"Das sprechende Brot oder der unerhörte Diätassistent" - Predigt über Johannes 6, 47-51 von Markus Kreis
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"Das sprechende Brot oder der unerhörte Diätassistent" - Predigt über Johannes 6, 47-51 von Markus Kreis

Das sprechende Brot oder der unerhörte Diätassistent
Kennste Currywurst? Kennste? Kenkennste! Na klar, kennste! Aber kennste McCurrywurst? Jaahaa, gibt et jetze, mit Brötchen..., mit Pommes..., kannste mit Coke..., zum hier essen oder zum mitnehmen...
  Kennste nich?
  Na dann kommste, und probierste..
  
  Neu! McCurrywurst, bei McDonalds, in mild oder scharf, und nur für kurze Zeit...
  
  Woll´n se mal wat anderes probieren, liebe Gemeinde? Guten Appetit dazu!
  
  Kennste Bernd das Brot? Kennste? Kenkennste! Na klar, kennste! Aber kennste Jesus das Brot? Jaahaa, gibt et jetze, mit Fleisch..., oder ohne..., kannste mit Wein..., zum hier essen oder zum mitnehmen...
  Kennste nich?
  Na dann kommste, und probierste..
  
  Neu! Jesus das Brot, bei der Instantkirche, in mild oder scharf, und nur für kurze Ewigkeit...
  
  Und? Hat et gemundet?
  
  Wenn unsere moderne Zeit etwas aus dem alten Christentum übernommen hat, dann dreht es sich um folgendes: Essen ist mehr als bloße Nahrungszufuhr und Kalorienaufnahme. Essen bringt immer eine zweite Bedeutung mit sich, eine weitere Ebene.
  
  Neben dem biologischen Gesichtspunkt der Ernährung geht es beim Essen um soziale und persönliche Werte. Du bist, was du isst, weiß der Volksmund. Wer isst was? Wann, wo und wie? Und mit wem? Das ist die Frage, die auf einer Antwort harrt.
  
  Wer isst, und sich dabei beobachten lässt, der gibt seine persönliche und soziale Position preis. Essen gibt eine Antwort auf die Frage nach persönlicher und sozialer Bindung: Wer isst was! Wann, wo und wie! Und mit wem! Essen bringt also stets eine symbolische Bedeutung mit sich. Das gilt auch für die, denen ihr Essen egal ist - denn ernähren müssen sie sich doch!
  
  Irgendwie weiß jeder, dass Essen nicht nur eine biologische, sondern vielmehr  soziale und persönliche Bedeutung besitzt. Deshalb ist daran nicht nur unser Magen, sondern auch unser Gehirn beteiligt. Der Magen regelt die Kalorienzufuhr, das Gehirn die Zufuhr an persönlicher und sozialer Energie: Liebe geht bekanntlich durch den Magen, um nur ein Beispiel zu nennen.
  
  Und damit wir über genügend persönliche und soziale Energie verfügen, lassen wir uns vom Gehirn beraten. In eines jeden Kopf sitzt sozusagen ein kleiner Ernährungsberater, der einflüstert, was gerade „out“ oder „in“ ist beim Essen, oder was wir uns als Energiequelle persönlich unbedingt gönnen oder verweigern müssen.
  
  Es gibt kein Lebensmittel mehr, das rein ernährungsphysiologisch beworben wird. Jegliche Werbung, auch jede Diätempfehlung ist verbunden mit einem ausgesprochenen oder unausgesprochenen Ratschlag zum persönlichen oder sozialen Lebenswandel. Man kann sagen: kein Nahrungsmittel, das nicht zugleich Diätassistent ist, und umgekehrt: kein Ernährungsberater, der nicht zugleich für eine bestimmte Art von Nahrungsmittel steht.
  
  Die Berliner Spaßbulette Mario Barth ist der ideale Werbeträger einer Hamburgerfabrik. Und es spielt es keine Rolle, dass Currywurst von ihm beworben wird statt eines gehackten Fleischklopses. Er verkörpert mit seinem Comedyprogramm ein Klischee deutscher Ernährung: billig, schrill, hormonelle Instantwirkung, nahezu ungebremst konsumierbar. Neu daran ist nur der werbende Vortrag, die symbolische Sättigungsbeilage.
  
  Die Spaßbulette packt den Imagewandel ohne Probleme: an Stelle des mit einem Messer fein gewiegten Hackepeter stellt Herr Barth etwas anderes dar: ein Würstchen, grob zerschnippelt, die blasse Fleischesröte drapiert von einem würzigen, sämigen, ultraroten Erguss, mild zu Männern und scharf zu Frauen. Richtig satt macht das nicht, eben wie beworben nur für kurze Zeit. Das Runterwürgen fällt schwer.
  
  Trotzdem hat sie offensichtlich Erfolg, die Spaßbulette. Sie bedient das Bedürfnis: deutsch, billig, schrill für jeden unserer Sinne, hormonelle Instantwirkung, nahezu ungebremst konsumierbar, „neu“ in Anführungszeichen.
  
  Wenn Jesus sich als Brot bezeichnet, dann müssen wir nach dem Gesagten das so verstehen: Jesus ist ein sprechendes Brot, ein beratendes Brot, so ähnlich wie das im Märchen von Frau Holle. Und Jesus ist zugleich als unser unerhörter Diätassistent und Ernährungsberater anzusehen.
  
  Dass Jesus unser Brot ist, das bezweifelt kein Christ. Schon der Prophet Hesekiel hat auf Gottes Geheiß eine Schriftrolle mit Gottes Wort verspeist, um sein Amt dermaßen gekräftigt auszuüben  Aber dass Jesus ein sprechendes Brot ist? So wie Mario Barth eine sprechende Currywurst?
  
  In gewisser Weise ergibt sich das aus unserem Predigttext. Ich bin das lebendige Brot, erklärt Jesus in unserem Predigttext aus dem Johannesevangelium. Und weiter: „Dieses Brot ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt.“
  
  Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, diesen Zusammenhang von Brot und Fleisch. Also aufgemerkt, was soll das bedeuten? Die Kombination von Fleisch und Brot will sagen: Jesus als Brot besteht aus dem vergangenen irdischen Leben Jesu. Und das Fleisch Jesu, also sein irdisches Leben wiederum setzt sich aus seinem irdischen Leben zusammen: seinem Tun und Leiden, seinem Reden und Hören zusammen, soweit es uns aus der Bibel überliefert ist.
  
  Jesus ist Brot und Fleisch zu gleich. „Ja wat nu,“ würde Mario Barth vielleicht fragen: „Wat isser den nu? Döner im Fladenbrot oder feiner Hackbraten?“, in dem bekanntlich Fleisch und Semmeln vermengt sind. Na beides isser. Gottes Wort und Mensch zu gleich: unvermischt, unverändert, ungeteilt und ungetrennt. Ganz so, wie es die Kirche lehrt, über die 2 Naturen Jesu Christi. Jesus ist ansässig und eingewandert.
  
  Jesus ist nicht nur das sprechende Brot. Er ist zugleich Gottes Diätassistent für uns. Gott ist der Kurarzt, Jesus wirkt als sein Diätassistent. Was ist die Aufgabe eines Diätassistenten? Wer unter einem Mangel leidet, der bekommt eine Nahrungsaufnahme verordnet, die einem Mangel abhelfen soll.
  
  Was das bei Mageren oder gar Magersüchtigen bedeutet, leuchtet unmittelbar ein. Sie leiden unter einem Mangel an Nahrung, warum auch immer. Und deshalb bekommen sie Aufbaunahrung. Gerade bei Magersüchtigen ist zu sehen, dass es genauso wichtig ist, den Geist mit Aufbaunahrung zu versorgen wie die elementare Nahrungszufuhr zu sichern.
   
  Dem Mangel abhelfen, das gilt auch für Übergewichtige. Sie leiden sozusagen unter einem Mangel an Mangel. Sie leiden unter Überfluss. Und wie bei Magersüchtigen ist für das Gelingen der Diät fest zu stellen: es ist genauso wichtig, den Geist mit Aufbaunahrung zu versorgen wie die Nahrungsaufnahme zu reduzieren.
  
  Jesus sorgt dafür, dass wir das richtige Gewicht vor Gott auf die Waage bringen. Er überbringt die Diagnose unseres Energiespeichers: zu fett oder zu schwindsüchtig für Gottes Augenmaß. Von zuviel Selbstvertrauen und zu wenig Gottvertrauen oder von zu wenig Selbstvertrauen und zu wenig Gottvertrauen zehrend.
  
  Darunter leiden übrigens dick und dünn und alle die dazwischen liegen oder dazwischen pendeln. Ob sie es hören wollen oder nicht! Und anders als in der Welt stehen Dünne vor Gott nicht besser da als Dicke.
  
  Wer ist der für uns maßgebliche Ernährungsberater? Welchen Diätratschlägen hören wir zu, gehorchen und folgen wir? Hören wir Jesus zu und auf die Diagnose, die er uns aus Liebe zu unserem Leben überbringt!
  
  Seine Diagnose ist eine Kritik aus Liebe zu unserem Leben: du bist zu fett, zuviel Selbstvertrauen, zu wenig Gottvertrauen, du musst abnehmen. Du verhungerst, zuwenig Selbstvertrauen und zu wenig Gottvertrauen, du musst zunehmen. Er kennt die wahre Diät: Glaube ist ungebremster Überfluss, der nicht dick macht, sondern beweglich. Glaube ist die eigene Gewichtsreduktion, die nicht zur Schwindsucht führt, sondern erstarken lässt
  
  Und wer es immer noch nicht glaubt: Jesus selbst hat gerne beim Essen gefeiert und das nicht nur rituell, beim Abendmahl. Ihm wurde vorgeworfen, so berichtet die Bibel, ein Fresser und Weinsäufer zu sein. Glaube ist nicht lust- und lebensfeindlich, er stillt diese Bedürfnisse, die körperlichen und die geistigen.
  
  Kommste und probierste, er ist umsonst, doch nicht vergeblich. Und wenn’s Dir nicht schmeckt, weil die Augen wieder mal größer waren als der Magen, dann musst du es nicht runterwürgen. Denn siehe: er sättigt mit Gutem, alle die auf ihn warten, dass er ihnen Speise geben zur rechten Zeit.
  
  Amen.
Perikope
Datum 10.03.2013
Bibelbuch: Johannes
Kapitel / Verse: 6,47
Wochenlied: 98 396
Wochenspruch: Joh 12,24