Das Wichtigste steht am Schluss - Predigt zu 2. Korinther 13,11-13 von Karsten Matthis
13,11-13

„Das Wichtigste steht am Schluss“

Liebe Gemeinde,

Paulus zählt wohl sicherlich zu den bekanntesten Briefschreibern der Weltgeschichte. Viele seiner Worte werden immer wieder zitiert und begleiten Menschen nicht nur bei Hochzeiten und Beerdigungen.

Aber schreibt der Apostel? Redet, predigt Paulus nicht vielmehr zu seinen Gemeinden in seinen Briefen. Leidenschaftlich wendet er sich an seine Gemeinde in Korinth und setzt dabei sein rhetorisches Talent ein, um sie für das Evangelium zu gewinnen.

Am Ende seines zweiten Schreibens an die Gemeinde schließt der Apostel seinen Brief  mit nachdrücklichen Appellen an die Korinther: „Lasst euch wieder zurechtbringen, lasst euch ermahnen, seid eines Sinns, habt Frieden…“ (2. Kor. 13,11). In einer modernen Übertragung könnte man formulieren: „Rauft euch wieder zusammen. Sucht das Gemeinsame und geht friedlich mit einander um.“

Inhaltsgleiche Sätze,  gesagt von Mediatoren, von Streitschlichtern, fallen nicht nur in Kirchengemeinden, sondern auch heute in Betriebs- und Vereinsversammlungen. Jedoch stehen christlichen Gemeinschaften und ihre Mitglieder unter einem hohen Anspruch Frieden zu halten und eines Sinnes zu sein. Mit der Sache Gottes nach besten Wissen und Gewissen ernst zu machen. Dies wird von Kirchengemeinden deutlich mehr erwartet als von Belegschaften und Vereinsmitgliedern. Christen sollen das Salz der Erde und Licht der Welt sein, ein wahrlich hoher Anspruch.

Das Wichtigste steht am Schluss:  Paulus fasst alle seine Gedanken noch einmal zusammen. Dies ist nicht nur in Romanen und Leitartikeln auf der ersten Seite überregionaler Tageszeitungen traditionell so, sondern auch der Apostel  tut dies in einem allumfassenden Gruß:

 „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.“ (2. Kor. 13,13).

So beschließt Paulus seine Korrespondenz mit einer schwierigen und bisweilen chaotischen In der Gnade Gottes führen alle Menschen ihr Leben (2. Kor. 1, 12).Gemeinde in Korinth. Sein Gruß gilt allen. Paulus nimmt niemanden aus und wendet sich in den letzten Zeilen auch an seine ärgsten Widersacher. Unabhängig von einem guten oder bösen Willen der Menschen spricht der Apostel alle Gaben göttlichen Heils zu: Gnade, Liebe und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes.

Den Gruß an die Gemeinde in Korinth gliederte der Apostel in drei Teile. Von Gnade spricht Paulus Apostel als die unverdiente und erwählende Zuwendung Gottes durch Christus schon von Ewigkeit her. In der Gnade Gottes führen alle Menschen ihr Leben (2. Kor. 1,12).

Diese Gnade gilt weiterhin, obwohl es in der Gemeinde von Korinth heftig zuging und böser Streit an der Tagesordnung war. Die Christenmenschen in Korinth sind aus Gnade berufen. Sie haben seinen Ruf gehört und haben sich taufen lassen. Die Taufe ist nicht mehr rückgängig zu machen, darum bleibt die Gnade bestehen. Als ihr Gründer und theologischer Lehrer dankt Paulus stellvertretend für die Gemeinde für das große Geschenk der Gnade. Der zweite Teil des Grußes berichtet von der Liebe Gottes, welche die Menschen trägt. Die Liebe ist der Grund für Gottes barmherziges Handeln. Die Liebe Gottes kommt zu den Menschen durch den Gekreuzigten und Auferstandenen. Paulus hat oft genug die Gemeinde ermahnt, dafür zu danken und nicht die eigenen Verdienste hoch zu schätzen.

Und schließlich der dritte Teil des Grußes: Dieser endet mit der Verheißung der Gemeinschaft des Heiligen Geistes. Jener gute Geist stiftet Gemeinschaft. Er verbindet die Christen damals wie heute miteinander. Der Heilige Geist schafft mit dem Wort, durch Taufe und durch das Abendmahl die Gemeinde von Schwestern und Brüdern. Diese besondere Verbundenheit ist das Fundament von Kirche und Gemeinde. Eine Verbundenheit, die sich darin zeigt, dass die Glieder einer Gemeinde miteinander wertschätzend umgehen. Die Schwachen geschont und gestützt werden. Die Starken ihre Macht nicht ausspielen. Die Gemeinschaft des Heiligen Geistes trägt uns durchs Leben und darüber hinaus.

In diesem einen dreifaltigen, trinitarischen Satz zum Ausgang des zweiten Briefes an die Gemeinde in Korinth steckt  fast die  gesamte paulinische Theologie. Wer sich unter die Gnade Gottes  stellt und sich von der Liebe getragen weiß und im Frieden Gottes lebt, der hat den christlichen Glauben durchdrungen. Der erkennt Gottes Zuwendung in den Sakramenten unter seinem Wort.

Das Gottesbild des Paulus ist ein dynamisches. Der Gott Israel wendet sich den Menschen zu. Er ist ein lebendiger Gott, der die Menschen begleitet und ihnen gegenübertritt. Gott ist erfahrbar über das Gebet hinaus an Stationen unseres Lebens. So hat es Paulus vor Damaskus erfahren, darauf stützt er sich und leitet seine apostolische Autorität von dieser Begegnung ab.

Liebe Gemeinde, die Trinität ist den beiden Weltreligionen dem Judentum und Islam fremd. Im interreligiösen Dialog, der für den Zusammenhalt unserer bundesdeutschen Gesellschaft so wichtig ist, bleibt die Dreifaltigkeit ein schwieriges Kapitel. Die Vorstellung Gott trete in dreifaltiger Gestalt der Welt gegenüber, bleibt eine Klippe im Trialog der Religionen. Dass Gott Mensch geworden ist und sich auf die Welt und ihre Bedingungen eingelassen hat, bedeutet für fromme Juden und Muslime ein Rätsel. Sicherlich lässt sich über Jesus reden, den gelehrten Juden mit einem prophetischen Geist, aber dass jener ein fester Teil dieser Trinität bleibt, ist schwer vermittelbar.

Nach dem Geist der alten Kirche ist die Trinität jedoch sicheres  Erkennungsmerkmal der Christen. Die Trinität macht die christliche Gemeinde aus, sie konstituiert sie zu dem, was sie ist: Ein Ort des Friedens, der Liebe, der Gnade und der Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott. So ist der Gruß des Apostels eine großartige Verheißung, was christliche Gemeinde bereits auf Erden sein kann. Eine Vorahnung auf das, was einst kommt, wenn Gottes Reich eintritt.

Gleichzeitig enthält dieser Gruß jedoch einen hohen Anspruch an die christlichen Gemeinden. Ein Anspruch dem Gemeinden fast nie gerecht werden können, weil Menschen selbstsüchtig, streitbar und unnachsichtig sein können. So geschehen vor Jahrhunderten in Korinth und bis heute in unseren Landeskirchen, Gemeinden und Diakonischen Einrichtungen. Gottes Zuspruch und Anspruch bleiben jedoch bestehen, jenseits von menschlichem Tun und Handeln.

Kanzelgrüße mit den Worten des Apostel Paulus eingangs von Predigten erinnern uns daran, dass Gott seine Liebe, Gnade und Frieden gestiftet hat, völlig unabhängig unserem Zutun.

Wie einst der Apostel Paulus grüßen Predigerinnen und Prediger mit den letzten Zeilen aus dem 2. Korinther Brief ihre Gemeinde eingangs der Predigt. Wie auch immer die Predigt verlaufen wird, die Heilsgaben Gottes und seine Verheißungen gelten allen. Sie bleiben unverrückbar bestehen. Selbst wenn die Predigerin oder Prediger die falschen Worte wählt oder wenig Herzens-Rhetorik bietet, setzt dies Gottes Verheißung nicht außer Kraft.

Jesus hat es uns in der Bergpredigt  verheißen: „Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ (Matth.5, 45).

Amen

Perikope
15.06.2014
13,11-13