Liebe Schwestern und Brüder,
die Kommunikation gehört wesentlich zu unserem Menschsein. Wir leben nicht isoliert voneinander, sondern sind miteinander verbunden. Eine absolute Einsamkeit ist überlebensunfähig. Bereits der Beginn unsres Daseins ruht auf der Beziehung und der Kommunikation. Ein Kind kann ohne die Mutter bzw. die Menschen, die sich um es kümmern, nicht überleben. Die Sinne (Hören, Sehen, Tasten, Schmecken) haben von Anfang des menschlichen Lebens an eine wichtige Rolle und dienen auch der Beziehungen und der Kommunikation. Die Worte, die wir bereits in unseren ersten Lebensmonaten und –jahren aufnehmen, prägen uns tief ein Leben lang.
Auch die Anfänge der frühchristlichen Gemeinden sind wesentlich durch die Kommunikation und die Begegnungen geschaffen. Das bezeugt bereits die älteste neutestamentliche Schrift, der 1. Thessalonicherbrief, wie auch die heutige Schriftlesung, die aus diesem Brief stammt. Am Beginn des Briefes schaut Paulus voll Dankbarkeit auf die Gründung der christlichen Gemeinde in Thessalonich zurück. Auf seiner zweiten Missionsreise gemeinsam mit Timotheus gründet Paulus um das Jahr 50 die christliche Gemeinde von Thessalonich. Die Stadt Thessalonich ist zur Zeit des Paulus die Hauptstadt der römischen Provinz Mazedonien und der Sitz des Stadthalters wie auch die wichtigste Hafenstadt Mazedoniens, da sie an der bedeutendsten Ost-West-Verbindung des Römischen Reiches, nämlich an der Via Egnatia, liegt.
Paulus ist dankbar für die christliche Gemeinde in Thessalonich und hebt die Erwählung aller wie auch die Liebe Gottes zu allen Gemeindemitglieder hervor. Er sagt: „Wir wissen, von Gott geliebte Brüder und Schwestern, dass ihr erwählt seid“ (1 Thess 1,4). Und weiter schildert er voll Begeisterung, wie er und Timotheus sich die Thessalonicher durch die Verkündigung des Evangeliums mit Worten aber auch mit Kraft und mit dem Heiligen Geist gewonnen haben. Er schildert diese tiefe Begegnung und das Kommunikationsgeschehen, das bei den Thessalonichern nicht wirkungslos geblieben ist. Umgekehrt, sie sind dem Beispiel des Paulus und des Timotheus gefolgt. Noch mehr, sie sind dem Beispiel des Herrn Jesus Christus selber gefolgt. Und das Wort – das bedeutet das Evangelium / die Frohbotschaft von und über Jesus Christus – haben sie trotz großer Bedrängnis mit der Freude aufgenommen. Das Wort hat bei ihnen eine gute Erde gefunden und ist trotz aller Hindernisse und großer Bedrängnis fruchtbar geworden. Die ersten Christen in Thessalonich haben das Wort / die Frohbotschaft weitergegeben – und das nicht nur in Mazedonien und Achaia, sondern „überall“ nach der Behauptung des Paulus. Paulus bringt die Glaubenswende und die Beispielhaftigkeit der Thessalonicher auf den Punkt, indem er behauptet, dass sie sich von den Götzen zu Gott bekehrt haben, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und seinen Sohn vom Himmel zu erwarten (vgl 1 Thess 1,9-10).
Liebe Schwestern und Brüder, das Beispiel der christlichen Gemeinde in Thessalonich hinterlässt auch für uns wichtige Fragen und Impulse. Welche Aufnahme findet bei uns das Wort Jesu? Wie tief berührt es unser ganzes Leben? Gibt das Wort Jesu unserem Leben maßgeblich die Richtung oder richten wir unser Leben nach anderen Maßstäben aus?
Weiter bezeugt das Beispiel der Gemeinde in Thessalonich folgende Dynamik: Die Aufnahme des Wortes führt zur Weitergabe des Wortes. Sie sind zu Verkündern des Wortes Jesu „überall“ geworden. Geschieht diese Dynamik von Aufnahme und Weitergabe des Wortes Jesu auch bei uns oder wird sie blockiert? Viel zu oft sehen wir die Weitergabe des Wortes, die Verkündigung, als Aufgabe der Priester oder anderer pastoraler Mitarbeiter/innen. Das Beispiel von der Gemeinde in Thessalonich zeigt uns jedoch: Die Weitergabe des Wortes Jesu betrifft alle, die es aufgenommen haben. Es ist die innere Notwendigkeit, das Wort Jesu und seine Frohbotschaft weiterzugeben. Die Weitergabe des Wortes Jesu betrifft jede und jeden und die ganze Gemeinde.
Lassen auch wir uns von der Kraft und Dynamik der christlichen Anfänge anstecken. Nehmen wir das Wort Jesu in der Tiefe unseres Lebens auf, wenden wir uns von den Götzen unserer Zeit zum wahren Gott und Jesus Christus. Lassen wir zu, dass uns das Wort Jesu begegnet und berührt und geben wir das Wort Jesu, das uns und unsere Gemeinschaften trägt, auch anderen Menschen weiter. Tauchen wir mutig miteinander ein in diese Dynamik vom Aufnehmen zur Weitergabe des Wortes Jesu, der Frohbotschaft, die uns auf ewig leben lässt.