Tiefer sehen - Predigt zu Joh 20,11-18 von Barbara Bockentin
(Der Predigttext geht als Evangeliumslesung der Predigt voraus.)
Ein anderer Blick
Die letzten Wochen gucke ich sehr regelmäßig die Serie „Madam Secretary“. In ihr geht es um eine amerikanische Außenministerin. Der rein politische Blick auf die Weltlage ist ihr fremd. Bevor sie in ihr Amt kam, war sie beim CIA – auch in Auslandseinsätzen, zum Beispiel im Irak. Im Grunde ist das Muster in jeder Folge sehr ähnlich. Wer auf Spannung und Action setzt, wird wahrscheinlich rasch gelangweilt sein.
Ich schalte immer wieder wegen der weiblichen Hauptfigur, Elisabeth McCord ein. Sie gibt nicht auf. Gönnt sich einen zweiten Blick. Auch dann, wenn die Zeit drängt. Sie will Hintergründe verstehen. Diskutiert mit ihrem Mitarbeiterstab. Setzt den einfachen Lösungsversuchen – selbst des Präsidenten – ihre Beharrlichkeit, ihr Vertrauen, dass es auch anders geht, entgegen. Dabei ist sie keine Heldin. Hat ihre dunklen Seiten. Versagt. Trotz allem hakt sie nach. Ist auch zu unkonventionellen Lösungen bereit.
Ein zweiter Blick mit der Hoffnung auf Antwort
Da steht Mariam. Sie weiß, dass ein zweiter Blick nötig ist. Deshalb gibt sie sich nicht mit dem ersten zufrieden. Sie geht dabei ins volle Risiko. Rechnet sogar mit einer Enttäuschung. Anders als die zwei Männer, die rasch umkehren, widersteht sie diesem Impuls.
Beim ersten Mal ist sie auch rasch umgekehrt. Hat den anderen von ihrer Entdeckung erzählt. Zwei von ihnen kommen mit ihr. Sie laufen, rennen zum Grab. Die Männer wenden sich um, als sie sehen, dass das Grab leer ist.
Mariam bleibt. Sie streckt den Kopf in die Grabeshöhle. Wird eins mit dem Dunkel. Tränen verschleiern ihren Blick. Kaum auszuhalten, was sie befürchtet, nun mit eigenen Augen zu sehen. Wenn der Leichnam nicht mehr da ist, kann sie ihn nicht ein letztes Mal berühren.
Dann ein zweiter Blick – mit ihm sieht sie mehr. Hört sogar. Zwei schemenhafte Wesen nimmt sie wahr. Lässt sich für einen kurzen Moment ein. Gibt sich ihrer Verzweiflung, ihrer Trauer hin. Erst als sie ausgesprochen hat, was sie befürchtet, dreht sie sich um. Lässt das Dunkel der Grabeshöhle hinter sich.
Doch die Frage bleibt: »Sie haben meinen Herrn weggenommen. Und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben!« Bewegt sie weiter. Die Hoffnung auf eine Antwort ist nicht geschwunden. Sie bleibt groß. Eine unverhoffte Begegnung. Eine andere als eben noch in der Grabeshöhle. Wieder fragt sie: »Herr, wenn du ihn weggebracht hast, dann sage mir, wo du ihn hingelegt hast. Ich will ihn zurückholen!« Sie bleibt hartnäckig. Will sich nicht abspeisen lassen.
“Mariam“ – Der Klang seiner Stimme. Die sie so oft gehört hat. Die sich an viele andere wandte. Die sie meinte. Die Stimme, die Geschichten erzählte von Gott, von Liebe, von einer neuen Welt, von anderen Möglichkeiten. Die Stimme, die sanft sein konnte oder sehr energisch. Die Stimme, die ihr eine ganze Welt geöffnet hatte.
Sie erkennt ihn. „Rabbuni“ Wiedererkennen, Zärtlichkeit, Trauer, Unglauben, Freude – all das schwingt zwischen ihnen. Die Hartnäckigkeit Mariam, ihr Nicht-aufgeben-können – ist an ein Ziel gekommen. Sie ist belohnt worden.
Nur ein kurzer Moment, der jäh endet. Sie kann diesen Moment des Wiedererkennens, des Wiedersehens nicht auskosten. Merkt, dass sich etwas geändert hat. Sie findet eine andere Ausdrucksweise für die Freude, die sie festhalten will. Sie singt, hüpft. Redet vor sich hin. Um sich selbst immer wieder zu vergewissern. Um die Worte zu üben, die sie gleich den anderen sagen wird. Immer wieder dieselben Sätze, dieselbe Melodie.
Weil sie nicht aufgegeben hat. Weil sie einen zweiten, tieferen Blick riskiert hat, hat sie sehen und hören können, was den anderen verborgen geblieben ist. Ihre Trauer hat sich so in Freude verwandelt.
Ein zweiter Blick. Offen, bereit für Unerwartetes.
Deshalb schaue ich weiter „Madam Secretary“, weil ich hoffe, dass die weibliche Hauptfigur Elisabeth McCord daran festhält, Hintergründe verstehen zu wollen. Deshalb feiere ich Ostern, weil es ohne die Hartnäckigkeit für Mariam ganz anders geworden wäre. Mich ermutigt es.
Meine Aufgabe für die Osterzeit: Gib dich nicht mit dem ersten Blick zufrieden. Geh noch einmal zurück. Schaue genauer. Schaue tiefer.
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Ich bemerke, dass viele Menschen dem Glauben schenken, was sie lesen, hören oder auf verschiedenen Kanälen sehen, ohne unbedingt zu recherchieren, ob denn alles stimmt, was da an Informationen mitgeliefert wird. Ich denke, dass es sich fast immer lohnt, tiefer zu bohren, am Ball zu bleiben.
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Mich hat der Mut von Mariam (Maria von Magdala) beeindruckt. Ihrem Impuls, nicht aufzugeben, dem wollte ich nachgehen.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Es lohnt sich, genauer hinzusehen.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Die Unterstützung, die ich bei meiner Coach durch ihre positive Resonanz fand, hat es mir leicht gemacht, zu verstehen, wo eine Überarbeitung für mein Anliegen hilfreich ist. Dafür bin ich sehr dankbar.
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Christus stirbt und ist doch Sieger über den Tod - Predigt zu Joh 19,16b-30 von Andreas Schwarz
(Lesung geht der Predigt voraus)
Immer wieder darf ich Gespräche mit Trauernden führen, um eine Beerdigung vorzubereiten. In einer Stunde wird ein Leben beschrieben, das gerade zu Ende gegangen ist. Schöne Erinnerungen kommen ans Tageslicht, aber eben auch der tiefe Schmerz, dass das alles nun vorbei ist. Oft genug wird die Frage nach dem Warum gestellt, warum jetzt schon, warum so früh? Der Verlust bestimmt die Gefühle. Viele Tränen fließen bei den Gesprächen.
Da fällt es mir auf, wenn es einmal ganz anders ist. Vor Kurzem war eine solche Situation gar nicht traurig. Ein Bild des gerade Verstorben stand auf dem Tisch, sodass wir beide, die Witwe und ich, es sehen konnten.
Jetzt ist er bei uns und gar nicht gestorben, sagte sie.
Wir wissen doch, wie der Weg ist. Es überrascht uns nicht. Zu keiner Zeit haben wir eine Ahnung, wann und wie es zu Ende geht. Aber dass es kommt, wussten wir. Und glauben an die Zukunft, die Christus uns schenkt.
Christus ist mein Leben, Sterben ist mein Gewinn.
So hat es Paulus einmal in einem Brief an die Gemeinde in Philippi geschrieben. Es geht gar nicht darum, jetzt gerne sterben zu wollen. Sondern um die ewige Zukunft als grundlegenden Inhalt unseres christlichen Glaubens. Das ist unsere Hoffnung in all dem Elend und Leid, in dem Sterben, das so oft unvermittelt und plötzlich Leben beendet.
Worin wir uns sicher alle einig sind ist: Ich möchte leben.
Wenn ich krank werde, steht das auf einmal in Frage.
Und wenn ich sterbe, habe ich verloren.
Mein Leben hat verloren.
Der Tod hat gesiegt.
Er siegt so furchtbar oft.
Ihr erleidet das in euren Familien.
Wir erleben das in unserer Gemeinde.
Der Tod ist aktiv und offenbar gewinnt er immer wieder.
Ganz offenbar im sinnlosen Morden und Sterben.
Wenn einer mit seinem Auto in die Besucher eines Weihnachtsmarktes rast und Menschen in den Tod reißt, wie im Dezember in Magdeburg.
Oder in eine Menschenmenge, die am Rosenmontag in Mannheim auf den Straßen unterwegs war.
Der Tod siegt in den Krankenhäusern und in Kriegsgebieten.
Er siegt in Massen, wenn die Erde bebt wie diese Tage in Südostasien – und Tausende sterben.
Ich gehe davon aus, dass alle Opfer gerne noch gelebt hätten.
Aber sie haben verloren.
Ihr Leben hat verloren.
Bei ihnen hat der Tod gewonnen.
Und er tut es, immer und immer wieder.
Auf unterschiedlichste Arten und Weisen.
Durch Mord, in Kriegen bewusst in Kauf genommen oder gewollt, durch Unfälle. Durch Krankheit.
Manchmal können wir ihn ein wenig hinauszögern, wenn er sich schon einmal angemeldet hat. Aber er wird wiederkommen und dann doch gewinnen.
Die Spannung zwischen dem Bibelvers, dass Sterben ein Gewinn sei, und unserem menschlichen Wunsch nach Leben bleibt bestehen.
Heute kommt sie an einen besonderen Tiefpunkt, an dem sie zu zerreißen droht.
Karfreitag.
Jesus stirbt.
Gottes Sohn verliert den Kampf gegen den Tod.
Seine Freundinnen trauern. Seine Freunde sicher auch, aber die haben sich fast alle zurückgezogen aus Angst, dass es ihnen gehen könnte wie ihrem Herrn und Meister.
Der Karfreitag ist ein Tag der Trauer, die liturgische Farbe ist schwarz, die Farbe des Todes. Aller Glanz und alles Licht des Lebens verlöschen.
Der, der sich so für das Leben anderer eingesetzt hatte, der Kranken und Ausgestoßenen neue Lebensperspektiven geschenkt hatte, der Tote wieder zum Leben erweckt hatte, der stirbt nun selbst.
Gewaltsam. Ausgestoßen. Erniedrigt.
Wie ein Verbrecher bestraft.
Dieser Tag ist im Kirchenjahr fest verankert, bekannt und vertraut. Es werden alle dieses Ereignis kennen.
Alle vier Evangelisten berichten auch ausführlich und sehr ähnlich davon.
Matthäus, Markus und Lukas erzählen so.
Bloß bei Johannes ist vieles anders.
Oft sind es Kleinigkeiten, die er abweichend berichtet.
Aber genau die machen deutlich, dass Johannes das Leiden und Sterben bis zu seinem Tod Jesu nicht nur erzählt. Er deutet es theologisch.
Sein Evangelium hat so etwas wie einen goldenen Faden, der immer wieder aufleuchtet. Jesus kommt auf diese Erde, in sein Eigentum, und er hat einen Weg vor sich. Er ist unterwegs, Menschen zu Kindern Gottes zu machen, zu Erben des Lebens, das nicht mehr bedroht und gefährdet ist, sondern in die ewige Zukunft reicht. Das ist das Ziel seines Weges, das ihn ans Kreuz bringt.
Da stirbt nicht nur ein besonderer Mensch einen grausamen Tod.
Er stirbt so, wie alle Menschen sterben.
Aber er stirbt anders.
Was Johannes erzählt, ist außergewöhnlich.
Sie nahmen Jesus aber, und er trug selber das Kreuz und ging.
Die Frage, ob er nach den Schlägen und der Folter körperlich noch in der Lage war, sein Kreuz zu tragen, interessiert Johannes nicht.
Jesus trägt das Kreuz und geht.
Er ist aktiv, er handelt.
Mögen andere Menschen ihre Macht ausüben und öffentlich zeigen, er ist und bleibt der, der handelt.
Natürlich wird es überdeckt vom dem, was geschieht und für alle sichtbar ist. Da stirbt einer, der gescheitert ist. Da hat einer viel getan und geredet, aber nun hat er doch verloren. Ziemlich übel sogar.
Aber gegen all solchen Augenschein bleibt er souverän.
Er trägt sein Kreuz. Niemand muss es für ihn tun oder ihm dabei helfen.
Er geht. Er wird nicht getragen, gezogen oder geschoben.
Er geht selbständig zum Ort seines Todes.
Und dann wird er mit zwei anderen gekreuzigt, einer links von ihm, einer rechts, er in der Mitte. Wie bei einer Siegerehrung. In der Mitte ist der Gewinner, der die Goldmedaille erhält. Die mittlere Stufe ist höher als die anderen.
Ein solches Bild entsteht vor Augen, wenn Johannes erzählt.
Und dann diese Inschrift an seinem Kreuz in den drei wichtigen Sprachen, hebräisch, latein und griechisch, sodass es jeder lesen kann: Jesus von Nazareth, der König der Juden.
Da wird Pilatus zu einem ungewollten Zeugen der Herrschaft Jesu. Das ist ein echtes Bekenntnis.
Gegen alle Kritik, die natürlich kommt. ‚Du musst das ändern, Pilatus. Da darf nicht stehen, dass er der König der Juden ist, sondern dass er es von sich behauptet hat.‘ Aber Pilatus reagiert knapp und deutlich: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben.
So denken und reden Menschen ja immer wieder.
Ich habe mein Urteil über andere und das bleibt.
Ich lasse mich nicht bewegen.
Und dann sind Leute festgelegt und festgeschrieben.
Bürgergeldempfänger sind faul.
Muslime sind kriminell.
Flüchtlinge sind Schmarotzer.
Johannes erzählt auch von solchen Leuten, als eine Frau beim Ehebruch erwischt wird und gesteinigt werden soll.
Sie bringen sie zu Jesus und fragen nach seinem Urteil, das für sie aber ja klar ist. Die Frau ist festgelegt auf ihr gescheitertes Leben.
Jesus schreibt in den Sand.
Und auf einmal gehen alle Ankläger weg.
Menschliche Urteile und Festschreibungen enden bei ihm.
Die Frau ist frei und darf leben.
Wieder hat jemand etwas geschrieben.
Und welcher Einwand auch immer, welcher Protest sich da erhebt.
Jesus sagt: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben.
Wenn er deinen Namen ins Buch des Lebens geschrieben hat, dann steht der da.
Bis zum Schluss.
Bis zum bitteren Ende, bis zum Tod.
Für die Ewigkeit.
Niemand ändert das.
Niemand löscht den aus.
Was immer einer tut.
Wie wenig sich jemand wert fühlt,
was immer andere ihm vorwerfen.
Was immer dagegen spricht an eigenen Taten, an persönlichen Befürchtungen, an fremden Einwänden: Der Name steht im Buch des Lebens.
Und da bleibt er.
Denn was Jesus geschrieben hat, das hat er geschrieben.
Ein für allemal.
Die Zuwendung zu den Menschen und seine Fürsorge enden im brutalen Leiden am Kreuz nicht.
Sie sind und bleiben ihm wichtig, die Menschen, die an seiner Seite waren, denen er an der Seite war. Seine Familie, seine Freunde. Sie liegen ihm bis zuletzt am Herzen, und sogar darüber hinaus.
Ihr Wohlergehen hat er im Blick, sogar in den letzten Minuten seines Lebens.
"Frau, siehe, das ist dein Sohn", sagt er zu seiner Mutter.
"Siehe, das ist deine Mutter", sagt er zu dem Jünger, den er liebhatte.
Er ordnet ihr künftiges Leben, bindet sie aneinander und sorgt sich darum, dass es für sie gut weitergehen kann, wenn er nicht mehr da ist.
Das Gespräch mit der Witwe kommt mir wieder in den Sinn. Wie sie mir erzählt, ihr Mann habe alles vorbereitet.
Ein Brief für den Pfarrer zur Traueransprache.
Ein Brief für die Kantorin zur Musik für den Gottesdienst.
Und alle nötigen Informationen für sie, für die Finanzen, für die Wohnung.
Alles überlegt, geklärt, aufgeschrieben.
Damit es für sie gehen kann, wenn er nicht mehr da ist – wo er sich doch um all das immer gekümmert hatte.
Nicht immer geht es so hilfreich. Oft denken Menschen nicht frühzeitig daran, und auf dem Sterbebett ist es dann zu spät. Sie wollen gerne alles noch regeln, aber können nicht mehr. Da reichen die Kräfte nicht mehr. Die werden gebraucht für die letzten Momente auf dieser Erde.
Jesus bleibt souverän und handelt, als ältester Sohn seiner Mutter, als Meister seiner Jünger. Bis zum allerletzten Moment.
Und selbst der ist besonders.
Die letzten Worte, die Johannes aus dem Mund Jesu bezeugt sind: Es ist vollbracht.
Sein Weg ist zu Ende ist und er hat zum Ziel gebracht, worum es ging.
Es klingt wie die Bestätigung seines Auftrages, wie die Bekräftigung seines Sieges, was Jesus in dem Moment ausspricht, als er sein Leben abgibt.
Das ist es dann auch, was Johannes mehr als die anderen Evangelisten ausdrückt: Hier beendet einer das Werk, zu dem er angetreten war, siegreich.
Das wirkt unverständlich. Denn im Moment des Sterbens von einem Sieg zu reden, ist ja wohl abwegig. Wer stirbt, hat verloren.
So denken Menschen und so leben sie auch. Dass sie an den Tod nicht denken wollen, ihn so gut es geht, verdrängen und hinausschieben wollen. Mit Fitnessprogrammen und Schönheitsoperationen, mit Medikamenten und Crémes, bloß das Altern aufzuhalten und wegzuschieben.
Wofür?
Am Ende ist es nicht zu halten, der Tod ist nicht zu besiegen. Jedenfalls nicht von uns.
Aber Johannes sagt etwas anderes: der hier stirbt, hat gewonnen.
Der hat seinen Auftrag erfüllt, zu dem Gott ihn zu uns Menschen gesandt hat.
Nicht nur ist sein Leiden am Kreuz vorbei. Er hat es überstanden.
Sondern die Unausweichlichkeit und Endgültigkeit des Todes über das Leben sind gebrochen.
Jesus erringt den ersten und grundsätzlichen Sieg des Lebens über den Tod.
Das neue, das ewige Leben der Auferstehung siegt.
Weil Jesus am Kreuz stirbt.
Nicht der Verbrecher erhält seine gerechte Strafe, sondern: Es ist vollbracht.
Jesus kann sterben. Mit dem Leben vor Augen.
Wer an ihn glaubt, kann sterben, mit Jesus Christus vor Augen.
Was für eine Aussicht, wenn wir das könnten.
Unsere Zukunft ist das Leben.
Geschenkt, nicht erkauft oder erkämpft, was wir gerne so krampfhaft festhalten wollen und sichern. Dagegen öffnet uns Johannes den Blick, nicht festhalten wollen, was nicht festzuhalten ist. Aber das Geschenk annehmen, dass Jesus uns macht.
Es ist vollbracht. Für uns und unser Leben. Gott sei Dank. Amen.
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
An Karfreitag ist der Gottesdienst gut besucht, sehr gemischt, weil viele Ältere da sein werden, aus gelebter Frömmigkeit und Tradition. Darunter Menschen, die sich mit dem eigenen Sterben auseinandersetzen oder in der Nähe Verluste erlitten haben. Dazu kommen die Konfirmanden, die liturgische Teile des Gottesdienstes übernehmen, auch sie kennen den Verlust von Verwandten, Großeltern z.B. Ich erwarte erfahrungsgemäß eine sehr offene und wache Gemeinde, die bewusst da ist und zuhört. Das erleichtert sowohl die Vorarbeit, als auch den Gottesdienst selbst.
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Mehrere Aspekte spielen eine Rolle; einmal der sehr besondere, prominente Kasus und die Tatsache, dass grundsätzlich alle in der Gemeinde einen Zugang dazu haben. Dann der musikalische Zugang über die Johannespassion von J. S. Bach, auch wenn ich die formulierten Hinweise und Bezüge in der Predigt auf Empfehlung des Coaches gestrichen habe. Aber beim Lesen des Bibeltextes habe ich immer wieder Melodien im Kopf gehabt.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Es ist eher die Herausforderung an eigene Lebensgestaltung im Glauben. Das bei allen Niederlagen, die Tod zufügt, von Johannes siegreich erzählt wird. Das führt nicht zur Bagatellisierung oder Verniedlichung, aber zu einer anderen Einordnung. Die Zukunft deutlicher als Hoffnung und Kraft für die Gegenwart zu entdecken und zu pflegen.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Wie schon angesprochen unter dem Schlagwort: kill your darlings die Herausnahme aller Hinweise auf die Johannespassion von Bach, auch wenn sie mir persönlich wichtig und hilfreich war. Bilder, die mir etwas sagen, aber der Gemeinde evtl. weniger rausnehmen und aktueller am Leben dran sein. Das habe ich verstanden und zu beherzigen versucht.
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Die Treue hört niemals auf - Predigt zu Joh 18,28-19,5 von Anne-Kathrin Kruse
Der Predigttext wird im Verlauf des Gottesdienstes gelesen.
I. Trauer und Schmerz
Jeden Tag geht Anna auf den Friedhof.
Ordnet die Blumen auf seinem Grab,
richtet das Foto wieder auf – _
von Frantz, ihrem Verlobten.
Sitzt dort auf der Bank,
in sich versunken, unnahbar,
mit starrem Blick auf das Kreuz.
Hier ruht Frantz Hoffmeister, geboren… gestorben...
Ihr Frantz liegt nicht in diesem Grab.
Im letzten Kriegsjahr wurde er verscharrt
in einem der Massengräber nahe Verdun.
Nur sein Medaillon ist ihr geblieben.
Das Rauschen der Blätter im Frühlingswind – sie hört es nicht.
Eines Tages beobachtet Anna,
wie ein junger Mann am Grab von Frantz steht.
Ganz in Schwarz, mit dem Hut in der Hand.
In sich versunken, unnahbar,
legt er Blumen auf sein Grab.
Steht dort mit starrem Blick auf das Kreuz.
Tag für Tag.
Adrien heißt er.
Franzose - der Erbfeind…
Zwei junge Männer –
Freunde mitten in diesem mörderischen Krieg?
Die Eltern von Frantz Hoffmeister sind in ihrer Trauer um den Sohn
bitter geworden.
Jeder Franzose ist für mich der Mörder meines Sohnes.
Ja, Sie haben recht, antwortet Adrien.
Ich war auch Soldat und ich bin ein Mörder.
II. Ohne Schuld – angeklagt
„Da kam Pilatus zu ihnen heraus und sprach:
Was für eine Klage bringt ihr vor gegen diesen Menschen?
Sie antworteten und sprachen zu ihm:
Wäre dieser nicht ein Übeltäter, wir hätten dir ihn nicht überantwortet.
Da sprach Pilatus zu ihnen:
So nehmt ihr ihn und richtet ihn nach eurem Gesetz.
Da sprachen die Juden zu ihm: Es ist uns nicht erlaubt, jemanden zu töten.“
Ein Mensch steht vor Gericht, ein Jude.
Angeklagt von den jüdischen Oberpriestern des Tempels:
Wieder so ein Aufrührer,
der das ohnehin schon gebeutelte jüdische Volk
unter den lauernden Augen der römischen Besatzer
in Gefahr bringt.
Den Römern reicht der leiseste Vorwand,
um noch grausamer zuzuschlagen.
Und dann nennt er sich „Gottes Sohn“
und verstößt damit gegen das höchste jüdische Gebot,
nämlich: dass es nur einen Gott gibt, den Gott Israels.
Darin war er nicht der Erste und Einzige.
Sich „Sohn Gottes“ nennen zu lassen,
erfüllte im Römischen Reich aber den Tatbestand des Hochverrats:
Einer „wie Gott“ zu sein, durfte nur einer für sich beanspruchen:
der Kaiser des Römischen Reiches.
Kreuzigen ist die römische Methode,
mit solchen Rebellen abzurechnen.
Was am Ende zur Anklage führte –
heute ist das nicht mehr nachvollziehbar.
Klar ist nur: Nicht die jüdischen Verantwortlichen sind schuld an Jesu Tod.
Dazu hatten sie gar kein Recht und keine Möglichkeiten.
III. Ohne Anklage – schuldig
Anna gelingt es, Vertrauen zu schaffen
und den jungen Franzosen Adrien in das Elternhaus von Frantz einzuführen.
Woher kennen Sie Frantz?
Wie war es, als Sie ihn das letzte Mal gesehen haben?
War er glücklich?
Denken Sie noch an ihn? – Wie könnte ich ihn vergessen…?!
Adrien beginnt zu erzählen.
Wie sie sich vor dem Krieg in Paris kennengelernt haben,
wie sie im Louvre die Bilder von Edouard Manet bewundert haben,
besonders eines – mit dem Titel: Der Selbstmörder.
Wie Adrien, der begabte Geiger, Frantz beim Violinspiel korrigiert hat,
behutsam, liebevoll, mit zarter Hand.
Es ist, als wäre Frantz wieder nach Hause gekommen…,
sagt die Mutter.
Auch Anna blüht auf.
Schließlich möchte Vater Hoffmeister die Violine seines Sohnes
Adrien gar zum Geschenk machen.
Das Liebste, was er hatte.
Haben Sie keine Angst, uns glücklich zu machen.
Aber Adrien wehrt ab.
Er hält es nicht mehr aus.
Anna gegenüber bricht die Wahrheit aus ihm heraus:
Ich war es, der Frantz getötet hat
In einem Schützengraben hatten sie sich
mit ihren Gewehren gegenübergestanden.
Wenn er wenigstens geschossen hätte,
aber sein Gewehr war nicht geladen.
Die unerträgliche Schuld am Tod von Frantz
hat ihn dazu getrieben,
die Familie Hoffmeister aufzusuchen und um Vergebung zu bitten.
Ich habe gelogen, weil es uns allen guttat.
Anna wendet sich verletzt von ihm ab.
In tiefer Verzweiflung erkennt Adrien,
dass es keine Hoffnung auf Vergebung für ihn gibt,
und kehrt zurück nach Paris.
Was ist Wahrheit?
IV. Gelitten. Unter Pontius Pilatus gekreuzigt.
„Spricht Pilatus zu ihm: Was ist Wahrheit?
Und als er das gesagt hatte, ging er wieder hinaus zu den Juden
und spricht zu ihnen: Ich finde keine Schuld an ihm.“
Der Evangelist Johannes beschreibt Pilatus mit dickem Weichzeichner:
Als einen maßvollen Richter, der die richtigen Fragen stellt.
Als einen, der Jesus für einen harmlosen Querulanten hält.
Andere Quellen beschreiben Pilatus als brutalen,
kaltschnäuzigen und grausamen Gewaltherrscher.
Ein Autokrat, für den kein Gesetz zu gelten scheint –
wie aktueller er kaum sein kann…
Mit Aufrührern macht er gleich kurzen Prozess oder gar keinen.
Ausgerechnet an seinen Namen erinnern Christinnen und Christen regelmäßig
in ihrem Glaubensbekenntnis: Gelitten. Unter Pontius Pilatus gekreuzigt.
„Was ist schon Wahrheit!“
Ihn interessiert die Frage nicht.
Der Schreibtischtäter mit der weißen Weste
fällt das Todesurteil und lässt es vollstrecken,
aus Lust an der Gewalt,
aus politischem Kalkül,
zur Abschreckung
oder einfach, um diesen lästigen Juden loszuwerden.
Und macht sie alle miteinander lächerlich,
die jüdischen Ankläger, den Juden Jesus, den Gott Israels.
Wahr ist: mit der Schilderung dieses Prozesses in den Evangelien
nahm die katastrophale judenfeindliche Wirkungsgeschichte
ihren Anfang und dauert bis heute an.
Der Evangelist Johannes wollte in der innerjüdischen Auseinandersetzung
um den „Messias“ die Position der Jesus-Jünger stark machen.
Die Schläge, die Jesus trafen, der qualvolle Tod am Kreuz –
sie stehen für die Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden
bis hin zum 7. Oktober 2023 und darüber hinaus.
Kann es sein, dass wir unsere dunklen Seiten
in unser Bild von Juden einschreiben?
Kann es sein, dass Jesus deshalb immer wieder gekreuzigt wird?
V. Noch einmal: Was ist Wahrheit?
Ebenso wenig, wie der willkürliche Despot Pilatus
ein Freund theoretischer Gedankenspiele war,
so wenig war Jesus ein griechischer Philosoph -
als jüdischer Schriftgelehrter und Prediger in der Provinz Judäa
spricht und denkt er auf aramäisch.
Was die Griechen unter „Wahrheit“ verstehen, heißt bei ihm „Gemeinschaftstreue“.
Das ist die Treue dieses unschuldigen Königs der Juden:
„Ich soll die Treue Gottes und seiner Weisung, der Tora, bezeugen.
Wer aus der Treue ist, der hört meine Stimme.“
Dieser Jesus ist ein wahrer „König der Juden“, wie ihn seine Bibel beschreibt:
glaubwürdig und treu gegenüber Gott und seinen Geboten in der Tora,
der für Recht und Gerechtigkeit eintritt.
In Treue steht er für sein jüdisches Volk ein.
Hält die Würde der Menschen hoch, auch derer aus den anderen Völkern,
hat eine besondere Liebe für die, die verfolgt und gedemütigt werden.
Auf ihn ist Verlass, im Leben wie im Tod.
V. Die Treue hört niemals auf
„Frantz“ – ein Film gegen den Krieg.
Darüber, wie die Toten das Leben derer überschatten, die sie liebten.
Wie Überlebende sich nach dem Tod sehnen, weil sie schuldig geworden sind.
Und der Krieg in den Köpfen nicht aufhört.
Wo das Leben nur noch in der Vergangenheit farbig,
die Gegenwart dagegen schwarz – weiß – grau erscheint.
Und doch bahnt sich das Leben zurück in die Zukunft, gibt ihr Farbe.
Ein Film über Lüge und Wahrheit, über Treue und Liebe.
Nach schweren Kämpfen gelingt es Anna, Adrien zu verzeihen.
Dieser französische Soldat ist bis nach Deutschland gekommen,
um um Vergebung zu bitten. Gewähren Sie sie ihm,
so wie Jesus Christus seinen Peinigern vergeben hat.
rät ihr der Pfarrer.
Bei einem Wiedersehen mit Adrien in Paris begreift sie,
dass es in seiner Welt der Schuld
keinen Raum für eine gemeinsame Zukunft gibt.
Durch Adrien konnte sie Frieden machen mit dem Tod ihres Verlobten Frantz
und sich wieder dem Leben zuwenden.
Die Narben bleiben – die Liebe kann Leid und Schuld nicht einfach zudecken.
Und doch gibt es ein Aufstehen aus der Vergangenheit, Neuanfang, Zukunft.
Anna bleibt in Frankreich.
Den Eltern von Frantz verschweigt sie die Wahrheit darüber,
dass Adrien ihren Sohn getötet hat.
In ihren Briefen erzählt sie Geschichten von einem glücklichen Leben mit Adrien in Paris.
In der Regel verurteilt Gott die Lüge, hatte der Pfarrer gesagt,
aber hinter Ihrem Schweigen verbirgt sich eine reine Absicht,
die den Verstoß entschuldigt…
Was würde die Wahrheit bewirken?
Noch mehr Schmerz, noch mehr Tränen…
Wahrheit kann Schuldige kalt und gnadenlos lebenslänglich verurteilen.
Liebe kann sich blumigen Illusionen hingeben.
Die Treue verbindet beide und öffnet Zukunft, neues Leben.
Die Treue zu Gott und den Menschen erfindet wundervolle Geschichten
von Freundschaft unter Erbfeinden,
von gemeinsamem Leben über Grenzen hinweg.
Ja, sie lässt sich dafür demütigen und schlagen und umbringen.
Sie lässt sich begraben und kommt wieder ans Licht.
Am Ende geht Anna in den Louvre,
zu Edouard Manet‘s Bild „Der Selbstmörder“.
Denn: Es gibt mir die Lust zum Leben.
Am Ende hört sie es wieder –
das Rauschen der Blätter im Frühlingswind.
Amen.
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Eine Großstadtgemeinde mit hohem Akademiker-Anteil. Die Aufführung der Johannespassion von J.S.Bach, der der Predigttext zugrunde liegt, steht bevor. Und es ist auffällig, wie wenig Interesse an den Folgen dieser wunderbaren Musik und ihrer vergifteten Botschaft besteht.
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Schon lange hat mich der Film „Frantz“ fasziniert und beschäftigt im Blick auf die Frage, was „Wahrheit“ ist, wo sie verletzt und wo sie heilsam wirken kann. Dass sie jedenfalls nie nur akademisch behandelt werden kann, vielmehr dazu führt, für sich selbst Rechenschaft abzulegen - gerade auch im christlich-jüdischen Kontext.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Nach wie vor finde ich es in Übersetzung und dann auch in jüdischer Auslegung spannend, der biblischen Bedeutungsvielfalt zentraler Begriffe nachzugehen und dadurch auf ganz neue Zugänge zu stoßen.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Herzlichen Dank an meine Predigtcoach für ihre präzise Wahrnehmung und ihre sehr hilfreichen konkreten Anregungen! Sie hat mich in dem Wagnis bestärkt, den Predigttext mit dem Plot des Films zu verweben, und Vorschläge dazu gemacht, die historischen Anmerkungen zum Text auf der Meta-Ebene zu straffen. Wertvolle Anregungen verdanke ich auch der Predigt zum Text von Susanne Ehrhardt-Rein.
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Wir bleiben in Verbindung - Predigt zu Joh 6,47-51 von Christoph Kock
I. Abgebrochen
„Wir bleiben in Verbindung“,
sagen sich Menschen zum Abschied.
Manchmal gelingt das.
Manchmal nicht.
Beim Umzug fällt ihm ein Fotoalbum in die Hand.
Ach ja. So hat man das früher gemacht.
Abzüge in ein Buch eingeklebt und beschriftet.
Neugierig blättert er im Album.
Seine Abiturfeier. 1987.
Die Frisuren. Was damals so modern war.
Und die Riesenbrillen.
Da sag einer,
früher sei immer alles besser gewesen.
Er blättert weiter.
Zwei junge Herren im Anzug, die in die Kamera grinsen.
Er und Markus Borgwardt.
Sie waren dicke Freunde.
Ist das lange her.
Die 10. Klasse hat Markus gerade so geschafft.
Mit einer vier in Mathe.
Ihm fällt der Spickzettel ein,
den er für Markus in der letzten Arbeit geschrieben hat.
Das war ganz schön knapp.
Nach der Schule gingen ihre Wege auseinander.
Markus studierte in der Nähe und wohnte Zuhause.
Während er nach Stuttgart zog.
Nach dem Studium fand er dort Arbeit.
Und sein Glück.
Zu seiner Hochzeit war Markus noch gekommen.
Dann verloren sie sich aus den Augen.
Woran das wohl gelegen hat?
Er schaut auf das Bild und überlegt einen Moment.
Weil Markus irgendwann keine Lust mehr hatte darüber zu sprechen:
Warum er sich hat scheiden lassen.
Warum er seine Kinder nicht mehr sehen kann.
Warum er sein Studium nicht abgeschlossen hat.
Ihre Wege waren zu verschieden,
als dass die Verbindung hätte halten können.
Zum letzten Mal hat er vor vier Monaten von Markus gehört.
Seiner Mutter war die Todesanzeige aufgefallen.
Er hat die Anzeige gegoogelt.
Markus Borgwardt starb 10 Tage nach seinem 50. Geburtstag.
Ihre Freundschaft starb schon viele Jahre früher.
II. Sich Jesus einverleiben
„Wir bleiben in Verbindung“,
sagt Jesus zu seinen Jüngern.
„So wahr ich in eurer Mitte bin.“
Im Johannesevangelium heißt es im 6. Kapitel:
Amen, amen, das sage ich euch:
Wer glaubt, hat das ewige Leben.
Ich bin das Brot des Lebens.
Eure Vorfahren haben in der Wüste das Manna gegessen
und sind dann doch gestorben
Aber dies ist das wahre Brot,
das vom Himmel herabkommt.
Wer davon isst, wird nicht sterben.
Ich bin das Lebensbrot,
das vom Himmel herabgekommen ist.
Wenn jemand von diesem Brot isst,
wird er das ewige Leben haben.
Das Brot, das ich geben werde, ist mein Leib.
Ich gebe ihn hin, um dieser Welt das Leben zu schenken.«
Wer mit mir in Verbindung bleibt, wird leben.
Die Frage ist nur, wie das gehen kann.
Wenn doch die Wege auseinander gehen.
Wenn das Weizenkorn in die Erde sinkt
und die Jünger mit leeren Händen dastehen.
Wenn Jesus erhöht wird
und die Jünger mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben.
Weiter auseinander können Wege nicht gehen.
Wie werden wir hier unten
mit dem dort oben in Verbindung bleiben können?
Das Johannesevangelium sagt:
Indem ihr euch Jesus einverleibt.
Auf seinen Worten kaut,
sie in euch aufnehmt.
Seine Lehre verschlingt
wie ein Buch,
das ihr nicht aus der Hand legen könnt.
Das Lebensbrot kann, muss, will gegessen werden.
Damit es wirkt, stärkt, tröstet.
Vom Anschauen wird keiner satt.
Das Lebensbrot kann, muss, will gegessen werden.
Dann steht die Verbindung.
Sie reicht für ein ganzes Leben und darüber hinaus.
Jesus selbst sorgt dafür:
„Wenn jemand von diesem Brot isst,
wird er das ewige Leben haben.
Das Brot, das ich geben werde, ist mein Leib.“
III. Das Himmelsbrot trennt …
Ein Gottesgeschenk.
Wie das Himmelsbrot.
Die Menschen, die Jesus zuhören, erinnern sich.
Das Volk Israel auf dem Weg in die Freiheit.
Durch die Wüste. Mangel als ständiger Begleiter.
Dann das Manna.
Im kühlen Morgen sammelten sie es ein.
Sie wurden satt, unter Gottes Führung.
Bewahrt in unwirtlichem Gelände.
Nicht erkämpft, nicht erarbeitet.
Geschenkt. Jeden Morgen neu.
Was ist das, fragten sie.
Manhu? Manna ist Himmelsbrot.
Jesus stört diese Erinnerung:
„Eure Vorfahren haben in der Wüste das Manna gegessen
und sind dann doch gestorben
Aber dies ist das wahre Brot,
das vom Himmel herabkommt.
Wer davon isst, wird nicht sterben.“
Eine Trennung deutet sich an:
Die Verbindung zu Jesus bleibt.
Aber die Verbindung zur Synagoge löst sich.
Jesus verkörpert einen besonderen Weg zum Gott Israels.
Längst nicht alle gehen ihn mit.
Das Brot der Ewigkeit verlangt eine Entscheidung.
Das ist bitter,
vor allem für Christinnen und Christen jüdischer Herkunft.
Sie sind in der Synagoge groß geworden.
Jetzt verlieren sie ihre religiöse Heimat –
durch ihre Verbindung zu Jesus.
Die Wege gehen auseinander.
In dieser Situation erinnert das Johannesevangelium an Jesus.
Was die ersten christlichen Gemeinden erleben und erleiden
– das vierte Evangelium erzählt es so,
als ob Jesus es selbst erlebt und erlitten hat.
So eng ist ihre Verbindung.
IV. … und es verbindet
So wird erzählt, wie Wege auseinander gehen.
Und zugleich, wie Menschen zueinander finden.
Das erste Mahl feiert Jesus mit 5000.
So viele Menschen sind zu ihm gekommen,
ihm gefolgt in unwirtliches Gelände.
Sie sind hungrig.
Ihnen knurrt die Seele
und schließlich auch der Magen.
Jesus kümmert sich um beides.
Die Menschen sind seine Gäste.
An unterschiedlichen Orten zuhause.
Aus verschiedenen Richtungen gekommen,
allein, zu weit, zu dritt, als Gruppe.
Jetzt sind sie vereint an seinem Tisch.
Ein Kind hat fünf Brote dabei und zwei Fische.
Jesus nimmt das Brot,
dankt Gott dafür
und gibt es den Menschen.
Und der Hunger ist gestillt
und Gemeinschaft erfahrbar geworden.
„Wir bleiben in Verbindung“, sagt Jesus.
Ein Bissen Brot. Ein Schluck aus dem Kelch.
Verleibt euch seine Worte ein.
Wie beim Essen und Trinken.
Jesu Worte trösten, ermutigen, stärken, bewahren.
Nehmt sie in euch auf,
lasst euch ansprechen, anrühren, anregen.
Das ist ein Grund zum Feiern.
Erstaunlich, was diese Verbindung aushält,
wie sie wirkt, wie weit sie reicht.
Es ist eine überschaubare Gemeinde,
die an diesem Sonntagmorgen Abendmahl feiert.
Eine Frau trägt ein Kopftuch.
Ihre Hände sind von Rheuma gekrümmt.
Es fällt ihr schwer, den Kelch zu halten.
Sie ist in Kasachstan geboren,
als Spätaussiedlerin nach Deutschland kommen.
Vieles hier war fremd.
Vieles ist fremd geblieben.
Eine Frau am Altar.
Auch dass neben ihr ein Vater mit seinem dreijährigen Sohn steht.
Und der Junge Brot und Kelch bekommt wie sie.
Vorsichtig reicht er ihr die Hand.
Er hat gesehen, wie schlecht sie ihre Hände bewegen kann.
„Gehet hin in Frieden“, sagt die Pfarrerin.
Die Frau schaut sich um.
Hier ist sie zuhause.
Ein Bissen Brot, ein Schluck aus dem Kelch.
Was verbindet,
ist stärker als das, was trennt.
Essen und Trinken – und Jesus ist da.
Abendmahl – die Verbindung trägt.
Himmel und Erde berühren sich.
Der Erhöhte in die Mitte derer,
die an seinen Tisch kommen.
Ein Moment der Ewigkeit mitten in der Zeit.
Ein Geschenk, weder planbar noch machbar.
Eine Kraft, die Grenzen überschreitet.
V. Am Grab
„Wir bleiben in Verbindung.“
Uns ist das nicht gelungen, denkt er,
als er das Grab von Markus Borgwardt gefunden hat.
Zur Beerdigung hat er es damals nicht geschafft,
aber jetzt steht er hier.
Schweigend.
Mit vielen Erinnerungen.
Traurig über einen Freund,
den er früh verloren hat.
Und dann, wie er nur darauf gekommen ist,
muss er an Markus‘ Konfirmationsspruch denken.
Wie ging der noch?
Nichts mit Frieden und Schwertern zu Pflugscharen.
Wie es damals gerade in war.
Nein, der war anders.
Etwas mit verlieren.
Er zieht sein Smartphone aus der Tasche.
Es dauert etwas, bis er beim Googlen fündig wird:
„Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ (Joh 3,16)
Unwillkürlich muss er lächeln.
Jetzt fällt es ihm wieder ein:
Markus hat auf seine ostpreußische Oma gehört
und sie damit großzügig gestimmt.
Wer glaubt, geht nicht verloren.
Der Gedanke gefällt ihm.
Weil Jesus das hinkriegt:
In Verbindung zu bleiben.
Es wird Zeit,
dass er vom Friedhof verschwindet.
Amen.
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Menschen unterschiedlicher Herkunft. Im Alltag haben sie wenig Berührungspunkte, außer dass sie im selben Stadtteil leben. Was verbindet sie am Sonntag in der Kirche, wenn sie sich um die aufgeschlagene Bibel versammeln? Mit Verbindungen haben sie ihre Erfahrungen gemacht. Viele haben sich bewährt, etliche sind abgebrochen. Manchmal im engsten Kreis. Als Pfarrer habe ich viele Abbruchgeschichten kennengelernt.
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Das Johannesevangelium macht sich für eine Verbindung stark, die Jesus verkörpert. Spannend ist für mich die Deutung von Jan Heilmann zu Johannes 6: Brot und Wein stünden nicht für den Leib und das Blut Christi, sondern für seine Worte. Es gehe also darum, sich diese Worte einzuverleiben.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Sie steht nicht im Predigttext, sondern erst ein paar Verse weiter: Jesu Überbietung des Manna führt zu einer Trennung von vielen, die ihm nachgefolgt sind. Es bleiben 12, abzüglich desjenigen, der ihn verrät. Eine Gemeindesituation (Ausschluss aus der Synagoge) spiegelt sich darin, wie ein Evangelium von Jesus erzählt.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Die Geschichte von der abgebrochenen Freundschaft endet zunächst mit einer Todesanzeige. Darauf musste ich am Schluss zurückkommen. Schließlich geht es um ewiges Leben. Ob es den Besuch am Grab gegeben hat, weiß ich nicht. Aber ich finde, er passt.
Link zur Online-Bibel
Besteht der Schlangenkult noch? - Predigt zu Joh 3,14-21 von Timotheus Arndt
Vorbemerkung
Ich treffe eine sprachliche und eine gesellschaftliche Entscheidung: Ich weite die männliche/maskuline Einengung des Textes etwas aus, indem ich den Ausdruck Kind statt Sohn wähle (So reden wir gewöhnlich in der Weihnachstszeit). Ich verschränke Jesu Weg ans Kreuz, gewöhnlich Passionsgeschichte genannt, mit dem Weg Israels aus Ägypten, gewöhnlich Exodus genannt. Letzteres regt Jesus selbst durch seine Bildwahl an. (Außerdem gebrauche ich synonym zur Bezeichnung GOTT die Bezeichnung HIMMEL. Hier lasse ich die männliche Einseitigkeit der Bezeichnung bislang stehen.)
Nun die daraus resultierende Predigt.
Evangelienlesung Jh 3,14–21 und Predigt am Sonntag Reminiscere
Gegen Ende eines Gespräches mit einem jüdischen Lehrer
(der trägt den griechischen Namen Nikodemos)
hält Jesus folgende Rede:
Wie Mose die Schlange in der Wüste aufrichtete, so muß das Menschenkind aufgerichtet werden, damit jeder Mensch, der darauf vertraut, ewiges Leben habe.
Der GOTT gewann die Welt nämlich so lieb, dass Er Sein besonderes Kind gab, damit jeder Mensch, der darauf vertraut, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben habe.
Der GOTT schickte das Kind nämlich nicht in die Welt, damit Er dadurch die Welt richte, sondern damit Er dadurch die Welt rette.
Wer darauf vertraut, wird nicht gerichtet. Und wer nicht vertraut, ist schon gerichtet, weil er nicht auf den Namen des besonderen Kindes des GOTTES vertraute.
Das ist das Gericht, dass das Licht in die Welt kam und die Menschen das Dunkel mehr als das Licht liebten. Ihre Taten waren nämlich böse.
Jeder Mensch, nämlich, der Schlechtes tut, hasst das Licht und kommt nicht zum Licht, damit seine Taten keinen Tadel erführen. Wer die Wahrheit tut, kommt zum Licht, damit seine Taten sichtbar werden, weil sie in GOTT getan sind.
Zwei Bilder fallen gleich am Anfang auf:
1. Die Schlange in der Wüste
2. Das besondere Kind
Die Schlange in der Wüste hat ein wechselvolles Geschick
Nach einer Erzählung im Vierten Buches Mose, Kapitel 21
schickte DER HIMMEL Schlangen, um die Leute zu beißen. (Vers 6)
Dann soll Mose das Kupfermodell einer Schlange auf eine Stange setzten,
damit dessen Anblick heile. (Verse 8f)
»Wenn die Schlange einen Menschen gebissen hat, und der blickt zu der kupfernen Schlange, dann lebt er.« (Nm 21,9b)
Schlangen stehen für Gegensätzliches, sind ambivalent.
Das findet sich in unterschiedlichen Kulturen:
Sie sind doppelzüngig und klug.
Sie sind gefährlich und hilfreich.
Sie sind giftig und heilsam.
Dem biblischen Bild ähnelt der Aeskulapstab aus griechischem Mythos,
ein Zeichen für Apotheken und medizinisches Personal.
Lange nach Mose lesen wir:
König Hiskia – eine Lichtgestalt unter den davidischen Königen Judas – (Anm.: bSan 98b–99a als möglicher Messias erwähnt, König 735 bis 696 vor Beginn der christlichen Zeitrechnung)
»zerschlug die kupferne Schlange, die Mose gemacht hatte. Denn bis zu jenen Tagen pflegten ihr die Israeliten zu räuchern.« 2Kg 18,4b
Jesus hatte gewiss die ganze Geschichte im Blick.
Wenn er sagt, dass das Menschenkind aufgehängt werden wird,
sagt er auch, dass dessen kultische Verehrung
zum Götzendienst werden kann, der aufzuheben ist.
Wir bemerken und fragen:
Menschenkinder verletzen gefährlich.
Menschenkinder werden aufgehängt.
Kann der Anblick eines aufgehängten Menschenkindes heilen, lebendig machen?
Wie kann er das?
Märtyrerkult ist problematisch, auch der um ein aufgehängtes Menschenkind.
Das besondere Kind (Anm.: Die Ausdrücke besonderes, geliebtes Kind, erstgeborener Sohn beziehen sich jeweils auf die selbe Elternschaft. S. a. https: //www.die-bibel.de/ressourcen/efp/reihe1/reminiszere-johannes-3 unter 1. Fragen und Hilfen zur Übersetzung zu V. 16. Auch Formulierungen zu Gn 22,2 gehören in diesen Komplex.)
Der erstgeborene Sohn. (Anm.: Hier rufe ich – für diese Predigt ausnahmsweise – die traditionelle männliche Einseitigkeit auf, in der auch der Kult von der Auslösung des erstgeborenen Sohnes funktioniert.)
Mose soll Pharao sagen – so steht es im Zweiten Buche Mose im 4. Kapitel (Vers 22b):
»Mein erstgeborener Sohn ist Israel.«
Im Evangelium hören wir die Stimme aus dem HIMMEL:
Dieser ist mein Kind/ (Mt 3,17)
Du bist mein Kind, (Mk 1,11 = Lk 3,22)
das geliebte, das Mir gefällt/ (Mt 3,17 = Mk 1,11 = Lk 3,22)
Dieser ist das Kind des GOTTES. (Jh 1,34)
So bei der Taufe Jesu.
Und das wiederholt sich bei der Verklärung Jesu.
Wir fragen uns: Mose und Jesus und Israel – wie gehören die drei zusammen?
Mose tritt an die Stelle Israels.
Mose vertritt Israel. (vgl. Ex 20,19)
Mose tritt für Israel ein. (z. B. Ex 32,9–14)
Jesus tritt an die Stelle Moses.
Jesus vertritt Israel.
Wir wissen, als Geschöpfe sind wir alle Kinder des HIMMELS.
Mose soll Pharao sagen:
»Mein erstgeborener Sohn ist Israel.« Ex 4,22b
»Entlasse Meinen Sohn …
Weigerst du dich,
ihn zu entlassen,
dann töte Ich deinen erstgeborenen Sohn.« Ex 4,23
Wer Israel antastet, tastet den HIMMEL und sich selbst an.
Das klingt bedrohlich, einschüchternd.
Doch die Absicht ist eine Rettungsaktion.
Zunächst will der HIMMEL Israel aus Ägypten retten.
Später will der HIMMEL die ganze Welt vor dem Tode retten.
»Der GOTT schickte das Kind nämlich nicht in die Welt,
damit Er dadurch die Welt richte,
sondern
damit Er dadurch die Welt rette.« Jh 3,17
»Wer auf ihn vertraut, wird nicht gerichtet.
Und wer nicht vertraut, ist schon gerichtet,
weil er nicht auf den Namen des besonderen Kindes des GOTTES vertraute.« Jh 3,18
Tod und Leben
Warum gehen Menschen verloren?
Warum gehen Menschen zugrunde?
Warum sterben Menschen den materiellen und den geistigen/spirituellen Tod?
Warum war der Pharao darauf versessen, Israel zu vernichten?
Warum war der Pharao darauf versessen, sich selbst zu vernichten?
Jesus antwortet auf diese Frage:
Das geschieht alles von selbst, unausweichlich, logisch:
Entweder setzen wir uns der himmlischen Rettung aus,
oder wir entziehen uns der himmlischen Rettung.
Entweder Menschen nutzen die Energie des Lichtes,
oder sie ziehen sich in das Dunkel zurück.
(Es ist wie mit der Sonnen- und Windenergie, die wir nutzen oder verschmähen. Die Alternativen sind gefährlich.)
Menschenkind und Himmelskind
Im vorliegenden Ausschnitt seiner Rede an Nikodemos
redet Jesus von einem Menschenkind und einem Himmelskind.
Christliche Vorstellung sieht beides in Jesus.
Biblisch sehen wir das Menschenkind Mose und das Himmelskind Israel.
Mose soll im himmlischen Auftrag zum Pharao sagen:
»Israel ist Mein eingeborener Sohn.« Ex 4,22b
Weil Pharao diesen Sohn antastete,
mußten die Erstgeborenen Ägyptens sterben. (Ex 4,23b; 11,5 u. ö.)
Mose richtete die Schlange in der Wüste auf,
damit Sterbende leben.
Wo das Menschenkind zum Himmelkind wird,
wo wir das Menschenkind als Himmelskind begreifen,
lernen wir von ihm, ebenfalls Himmelskinder zu sein,
zeigt es uns den Weg zum Leben.
Wenn wir statt dessen dem Himmelskind räuchern, vernebeln wir den Weg,
schaffen wir einen Abstand zwischen dem Himmelskind und uns,
versperren wir uns den Weg,
Himmelskinder zu werden.
Jesus ist Himmelskind und Menschenkind. (Theologie hat immer neu darüber gestritten, wie beides zusammengehört.)
Jesu Volk – in der doppelten Bedeutung Israel und Kirche (und nicht etwa in der Fehldeutung der Kirche als neues Israel, als brauchte es zu Israel eine Alternative) – sind Himmelskinder und Menschenkinder.
Der HIMMEL hat Menschen als Seine Kinder geschaffen.
Der Himmel macht uns zu Kinder-Menschen.
Jesus soll uns nicht opaque/verdeckend sein.
Jesus hilft uns zum HIMMEL und zum Leben,
solange er uns transparent/durchsichtig für den HIMMEL ist.
Unser Blick liegt sicher oft irgendwo zwischen transparent und opaque, zwischen Durchblick und verdeckt. (Paul formuliert das 1Kr 13,12.)
Nachbemerkung
Jesus rechnet damit: An der römischen Hinrichtungsstange hängen auch Unschuldige, auch Himmelskinder.
Das ist immer noch so.
Daran erinnert uns der Blick auf Jesu Kreuz, an beides:
an unschuldig Leidende und an deren und unsere Himmelskindschaft.
Jesus verbreitet keinen Optimismus von menschlicher Selbstheilung, von demokratischer Resilienz.
Biblische Texte vermitteln eine düstere Realität, einen traurigen Realismus:
Menschen gleiten ab ins Dunkel der Selbstvernichtung.
Wir wissen das aus Deutschland vor einem Menschenalter.
Menschen sind in der Lage, ihre Irrwege zu wiederholen.
Wie die Profeten Israels weiß auch Jesus:
In der Regel haften die Menschen, die Völker am Dunkel,
statt das Licht der Wahrheit leuchten zu lassen.
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Predigten im Paulinum – der Universitätskirche St. Pauli zu Leipzig – hören neben Universitätsangehörigen viele mit der Universität verbundene Menschen aus Leipzig, auch solche, die Leipzig besuchen und diese besondere Kirche erleben wollen. Viele kommen auch wegen der Musik.
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Diese johanneische Jesusrede ist mit Hörgewohnheiten beladen, denen ich nachspüre und die ich zugleich auflösen oder aufbrechen will.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Immer wieder finde ich und so auch hier:
Jesus predigt aus den biblischen Texten Israels, die wir fälschlich Altes Testament nennen.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Die Gliederung und einige getilgte Tippfehler.