Das erste Mal letzte Worte - Predigt zu 1. Thess 5,14-24 von Dörte Gebhard

Das erste Mal letzte Worte - Predigt zu 1. Thess 5,14-24 von Dörte Gebhard
5,14-24

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch! Amen.

Liebe Gemeinde,
Es war sein erstes Mal. Das erste Mal hat Paulus an die kleine Gemeinde in Thessalonich geschrieben. Das erste Mal hat Paulus einen Brief verfasst.
Jedenfalls kennen wir keine ältere Post von ihm.
Das erste Mal hat überhaupt ein Christ etwas schriftlich festgehalten. Jedenfalls hat man bis jetzt keinen älteren Text im Neuen Testament gefunden.
Nicht zum ersten Mal dachte Paulus daran, dass er sowas wohl zum letzten Mal macht. Denn Paulus erwartete unmittelbar, dass Jesus wieder erscheint. Jedenfalls zu seinen Lebzeiten noch. Er hoffte es. Er war sich ziemlich sicher, dass er es erleben wird.
Paulus lebte sehr gefährlich. Er wurde verfolgt und es war alles andere als sicher, Wochen, Monate und Jahre durch das Römische Reich zu reisen. Auch deshalb musste er jederzeit mit seinem eigenen Ende rechnen. Auch sehr plötzlich! Jedenfalls, wenn er sein neues Leben als Christ realistisch betrachtete.
So kommt es, dass Paulus in seinem ersten Brief schon letzte Worte schreibt. Ich lese aus seinem 1. Brief an die Thessalonicher aus dem 5. Kapitel:

14 Wir ermahnen euch aber: Weist die Nachlässigen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, tragt die Schwachen, seid geduldig mit jedermann. 15 Seht zu, dass keiner dem andern Böses mit Bösem vergelte, sondern jagt allezeit dem Guten nach, füreinander und für jedermann. 16 Seid allezeit fröhlich, 17 betet ohne Unterlass, 18 seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch. 19 Den Geist löscht nicht aus. 20 Prophetische Rede verachtet nicht. 21 Prüft aber alles und das Gute behaltet. 22 Meidet das Böse in jeder Gestalt. 23 Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig für das Kommen unseres Herrn Jesus Christus. 24 Treu ist er, der euch ruft; er wird’s auch tun.

Liebe Gemeinde, stellt euch vor, dieser erste Brief wäre Paulus‘ letzte Post gewesen. Sehr gut möglich, wenn es so gekommen wäre, wie Paulus es selbst hat kommen sehen. Wüssten wir dann alles, was es für ein christliches Leben braucht?
Nein, aber alles zu wissen, wäre auch zu viel des Guten. Wir erfahren aber doch das Wesentliche. Das ist eigentlich immer so, wenn jemand letzte Worte schreibt.
Oder noch vorher, wenn einem sterblichen Menschen bewusst wird, dass es letzte Worte, letzte Gesten, letzte Male gibt. Gerhard Schöne, schon Singer-Songwriter zu DDR-Zeiten, hat davon gesprochen und gesungen:

Irgendwann
«Irgendwann siehst du zum letzten Mal Schnee ...» (Vgl. den gesamten Liedtext unter: http://www.gerhardschoene.de/lieder/irgendwann.html)

Worte werden wesentlich, wenn sie letzte Worte sind.
Worte werden wesentlich, wenn sie sich als letzte Worte erweisen. (Vgl. zu Paränesen insgesamt und von Sterbenden: https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/29983/)
Haben Sie Ihr Testament/Ihren Lebenslauf schon fertig? Ich noch nicht ganz.
Mich interessieren die allerletzten Worte des Testaments/des Lebenslaufes. Nicht, wer wie viel wovon bekommt, wer leer ausgehen soll und ob gelost werden muss, wem das Silberbesteck vererbt wird, damit es beieinanderbleibt und ja nicht aufgeteilt wird... wär‘ ja schade drum...
Nein, mich interessiert die Stelle am Schluss, die allerletzten Worte der letzten Worte.

Meine Oma zum Beispiel schrieb, leicht zittrig, aber mit gebetsgewöhnten Händen: „Behüt‘ Euch Gott!“ Sie war keine Prophetin, aber eine im guten Sinne fromme Frau. Sie war ganz sicher, dass die Familien ihrer Töchter und Enkel auch weiterhin den Segen Gottes nötig haben werden.
König David liegt auf dem Sterbebett. Er ruft seinen Sohn Salomo und macht ein mündliches Testament: Halte dich an Gott, vor allem an seine Gebote und Regeln. Ordnung muss sein (vgl. 1. Kön 2, 2-3)!
David liegt im Sterben, aber er bleibt streng.
Meine Schwiegermutter schrieb unter ihren selbstverfassten Lebenslauf gewissermassen als ‚geistliches Testament‘: „Vergesst die Armen nicht!“ Sie hatte in Afrika gearbeitet und deshalb eine genaue Vorstellung davon, was Armut ist – und hatte erlebt, wie Menschen Ratten brieten und schmackhaft zubereiteten.

Paulus schreibt etwas ausführlicher als die beiden sehr alten Frauen in meiner Verwandtschaft und König David. Paulus schreibt aber auch nicht nur für eine alte Familie oder eine junge Dynastie, sondern für eine ganze Gemeinde. Da sind nicht alle miteinander verwandt. Manche kennen sich wahrscheinlich noch fast gar nicht.
Paulus schreibt das erste Mal. Aber er denkt, es sei das letzte Mal. Daher muss alles gesagt werden. Alles auf einmal.
Er bringt in seinen letzten Sätzen nicht nur hart, aber herzlich alle notwendigen Ermahnungen unter, sondern auch noch ein kleines Glaubensbekenntnis, mehrere Ansagen, was Gottes Wille und wie Gottes Charakter vorzustellen ist, ein pathetisches Segenswort und jede Menge Hoffnung für die kommende Zeit und Welt. Dafür ist der Text dann wieder sehr kurz und so überfüllt, dass er kaum zu bewältigen ist.
Kennen Sie solche Briefe, die man 17mal lesen muss, ehe man durchsieht?
Hart, aber herzlich sind Paulus‘ Worte, weil man zuerst zugeben muss, dass es nachlässige Leute in der Gemeinde gibt, die zurechtgewiesen werden müssen. Luther übersetzt „Unordentliche“. Noch genauer möchte ich das gar nicht wissen! Die neugierigen Skandalliebhaber unter den Theologen haben ihrer Fantasie oft freien Lauf gelassen.
Danach sagt Paulus frei heraus, dass manche in der Gemeinde kleinmütig seien. Solche kenne ich auch: die ständig Pessimistischen, die Frustrierten, die Bedenkenträgerinnen, jene, die immer erstmal abwarten wollen und traurig sind über Kirchenaustritte. Manchmal bin ich selbst auch so eine. Sie sollen jedoch nicht ermahnt, sondern getröstet werden. Wir machen es oft genau umgekehrt: Wir trösten nicht selten nachlässige Leute (‚Macht doch nix, was Du machst!‘) und ermahnen dafür die Ängstlichen: ‚Reiß dich zusammen!‘ Das ist nicht in Paulus‘ Sinn! Die Nachlässigen sollen wir neu orientieren, die Kleinmütigen trösten.
Nicht zu übersehen ist die Tatsache, dass es Schwache gibt. Aber sehr von Herzen kommt die Bitte, die Schwachen zu tragen, zu ertragen. Jede Generation muss das neu lernen. Wer schwach ist, will nicht verglichen werden, will nicht gemobbt werden, will nicht auf Instagram erfahren, wie viel schwächer als stark sie ist. Ein schwacher Mensch ist auf die Stärke der anderen angewiesen. Wenn die Aktualisierung gestattet ist: Wer sich wegen bestimmter Vorerkrankungen nicht impfen lassen kann, ist auf die Impfbereitschaft der anderen angewiesen.
Dann folgen noch viele Ermutigungen und Ermahnungen und Ermunterungen und Einsichten und Erkenntnisse und Erinnerungen, alles auf einmal: geduldiger sein, keine Rache üben, dem Guten hinterher sein, Fröhlichkeit verbreiten, regelmäßig beten, die Gründe zur Dankbarkeit erkennen und die Wirkungen des Heiligen Geistes auch. Alles prüfen, das Gute behalten. Das Böse meiden, egal, wie schön es aussieht.

Wir sind Schöftlerinnen und Schöftler, nicht Thessalonicherinnen und Thessalonicher, aber offensichtlich lesen wir immer noch Paulus‘ Post. Was antworten wir ihm?
Die schlechte Nachricht zuerst: Paulus‘ Programm ist noch nie vollständig umgesetzt worden. Immer hat es Ungeduldige gegeben oder solche, die doch schadenfroh, neidisch und missgünstig auf Vergeltung sannen. Fröhlich haben die Christen nicht immer gewirkt. Ein besonders griesgrämiger Pfarrerssohn hat es ihnen dann prompt vorgeworfen. Friedrich Nietzsche guckt jedenfalls auch nicht gerade heiter auf Fotos. Gab es zu viel Arbeit oder zu viel Ärger oder beides, ging auch das Beten ab und an vergessen. Die Gründe zur Dankbarkeit hatten sich dann meist schon vorher aus dem Staub gemacht.
Bei den Wirkungen des Heiligen Geistes hat es in mehr als einem Jahrhundert Missverständnisse gegeben. Dieses Prüfet alles, das Gute behaltet! hat man auch nicht immer richtig verstanden. Es kam eher heraus: Probiert alles aus, schaut dann, ob überhaupt etwas übrigbleibt, was man bewahren und weitergeben kann: vom Planeten, von der Schöpfung.
Nun aber die gute Nachricht:
Paulus hat nach Thessalonich geschrieben, beim ersten Mal nur nur dorthin. Jedenfalls er sich das so vorgestellt – und wirklich: Dort ließen sie den Brief allen Brüdern vorlesen (1. Thess 5, 27), wie er es verlangt hat. Aber inzwischen wird sein Brief seit fast 2000 Jahren vorgelesen, überall. Nicht nur im Römischen Reich, nein, auf der ganzen Welt! Und auch Schwestern können ihn inzwischen vorlesen!
Paulus ist erst nachträglich ein grossartiger Briefschreiber geworden.
Jedenfalls ist er für uns der Apostel, der mit Abstand die meiste Post hinterlassen hat. Wir lesen alle seine Briefe immer und immer wieder. Wir stellen fest: Er hat sich gewaltig geirrt, was Jesu Wiederkehr angeht. Aber wie kostbar die Zeit ist, die wir hier auf Erden haben, lehrt er uns wie kaum ein anderer.  

Ich würde Paulus zurückschreiben: Glaub uns, wir haben noch nicht aufgegeben. Deine Listen, was zu tun ist, sind lang. Im ersten Moment viel zu lang. Aber wir arbeiten dran. Wir jagen dem Guten immer noch nach, wie du es völlig richtig genannt hast.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der stärke und bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, Amen

Vier Fragen zur Predigtvorbereitung an PD Dr. Dörte Gebhard

1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Predigen werde ich für alle Menschen, die in die Kirche kommen, und via Zoom zu manchen Gemeindegliedern aufs Laptop auf dem Stubentisch. Seit Corona ist diese Möglichkeit dazugekommen und wird von Einzelnen sehr geschätzt. Im wachsenden Bibel-gesprächskreis haben wir den 1. Thessalonicherbrief und den Römerbrief gelesen, manchen haben sich Paulus‘ Briefe in den insgesamt zwei Jahren der Lektüre neu erschlossen. Aber auch für alle anderen ist die Predigt gedacht.

2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Beflügelt hat mich die Aussicht auf wunderbare Musik im Gottesdienst; zwei Musiker reisen aus Leipzig an. Sie werden heiter und „urst fetzig“ (ein DDR-Ausdruck) musizieren, dass keine „Grabesschwere“ wegen der letzten Worte aufkommen kann.

3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Mir gibt die Predigt wichtige Impulse für die Seelsorge, dort genauer hinzuhören, was jemand in seine Patientenverfügung, in sein Testament schreibt, was in der Abdankungspredigt unbedingt noch gesagt werden soll. Seit knapp einem Vierteljahrhundert beobachte ich, wie Menschen sich vertiefter und intensiver mit dem Sterben und dem Tod beschäftigen. Das Thema enttabuisiert sich allmählich, hoffentlich auch durch eine solche Predigt ein winziges Bisschen.

4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Die coachenden Hinweise sind für mich sehr wertvoll, manches muss einer auch immer wieder gesagt werden. Das Feedback aus der Gemeinde ist viel weniger genau oder erfolgt erst sehr viel später, z. B. bei einem Einzelgespräch. Es bleibt bei der guten, alten Regel: Weniger ist mehr.

Perikope

Wachen, nicht schlafen - Predigt zu 1. Thessalonicher 5,1-11 von Karoline Läger-Reinbold

Wachen, nicht schlafen - Predigt zu 1. Thessalonicher 5,1-11 von Karoline Läger-Reinbold
5,1-11

Wachen, nicht schlafen

Wachen, nicht schlafen.

Wenn das Kind krank im Bett liegt und du hörst: Es ist unruhig vom Fieber. Da braust der Sturm um das Haus und du fragst dich: Ob die alten Fenster diesen Herbst noch überstehen?  Wachen, weil du dich sorgst. Weil da so viel zum Grübeln ist. Weil es Tage gibt, an denen du nicht weiterweißt. Und niemand ist da, der deine Hand mal nimmt und der dich einfach eine Weile hält. 

Wachen, nicht schlafen. Eine seltsame Zeit, dieses Jahr. Anlass zur Sorge, für durchwachte Nächte gibt es mehr als genug.  Wie geht es weiter mit der Pandemie? Werde ich gesund bleiben oder trifft es mich auch? Wann können wir zusammen sein, so wie früher? Und wie geht es weiter im Beruf? Ach ja, das sind Momente zum Seufzen… Das Jahr geht zu Ende. Und was kommt danach? Wir wissen es nicht.

Der Predigttext

Wie geht es weiter? So fragten auch die Menschen in Thessalonich. 2000 Jahre ist das her. Bald wird alles anders, hatte Paulus gesagt. Dann kommt Christus in Herrlichkeit und all unsere Sorge, ja, selbst der Tod ist besiegt. Doch wann ist es soweit?

Die einen waren überzeugt: Der Anbruch des Gottesreichs, der steht kurz bevor! Seht doch auf die Zeichen! Die anderen hoben die Schultern und sagten: Ich weiß nicht so recht. Nun sind sogar einige schon gestorben und haben es nicht mehr erlebt. Gottes Herrschaft auf Erden – ja, das ist unsere Hoffnung. Aber wie lange zieht es sich hin?

Paulus antwortet mit einem Brief (1. Thess 5,1-11):

Von den Zeiten aber und Stunden, Brüder und Schwestern, ist es nicht nötig, euch zu schreiben; denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht. Wenn sie sagen: »Friede und Sicherheit«, dann überfällt sie schnell das Verderben wie die Wehen eine schwangere Frau, und sie werden nicht entrinnen. Ihr aber seid nicht in der Finsternis, dass der Tag wie ein Dieb über euch komme. Denn ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages. Wir sind nicht von der Nacht noch von der Finsternis. So lasst uns nun nicht schlafen wie die andern, sondern lasst uns wachen und nüchtern sein. Denn die da schlafen, die schlafen des Nachts, und die da betrunken sind, die sind des Nachts betrunken. Wir aber, die wir Kinder des Tages sind, wollen nüchtern sein, angetan mit dem Panzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil. Denn Gott hat uns nicht bestimmt zum Zorn, sondern dazu, die Seligkeit zu besitzen durch unsern Herrn Jesus Christus, der für uns gestorben ist, damit, ob wir wachen oder schlafen, wir zugleich mit ihm leben. Darum tröstet euch untereinander und einer erbaue den andern, wie ihr auch tut.

Mit dem Panzer des Glaubens

Post von Paulus. Endlich! Antwort auf unsere Fragen. Was hat er geschrieben? Und einer liest vor und sagt: Wachen, nicht schlafen. Nüchtern sein. Paulus gibt uns einen Stups, er schreibt: Wisst ihr noch? Könnt ihr euch erinnern, wie stark und zuversichtlich euer Glauben immer war? Wie tröstlich und warm die Gemeinschaft ist, die ihr untereinander verspürt?

Ihr wisst doch genau, schreibt Paulus, der Tag des Herrn, der kommt wie ein Dieb in der Nacht. Gerade dann, wenn ihr ihn am wenigsten erwartet. Aber er kommt. Und ihr seid Kinder des Lichts. Mit dem Panzer des Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung auf das Heil.

Ein militärisches Bild: Ein Panzer aus Eisen und Stahl. Und ich denke an die Playmobil-Figuren meiner Kinder. Längst sind sie eingestaubt und liegen im Schrank. Aber damals, als sie noch damit spielten, da waren sie eine machtvolle Armee. Kleine Männchen aus Plastik, hoch gerüstet mit Schilden und Helmen: Mama, guck! Das sind die Stärksten der Welt!

Unfassbar mächtig durch den Ernst der Fantasie.

Und vielleicht ist es das: Die innere Stärke. Tröstet einander, erbaut euch, sagt Paulus den Menschen in seiner Gemeinde. Macht euch gegenseitig Mut mit eurem Glauben und der Liebe. Und je länger es dauert: Tut das umso mehr.

Vom Ende her denken

Wenn ich das heute so höre, denke ich: Der Paulus, der hat auch gekämpft. Hat gesucht und gerungen um seine Antwort auf die Fragen nach dem „Wie?“ und „Wie lange?“ In seinen Briefen sagt er manchmal was und nimmt es zurück. Verstrickt sich im Widerspruch. Ist schwer zu verstehen – erst recht für uns, mit diesem zeitlichen Abstand. Doch in einer Hinsicht ist Paulus stets klar: Ganz egal was geschieht, unsere Zukunft, unser Leben, liegt in Gottes Hand. Mit Christus sind wir dem Übel entronnen, mit Christus werden wir leben.

Und vielleicht ist dies das Geheimnis: Dass Paulus diese Dinge von ihrem Ende her bedenkt. Und am Ende wird alles gut. Die Sorgen der Jetztzeit werden vergessen, alle Fragen, die sich uns stellen, werden beantwortet sein.

Die Dinge von ihrem Ende her sehen. Ich glaube: Die Christinnen und Christen in der Paulus-Zeit, die konnten gar nicht anders denken als vom Ende her: Jesus war tot, doch am Ende stand die Auferstehung, der Sieg des Lebens über den Tod. Die Zeiten sind hart, doch am Ende steht Gott und seine Macht ist größer als alles, was uns heute trifft.

Wir stehen jetzt am Ende des Kirchenjahres. Wir schauen zurück auf die letzten Monate, die für viele von uns sehr schwierig waren. Wie lange noch dauert das? Wir wissen es nicht. Doch am Ende, am Ende ist es Gott, der für uns da ist. Der für uns sorgen wird, der uns Trost gibt und Frieden. Das ist der Panzer unseres Glaubens und der Liebe; das ist der Helm der Hoffnung auf das Heil.

Hamster im hinteren Stromgebiet

Der Schauspieler und Schriftsteller Joachim Meyerhoff hat einen Schlaganfall erlitten. Es ist schon eine Weile her, inzwischen geht es ihm wieder gut. Dann hat er ein Buch darüber geschrieben, war damit im Radio, in der Talkshow zu sehen. „Hamster im hinteren Stromgebiet“, so lautet der Titel.1

Meyerhoff beschreibt, wie ihn der Schlag ganz unvermittelt getroffen hat. Keine Vorboten, keine Ahnungen, nichts. Und er hat Glück und erkennt sofort: Er muss ins Krankenhaus. Er braucht ärztliche Hilfe, und er bekommt sie auch. Eine wunderbare Neurologin macht ihm Mut.

Da liegt er nun in seinem Krankenbett. Wachen, nicht schlafen. Er hat Angst vor dem Schlaf, stellt sich vor, dass ihn der Schlag ein zweites Mal trifft, wenn er nicht wach ist und aufpasst. Es ist ein bisschen paradox, wahrscheinlich wäre es viel günstiger, zu schlafen, sich einmal auszuruhen. Aber er kann das nicht und bleibt wach.

Und so erinnert er sich in diesen Nächten an seine Familie. An gemeinsame Reisen. Seine Erinnerungen sind Abenteuer und Geschichten, sie sind lustig und schön. Und dabei spürt er die Verbundenheit mit seiner Familie, seiner Frau, seinen Kindern. Diese Liebe und Verbundenheit ist es, die ihm Kraft gibt und Mut. Das wird ihm in diesen Tagen klar.

Die Familie und die Liebe, sie sind sein Panzer und der Helm seiner Hoffnung geworden. Was auch immer noch kommt, daran hält er sich fest.

Vier Fragen zur Predigtvorbereitung an Pastorin Dr. Karoline Läger-Reinbold

1.    Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Mit dem Ende des Kirchenjahres rückt schon der Jahreswechsel in den Blick. Die Erlebnisse und Erfahrungen aus den ersten Monaten der Pandemie-sind verunsichernd, die Perspektiven unklar. Die Menschen sorgen sich: Um die eigene Gesundheit, um die ihrer Angehörigen, um die berufliche Zukunft. Viele haben Verluste erlitten, sind angespannt, dünnhäutig, fühlen sich einsam. Auch andere Themen sorgen für Unsicherheit: der Ausgang der Wahlen in den USA, die Klimakrise und die Situation der Geflüchteten.
Was sind Kraftquellen und Ressourcen für die kommenden Wochen? Vielleicht wird diese Predigt gar nicht im Gottesdienst gehört, sondern zuhause entdeckt und gelesen.

2.    Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Die Lektüre von Joachim Meyerhoff, Hamster im hinteren Stromgebiet, Köln 2020. Der fünfte Band seiner autobiographisch geprägten Romanserie ist lebendig geschrieben, streckenweise ernst und doch sehr komisch. Es geht im Kern um die Frage: Wie gelingt mein Leben, dieser Krise zum Trotz?

3.    Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Der Apostel Paulus findet Trost für seine Gemeinde, weil er die Dinge von ihrem Ende her denkt: Am Ende steht Christus, er kommt uns entgegen. Wir sind Kinder des Lichts, ausgestattet mit Hoffnung und Liebe. So können wir leben.

4.    Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Die Ermutigung zur eigenen, sehr persönlichen Sprache: anschaulich, konkret. Den Hörenden Raum geben für ihre eigenen Erfahrungen und Gedanken.

Perikope

Lob der Gemeinde. - Predigt zu 1. Thessalonicher 1,2-10 von Ralf Hoburg

Lob der Gemeinde. - Predigt zu 1. Thessalonicher 1,2-10 von Ralf Hoburg
1,2-10

Ein Brief – Welch eine Wohltat… und auch noch mit einem Zusammenhang!

Wann haben Sie aber mal jenseits von SMS oder Messenger den letzten Brief geschrieben? Nein, keine Mail! Einen echten Brief auf Papier mit Füllfederhalter oder meinetwegen auch Kugelschreiber? Ich meine auch nicht den an das Finanzamt oder die Versicherung. Einen Liebesbrief vielleicht oder einen Brief an eine sehr gute Freundin oder einen Freund – oder an die Kinder, die irgendwo wohnen und die sie nicht immer sehen können? Einen Brief, aus dem ihre Stimmung hervorgeht oder der tiefe Gedanken enthält, die die Intimität des Geschriebenen brauchen.

Wie viele Briefe schrieb einst Martin Luther. Wie viele Briefe entstanden in Zeiten von Not und Krieg. Wahrscheinlich müssen wir das Briefschreiben erst wieder neu in dieser Medienwelt lernen – so lehrt es uns letztlich auch der aktuelle Kino-Film „Deine Juliet“ oder wie der schrullige Untertitel des Films heißt: „Club der Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf“. Dort steht ein Brief am Anfang der Geschichte und aus der Briefbegegnung entwickelt sich die Sehnsucht nach einer persönlichen Begegnung. Neben der Story, die natürlich eine Liebesgeschichte ist, erzählt der Film auch von der Faszination, die von Büchern und ihren Gedanken ausgeht und natürlich auch vom Schreiben.

Eine Welt voller Gedanken, Briefe und Büchern liefert auch das Neue Testament, das einmal als die Sammlung von „27 Büchern“ benannt worden ist. Eines davon – gleichzeitig ein Brief – ist Gegenstand für den heutigen Predigttext.

I. Erst die Begegnung – dann der Brief…

Der Apostel Paulus schreibt gerne Briefe. Seine gesamte Theologie entwickelt er in Form von Briefen. Zumindest ist uns nichts anderes bekannt oder überliefert. In ihnen spiegelt sich die Beziehung zwischen ihm und der gegründeten Gemeinde, ob sich diese nun in Galatien, Korinth, Rom oder Ephesus befindet. Wahrscheinlich ist es der Apostel Paulus, der die europäische Briefkultur entscheidend mit geprägt hat. Seit der Frühzeit des Christentums sind die Briefe das Kommunikationsmittel Nr. 1.

Die Perikope des heutigen Predigttextes steht dabei nicht nur am Anfang des Briefes nach dem Gruß am Beginn, sondern spiegelt auch etwas von dem Anfang der Beziehung zwischen dem Apostel und der Gemeinde in Thessalonich wieder. Die Passage verrät etwas von den Anfängen und der Art und Weise, wie der Apostel mit seinen Gemeinden Kontakt gehalten hat. Die beiden Thessalonicher-Briefe sind darüber hinaus etwas Besonderes: Schenkt man der Erforschung der neutestamentlichen Texte Glauben, so haben wir mit diesen Briefen den allerersten Anfang und somit den Beginn der schriftlichen Texte des Apostels vorliegen, an dessen Ende so ein kunstvoller und theologisch dichter Text wie der Römerbrief steht. Zwischen beiden Texten, dem Thessalonicher Brief und dem Römerbrief entwickelt sich die ganze theologische Gedankenwelt des Paulus von der Kreuzestheologie bis zur Rechtfertigungslehre.  

Richten wir kurz den Blick auf das Leben des Apostels, so klärt uns die Apostelgeschichte (Apg. 9,1-6) einerseits und der Korintherbrief andererseits darüber auf, dass der ehemalige Christenverfolger „Saulus“ zum „Paulus“ wurde. Und das hatte Folgen. Was ihn zu dieser Umkehr bewegte und dann zum inneren Motor seiner Missionsverkündigung wurde, darüber spekuliert die Wissenschaft bis heute. Manche Erklärungsversuche gehen sogar soweit, diese „innere Wende“ in Verbindung mit dem Kreuzes- und Auferstehungsgeschehen Jesu von Nazareth in Jerusalem zu bringen. Danach ist es zunächst längere Zeit um den Apostel Paulus still geworden. Erst ca. 50 n.Chr. greift er zur Feder und schreibt den uns als ersten Text bekannten Thessalonicherbrief. Geschrieben hat ihn der Apostel wohl in der Stadt Korinth. Aber warum nun der Brief? Warum wurde ein solcher schriftlicher Gedankenaustausch notwendig? Scheinbar drängt den Apostel etwas diesen zu schreiben. Aber was?

Die kleine Passage aus dem Brief (1. Thess. 1,2-10) gewährt uns tiefen Einblick in die Geschichte, die den Apostel mit der Gemeinde verbindet. Der Text kann als solcher für sich stehen ohne in Verbindung mit dem danach folgenden Kapitel gebracht zu werden, welches einerseits eine Wiederholung darstellt und andererseits weit über das am Anfang Gesagte hinausgeht. Der Apostel kennt die Mitglieder der Gemeinde persönlich. Er war bei ihnen und hat ihnen das Evangelium gepredigt. Und nun erinnert er sie an diese gemeinsame Zeit, die offensichtlich besonders war. Am Anfang der Mission – so kann man wohl die Gründung der Gemeinden durch den Apostel nennen – steht die „Predigt des Evangeliums“ durch das Wort. Dem korrespondiert dann der Glaube der Gemeinde. Von heute aus betrachtet sieht dies so spielerisch einfach aus – so als ob die Gemeinde gar nicht anders konnte und dann der Predigt der Glaube auf dem Fuße folgt. Wie schwierig erscheint es aus heutiger Sicht überzeugend vom Glauben zu reden! Die Geschwätzigkeit der Medien fällt der Konzentration einer Predigt rigide ins Wort. 15 Minuten ohne Smartphone – das geht gar nicht und so wird auch die Predigt im Radio-Format auf 1,30 Minuten getrimmt. Aber hat sie dann auch noch die „Kraft“ (1. Thess. 1,5) oder vermittelt sie „Gewissheit“?  Manch einer mag sich im Angesicht dieser apostolischen Leichtigkeit der Verkündigung an die Zeiten des Anfangs zurück sehnen.

Vor allem aber redet der Apostel dann von der Gemeinde, die zum Vorbild geworden ist. Sie hat das „Wort aufgenommen in großer Bedrängnis mit Freuden im Heiligen Geist“ (1. Thess. 1,6). Wenn ich das lese, denke ich: Mein Gott – da ist Power drin. Es ist nicht genau bekannt, auf welche Bedrängnis der Apostel hier abzielt, aber er lobt sehr deutlich die Geduld in der Hoffnung, die die Gemeinde zusammenhält. Es ist wohl eine Gemeinde, die zusammenhält. Aber der Apostel schreibt auch, dass die Gemeinde eine „Arbeit in der Liebe“ verlangt. Hier wird erkennbar, dass sich der Apostel und in seiner Nachfolge dann viele Predigerinnen und Prediger bis heute als „Diener vor Gott“ bezeichneten. Es stellt schon eine besondere Herausforderung dar und kostet auch Mut, wenn am Sonntag bei strahlendem Sonnenschein die meisten Menschen ihre Freizeit auskosten und nur eine kleine Schar der Gemeinde in den Gottesdienst kommt. 

Manche Anklänge in der Briefpassage erinnern mich etwas an die Gegenwart. Nach wie vor bildet die Gemeinde – in der Gestalt der Kirchengemeinde – das Rückgrat der Kirche. Dort geschieht Sonntag für Sonntag die Verkündigung im Wort durch die Predigt des Evangeliums. Und die Gemeinde – wie groß sie auch sein mag – nimmt das Wort auf. Durchaus in „großer Bedrängnis“, denn die Kirche und mit ihr „die Gemeinde“, sind ins Abseits geraten. Was wird aus den Gemeinden? Ein „Wachstum gegen den Trend“ ist ja nur in Ausnahmefällen zu beobachten. Aber Kirche ohne Gemeinde – das geht nach Auffassung des Apostels wohl auch nicht. So dankt er Gott immer wieder dafür, dass die Gemeinde durchhält. Und das hat wohl noch im Falle der Gemeinde in Thessalonich einen spezifischen Grund.  

II. In der Mitte die Hoffnung

Es sind zwei kleine Textstellen, die etwas von dem Geheimnis lüften, das den Apostel dazu veranlasst hat, seiner von ihm selbst gegründeten Gemeinde einen Brief zu schreiben. Zur Erinnerung: Der Apostel befindet sich in Korinth – weit weg von der Gemeinde und erfährt von einer Bedrängnis. Mit allen Gemeinden, die er selbst als Apostel gegründet hat, verbindet ihn ein intensives persönliches Verhältnis, auch wenn die Leitung der Gemeinde Andere haben. So sagt Paulus an anderer Stelle im Korintherbrief einmal: „Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen; aber Gott hat das Gedeihen gegeben. […] Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau.“ (1. Kor. 3,6;9)

Es zählt für mich zu den großen protestantischen Traditionen in der Weiterführung paulinischer Theologie seit der Reformation, dass das Verhältnis von Pfarrerin/Pfarrer und Gemeinde oftmals als eine sehr langjährige intensive Beziehung gelebt wird, die Höhen und Tiefen in der Gemeindearbeit erlebt und auch manche Friktionen oder auch enge persönliche Bindungen hervorbringt. Fast bin ich versucht zu vermuten, dass wir in der real existierenden Kirche zu wenig dieses enge und manchmal intime Verhältnis zwischen Pastorenschaft und Gemeinde als positives Erbe berücksichtigen und würdigen.

In deren Mitte steht der Gedanke der Hoffnung und der Überwindung aller irdischen Bedrängnis. Inmitten des kleinen, die Gemeine lobenden Textes findet sich am Schluss die Bemerkung „zu warten auf seinen Sohn vom Himmel, den er auferweckt hat von den Toten.“ Hier gewährt uns der Brieftext einen kleinen Einblick in die Missionsverkündigung, die der Apostel persönlich der Gemeinde gepredigt hat. In der Mitte seiner Predigt des Evangeliums steht die Verkündigung von der Auferstehung Jesu Christi. (1. Thess. 1,10) Die Zentralität dieses Gedankens wird wohl ein Reflex auf die selbst erfahrene Umkehr sein, die der Apostel an anderer Stelle als eine „Lichterfahrung“  beschreibt. Diese Auferstehung gilt ihm als die rettende Mitte des Heils. Aber warum steht die Rückerinnerung an die Botschaft der Auferstehung so im Zentrum? Was veranlasst den Apostel erneut darauf hinzuweisen?

Erkennbar wird dies wohl aus den ersten Zeilen des Textes in der Mut machenden Feststellung: „Liebe Brüder, von Gott geliebt, wir wissen, dass ihr erwählt seid.“ (1. Thess. 1,4) Paulus erinnert also die Gemeinde in Thessalonich an ihre Erwählung und verweist dann gleichzeitig auf die Hoffnung, dass der auferstandene Jesus Christus wieder vom Himmel auf die Erde zurückkommen wird.  Beide Texthinweise – die Erinnerung an die Auferstehung und die Erinnerung an die Erwählung – stehen in einem thematischen Zusammenhang. Dieser erschließt sich aber nicht aus dem Predigttext allein, sondern hierzu muss man den Thessalonicher Brief im weiteren Verlauf kennen. In 1. Thess. 4, 13-14 heißt es: „Wir wollen euch aber, liebe Brüder, nicht im Ungewissen lassen über die, die entschlafen sind, damit ihr nicht traurig seid wie die anderen, die keine Hoffnung haben. Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die entschlafen sind, durch Jesus mit ihm einherführen.“

Hier also liegen das Geheimnis und der eigentliche Grund, warum der Apostel einen Brief an die Gemeinde schreibt. Seine Missionspredigt, die ausgeht von der Auferstehung, beinhaltete den Gedanken der nahen Wiederkunft des Herrn. „Ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommen wird.“ (1. Thess. 5,2) Was aber, wenn während der Abwesenheit des Apostels Mitglieder der Gemeinde versterben, ohne dass das Reich Gottes herbeigekommen ist? Ist seine Predigt dann  Lug und Trug? Die Glaubwürdigkeit des Apostels als „Prediger des Evangeliums“ stand somit auf dem Spiel. Dies betraf seine Identität als Apostel und wühlte sein Innerstes auf. Der Brief beschwört die Gemeinde geradezu, ihm zu glauben. Seine Antwort an die Gemeinde besteht in der Betonung der Gleichrangigkeit. Die, die leben bei der Ankunft des Herrn, werden denen, die entschlafen sind, eben nicht zuvorkommen. (1. Thess. 4,15) In dieser Hoffnung kann die Gemeinde getrost weiter leben. Eigentlich kann dies auch Trost für heute sein.  

III. Nothing new happens …

Die beruhigende Botschaft im Dschungel der Medienmonopolisten und WhatsApp-Junkies von heute lautet mit der Gewissheit der paulinischen Aussagen: Es passiert nichts! Ihr verpasst nichts, wenn ihr nicht sofort auf die Nachricht reagiert und der Messenger still bleibt.  Nur die Werbung suggeriert uns, dass wer am schnellsten beim Angebot zugreift der Gewinner ist. In den wahren Dingen des Lebens wird nicht der eine dem anderen zuvorkommen. Der Tod kommt zu jedem zu seiner Zeit.

Der Predigttext ist neben seiner innigen Beziehung zu der Gemeinde, die der Apostel in seinem sehr persönlich gehaltenen Brief beschreibt, eine Hommage an die Geduld und an die Verlangsamung, die mit der Intensität eines Briefes einhergeht. Es ist geradezu wohltuend und ein ästhetischer Genuss, in die verschachtelten Sätze des Textes einzudringen. Schon das Lesen zwingt uns zur Langsamkeit. Im langsamen Lesen öffnet sich das Verstehen. Die Predigt des Evangeliums entfaltet vor allem auch als geschriebenes Wort seine „Kraft“. Hier wirkt der Heilige Geist und führt zu glaubender Gewissheit. Nicht umsonst begaben sich die Mönche in den Klöstern des Mittelalters in einen Zirkel von Lesen, Schreiben und Abschreiben.

Lassen Sie sich auch einfach ermuntern von der Langsamkeit des Lesens und schreiben Sie mal wieder einen Brief, in dem Sie von Liebe, Geduld und Hoffnung reden. Sie können gewiss sein: Neben dem Adressaten selbst wird ihn auch Gott im Himmel lesen und sich daran erfreuen!

Perikope

Das Wort Jesu aufnehmen und weitergeben – Predigt 1. Thessalonicher 1 von Mira Stare

Das Wort Jesu aufnehmen und weitergeben – Predigt 1. Thessalonicher 1 von Mira Stare
1,2-10

Liebe Schwestern und Brüder,

die Kommunikation gehört wesentlich zu unserem Menschsein. Wir leben nicht isoliert voneinander, sondern sind miteinander verbunden. Eine absolute Einsamkeit ist überlebensunfähig. Bereits der Beginn unsres Daseins ruht auf der Beziehung und der Kommunikation. Ein Kind kann ohne die Mutter bzw. die Menschen, die sich um es kümmern, nicht überleben. Die Sinne (Hören, Sehen, Tasten, Schmecken) haben von Anfang des menschlichen Lebens an eine wichtige Rolle und dienen auch der Beziehungen und der Kommunikation. Die Worte, die wir bereits in unseren ersten Lebensmonaten und –jahren aufnehmen prägen uns tief ein lebenslang.

Auch die Anfänge der frühchristlichen Gemeinden sind wesentlich durch die Kommunikation und die Begegnungen geschaffen. Das bezeugt bereits die älteste neutestamentliche Schrift, der 1. Thessalonicherbrief, wie auch die heutige Schriftlesung, die aus diesem Brief stammt. Am Beginn des Briefes schaut Paulus voll Dankbarkeit auf die Gründung der christlichen Gemeinde in Thessalonich zurück. Auf seiner zweiten Missionsreise gemeinsam mit Timotheus gründet Paulus um das Jahr 50 die christliche Gemeinde von Thessalonich. Die Stadt Thessalonich ist zur Zeit des Paulus die Hauptstadt der römischen Provinz Mazedonien und der Sitz des Stadthalters wie auch die wichtigste Hafenstadt Mazedoniens, da sie an der bedeutendsten Ost-West-Verbindung des Römischen Reiches, nämlich an der Via Egnatia, liegt.

Paulus ist dankbar für die christliche Gemeinde in Thessalonich und hebt die Erwählung aller wie auch die Liebe Gottes zu allen Gemeindemitglieder hervor. Er sagt: „Wir wissen, von Gott geliebte Brüder und Schwestern, dass ihr erwählt seid“ (1 Thess 1,4).  Und weiter schildert er voll Begeisterung, wie er und Timotheus sich die Thessalonicher  durch die Verkündigung des Evangeliums mit Worten aber auch mit Kraft und mit dem Heiligen Geist gewonnen haben. Er schildert diese tiefe Begegnung und das Kommunikationsgeschehen, das bei den Thessalonichern nicht wirkungslos geblieben ist. Umgekehrt, sie sind dem Beispiel des Paulus und des Timotheus gefolgt. Noch mehr, sie sind dem Beispiel des Herrn Jesus Christus selber gefolgt. Und das Wort – das bedeutet das Evangelium / die Frohbotschaft von und über Jesus Christus – haben sie trotz großer Bedrängnis mit der Freude aufgenommen. Das Wort hat bei ihnen eine gute Erde gefunden und ist trotz aller Hindernisse und großer Bedrängnis fruchtbar geworden. Die ersten Christen in Thessalonich haben das Wort / die Frohbotschaft weitergegeben und das nicht nur in Mazedonien und Achaia, sondern „überall“ nach der Behauptung des Paulus. Paulus bringt die Glaubenswende und die Beispielhaftigkeit der Thessalonicher auf den Punkt, indem er behauptet, dass sie sich von den Götzen zu Gott bekehrt haben, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und seinen Sohn vom Himmel zu erwarten (vgl 1 Thess 1,9-10).

Liebe Schwestern und Brüder, das Beispiel der christlichen Gemeinde in Thessalonich hinterlässt auch für uns wichtige Fragen und Impulse. Welche Aufnahme findet bei uns das Wort Jesu? Wie tief berührt es unser ganzes Leben? Gibt das Wort Jesu unserem Leben maßgeblich die Richtung oder richten wir unser Leben nach anderen Maßstäben aus?

Weiter bezeugt das Beispiel der Gemeinde in Thessalonich folgende Dynamik: Die Aufnahme des Wortes führt zur Weitergabe des Wortes. Sie sind zu Verkündern des Wortes Jesu „überall“ geworden. Geschieht diese Dynamik von Aufnahme und Weitergabe des Wortes Jesu auch bei uns oder wird sie blockiert? Viel zu oft sehen wir die Weitergabe des Wortes, die Verkündigung, als Aufgabe der Priester oder anderer pastoraler Mitarbeiter/innen. Das Beispiel von der Gemeinde in Thessalonich zeigt uns jedoch: Die Weitergabe des Wortes Jesu betrifft alle, die es aufgenommen haben. Es ist die innere Notwendigkeit, das Wort Jesu und seine Frohbotschaft weiterzugeben. Die Weitergabe des Wortes Jesu betrifft jede und jeden und die ganze Gemeinde.

Lassen auch wir uns von der Kraft und Dynamik der christlichen Anfänge anstecken. Nehmen wir das Wort Jesu in der Tiefe unseres Lebens auf, wenden wir uns von den Götzen unserer Zeit zum wahren Gott und Jesus Christus. Lassen wir zu, dass uns das Wort Jesu begegnet und berührt und geben wir das Wort Jesu, das uns und unsere Gemeinschaften trägt, auch anderen Menschen weiter. Tauchen wir mutig miteinander ein in diese Dynamik vom Aufnehmen zur Weitergabe des Wortes Jesu, der Frohbotschaft, die uns auf ewig leben lässt.

Perikope

Das Mixtape des Glaubens im Dreivierteltakt – Predigt zu 1. Thessalonicher 1,2-10 von Thomas Thieme

Das Mixtape des Glaubens im Dreivierteltakt – Predigt zu 1. Thessalonicher 1,2-10 von Thomas Thieme
1,2-10

Paulus hat Briefe geschrieben – na klar. Briefe zu schreiben war damals der Stand der Technik. Paulus schrieb Briefe, als die Kirche noch nicht erwachsen war – sie wurde es gerade. Die Kirche war eine Teenagerin und denen ist damals wie heute wichtig, was die anderen sagen. Und da macht Paulus der jungen Kirche in Thessaloniki ein super Kompliment: „Die Leute kennen euren Glauben sogar in den Nachbarorten und nicht nur da, nein, überall wo ich hinkomme, brauch ich nichts von euch erzählen, weil mir alle immer schon sagen, wie toll wir miteinander klar kommen. Und dafür danke ich Gott und zwar immer, wenn ich an euch denke – was ich ganz oft mache, dass ich an unseren Glauben denke, an unsere Hoffnung und an unsere Liebe.“

Also ich glaube, der Paulus war ein bißchen verliebt in die Gemeinde in Thessaloniki. Deswegen schickt er ihnen den Brief. Als ich Teenager war und verliebt, da haben wir keine Briefe geschrieben, da haben wir Mixtapes zusammen gestellt. So ein Mixtape ist auch der Paulustext – er ist sogar ein ganz besonderes, denn alle Aussagen sind im Dreivierteltakt. Es redet von Werk, Arbeit und Geduld bei Glaube, Liebe, Hoffnung. Die Brüder sind Geliebte und Erwählte, denen Paulus predigte im Wort, in der Kraft und mit Gewissheit. Paulus ist gerührt, dass er für die Thessalonicher zum Beispiel wurde, einem Beispiel, dass auch in Bedrängnis noch die Freude bewahrt. Zum Schluss kommt das Bekenntnis, das alle Zeit umspannt: Jesus wurde einst auferweckt und wird vom Himmel kommen, um uns zu erretten.

Das ist der Brief und wie alle Briefe von verliebten Schwärmern, liest er sich so trocken eigentlich recht langweilig. So ein Brief kann nur von dem oder von derjenigen gelesen werden, die selbst verliebt ist – die genau auf die gleiche Art fühlt (und durchdreht) wie der Schreiber.

Ich bin genauso verliebt wie Paulus – auch mein Herz schlägt im Dreivierteltakt von Glaube, Liebe, Hoffnung.Deshalb hier mein Mixtape des Glaubens.

Zuerst einmal, muss Nähe hergestellt werden, denn ich bin ja nicht dabei, wenn das Tape angehört wird. Die Stimmung ist also eher melancholisch wie bei „Mull of Kintyre“.

Ich bin weit gereist und ich hab viel gesehen. Kam bis zu dunkel abweisenden Bergen und entdeckte doch grünsatte Täler, als über der öden Vergangenheit die Sonne feurrot glühend versank und mich die Sehnsucht packte, wieder den Wind zu spüren, der an euren Bergen von der See her weht. Wenn die Sonne lacht, wenn der Regen weint, trägt es mich zu eurer Erinnerung und ich will sein, wo wir gemeinsam waren.

Jetzt braucht die Melancholie etwas mehr Kraft, damit sich der Glaube nicht in einem Luftschloss verlorener Vergangenheit einlullt. Der gemeinsame Geist muss nicht nur besungen werden – ihm muss auch neue Kraft gegeben werden im Dreivierteltakt von Metallicas Nothing else matters (mit ansteigender Lautstärke):

Wir sind uns so nah, egal, wie weit entfernt wir sind, denn die Kraft kommt nicht von uns, sondern aus dem, was in unserem Herzen ist. Vertraue ewig darauf, wer wir sind – zu was wir gemacht wurden durch IHN - Und nichts anderes ist von Bedeutung. Noch nie habe ich mich in dieser Form geöffnet. Doch Euch gegenüber kann ich es, denn wir fühlen gleich, glauben, lieben und hoffen auf die gleiche Art.  Es ist unser Leben, Christ sein ist unser Leben und wir leben es auf unsere Weise. Es sind bloß Worte, aber ich sage sie nicht einfach so, denn auch bei euch haben sie Kraft, denn auch ihr habt seinen Geist.  Und nichts anderes ist von Bedeutung.

Vertrauen suche ich und finde es in dir, Gott.  Du machst jeden Tag etwas Neues für uns. Durch deinen heiligen Geist sind wir offen für eine andere Betrachtungsweise. Und nichts anderes ist von Bedeutung. Es interessierte mich nie, was die anderen tun! Es kümmerte mich nie, was die anderen wissen, denn ich weiß es, du lebst und du liebst.

Wessen Herz bis hierher mitgeht, der hat schon begonnen, sich im Dreivierteltakt zu wiegen. Jetzt ist es Zeit, das Tempo anzuziehen von der Rock-Ballade zum Popsong. Ich wähle die knallenden Akkorde von Toto's „Hold the line“ - bitte warten Sie – ihre Liebe wird gleich verbunden:

Es ist nicht die Art, wie ihr mich haltet, - auch wenn ich mich nirgendwo sicherer fühle. Es ist nicht die Art, wie ihr sagt, ihr kümmert euch, - auch wenn ich mich nicht nirgends geborgener fühlen könnte. Es ist nicht die Art, wie ihr meine Freunde behandelt, - obwohl sie längst Freunde für euch sind. Es ist nicht die Art, wie ihr bis zum Schluss durchhaltet, - obwohl es nicht immer leicht war – nicht mit mir und nicht ohne mich. Es ist nicht die Art, wie ihr ausseht, oder sagt, das ihr etwas tut – in nichts davon unterscheiden wir uns so sehr von anderen, als in unserer Geduld. Bitte wartet – Liebe kommt nie zur rechten Zeit – (Ooohuuuooo) Liebe schenkt uns die Ewigkeit.

Jetzt ist die Klimax auf der Höhe: obwohl wir feststecken zwischen Glaube und Hoffnung. Feststecken zwischen dem Anker in der Vergangenheit – dass da mal einer lebte und starb und dann auferweckt wurde. Und dem Anker in der Zukunft, dass da einer kommen wird, uns zu retten aus der Wüste der Zeit, uns zu erlösen aus dem Widerspruch, der wir füreinander sind und uns zu befreien von den Ketten, die wir uns selbst anlegen. Diese Spannung aus einst und noch nicht ist kaum auszuhalten – aber sie setzt auch eine Kraft frei, sie gibt Mut – einen Überlebens-Mut. Ich vergesse, was um mich ist und lasse mich begeistern. Ich tue einmal nicht, was einfach wäre oder naheliegend, sondern wozu mein Glaube mich drängt, meine Hoffnung und ich tue es, weil ich Liebe.

Wer so durchdreht – wem die Verliebtheit Kraft und Flügel verleiht – der eckt auch mal an. Aber der weiß – er ist ein unbezwingbarer Streiter und er folgt dem Champion und wird einst selbst zum Meister. Der singt im hohen Chor des ganzen Stadions:

Ich hab' mein Lehrgeld bezahlt ein ums andere Mal. Ich habe meine Strafe abgesessen, aber kein Verbrechen begangen, außer zu lieben. Und an schlimmen Fehlern beging ich ein paar, denn ich bin auch nur ein Mensch.Ich war nicht so gut, wie ich sein wollte und dafür habe ich genug Dreck abbekommen, der mir ins Gesicht geworfen wurde. Aber ich hab's überlebt, ihr habt mit mir überlebt und wir sind entschlossen weiter zu machen, und weiter, und weiter, und weiter...Ich hab auch meine Verbeugungen genossen, den Applaus und den Zuspruch von euch. Ihr seid mein Ruhm und Reichtum und alles, was dazugehört. Ich danke euch allen. Aber all das ist kein Bett aus Rosenblüten gewesen, war keine Vergnügungsreise. Ich betrachte es als eine Prüfung, die es zu bestehen gilt vor aller Welt und vor dem, der sie in Händen hält!Doch ich werde nicht scheitern! Wir werden nicht scheitern, denn wir sind entschlossen weiter zu machen, und weiter, und weiter, und weiter, denn wir sind die Streiter und wir folgen dem Meister der Welt.

We are the champions – wir laufen, um zu siegen, wir leben, um zu lieben, weil unser Meister aus Liebe zu uns den Tod bezwungen hat und ein Lied gesungen hat, das uns noch heute ergreift und bewegt. Es ist ein Liebeslied, ein Lebens-Liebes-Lied und wer es hört, der kriegt neue Kraft und neuen Mut, der findet Trost und Geborgenheit. Der erfährt einen Frieden, der höher ist als all unsere Vernunft, denn sein Herz wird bewahrt genau wie Eure, so wie Eure Herzen bewahrt werden in Christus Jesus, der uns singen lässt: We are the Champions my friend.

 

Amen. Halleluja und Amen!

Perikope

Das Wort Jesu aufnehmen und weitergeben - Predigt zu 1. Thessalonicher 1 von Dr. Mira Stare

Das Wort Jesu aufnehmen und weitergeben - Predigt zu 1. Thessalonicher 1 von Dr. Mira Stare
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Liebe Schwestern und Brüder,

die Kommunikation gehört wesentlich zu unserem Menschsein. Wir leben nicht isoliert voneinander, sondern sind miteinander verbunden. Eine absolute Einsamkeit ist überlebensunfähig. Bereits der Beginn unsres Daseins ruht auf der Beziehung und der Kommunikation. Ein Kind kann ohne die Mutter bzw. die Menschen, die sich um es kümmern, nicht überleben. Die Sinne (Hören, Sehen, Tasten, Schmecken) haben von Anfang des menschlichen Lebens an eine wichtige Rolle und dienen auch der Beziehungen und der Kommunikation. Die Worte, die wir bereits in unseren ersten Lebensmonaten und –jahren aufnehmen, prägen uns tief ein Leben lang.

Auch die Anfänge der frühchristlichen Gemeinden sind wesentlich durch die Kommunikation und die Begegnungen geschaffen. Das bezeugt bereits die älteste neutestamentliche Schrift, der 1. Thessalonicherbrief, wie auch die heutige Schriftlesung, die aus diesem Brief stammt. Am Beginn des Briefes schaut Paulus voll Dankbarkeit auf die Gründung der christlichen Gemeinde in Thessalonich zurück. Auf seiner zweiten Missionsreise gemeinsam mit Timotheus gründet Paulus um das Jahr 50 die christliche Gemeinde von Thessalonich. Die Stadt Thessalonich ist zur Zeit des Paulus die Hauptstadt der römischen Provinz Mazedonien und der Sitz des Stadthalters wie auch die wichtigste Hafenstadt Mazedoniens, da sie an der bedeutendsten Ost-West-Verbindung des Römischen Reiches, nämlich an der Via Egnatia, liegt.

Paulus ist dankbar für die christliche Gemeinde in Thessalonich und hebt die Erwählung aller wie auch die Liebe Gottes zu allen Gemeindemitglieder hervor. Er sagt: „Wir wissen, von Gott geliebte Brüder und Schwestern, dass ihr erwählt seid“ (1 Thess 1,4). Und weiter schildert er voll Begeisterung, wie er und Timotheus sich die Thessalonicher durch die Verkündigung des Evangeliums mit Worten aber auch mit Kraft und mit dem Heiligen Geist gewonnen haben. Er schildert diese tiefe Begegnung und das Kommunikationsgeschehen, das bei den Thessalonichern nicht wirkungslos geblieben ist. Umgekehrt, sie sind dem Beispiel des Paulus und des Timotheus gefolgt. Noch mehr, sie sind dem Beispiel des Herrn Jesus Christus selber gefolgt. Und das Wort – das bedeutet das Evangelium / die Frohbotschaft von und über Jesus Christus – haben sie trotz großer Bedrängnis mit der Freude aufgenommen. Das Wort hat bei ihnen eine gute Erde gefunden und ist trotz aller Hindernisse und großer Bedrängnis fruchtbar geworden. Die ersten Christen in Thessalonich haben das Wort / die Frohbotschaft weitergegeben – und das nicht nur in Mazedonien und Achaia, sondern „überall“ nach der Behauptung des Paulus. Paulus bringt die Glaubenswende und die Beispielhaftigkeit der Thessalonicher auf den Punkt, indem er behauptet, dass sie sich von den Götzen zu Gott bekehrt haben, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und seinen Sohn vom Himmel zu erwarten (vgl 1 Thess 1,9-10).

Liebe Schwestern und Brüder, das Beispiel der christlichen Gemeinde in Thessalonich hinterlässt auch für uns wichtige Fragen und Impulse. Welche Aufnahme findet bei uns das Wort Jesu? Wie tief berührt es unser ganzes Leben? Gibt das Wort Jesu unserem Leben maßgeblich die Richtung oder richten wir unser Leben nach anderen Maßstäben aus? 

Weiter bezeugt das Beispiel der Gemeinde in Thessalonich folgende Dynamik: Die Aufnahme des Wortes führt zur Weitergabe des Wortes. Sie sind zu Verkündern des Wortes Jesu „überall“ geworden. Geschieht diese Dynamik von Aufnahme und Weitergabe des Wortes Jesu auch bei uns oder wird sie blockiert? Viel zu oft sehen wir die Weitergabe des Wortes, die Verkündigung, als Aufgabe der Priester oder anderer pastoraler Mitarbeiter/innen. Das Beispiel von der Gemeinde in Thessalonich zeigt uns jedoch: Die Weitergabe des Wortes Jesu betrifft alle, die es aufgenommen haben. Es ist die innere Notwendigkeit, das Wort Jesu und seine Frohbotschaft weiterzugeben. Die Weitergabe des Wortes Jesu betrifft jede und jeden und die ganze Gemeinde. 

Lassen auch wir uns von der Kraft und Dynamik der christlichen Anfänge anstecken. Nehmen wir das Wort Jesu in der Tiefe unseres Lebens auf, wenden wir uns von den Götzen unserer Zeit zum wahren Gott und Jesus Christus. Lassen wir zu, dass uns das Wort Jesu begegnet und berührt und geben wir das Wort Jesu, das uns und unsere Gemeinschaften trägt, auch anderen Menschen weiter. Tauchen wir mutig miteinander ein in diese Dynamik vom Aufnehmen zur Weitergabe des Wortes Jesu, der Frohbotschaft, die uns auf ewig leben lässt.

 

 

 

Perikope