Gnade sei mit euch und Friede von Gott, der da war, die da ist und immer da sein wird. Amen.
Liebe Gemeinde!
Ostern ist gerade eine Woche her – ein völlig anderes Osterfest als wir es bisher gekannt haben. Seit 6 Wochen mindestens ist die Welt auch bei uns in Deutschland anders geworden. Corona – eine Pandemie verunsichert und wirbelt alt Gewohntes durcheinander. Kein Osterfeuer und kein Ostergottesdienst. Kein gemeinsam gefeierter Ostermorgen, keine Osternacht. Ob wir zumindest Pfingsten wieder wie gewohnt feiern können? Wir sind verunsichert: Wie leben wir unseren Glauben in dieser Zeit? Wie kann unser Glaube jetzt Kraft schöpfen?
Ein Blick in die Geschichte des Volkes Israel kann uns helfen, Orientierung zu finden. Israel hat immer wieder Verfolgung und Not kennen gelernt. So ein friedliches und ruhiges Glaubensleben, wie wir Christen und Christinnen in Deutschland es in diesen Jahrzehnten kennen, ist ihnen kaum je möglich gewesen. Immer wieder wurden sie verfolgt. Immer wieder wurden sie wegen ihres Glaubens angegriffen. Ich möchte hier in keiner Weise die Situation Israels in jahrhundertelanger Verfolgung mit unserer jetzigen Situation gleich setzen. Wir leben deutlich sicherer als Israel es damals tat und als jüdische Menschen es heute erleben. Aber die Suche nach Orientierung ist das, was mich anrührt. Wie das Volk Israel immer wieder nach Gott fragte und suchte, suchen auch wir.
Immer wieder fragten die jüdischen Menschen nach Gott. Immer wieder riefen sie nach Gott. Und immer wieder fanden sie Trost bei Gott. Davon zeugt auch der Predigttext für den heutigen Sonntag. Er steht im Buch des Propheten Jesaja im 40. Kapitel:
Hebt eure Augen in die Höhe und seht: Wer hat dies alles erschaffen? Eine Macht, die ihr Heer entsprechend ihrer Zahl herausführt. Sie ruft alle beim Namen. Voll Macht und Stärke geht ihr keines verloren. Warum sagst du so, Jakob, und sprichst du so, Israel: »Verborgen ist vor Gott mein Weg, mein Recht entgeht meiner Gottheit?« Erkennst du es nicht? Oder hast du es nicht gehört? Die ewige Gottheit, Gott, hat die Enden der Erde geschaffen, sie wird nicht müde noch matt. Ihre Einsicht ist unerforschlich. Sie gibt den Müden Kraft und den Ohnmächtigen vermehrt sie die Stärke. Junge Leute werden müde und matt, Jugendliche straucheln. Aber die auf Gott hoffen, gewinnen neue Kraft, sie steigen auf mit Flügeln wie Adler. Sie laufen und werden nicht matt, sie gehen und werden nicht müde.
Textauszug aus: Bibel in gerechter Sprache © 2006, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH. Dieser Text kann für den kirchlichen und privaten Gebrauch unentgeltlich kopiert oder ausgedruckt werden. Für kommerzielle Zwecke und Vervielfältigungen aller Art wenden Sie sich bitte mit einer Abdruckanfrage an den Verlag!
Im Jahre 597 vor Christus waren viele Menschen aus der Stadt Jerusalem ins babylonische Exil verschleppt worden. Die babylonischen Eroberer wollten das Volk dadurch schwächen. In der sogenannten „Babylonischen Gefangenschaft“ machten sich die jüdischen Menschen Gedanken, warum es so weit kommen musste. Es gab viele, die im Exil eine Strafe Gottes für das Verhalten des Volkes sahen. Viele hatten sich von Gottes Geboten abgewandt und lebten nach ihren eigenen Moralvorstellungen oder beteten andere Götter an. Hatte Gott das Volk deshalb den Feinden in die Hand gegeben? Sie fühlten sich von Gott im Stich gelassen.
Als 539 ein großer Teil der Entführten aus Babylon wieder nach Jerusalem zurück kehrte, blickten sie zurück und versuchten zu verstehen, was geschehen war. War der Herrscher Kyros, der der babylonischen Gefangenschaft ein Ende bereitete, vielleicht ein Werkzeug Gottes? Sollte Gott dem Volk nun verziehen haben, weil sie erkannt haben, was sie falsch gemacht hatten?
In dieser Zeit jedenfalls machten sich die Menschen Gedanken über Gott. Wie mächtig war Gott? Konnte er auch fremde Herrscher zum eigenen Werkzeug machen? Konnte Gott in das politische Geschehen eingreifen?
Der Predigttext für den heutigen Sonntag stammt aus dieser Zeit. Der Prophet, der „der zweite Jesaja“ genannt wird, schreibt von der Größe und Unvergleichbarkeit Gottes.
Hebt eure Augen in die Höhe und seht: Wer hat dies alles erschaffen? Eine Macht, die ihr Heer entsprechend ihrer Zahl herausführt. Sie ruft alle beim Namen. Voll Macht und Stärke geht ihr keines verloren.
Gott ist alles möglich! Warum nur können wir zweifeln, dass unser Leben nicht in Gottes Hand liegt? Diese Frage stelle ich mir vielleicht. Aber ich bin mir sicher: Es ist nicht wichtig zu fragen, warum ich so Schweres erlebt habe! Denn eines ist klar: Was mir passiert, ist bei Gott geborgen. Ob die Gefangenschaft als Strafe Gottes verstanden werden muss? Kann sein, ist aber nicht wichtig!
Wichtig ist die grundlegende Erkenntnis: Gott ist groß und mächtig. Auch das, was ich nicht verstehe, kann ich in Gottes Hand legen. Wer das glaubt, kann hoffen:
Aber die auf Gott hoffen, gewinnen neue Kraft, sie steigen auf mit Flügeln wie Adler.(249) Sie laufen und werden nicht matt, sie gehen und werden nicht müde.
Wir wissen nicht, wann wir die Corona-Pandemie werden überwunden haben. Wir wissen auch nicht, ob wir selbst verschont bleiben. Trotz aller Vorsicht kann und wird sich das Virus weiter ausbreiten. Mit dem Propheten vertrauen wir darauf, dass wir bei Gott neue Kraft gewinnen. Das kann im Gebet geschehen.
Aus dem Vertrauen auf Gott erwächst uns neue Kraft: Viele Aktionen der vergangenen Wochen stärken uns in unserem Vertrauen auf Gott. Wir bauen auf die Gemeinschaft, die für einander einsteht. Gott ist mitten unter uns.
Ein Beispiel: Eine Wohngruppe von Menschen, die beatmet werden müssen, sucht dringend für ihre Betreuerinnen und Betreuer einfache Mund-Nasen-Schutzmasken. Sie brauchen solche Masken, um die Bewohnerinnen und Bewohner vor jeglichen Keimen von außen zu schützen. Selbst eine Erkältung kann für beatmete Patienten lebensgefährlich werden.
Innerhalb von nur wenigen Stunden nach dem Aufruf im Internet nähten in der Umgebung viele Frauen und Mädchen und konnten dadurch der Wohngemeinschaft eine bunte Vielfalt von Mundschutzmasken zuschicken.
Blickt nach vorn und vertraut auf Gottes Hilfe:
Aber die auf Gott hoffen, gewinnen neue Kraft, sie steigen auf mit Flügeln wie Adler.(249) Sie laufen und werden nicht matt, sie gehen und werden nicht müde.
Amen.
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Unsere Kirchen sind geschlossen. Wir diskutieren, wie wir Gläubige auf anderen Wegen erreichen können. Meine Predigt habe ich daher auch vor dem Hintergrund geschrieben, dass sie evtl. als Brief oder als Empfehlung an Gemeindeglieder eine andere Gemeinde erreicht als die „normale“ Sonntagspredigt in der Kirche
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Beflügelt hat mich der Gedanke, dass es so viele wunderbare und Mut machende Beispiele gibt, wie wir neu zu Kraft kommen können. „Die auf Gott vertrauen, bekommen neue Kraft!“ Das erlebe ich gerade an vielen Stellen ganz praktisch umsetzbar. Die Geschichte des Maskennähens ist nur eine von vielen Mut machenden Beispielen.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Wir können in dem, was wir heute erleben, Vorbilder des Glaubens in der Bibel und in bibli-scher Geschichte finden. Die Hoffnungsbilder sind da. Ich will sie immer wieder neu hören und zum Klingen und Strahlen bringen.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Das Predigtcaoching an sich ist sehr wertvoll. Eine wertschätzende und weiter führende Rückmeldung auf das zu bekommen, was ich geschrieben habe, ist ein seltenes und hohes Gut im Predigtalltag.