Einleitung (setting = open-air-Gottesdienst)
Ich beginne heute mit einer spontanen Umfrage: Wer von euch gehört zu einem V.I.P.-Club? Bitte zeigt einmal durch ein Handzeichen, wer von euch z.B. exklusiven Zugang zur Allianz-Arena oder so etwas hat. Okay. Nicht so viele. Ich vermute, viele von uns haben vielleicht eine ADAC-Karte oder eine Payback-Karte. Immerhin etwas - oder?
Was wäre, wenn ich euch sage: Es gibt eine Einladung, die an alle ausgesprochen wird – ohne Ansehen, Status, ohne Fragen nach Geld oder sonst etwas – sondern nur durch Berufung. Petrus nennt das z.B.: 'königliches Priestertum, Heiliges Volk. Auserwähltes Geschlecht'. Schau: Du bist eingeladen, Teil dieser Gemeinschaft zu sein!
Predigttext
Darum geht es heute. Im Bibeltext, den wir gleich hören, sagt der Apostel Petrus allen, die seinen Brief vorgelesen bekommen, etwas Überraschendes. Er sagt. „Ihr alle seid V.I.P.s“: very important persons! Ganz wichtige Personen! Das ist ganz im Sinne Gottes. Gott nennt euch: Das auserwählte Geschlecht, das königliches Priestertum, ein heiliges Volk, sein Eigentum. Um zu Gott und seiner Kirche zu gehören, bedarf es keiner Mitgliedsgebühr. Keines Bonuspunkte-sammel-Programms. Was gebraucht wird, sind: Berufung. Identität. Pures Evangelium.
2 und seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch wie die neugeborenen Kindlein, auf dass ihr durch sie wachset zum Heil,
3 da ihr schon geschmeckt habt, dass der Herr freundlich ist.
4 Zu ihm kommt als zu dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen ist, aber bei Gott auserwählt und kostbar.
5 Und auch ihr als lebendige Steine erbaut euch zum geistlichen Hause und zur heiligen Priesterschaft, zu opfern geistliche Opfer, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus.
6 Darum steht in der Schrift: »Siehe, ich lege in Zion einen auserwählten, kostbaren Eckstein; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zuschanden werden.«
7 Für euch nun, die ihr glaubt, ist er kostbar. Für die aber, die nicht glauben, ist er »der Stein, den die Bauleute verworfen haben; der ist zum Eckstein geworden«
8 und »ein Stein des Anstoßes und ein Fels des Ärgernisses« Sie stoßen sich an ihm, weil sie nicht an das Wort glauben, wozu sie auch bestimmt sind.
9 Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk, ein Volk zum Eigentum, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat aus der Finsternis in sein wunderbares Licht;
10 die ihr einst nicht sein Volk wart, nun aber Gottes Volk seid, und einst nicht in Gnaden wart, nun aber in Gnaden seid.
Orientierung
Der 1. Petrusbrief richtet sich an Menschen, die noch nicht lange zur christlichen Kirche dazugehören – als Neubürgerinnen und Neubürger in Gottes Reich. Gerade sie werden angesprochen als: „lebendige Steine“, „auserwähltes Geschlecht“, „königliches Priestertum“.
Mit anderen Worten: als die Herausgerufenen. Nicht als die, die am lautesten Parolen rufen. Nicht als die Angepassten, die sich nicht trauen, auch mal ihre Meinung zu vertreten. Sondern, als die, die, die gerufen wurden – von Gott selbst.
Echte V.I.P.s? Die gehören zu einer Art inneren Kreis – da kommst du nicht einfach so rein. Die V.I.P.s haben Namen, die gewisse Türen öffnen, Leute, die für sie anrufen, und Plätze, wo andere gar nicht hinkommen. Ob backstage, Loge oder first class – V.I.P.s sind irgendwie immer „drin“. Sie haben Einfluss, kennen manche Dinge früher als alle Anderen, und was sie sagen, zählt offenbar manchmal mehr als das, was andere sagen. Viele schauen zu ihnen auf – weil sie scheinbar alles haben, was zählt. Aber was, wenn das nicht alles ist? Was, wenn bei Gott völlig anderes zählt? Was, wenn du in seinen Augen längst eine ganz andere Art V.I.P. bist?
„Wie neugeborene Kinder seid begierig nach der lauteren Milch des Wortes…“ – so schreibt Petrus. Dahinter steckt eine tiefe Sehnsucht: Ich brauche etwas Echtes. Keine Meinung, keinen Trend, keine Ideologie – sondern etwas, das wirklich trägt. Diese „Milch“ ist das Evangelium: Gottes gute Nachricht, ganz persönlich. Jesus Christus – für dich. Gnade – für dich. Hoffnung – selbst gegen den Augenschein.
So beginnt etwas Neues. Wenn beispielsweise Menschen getauft werden – ob jung oder alt – dann passiert nicht einfach nur eine schöne Zeremonie. Das auch. Aber vor allem wird ein Mensch durch die Taufe eingefügt in etwas Größeres. Wie ein wichtiger Stein in eine wunderbare Kathedrale. Die Taufe ist der Anfang eines Weges, der nicht bei der Konfirmation oder der Kirchenmitgliedschaft endet. Er geht weiter – im Alltag, im Dienst, im Beten, in der Hoffnung, die nicht vergeht.
Das Evangelium gibt nicht gleich auf alles eine Antwort. Aber auf das Entscheidende: Wie steht es zwischen Gott und dir? Und da gilt: Du brauchst keinen Sonderstatus. Wenn du Zugang zum Wort Gottes hast, dann hast du alles, was du brauchst. Petrus nennt das die „lautere Milch des Wortes“ – nicht reserviert für ein paar Auserwählte, sondern lebensnotwendig für uns alle. Dieses Wort gibt dir Orientierung, wenn du innerlich leer bist – nicht, weil du etwas Besonderes wärst in den Augen der Welt, sondern weil du Kind Gottes bist. Und das ist mehr, als jeder Titel dir je geben kann.
Die Aussage: „Ihr seid lebendige Steine, gebaut auf den Eckstein Christus“ macht deutlich, um wen sich in dem Bauwerk Gottes alles handelt. Auf wem der Fokus liegt: Auf Jesus Christus. Dem „Eckstein“. In dem Bauwerk, das Gott selbst errichtet. Jeder Mensch – ein Stein. Kein totes Mauerwerk, sondern lebendige Steine. Nicht perfekt, nicht identisch, aber tragend, gewollt, sinnvoll für den Bau, das Haus Gottes.
Dieser Bau hat ein Zentrum: den Eckstein. Einen Stein, den man eigentlich verworfen hatte – zu kantig, zu wenig passend. Ungeeignet – auf den ersten Blick. Gott aber hat gerade diesen – Jesus Christus – zum Fundament seines Bauwerks gemacht. Denn das ist seine Art! Bei Gott gilt: Gott macht aus dem, was sonst schnell abgewertet oder verlacht wird, etwas Besonderes: „Lebendige Steine“, „auserwähltes Geschlecht“, „königliches Priestertum“.
Vielleicht suchst du gerade nach Antworten. Nicht nur in Bezug auf die großen Themen der Nachrichtenlage oder die nächste Meinung im Netz. Sondern Antworten auf das, was dich im Innersten bewegt: Wer bin ich wirklich – wenn ich niemandem etwas beweisen muss? Was ist mein Platz in dieser Welt? Was bleibt, wenn ich verletzt werde, wenn ich scheitere, wenn ich Ansprüchen nicht (mehr) genüge? Diese Fragen tragen viele in sich. Sie sind hartnäckig, manchmal unausgesprochen.
Gottes Wort ruft dich nicht zuerst zur Leistung, sondern zum Leben. Du bist kein Zufall. Du bist gewollt. Du bist gerufen – als Kind Gottes, als lebendiger Stein in seinem Haus. Darum ist die Taufe für mich so viel mehr als ein schönes Ritual. Sie ist Berufung. Sie ist der Anfang eines Weges, auf dem du zu dem wirst, was Gott schon längst in dir sieht: ein Teil seines Bauwerks, seiner Gemeinde. Ja, noch mehr: Petrus schreibt, dass du berufen bist, zum „königlichen Priestertum“. Das heißt: Du bist nicht bloß Zuschauerin oder Zuschauer am Rande des Geschehens. Nicht, weil du perfekt bist, sondern weil Gottes Gnade dich trägt. Heute und morgen und alle Tage!
Die Versammlung der Berufenen
„Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum…“ Du bist nicht nur Mitläufer. Du bist Mitgestalter. Gott hat dich berufen – zur Versammlung der Gläubigen um Christus. Kirche ist mehr als Sonntagsprogramm. Sie ist Gemeinschaft, die sich um Jesus versammelt. Nicht um Politik. Nicht um Trends, sondern um den, der allein Leben gibt. Jesus. Du bist Teil dieser Gemeinschaft. Nicht Zuschauer, sondern Mitwirkender. Du kannst beten, segnen, handeln – und vieles mehr.
Zusammenfassung
Kirche heißt: gerufen sein – von Gott. Sie ist Ort der Orientierung, wo Menschen neu hören, wer sie sind. Sie ist Versammlung um Christus, nicht um Meinungen. Sie lebt von der Kraft des Evangeliums: Christus ist gestorben und auferstanden – für dich. Du gehörst dazu. Nicht durch Geld oder Status, sondern durch Gottes Zuspruch. Du bist wertvoll. Du bist gebraucht. Du bist berufen. Dieses alles gilt dir – in Christus. Hier. Jetzt. Heute.
Amen.
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Ich schreibe diese Predigt für Menschen, die an einem schönen sonnigen Sommertag an einem open-air-Gottesdienst teilnehmen und feiern. Es werden hauptsächlich Menschen aus der Generationsfolge Traditionalisten, Babyboomer und GenX, vielleicht auch ein paar wenige Millennials und jüngere Menschen dabei sein. Die Menschen wollen eine einigermaßen kurzweilige Predigt hören.
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Ich mag den 6. Sonntag nach Trinitatis sehr – das Thema der Taufe ist Proprium für diesen Sonntag. Bezüge zur Taufe in der Predigt herzustellen, ist mir wichtig – ganz im Sinne einer Tauferinnerung.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Es ist gar nicht so einfach, so viele Bilder (Milch, Steine, Volk, Bau, Eckstein) unterzubringen. Zu überlegen, welches ausgemalt wird, auch auf Kosten anderer Bilder – eins reicht – bleibt eine Herausforderung. Ich werde ihr nicht immer gerecht.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Die Anregung der Coachin nach dem Lesen des ersten Entwurfs war u.a. „kill your darlings“ – also das, was mich selbst so faszinierte, dass ich davon zu viel in der Predigt unterbringen wollte. Es tut es meinen Predigten gut, wenn sie ein-, zweimal vorher durch jemanden anders gelesen, bedacht werden und behutsam auf Veränderungen (die dem endgültigen Entwurf sehr gut tun!) hinzuweisen. Jedes coaching bisher hat sich für meine Predigtarbeit sehr gelohnt. Ich bin dem Predigtzentrum für diese Coachings sehr, sehr dankbar.