, seine Schritte zu hören, sein Räuspern, sein Rufen. Vergeblich! Kein Gespräch am Küchentisch. Überall nur quälende Ruhe.

RUHE

„Nun seid doch endlich mal ruhig“, fleht die Mutter und fragt sich dabei: Wann habe ich das nächste Mal einfach mal wieder Zeit in Ruhe zu frühstücken, zu lesen? Zeit und Ruhe einfach nur für mich. Ohne Terminkalender, ohne Büro, ohne das die Familie ständig etwas von mir will. Einfach nur mal ein bisschen Ruhe für mich allein.

RUHE

„Papa, warum ist es so still hier? Ich höre euch ja gar nicht. Seid Ihr noch da? Ich habe Angst, wenn es so still ist.“ Schon am Nachmittag hatte sich der Junge beschwert, dass es zu still sei. Da meinte er noch, wenn alles so ruhig ist, sei es ganz schön langweilig.

RUHE

Oft denkt sie sehnsüchtig zurück an alte Zeiten als es noch nicht so still und ruhig hier war. Als das Durcheinander der Kinder die Wohnung erfüllte, als viel Besuch kam und ging, als das Telefon oft nicht still stand. Immer gab es etwas zu besprechen oder zu regeln. Aber jetzt, die Kinder sind längst aus dem Haus. Die Freunde sind auch alt geworden oder schon verstorben. Sie ist zurückgeblieben. Allein, einsam oft, in einem schwarzen Loch aus Ruhe.

RUHE

„Nun hat er endlich seine verdiente Ruhe gefunden,“ sagt die Tochter, nachdem ihr Vater nach langer schwerer Krankheit verstorben ist.

RUHE, liebe Gemeinde, so unterschiedlich kann Ruhe empfunden werden. Auch in der Bibel Ist Ruhe ein zentraler Begriff, der Ruhe häufig vor. Heute blicken wir in den Hebräerbrief.

Es ist also noch eine Ruhe vorhanden für das Volk Gottes. Denn wer zu Gottes Ruhe gekommen ist, der ruht auch von seinen Werken so wie Gott von den seinen. So lasst uns nun bemüht sein, zu dieser Ruhe zu kommen. (Hebr. 4, 9-11a)

GOTTES RUHE

Eine besondere Art der Ruhe. Ruhe, die in Verbindung steht mit Gott, dem Vater und Schöpfer. Ruhe die in Verbindung steht mit Gott, dem Sohn und Erlöser. Eine Ruhe, die in Verbindung steht mit Gott, dem Geist und Tröster.

Lasst uns zu Gottes Ruhe finden.

Gott schuf Himmel und Erde und alles Leben, was darauf ist. Am Ende des sechsten Tages sah Gott alles an, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Und so vollendete Gott am siebenten Tag seine Werke, die er gemacht hatte, und ruhte am siebenten Tag. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken. 

Ein Ruhetag nach getaner Arbeit. Zeit zum Zurückschauen, zum Begreifen, was geworden und entstanden ist, Zeit zum Danken. Ruhe, die erfüllt ist vom „Siehe, es ist alles gut.“

Ruhe, die alles andere als quälend ist. Ruhe, die nicht Stillstand bedeutet. Ruhe, die Zeit und Raum gibt, innezuhalten, zu betrachten, nachzufühlen, in Verbindung zu sein mit IHM, dem Schöpfer. Ruhe, die zur Schöpfung gehört, wie sie der Vater gemacht hat. Lasst uns zu Gottes schöpferischer Ruhe finden ….bei einer gemeinsamen Mahlzeit, im Gottesdienst, am Ende eines Tages, am Ende des Lebens. Und Gott sah an, alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Und Gott ruhte.

Lasst uns zu Gottes Ruhe finden.

Fürchte dich nicht. Ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen.

 Fürchte dich nicht. Ich kann alles in meinem Leben angucken. Das Gute, aber gerade auch das Schwere. Die Schuld. Die Fragen. Die Traurigkeit. Die Trauer um einen geliebten Menschen. Denn all das lässt mir sowieso keine Ruhe. Ich kann es anschauen – fürchte dich nicht, sagt ER. Denn Du bist nicht allein. Und dann, dann kann ich aufschauen und sehe. Ich sehe wieder, was um mich herum ist. Ich sehe, wer an meiner Seite ist. Ich spüre neue Kraft. Das ist dann, wie auf das Kreuz zu schauen. Alles, was mich belastet, alle meine Fragen, meine Unruhe, meine Trauer kennt Gott. Ich trage es nicht allein. Jesus ist nichts fremd und fern, was mich belastet, beschwert, unruhig macht. Alles ist dort aufgehoben. Und ich höre: Ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du bist mein. Eine erlösende Ruhe durchströmt mich. Ruhe, die ich nicht selbst machen kann. Ruhe, die sich Gott, dem Sohn und Erlöser verdankt. Diese Ruhe zu finden, ist ein Geschenk Gottes. Es ist ein Weg. Lasst uns zu Gottes erlösender Ruhe finden, die er für uns bereit hält.

Lasst uns zu Gottes Ruhe finden.

„Was ist mit unseren lieben Verstorbenen? Was wird einmal mit mir sein? Unsere Zeit ist begrenzt. Der Tod trennt schmerzhaft, beendet. Und dann? Stille? Leblose Stille? Woher kommt Trost? In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen. Ich gehe hin, Euch die Stätte dort zu bereiten“, sagt Jesus. Jesus ist vorausgegangen. Zum Kreuz. Ins Grab. Aber er blieb nicht im Grabesdunkel. Im Licht eines neuen Morgens ist er auferstanden. Die Frauen, die zu seinem Grab kamen, wurden getröstet, konnten singen und rufen, hinaus in alle Welt: Er ist auferstanden! Und die Welt, die Menschen sind erfüllt von Licht, von Vertrauen, von einer tröstlichen Ruhe. Die tröstliche Ruhe am Ostermorgen.

Und ich? und Du? Ich höre das, heute am letzten Sonntag des Kirchenjahres, am Totensonntag, am Ewigkeitssonntag. Auch, dass dies alles auch uns gilt, den Menschen, um die ich trauere. Sein Geist durchdringt auch uns. Lasst uns zu Gottes tröstlicher Ruhe finden, denn ER ist vorausgegangen.

Aber - ich erlebe nicht jeden Morgen die tröstende Ruhe des Ostermorgens. Spüre nicht pausenlos dieses Vertrauen in ihn den Schöpfer, den Erlöser, den Tröster. Manches Mal bleibe ich einfach zurück in der weltlichen Ruhe und Unruhe.

Es ist diese Spannung in der wir leben. Das schon jetzt etwas zu spüren, von dem, was Gott uns Menschen verheißen hat, was hier und da durch die Unruhe der Welt, und ihre verschiedenen Formen von Ruhe hindurchscheint, aber eben noch nicht ganz da ist: Gottes Ruhe, die einfach nur gut ist. Eine Ruhe voller Geborgenheit, Frieden und Wohlbefinden. Eine Ruhe, in der ich mich jetzt schon immer wieder bergen kann. Eine Ruhe, in der ich meine geliebten Verstorbenen gut aufgehoben weiß und auf die ich selbst vertrauensvoll zugehen kann.

Liebe Gemeinde, wir sind auf dem Weg. Ein Weg voller Herausforderungen. Aber nicht ziellos und ruhelos. Denn ER ist an unserer Seite. Er stärkt uns. Er hilft uns. Und lässt uns immer wieder spüren:

RUHE

Es ist noch eine Ruhe vorhanden. Gottes Ruhe. Schöpferisch. Erlösend. Tröstend. Zu dieser Ruhe lasst uns kommen, mit Gottes Hilfe. Amen