Bereitschaft und die Verheißung des Bedient Werdens - Predigt zu Lukas 12,35-40 von Christian Bogislav Burandt
12,35-40

Bereitschaft und die Verheißung des Bedient Werdens

Krach und Lärm, liebe Gemeinde, regieren auf den Straßen. Heute sind Silvesterknaller und Böller erlaubt. Und das ist ja auch schon zu hören: Böller sind Hör-Signale für glückliche Ereignisse. Die Freunde der europäischen Adelshäuser wissen das. Für die Zwillinge, die die Ehefrau des regierenden Fürsten Albert in Monaco zur Welt gebracht hat, gab es satte 42 Böllerschüsse als Salut! Krach und Lärm als Begleiterscheinungen freudiger Ereignisse durften wir in diesem Jahr durchaus erleben. Der Gewinn der Fußball Weltmeisterschaft war keine stille Angelegenheit. Da haben es viele auf die eine oder andere Art und Weise krachen lassen!

Allerdings. Die Silvesterknallerei dient nicht nur als Kundgabe von Freude. Allzuoft versteckt sich im Werfen von Böllern auch Aggression gegen dies oder jenes. Und dann scheint es mir, als wollten manche Menschen ihre Angst und Unsicherheit vor der Zukunft kaschieren, indem sie ein Feuerwerk anzünden. Krach und Lärm gewissermaßen als Waffen gegen die Dämonen der eigenen Angst!

Das zu Ende gehende Jahr 2014 hat uns mehrfach das Fürchten gelehrt: Das gab es in der Ukraine, in Kiew eine relativ unblutige Revolution. Aber die führte das Land an den Rand des Bürgerkriegs und ließ nahezu die Zeit des Kalten Krieges wiederkehren! Dass eine terroristische Gruppe von Islamisten weite Gebiete von Syrien und Irak unter ihre Gewalt gebracht hat, ist nicht ermutigend, schon gar nicht wenn man an die vielen hunderte Kämpfer denkt, die aus Deutschland dorthin gegangen sind! In was für einer Welt leben wir, wenn ein 15-jähriges Mädchen aus Pakistan für ihren Einsatz um die Bildung von Mädchen und Frauen den Friedensnobelpreis bekommt? Ein Mädchen, das einen Mordanschlag der Taliban nur knapp überlebt hat? Gefährliche Krankheiten – Stichwort Ebola – machten auf sich aufmerksam. Und der Blick in die Geschichte vor 100 Jahre, der Beginn des 1. Weltkriegs offenbarte ebenfalls Abgründe des menschlichen Geschlechts!

An Gründen, den eigenen Ängsten und Unsicherheiten die Böller entgegen zu werfen, fehlt es nicht. Aber wir öffnen in diesem Moment unsere Ohren. Als Christen hören wir auf das, was Jesus im Evangelium zu den Seinen sagt. Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen.

Zur Zeit Jesu trugen die Menschen ein langes Gewand, eine Tunika. Und wenn sie sich schlafen legten, zogen sie ihren Gürtel aus. Wenn es dagegen an die Arbeit ging oder sie sich auf einen längeren Weg machten, dann schnallten sie den Gürtel enger, damit das Gewand sie nicht behinderte. Jesus fordert also die Seinen auf, in einer tätigen Haltung zu warten und wachsam zu sein. –

Die Jüngerinnen und Jünger Jesu konnten diese Aufforderung nicht hören, ohne an den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten zu denken: Die Israeliten hatten sich damals in der Nacht zum Aufbruch fertig gemacht, also den Gürtel eng geschnallt. Und sie hatten ihre Lampen angezündet, um sehen zu können, wohin die Flucht führen sollte. ‚Aufbruch zur Befreiung’, das steht für die Zukunft noch aus, meint Jesus.

Und dann sagt er weiter: Seid gleich den Menschen, die auf ihren Herrn warten, wann er aufbrechen wird von der Hochzeit, damit, wenn er kommt und anklopft, sie ihm sogleich auftun. Wartet auf euren Erlöser, auf Jesus Christus, heißt das! Geht nicht so in eurem Leben auf, dass ihr euer Christsein vergesst! Rechnet beständig damit, dass er euch begegnen könnte! Allzeit bereit! Haltet eure Augen und Ohren offen, dass Ihr sein Anklopfen nicht überhört. Seid bereit und zur Stelle, wenn er euch braucht, damit ein Einsamer Besuch empfängt, ein Hungernder zu Essen bekommt, ein Trauriger getröstet wird, ein Nackter bekleidet wird, ein Flüchtling eine Bleibe erhält, einem Unterdrückten Gerechtigkeit widerfährt, ein Mutloser neuen Mut bekommt. Seid aufmerksam, lasst eure Lichter brennen! Setzt eure Fähigkeiten ein, um Licht in die Dunkelheiten der Welt zu bringen! Lasst Geistesblitze aufleuchten, um die Erde und die Schöpfung zu bewahren!

Vielleicht regt sich jetzt bei dem einen oder der anderen unter uns stiller Protest. Wer unter Müdigkeit und Erschöpfung leidet am Ende des Jahres fühlt sich womöglich von Jesus unter Druck gesetzt. Aber das wäre ein Missverständnis! Denn Jesus schwingt hier ja nicht die Peitsche oder treibt uns zur Arbeit an. Er ruft uns vielmehr auf, unser Herz auf ihn auszurichten.

Worauf warten wir ansonsten im tiefsten und letzten? Auf was oder wen wollen wir warten? Auf eine Verschlechterung der Gesundheit? Eine Steuer-Rückzahlung? Einen Märchenprinzen? Die Zeugnisse? Einen Tabellenplatz für Hannover 96, der das Mitmachen in einem europäischen Wettbewerb ermöglicht? – Es gibt ja doch sehr vieles, worauf wir ungeduldig, ängstlich oder hektisch warten könnten.

‚Wartet auf mich’ ruft uns da das Kind in der Krippe, der Sohn Gottes zu. Warten auf Jesus Christus bedeutet Warten auf den Befreier. Das verbreitet positive Aufbruchstimmung. So wie die Israeliten damals voller Erwartung auf das Startsignal zum Aufbruch aus der Ägyptischen Sklaverei gewartet haben, so sollen auch wir bereit sein zum Aufbruch in die Freiheit, in die uns Jesus Christus führen wird! Das Warten auf Jesus Christus hat Verheißungscharakter!

Dazu passt auch das Stichwort von der Hochzeit, von der der Herr der Knechte zurückkehren wird. Die Hochzeit ist ein Bild für die Herrlichkeit des Reiches Gottes, um das wir im Vaterunser beten. Warten auf Jesus Christus hat Verheißungscharakter.

Positive Aufbruchstimmung, sie erwächst nicht aus unseren Leistungsbilanzen. Je ehrlicher wir das eigene Tun und Lassen im zu Ende gehenden Jahr anschauen, um so kritischer fällt unser persönlicher Jahresrückblick aus. Da stehen der einen oder anderen gelungenen Aktion zahlreiche Unterlassungssünden gegenüber. Freundlichkeit und Mitmenschlichkeit, wie sah es damit aus? Wen oder was haben wir vergessen? – Wie gut, dass wir nicht auf einen depressiven Rückblick festgenagelt sind, sondern nach vorne schauen dürfen: in die Zukunft, wo und wann auch immer Jesus Christus bei uns anklopft, wann auch immer das Reich Gottes in Herrlichkeit sich durchsetzen wird.

Jesus sagt. Selig sind die Knechte, die der Herr, wenn er kommt, wachend findet. Wahrlich, ich sage euch: Er wird sich schürzen und wird zu Tisch bitten und kommen und ihnen dienen. Was für ein Rollentausch, liebe Gemeinde! Die Bereitschaft zum Aufbruch, die Grundausrichtung des Herzens auf Jesus Christus führt nicht zu massiver Sklavenarbeit! Im Gegenteil! Es ereignet sich die Befreiung aus der eigenen Rolle! Was Jesus zu Lebzeiten selber seinen Freundinnen und Freunden schon vorgelebt hat, der Verzicht auf einen Herrschaftsstatus, wird uns zugute kommen.

Er wird sich schürzen und wird zu Tisch bitten und kommen und ihnen dienen. Das ist das, was wir zu Weihnachten gesungen haben: Er wird ein Knecht und ich ein Herr, das mag ein Wechsel sein. Der Herr bittet die Sklaven zu Tisch und dient ihnen. Diakonie, so steht es im griechischen Urtext!

Auch wenn wir nicht glänzen konnten im letzten Jahr weder vor Gott, noch vor den Menschen, noch vor uns selber, wir dürfen auf einen Herrn warten, der uns bewirtet! Einen Herrn, der unsere Schuld auf sich nimmt und darum unser Leben heil machen wird! Was für ein hoffnungsvoller Ausblick auf die Zukunft!

Immerhin. Im letzten Jahr gab es mit Blick auf die Vergangenheit auch die Mut machende Erinnerung an das 25-jährige Jubiläum vom Fall der Berliner Mauer. 70 Jahre sind vergangen seit dem Attentat auf Adolf Hitler. Einer der Mitwisser der Verschwörer war Oberst Alexis Freiherr von Roenne. Er schrieb im Oktober 1944 vor seiner Hinrichtung an seine Frau: Gleich gehe ich nun heim zu unserem Herrn in voller Ruhe und Heilsgewissheit... Ich bitte Dich als letztes: Klammere Dich nur an Ihn und habe in ihm volle Zuversicht: Er liebt Dich.

Mut zur Zukunft. Heute Abend werde ich ein paar Böller loslassen. Aber entscheidend ist für mich das Festhalten an der Verheißung meines kommenden Herrn!

Herr Jesus Christus,
wir breiten unsere Arme aus,
bereit das Neue Jahr anzunehmen,
bereit zum Aufbruch,
bereit zum Teilen von Freude und Leid,
wir bitten dich um Aufmerksamkeit, Dein Anklopfen bei uns zu hören,
wir bitten dich um Zuversicht, die sich auf Dich gründet,
wir bitten dich um Tatkraft, die sich deiner Liebe verdankt,

AMEN

Perikope
31.12.2014
12,35-40