Der Heilige Geist und die Predigt
Liebe Gemeinde,
Wie haben als Predigttext soeben Ausschnitte Ausschnitte aus der Pfingstpredigt des Petrus gehört. Aus dieser ersten Pfingstpredigt, die Petrus vom Heiligen Geist eingegeben wurde, entstand die erste christliche Gemeinde. Deswegen bezeichnet man Pfingsten als Geburtstag der Kirche.
Nach dieser Predigt ließen sich nach Angaben von Lukas 3000 Menschen taufen.
Davon können wir in hier in Strausberg nur träumen. Zum Vergleich: Das sind so viele Menschen, wie in diesem Bundesland (Brandenburg) im ganzen Jahr evangelisch getauft werden. (Quelle: https://www.statistik-berlin-brandenburg.de/produkte/jahrbuch/jb2013/JB_2013_BB.pdf).
Können wir solche begeisternden Predigten nicht auch brauchen? Wir sind als Christen, nicht mehr so viele, wie wir gerne wären. Und wir werden immer weniger, da gibt es nichts zu beschönigen Hier sterben jedes Jahr mehr als doppelt so viele evangelische Christen oder treten aus der Kirche aus, als Menschen getauft werden.
Wie kann nun eine Predigt Menschen zum Glauben bringen, oder anders gesagt, wie kann der Heilige Geist in einer Predigt wirken?
Und wie bereite ich eine gute Predigt vor, in der der Heilige Geist wirken kann?
Es gibt Prediger, die meinen, man dürfe Predigten nicht vorbereiten, sondern solle wie Petrus darauf warten, was der Heilige Geist eingibt.
Es gibt dazu eine Anekdote, die mal Claus, mal Ludwig Harms zugeschrieben wird. Da wird der Pfarrer gefragt, ob der Heilige Geist nicht auch zu ihm spräche. Er sagte, einmal, als er wenig Zeit zur Predigtvorbereitung hatte, habe er den heiligen Geist um die richtigen Worte gebeten. Und er habe wirklich eine Antwort erhalten. Die Antwort lautete. „Mein Sohn, du bist faul gewesen.“
Darum bereiten die meisten Pfarrer ihre Predigt doch auch am Schreibtisch vor. Im Predigerseminar habe ich viel über Inhalt und Form einer guten Predigt gelernt. Denjenigen, die sich vor lauter Überlegungen dann überhaupt nicht mehr zu predigten trauten, sagte dann unser Pastoralpsychologe: „Es sind auch schon Menschen durch schlechte Predigten bekehrt worden.“
Das sollte natürlich keine Entschuldigung für Faulheit sein, sondern, wie ich es verstanden habe, ein Hinweis darauf, dass der Heilige Geist wirkt, wie er will.
Liebe Gemeinde, aber das ist die Frage: Sollen unsere Predigten in Strausberg Menschen bekehren? Nötig wär‘s, da wir gerade hier ein besonders kleines, immer kleiner werdendes Häuflein sind. Auch wenn an diesem Wochenende wieder junge Menschen in der Strausberger Kirche konfirmiert werden, so ist doch die Liste der Konfirmierten um einiges kürzer als die der Verstorben, die am Ewigkeitssonntag verlesen wurde.
Aber sind die Predigten im Kirchenraum wirklich dazu bestimmt, Menschen zu bekehren? Im Ernst, wie viele Leute sind hier im Gottesdienst, die zum Christentum bekehrt werden sollten?
Hier in dieser Kapelle sind wir doch an diesem Feiertag eine kleine Schar Christen, die sich seit Jahren zur Kirche halten, in guten wie in schlechten Zeiten.
Außerhalb dieser Mauern sitzt eine Mehrheit, von denen vielleicht manch einer eine Bekehrung nötig hätte, die aber weder diese noch irgendeine andere Predigt hören, die hier gesprochen wird. Das ist einfach schon deshalb so, weil ich hier drinnen predige und jene dort draußen irgendwo sind.
Nun zurück zur Predigt des Petrus vor fast 2000 Jahren.
Damals gab es noch keine christliche Kirche, weder das Gebäude, noch die Gemeinde.
Es gab, wie wir aus der Apostelgeschichte erfahren haben, etwa 120 Anhänger Jesu, allesamt Juden, die sich in Jerusalem versammelt hatten. Da Lukas die Apostelgeschichte auf Griechisch geschrieben hat und die griechische Sprache keinen Unterschied zwischen „Geschwistern“ und „Brüdern“ kennt, weiß ich nicht, ob es insgesamt 120 „Geschwister in Christus“ waren, oder 120 „Brüder“ und zusätzlich eine nicht näher genannte Anzahl Frauen. Der Ort, an dem sie sich aufhielten, ist nicht klar. Die Elf verbliebenen der ursprünglich 12 Jünger Jesu hatten zusammen mit der Mutter und den Geschwistern Jesu und einigen Frauen eine Wohnung im „Obergemach“ eines Hauses. Aber 120 Menschen werden dort wohl kaum Platz gefunden haben. Vielleicht versammelten sich die Jünger in einer öffentlichen Säulenhalle, vielleicht im Tempel, Lukas sagt es nicht. Er sagt nur, dass das Haus, in dem sie waren, vom Heiligen Geist erfüllt wurde. Was für ein Haus das war, erfahren wir nicht, aber es muss wohl eher ein öffentlich zugängliches Haus gewesen sein, denn sofort konnte eine Volksmenge herbeieilen, Petrus konnte zu ihnen sprechen, ohne irgendwo anders hingehen zu müssen.
Petrus und die anderen Anhänger Jesu verstanden sich als Juden, die Jesus als den Messias der Juden verehrten. Und Petrus sprach in dieser ersten Pfingstpredigt ausschließlich zu Juden: Juden die in Jerusalem wohnten, teilweise aber auch aus anderen Ländern kamen, denn schon damals lebten viele Juden außerhalb Israels. Es gab auch Proselyten unter den Zuhörern, das heißt Menschen, die nicht als Juden geboren waren, sondern zum Judentum übergetreten waren.
Petrus war kein gebildeter Mensch, davon wird nie berichtet. Er stammte auch nicht aus Jerusalem. Er war Fischer vom See Genezareth, am Rande Israels, bevor er von Jesus berufen wurde. Die Menschen hören es an seinem Dialekt. Aber sie hören ihm zu.
Petrus spricht von Jesus und von der Schuld der Menschen, die die Kreuzigung Jesu zuließen, und ruft zu Buße auf. Zugleich betont er, dass Jesus der verheißene Messias ist, auf den seine Zuhörer gewartet haben.
Ein wesentliches Element der Predigt, das den Juden wichtig war, habe ich hier nicht vorgelesen, weil der Text auch so sehr lang ist. Nicht vorgelesen habe dich die Begründung, warum Jesus der Messias ist. Petrus leitet seine Aussagen von der Auferstehung Jesu aus der Bibel, in diesem Fall aus mehreren Psalmworten her. Ohne eine solche Herleitung hätten diejenigen unter den Juden, die er überzeugen wollte, ihm nicht geglaubt. Die Zuhörer waren Menschen, für die die Bibel im Mittelpunkt ihres Lebens stand.
Vielleicht war das das eigentliche Pfingstwunder, dass die Leute die Predigt hören konnten, da, wo die Jünger gerade standen, und dass sie bereit waren, Fischern vom See Genezareth zuzuhören.
(Es wird zwar von Sprachen gesprochen, in denen die Jünger redeten. Aber fast alle Juden Sprachen zur Zeit Jesu entweder Griechisch oder Aramäisch oder beides, und sie hätten gar kein Sprachenwunder gebraucht, um Petrus, der wahrscheinlich ebenfalls beide Sprachen sprach, zu verstehen, zumindest dem Wortlaut nach, das Verstehen mit dem Herzen ist etwas anderes)
Liebe Gemeinde, um wieder zu uns hier nach Strausberg zurückzukommen:
Wir feiern Pfingsten, und wir brauchen Pfingsten und den heiligen Geist, um hier in Strausberg weiter als Kirche bestehen zu können.
Wie werden Menschen Christen? Christen werden Menschen meist dadurch, dass sie jemandem begegnen, für den Jesus wichtig ist. Eltern, Großeltern spielen in der Vermittlung des Glaubens oft eine wichtigere Rolle als Pfarrer und Lehrer. Außerdem werden auch oft durch Lebenskrisen oder lebensbedrohliche Situationen oder einschneidende Ereignisse Menschen zu Christen.
Den christlichen Glauben weitergeben können und müssen wir deshalb alle, das können wir nicht den Wenigen überlassen, die dafür bezahlt werden. Ich denke, wir überzeugen nicht allein durch Worte sondern auch durch unser Leben, unser Handeln im Alltag.
Heute an Pfingsten ist aber nicht nur das Weitergeben des Glaubens dran, sondern zunächst auch für uns das Zuhören. Wir sind ja dadurch, dass wir den Text hören, auch unter den Zuhörern des Petrus.
Und wir sollten auf den Heiligen Geist hören, der uns ruft. Und der Geist Gottes weht, wo er will.
Wir feiern heute den Geburtstag der Kirche, die geboren wurde aus dem Heiligen Geist.
Und in der Stadt wird die Konfirmation junger Menschen gefeiert, an der hoffentlich auch der Geist mitwirkt.
Wir können uns also freuen, an diesem Pfingsttag und die Sorge um die Zukunft der Kirche einmal ruhen lassen.
„ Denn euch gilt die Verheißung und euren Kindern und allen, die in der Ferne sind, so viele der Herr, unser Gott, hinzurufen wird.“ –sagt Petrus.
(Kanzelsegen)