Das war zu viel für den Tod - Predigt zu Hebräer 2,10-15 von Katharina Wiefel-Jenner
2,10-15

Das war zu viel für den Tod - Predigt zu Hebräer 2,10-15 von Katharina Wiefel-Jenner

Das war zu viel für den Tod

10 So entspricht es dem Wesen Gottes, der Ursache und Ursprung von allem ist:
Er will ja viele Kinder in seine Herrlichkeit bringen. Deshalb hat er den, der sie zur Rettung führen sollte, durch Leiden zur Vollendung gebracht.

11 Denn er, der heilig macht, und sie, die heilig gemacht werden, stammen alle von dem Einen ab. Aus diesem Grund schämt er sich auch nicht, sie Brüder und Schwestern zu nennen.

12 Er sagt ja: "Ich will meinen Brüder und Schwestern von deinem Namen erzählen. Im Kreis der Gemeinde will ich dich loben."

13 Und an anderer Stelle: "Ich werde mein Vertrauen auf Gott setzen."
Und wieder an anderer Stelle: "Sieh doch, da bin ich mit den Kindern,
die Gott mir gegeben hat."

14 Weil die Kinder Menschen aus Fleisch und Blut sind, ist er ein Mensch genauso wie sie geworden. Denn er sollte durch seinen Tod den vernichten, der Macht über den Tod hat. Das ist der Teufel.

15 Und er sollte die Menschen aus der Angst vor dem Tod befreien. Denn die hielt sie ihr Leben lang in Knechtschaft. (Übersetzung der Basisbibel)

Draußen geht das geschäftige Treiben weiter. Draußen treiben Lüge und Verleumdung ihr Unwesen. Gier und Verrat sind stets zu Diensten, um die geliebten Kinder Gottes ins Unglück zu stürzen. Draußen lauert der Tod. Draußen. Aber wir sitzen hier um den Tisch. Wir essen. Wir trinken. Wir beten und danken. Wir singen. Wir sind alle da und Er ist bei uns. Hier drinnen kommt die Welt zur Ruhe. Hier drinnen ist Er und die Welt fühlt sich so an, als wäre sie neu. Hier ist Frieden.

Nein! Auch hier sucht der Frieden noch nach Raum. Es ist wie in der Nacht, als Er verraten wurde. Da war auch noch kein Frieden. An unseren hoffnungsvollen Augen und Herzen vorbei hatten sich Lüge und Verleumdung eingeschlichen. Draußen der Tod und drinnen die Angst vor seinen widerlichen Handlangern. Gier und Verrat  hatten sich in unserer Mitte niedergelassen. So sind wir weiter Sklaven des Todes. Unsere Angst hält uns in Sklaverei und der Frieden gewinnt keinen Raum.

Doch Er wäscht uns die Füße. In Ihm ist Frieden. Er bricht das Brot. Er teilt den Wein mit dem, der ihn verrät. Er sieht, wo wir versagen. Er spricht mit uns. Er erlebt unsere Not, sieht unsere Tränen, wenn der Tod uns das Liebste  nimmt. Seine Augen sehen, wie in unseren Träumen die Bilder vom Leid der Hungernden monströs werden, wie die Wut der Betrogenen anschwillt und doch nichts bewirkt. Bis ins Mark trifft es Ihn selbst -  und dann wäscht Er unsere Füße. Wie ein Sklave benimmt Er sich und redet dabei wie ein Herr. Er dient wie der letzte Sklave und ist doch frei. Er ist der Herr.

Uns muss Er es nicht sagen, dass Er kein Sklave ist. Wie wissen, dass Er der Herr ist. Heute Nacht allerdings – heute Nacht wird er durch Lüge, Verrat und Gier von den Sklaventreibern des Todes gefangen gesetzt. Er wird zum Sklaven gemacht der Er doch nicht ist. Noch heute Nacht wird Er ausgepeitscht, gequält, gefoltert. Noch heute Nacht werden die Sklaventreber des Todes Ihn niederschreien. Er wird leiden, die Angst vor dem Tod schmecken, Tränen der Verzweiflung weinen, zittern. Und doch ist Er kein Sklave und er scheut sich nicht, ihnen das offen ins Gesicht zu sagen: „Nein, ich bin kein Sklave des Todes. Die Angst kann mich nicht töten. Ich bin frei. Und die, die zu mir gehören, sind auch keine Sklaven. Auch sie sind frei. Auch sie gehören nicht dem Tod.“

Nur Er konnte so sprechen. Nur Er konnte im Angesicht des Todes von Freiheit sprechen. Deswegen töteten sie ihn auch. Mitten in der Nacht kamen sie, um ihr grausames Werk zu vollenden. Er starb den Tod am Kreuz. Und sie dachten, dass sie es damit geschafft hätten. Sie dachten, dass sie ihn zum Verstummen gebracht hätten. Sie dachten, dass sie seine Glaubwürdigkeit beschädigt hätten. Sie dachten, dass ihm nun niemand mehr glauben würde. Ein getöteter Sklave würde ihnen nicht mehr gefährlich werden können. Tot ist tot. Wer tot ist, kann nicht mehr gegen den Tod und seine Hässlichkeit protestieren. Wer tot ist, kann Gott nicht mehr loben, kein Zeugnis von Gottes Macht ablegen, nicht mehr davon singen, dass Gott die Machthaber von ihren Thronen vertreiben und die Hungrigen mit Gütern füllen wird. Tot ist tot – so dachten sie. Die Lektion würden auch wir lernen – dachten sie. Fast hätten wir ihnen recht gegeben. Hatten wir doch nicht die Kraft, mit Ihm zu wachen, obwohl Er uns so sehnsüchtig darum gebeten hatte.

Die Angst vor dem Tod sichert ihre Macht – so dachten sie. Die Angst, der große Sklaventreiber, ist uns stets zu Diensten – so dachten sie und merkten selbst nicht, wie der Tod sie einfach nur benutzt, um seine Macht aufrecht zu erhalten. Nicht sie bedienten sich der Angst vor dem Tod. Nicht sie spielten die tödlichen Spiele der Machthaber. Der Tod lässt sie sein Spiel spielen. Sie sind seine Vollstrecker und der Tod ihr Herr.

Mit Gott aber haben sie nicht gerechnet. Sie haben nicht gesehen, was Gott entspricht. Ihre liebsten Methoden gehören zum Tod. Angst, Leiden, Hunger, Folter, Hass – all das entspricht dem Tod. Zu Gott aber gehören Frieden, Gerechtigkeit, Brot und Wein, Wasser, Licht, Liebe, Heiligkeit, Barmherzigkeit. Das Leben entspricht Gott. Gott und das Leben gehören unauflöslich zusammen. Gott ist das Leben. Glaubten die Sklaventreiber des Todes, dass sich Gott das gefallen lässt? Glaubten sie wirklich, dass der Tod einfach so davon kommt und weiter hässlich und stinkend sein Unwesen treiben darf. Sie glaubten es. Sie haben Ihn gekreuzigt und nicht damit gerechnet, dass das Konsequenzen hat.

Tot ist tot? Nein – zu Gott gehört das Leben und Er gehört zu Gott. Da kann der Tod machen, was er will. Mit Seinem Tod hat der Tod sich selbst umgebracht. An Seinem Tod hat sich der Tod einfach verschluckt. Das war zu viel für ihn. Zu viel Leben, zu viel Gerechtigkeit, zu viel Liebe, zu viel Barmherzigkeit, zu viel Heiligkeit. Der Tod ist durch den Tod besiegt. Gott hat an Seinem Kreuz das Leben über den Tod siegen lassen.

Die Sklaventreiber des Todes damals glaubten, dass der Tod einfach so weiter machen darf. Sie glauben es sogar noch heute. Mit ihren Methoden fühlen sie sich sicher. Niemand kann ihnen etwas anhaben – so denken sie. Solange die Angst vor dem Tod herrscht, haben wir Macht – so denken sie und wissen doch nicht, dass sie nur den Spielregeln des Todes folgen. Solange die Angst vor dem Tod herrscht, haben wir Macht – so denken sie – und wissen doch nicht, dass  der Tod längst an Christus gestorben ist.

Wir sitzen hier um den Tisch. Wir essen. Wir trinken. Wir beten und danken. Wir singen. Wir loben Gott. Wir sind alle da. Christus ist bei uns und wir gehören nur noch ihm. Hier drinnen kommt die Welt zur Ruhe. Hier drinnen ist Christus und die Welt fühlt sich so an, als wäre sie neu. Hier hat der Tod keine Macht mehr. Hier ist Frieden. Amen.