Predigt zu Matthäus 12, 33-35 von Frank Fuchs
12,33

Predigt zu Matthäus 12, 33-35 von Frank Fuchs

Liebe Gemeinde,
jetzt im Herbst ist nach dem Sommer die Zeit gekommen, um Bäume zu schneiden oder zu fällen. Für das Schneiden und Fällen von Hecken, Gebüschen und Bäumen ist gesetzlich der Zeitraum von Oktober bis einschließlich Februar vorgesehen. Wird der Baum an seinem Standort als nicht mehr vorteilhaft angesehen, dann wird überlegt, ob er gefällt werden soll. Vielleicht ist er in vielen Jahren zu groß geworden, wie es bei der Kastanie vor dem Pfarrhaus der Fall war. Nachdem der Baum höher als das Haus war, die Blätter im Herbst die Dachkandeln verstopft hatten und auch bei sonnigem Wetter zu viel Schatten im Haus war, wurde entschieden, dass es besser sei, ihn zu fällen. Vor der Kirche stand früher eine große Pyramideneiche. Sie wurde im Zuge der Erneuerung des Marktplatzes gefällt, weil sie, wie es damals hieß, eine Krankheit hatte. Auf dem Spielgelände des Kindergartens steht jetzt eine ähnliche Entscheidung an. Weil die große Linde im Sommer voller Blattläuse ist, fällt der Honigtau von den Blattläusen auf die Spielgeräte und verklebt alles, so dass sie kaum zu benutzen sind. Das ist sehr schade, denn der Baum kann nichts dafür, dass er von Schädlingen heimgesucht wird. Bei manchem Obstbaum in Gärten fällt die Entscheidung leichter. Wenn der Baum keine gute Frucht mehr bringt, sollte er beseitigt werden und an seiner Stelle ein neuer gepflanzt werden.
(Verlesung des Predigttextes)
33 Nehmt an, ein Baum ist gut, so wird auch seine Frucht gut sein; oder nehmt an, ein Baum ist faul, so wird auch seine Frucht faul sein. Denn an der Frucht erkennt man den Baum. 34 Ihr Schlangenbrut, wie könnt ihr Gutes reden, die ihr böse seid? Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über. 35 Ein guter Mensch bringt Gutes hervor aus dem guten Schatz seines Herzens; und ein böser Mensch bringt Böses hervor aus seinem bösen Schatz.
Die Weisheit unseres Predigttextes scheint sehr einfach zu sein. Wie ein fauler Baum schlechte Früchte hervorbringt, so bringt auch ein böser Mensch Böses hervor. Wie ein guter Baum gute Früchte hervorbringt, so bringt auch ein guter Mensch Gutes hervor.
Das erscheint einleuchtend. Im Leben ist es aber komplexer. Da ist es doch eher wie bei der Linde. Die Linde ist nicht schlecht. Sie ist sogar ein gesunder Baum. Sie wird aber deshalb als schlecht befunden, weil sich Schädlinge eingenistet haben. Diese Schädlinge führen dann dazu, dass darunter alles klebrig wird.
Mein Eindruck ist, dass es bei den Menschen ganz ähnlich ist. Manche Menschen sind nicht deshalb schlecht, weil sie als böse geboren sind, sondern weil sie schlechten Umwelteinflüssen ausgesetzt waren. Durch mangelnde Erziehung, die falschen Weggefährten und schlechte Vorbilder können manche auf die schiefe Bahn geraten und für Böses verantwortlich werden. Wenn es dann so weit gekommen ist, erkennt man an ihren schlechten Worten ihre böse Gesinnung. Ein fauler Baum bringt dann nur faule Früchte hervor.
Jetzt ist es einfach, auf andere zu schauen und bei ihnen Böses zu erkennen. Am Buß- und Bettag geht es aber um uns, um unser Verhalten gegenüber der Gemeinschaft, in der wir leben. Es geht dann auch um die Frage, ob sich in unserem Leben Dinge, Gewohnheiten, Ansichten eingenistet haben, die schlechte Frucht hervorbringen. Inwiefern sind wir mitverantwortlich für manches, was schlecht läuft?
In den Medien ist gerade die Eurorettung das alles beherrschende Thema. Andere Themen haben im Moment eher geringe Chancen, Gehör zu finden. Themen wie Klimawandel, Umweltzerstörung, Armutsbekämpfung kommen nur am Rande vor. Der Buß- und Bettag erinnert uns daran, dass wir gefordert sind. Es geht um die Frage: Was können wir als Christinnen und Christen zu einer positiven, lebenswerten Welt beitragen?
Bei manchen Themen wie bei der Eurorettung sind wir eher Zuschauer, wir können nichts tun – außer vielleicht, dass wir zustimmen, dass es uns etwas kosten wird. Doch in anderen Bereichen ist durchaus unsere Initiative gefragt. Unsere Landeskirche hat im Oktober einen Tag zum Klimawandel veranstaltet. Dieser Tag fand ganz in der Nähe am Sitz unseres Dekanats in Groß-Umstadt statt. Zwei Konfirmandinnen unserer Kirchengemeinde haben daran teilgenommen und anschließend einen Artikel für den Gemeindebrief verfasst. Darin schreiben sie: „Schon Kleinigkeiten wie Lampen ausschalten, wenn man den Raum verlässt, kurze Wege lieber mit dem Fahrrad als mit dem Auto zurücklegen, im Winter wenig benutzte Räume nicht durchgehend stark beheizen oder Computer, Fernseher oder ähnliches nicht auf Stand-by laufen lassen, helfen.“ Und weiter: „Wir Menschen sollen Verantwortung für die Schöpfung übernehmen, denn wir haben die Erde nicht von unseren Großeltern geerbt, sondern nur von unseren Kindern geliehen.“
Wenn wir Buße tun, gehen unsere Gedanken in diese Richtung. Wir überlegen uns, was wir anders und besser machen können. In unserer Stadt wurde in diesem Jahr eine Tafel gegründet. Die christlichen Gemeinden vor Ort haben sich an der Anschubfinanzierung beteiligt. Die Bezugsscheine, die das Einkaufen dort erlauben, waren schnell verteilt. Der Lebensmittelpunkt, wie die Tafel genannt wird, erfreut sich großer Beliebtheit. Viele Ehrenamtliche setzen sich dafür ein, dass sozial Benachteiligten geholfen wird. Auch das ist ein neuer Weg, der eingeschlagen wurde, weil es vorher noch nicht möglich war, hier im Ort Bedürftigen auf diese Weise zu helfen.
Buße kommt vom griechischen Wort metanoia und wird nicht nur mit Reue, sondern auch mit Sinnesänderung übersetzt. Die Änderung des Sinnes meint dann, dass jemand bereit ist, umzukehren. Ein neues Bewusstsein, eine neue Haltung oder Einstellung wird gefunden. Ein alter Weg, der sich als schlecht erweist, wird verlassen und ein neuer Weg eingeschlagen. Es handelt sich dann um einen neuen Weg, der anderen Menschen und mir hilft. Ich frage mich, was sich an schlechten Gewohnheiten und Verhaltensweisen in der Gemeinschaft und in meinem Leben eingenistet hat und versuche etwas zu ändern.
In unserem Predigttext kritisiert Jesus die scheinheilige Haltung der Pharisäer, die Jesus beweisen möchten, dass er unrecht gehandelt habe. Vorausgegangen waren in demselben Kapitel des Matthäusevangeliums Konflikte mit den Pharisäern über die Einhaltung des Sabbatgebots und über Heilungswunder. Weil die Jünger hungrig waren, haben sie auf dem Feld nach Ähren gesucht und wollten ihren Hunger stillen. Die Pharisäer sehen das als einen Verstoß gegen das Sabbatgebot an. Danach heilt Jesus am Sabbat und wird wieder mit dem Vorwurf der Pharisäer konfrontiert, dass das nicht erlaubt sei. Ihm wird sogar vorgeworfen, dass er nicht mit dem Heiligen Geist, sondern mit dem Teufel geheilt habe. Was Jesus und seine Jünger auch immer tun, es wird ihnen als Handlung gegen Gottes Gesetz und gegen seinen Geist ausgelegt.
Doch Jesus kehrt den Spieß um. Aus der Haltung der Pharisäer sieht Jesus das Böse kommen. Denn sie sehen nicht das Gute, das geschehen ist, sondern wollen Jesus überführen, dass er unrecht gehandelt hat. Sie setzen die Regeln und Gebote über das Wohl der Menschen. Wer sich so verhält, aus dem kann keine gute Frucht hervorgehen.
Jetzt im Herbst und im Winter ist die Zeit gekommen, um Bäume zu pflegen. Wer seine Bäume häufiger schneidet, wird länger Freude daran haben. Denn sie werden nicht so groß, dass sie nicht mehr auf das Grundstück passen. Und im Frühjahr werden sie dann umso schöner austreiben. Wer Baumpflege betreibt, achtet auch darauf, dass sich keine Schädlinge einnisten werden.
Wer Buße übt, verändert etwas in seinem Leben und damit in seinem Erscheinungsbild. Aus dem, was aufgegeben wurde, kann etwas Neues entstehen und neu austreiben. Negative Einflüsse haben es dann schwerer, dass sie sich im eigenen Leben einnisten. Buße wirkt sich positiv auf unser Leben und auf die Menschen in unserem Umfeld aus. Wer Buße übt, kommt nicht zu Fall. Es lohnt sich, diesen Weg zu gehen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, er bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Perikope
Datum 16.11.2011
Bibelbuch: Matthäus
Kapitel / Verse: 12,33
Wochenlied: 144 146
Wochenspruch: Spr 14,34