Eine pubertierende Gemeinde - Predigt zu 1.Kor 2,1-10 von Winfried Klotz
2,1-10

Eine pubertierende Gemeinde - Predigt zu 1.Kor 2,1-10 von Winfried Klotz

1. Kor 2,1-10 Das Auftreten des Paulus (Züricher Bibel)

1 Liebe Brüder und Schwestern, auch ich bin, als ich zu euch kam, nicht mit grossartigen Worten und abgründiger Weisheit dahergekommen, euch das Geheimnis Gottes zu verkündigen. 2 Denn ich hatte beschlossen, bei euch nichts anderes zu wissen ausser das eine: Jesus Christus, und zwar den Gekreuzigten. 3 Auch kam ich in Schwachheit und mit Furcht und Zittern zu euch, 4 und meine Rede und meine Verkündigung baute nicht auf kluge Überredungskunst, sondern auf den Erweis des Geistes und der Kraft, 5 damit euer Glaube nicht in der Weisheit der Menschen, sondern in der Kraft Gottes gründe.

Die Verkündigung der Weisheit Gottes

6 Von Weisheit aber reden wir im Kreis der Vollkommenen - jedoch nicht von der Weisheit dieser Weltzeit noch der Herrscher dieser Weltzeit, die zunichte werden. 7 Wir reden vielmehr von der Weisheit Gottes, der verborgenen, so wie man von einem Geheimnis redet; diese hat Gott vor aller Zeit zu unserer Verherrlichung bestimmt. 8 Sie hat keiner der Herrscher dieser Weltzeit je erkannt, denn hätten sie sie erkannt, hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt. 9 Vielmehr verkündigen wir, wie geschrieben steht, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und was in keines Menschen Herz aufgestiegen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben. 10 Uns aber hat es Gott offenbart durch den Geist; der Geist nämlich ergründet alles, auch die Tiefen Gottes.

Liebe Gemeinde!

Als Paulus auf seiner 2. Missionsreise nach der Hafenstadt Korinth kam, traf er dort einen Juden mit Namen Aquila und seine Frau Priszilla, die vor kurzem aus Italien gekommen waren. Sie waren wie Paulus Zeltmacher und so arbeitete er mit ihnen. Zugleich suchte er Kontakte zur Synagogengemeinde; er trat dort als Lehrer auf, der die Lesungen aus der Thora und den Propheten auslegte und deutlich machte, dass sie auf Jesus als Messias hinwiesen. Manche Juden und einige gottesfürchtige Griechen ließen sich überzeugen, andere widersprachen Paulus. Es gab schwierige Diskussionen. Silas und Timotheus, die Mitarbeiter des Paulus, kamen einige Zeit nach ihm aus Beröa in Mazedonien zu ihm nach Korinth. Jetzt konzentrierte sich Paulus ganz darauf, die Botschaft von Jesus, dem von Gott gesandten Herrn und Retter, zu bezeugen. Es kam zu einem heftigen Streit in der Synagoge. Paulus war äußerst angespannt und verzagt. Stärkung empfing er durch Jesus selbst: „In der Nacht aber sprach der Herr in einer Vision zu Paulus: Fürchte dich nicht, sondern rede und schweige nicht! Denn ich bin mit dir, niemand wird dich antasten und dir Böses antun; ich habe nämlich viel Volk in dieser Stadt.“ (Apg 18,9-10) Paulus verlegte sein Wirken in das große Haus von Titius Justus, ein gottesfürchtiger Grieche, der zum Glauben an Jesus gekommen war. Sein Haus lag neben der Synagoge. Jetzt erfolgten die ersten Taufen, eine kleine Gemeinde entstand.

Soweit meine Nacherzählung dessen, was in der Apostelgeschichte berichtet wird. (Kap. 18, 1-18)

Paulus hat zusammen mit Apollos in der Hafenstadt Korinth gewirkt; er ist so etwas wie der Vater der Gemeinde. Anschaulich sagt er später: „in Christus Jesus habe ich euch gezeugt durch das Evangelium“. (1Kor 4,15)
Von außen betrachtet war Paulus in Korinth nicht übermäßig erfolgreich mit der Verkündigung der Botschaft von Jesus, durch den Gott rettet; nicht viele Weise, Mächtige und Angesehene ließen sich zum Glauben rufen. (1, 26) Sklaven, Ungebildete kamen zum Glauben. Korinth war als römische Wiedergründung eine Stadt mit einem bunten Völkergemisch; unterschiedlichste Menschen suchten hier ihren Anteil am Wohlstand: gegensätzlich, widersprüchlich, brodelnd, so stelle ich mir die Situation in der Stadt vor. Ähnlich war auch die kleine christliche Gemeinde: voller Leben, es brodelte nur so in den Gottesdiensten; ein Durcheinander mit Gesängen, Gebeten – auch in unverständlicher Sprache – Impulsbeiträgen von Frauen und Männern mit prophetischer Begabung. (Kap. 14) Und – man scheute die Auseinandersetzung nicht; es gab einige Meinungsführer, die sich Gefolgsleute sammelten, es gab so etwas wie Fanclubs für Paulus, Apollos, Kephas (Petrus), ja sogar für Christus!
Irgendwie hatten die Korinther etwas nicht richtig verstanden! Das machte Paulus große Sorgen, wenn er an diese Gemeinde aus der Ferne dachte und für sie betete. „Ist denn Christus zerteilt? Wurde etwa Paulus für euch gekreuzigt? Wurdet ihr auf den Namen des Paulus getauft?“ So fragt er in seinem besorgten Brief diese Leute. Paulus fragt sich, in welche Richtung bewegt sich der Glaube der christlichen Gemeinde in Korinth? Wer ist Jesus Christus für die Frauen und Männer in Korinth?
Und so erinnert Paulus an seinen Dienst als Bote Christi bei den Korinthern: „Auch ich bin, als ich zu euch kam, nicht mit großartigen Worten und abgründiger Weisheit dahergekommen, euch das Geheimnis Gottes zu verkündigen. Denn ich hatte beschlossen, bei euch nichts anderes zu wissen außer das eine: Jesus Christus, und zwar den Gekreuzigten.“ Paulus nennt das einen Beschluss, ein Urteil, dass im Zentrum seiner Verkündigung des Glaubens an den einen Gott Jesus Christus, der Gekreuzigte, steht.

Wir fragen uns vielleicht: Hätte ein breiterer Ansatz in der Verkündigung Paulus nicht mehr Erfolg gebracht? Es gab ein Gemisch von Religionen, Religiosität in Korinth, vom jüdischen Glauben an den einen Gott und sein gutes Gesetz, griechisch-römische Verehrung der Götter bis zu okkult-esoterischen Praktiken. Warum diese Verengung auf das eine: Jesus Christus, der Gekreuzigte? Während sonst ein glanzvoller Kult, das Leben begleitende und strukturierende Riten, Erkenntnis der hinter allem stehenden, tieferen Wirklichkeit die religiösen Bedürfnisse der Menschen anziehen und befriedigen sollte. Ist demgegenüber die Verkündigung des gekreuzigten Christus als gottgesandter Retter nicht anstößig und ärgerlich? Das kann doch niemanden beeindrucken, sondern nur Widerspruch hervorrufen!

Axel Kühner berichtet folgende Begegnung: „Nach einem Vortrag kommt eine Frau zu mir und sagt schnippisch: „An einen barmherzigen Gott im Himmel glaube ich auch, aber einen gekreuzigten Jesus brauche ich nicht. Ein leidender, blutender Christus am Kreuz ist mir zu unappetitlich und zuwider!” (Das große Axel Kühner Textarchiv Nr. 72)
Warum dieser Widerstand? Die Frau im Beispiel begründet ihn mit ihrem ästhetischen Empfinden; aber das dürfte nur die äußere Begründung der Ablehnung sein. Ich vermute: Ihr Bewusstsein von einem barmherzigen Gott kollidiert mit der im Evangelium bezeugten Barmherzigkeit Gottes, die sichtbar wurde im Leben, Sterben und Auferstehen von Jesus. Wenn Gott sowieso die Menschen barmherzig aufnimmt, für was ist dann Jesus gekommen, hat in Wort und Tat Gottes Erbarmen mit den Menschen groß gemacht und hat sein Leben als Lösegeld für viele gegeben? (Mk 10,45b)
Brauchen Erlösung durch Jesus nur die großen Sünder, während die anderen Menschen durch ihre guten Taten und weil Gott doch barmherzig ist ans Ziel gelangen?

Seitdem Paulus vor Damaskus dem auferstanden Christus begegnet ist, weiß er, was Verlorenheit ist; er hatte trotz bester Absichten gegen Gottes Willen gelebt, nicht erkannt, was Gott durch Jesus getan hat. Gerade deshalb ist Jesus Christus, der Gekreuzigte, nun Dreh- und Angelpunkt seines Zeugnisses. Paulus predigt das Wort vom Kreuz: „Torheit für die, die verloren gehen, für die aber, die gerettet werden, für uns, ist es Gottes Kraft.“ Das hat Paulus, das haben die Korinther erlebt, dass ihr Leben versöhnt wurde mit Gott im Glauben an den gekreuzigten Christus Jesus. Das ist die Weisheit Gottes!
Weisheit, das Christentum der Korinther war so ähnlich wie ein überhitzter Suppentopf, der überzukochen drohte. Fortschritt, Steigerung wurde in jeder Beziehung erstrebt. Geistliche Gaben, Erkenntnisse, Weisheit (1. Kor. 12+14), immer im Vergleich mit anderen – wer kann mehr, wer ist fortgeschrittener in der Erkenntnis? – bewegte Herzen und Sinne. Es war – im Bild gesprochen – eine pubertierende Gemeinde! Nur nicht als unmündig gelten, sondern sich in der Gemeinde und vor der Welt behaupten. War da ein Gekreuzigter als Retter und Herr nicht schwierig zu vermitteln?
Damals wie heute gab es die Ansicht, dass der Mensch fähig sei, zu Gott aus eigener Kraft aufzusteigen. Verfehlung und Schuld sind da nur äußerliche Übel, die der Mensch durch Erkenntnis seines göttlichen Ursprungs abstreift. Wer diesen Weg geht, gelangt zur Vollkommenheit! Darauf bezieht sich Paulus, wenn er schreibt: „Von Weisheit aber reden wir im Kreis der Vollkommenen – jedoch nicht von der Weisheit dieser Weltzeit noch der Herrscher dieser Weltzeit, die zunichte werden.“ Zur Vollkommenheit wollten die Korinther gelangen; Paulus nimmt dieses Wort auf und bezieht es auf den Weg des Glaubens an den gekreuzigten Christus. Der Gekreuzigte ist der Weg zur Vollkommenheit! So hat Gott es in seiner Weisheit bestimmt, völlig im Gegensatz zur menschlichen Weltweisheit. Das ist Gottes Geheimnis, das die „Weltmächte“, gemeint sind nicht nur die sichtbaren, sondern auch die unsichtbaren Mächte, nicht durchschaut haben. Gott aber hat es durch seinen Geist denen offenbart, die er berufen und erwählt hat. (Kap. 1, 2.24.26. bes.28) An ihnen hat sich die Botschaft, dass Gott durch den Gekreuzigten rettet, als Wort voller Geist und Kraft erwiesen.

Noch einmal: „Uns aber hat es Gott offenbart durch den Geist; der Geist nämlich ergründet alles, auch die Tiefen Gottes.“

Das ist paulinisches – nein! – christliches Selbstbewusstsein! Wir bewegen uns im Glauben an den für uns gekreuzigten Christus nicht im Ungefähren, sondern sind dessen gewiss. Gottes Geist hat uns darin gewiss gemacht. Dass unsere Gewissheit von Gott kommt, wird darin sichtbar, dass durch uns etwas spürbar wird von der Niedrigkeit, Demut, Liebe und Klarheit, die in Jesus Christus war. Das ist der Erweis des Geistes und der Kraft. Amen.

Vier Fragen zur Predigtvorbereitung an Pfarrer Winfried Klotz: 

1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Situation? Ich werde die Predigt am 16.1. in Bad König halten, da ich gerade die Kollegen vertrete. Üblicherweise sitze ich zur Predigt vor dem Altar, was mit meinem Alter und dem kaputten Rücken zu tun hat und sich als eine sehr entspannte Predigthaltung erwiesen hat. Im Angesicht der Gemeinde wird manches wichtig, was ich vorher nicht gesehen habe und was nicht dasteht.

2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Beflügelt? – Es war eher die Arbeit eines Steinmetzes, der mühsam die Figur aus dem Stein herauszuholen sucht.

3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Ich habe mein Ohr immer neu an den Text gelegt, aber noch nicht den Eindruck, dass ich sein Reden durchgehend verstanden hätte. Jesus Christus, der Gekreuzigte, ist ein Fundamentstein, den man nicht heben, auf den man sich aber stellen kann – und ER hält!

4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Ich habe eine Predigt geschrieben, dann eine neue begonnen und schließlich beide zusammengearbeitet … Diesmal war es besonders mühsam.

1. Kor 2,1-10 Das Auftreten des Paulus (Züricher Bibel)

21 Liebe Brüder und Schwestern, auch ich bin, als ich zu euch kam, nicht mit grossartigen Worten und abgründiger Weisheit dahergekommen, euch das Geheimnis Gottes zu verkündigen. A 2,13; 1,7 · 4,1    A) Andere Textüberlieferung: «..., euch das Zeugnis Gottes zu verkündigen.»

2 Denn ich hatte beschlossen, bei euch nichts anderes zu wissen ausser das eine: Jesus Christus, und zwar den Gekreuzigten. 1,23

3 Auch kam ich in Schwachheit und mit Furcht und Zittern zu euch, V.3-4: 2Kor 10,10; 11,6.30; Gal 4,13 · 4,20; 1Thess 1,5

4 und meine Rede und meine Verkündigung baute nicht auf kluge Überredungskunst, A sondern auf den Erweis des Geistes und der Kraft,    A) Andere Textüberlieferung: «... setzte nicht auf überredende Worte der Weisheit, ...»

5 damit euer Glaube nicht in der Weisheit der Menschen, sondern in der Kraft Gottes gründe. 1,18!

Die Verkündigung der Weisheit Gottes

6 Von Weisheit aber reden wir im Kreis der Vollkommenen - jedoch nicht von der Weisheit dieser Weltzeit noch der Herrscher dieser Weltzeit, die zunichte werden. 3,18-19 · 15,24

7 Wir reden vielmehr von der Weisheit Gottes, der verborgenen, so wie man von einem Geheimnis redet; diese hat Gott vor aller Zeit zu unserer Verherrlichung bestimmt.

8 Sie hat keiner der Herrscher dieser Weltzeit je erkannt, denn hätten sie sie erkannt, hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt. 1,21

9 Vielmehr verkündigen wir, wie geschrieben steht, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat

und was in keines Menschen Herz aufgestiegen ist, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben. Jes 64,3 · Röm 8,28

10 Uns aber hat es Gott offenbart durch den Geist; der Geist nämlich ergründet alles, auch die Tiefen Gottes.

Liebe Gemeinde!

Als Paulus auf seiner 2. Missionsreise nach der Hafenstadt Korinth kam, traf er dort einen Juden mit Namen Aquila und seine Frau Priszilla, die vor kurzem aus Italien gekommen waren. Sie waren wie Paulus Zeltmacher und so arbeitete er mit ihnen. Zugleich suchte er Kontakte zur Synagogengemeinde; er trat dort als Lehrer auf, der die Lesungen aus der Thora und den Propheten auslegte und deutlich machte, dass sie auf Jesus als Messias hinwiesen. Manche Juden und einige gottesfürchtige Griechen ließen sich überzeugen, andere widersprachen Paulus. Es gab schwierige Diskussionen. Silas und Timotheus, die Mitarbeiter des Paulus kamen einige Zeit nach ihm aus Beröa in Mazedonien zu ihm nach Korinth. Jetzt konzentrierte sich Paulus ganz darauf, die Botschaft von Jesus, dem von Gott gesandten Herrn und Retter zu bezeugen. Es kam zu einem heftigen Streit in der Synagoge. Paulus war äußerst angespannt und verzagt. Stärkung empfing er durch Jesus selbst: „In der Nacht aber sprach der Herr in einer Vision zu Paulus: Fürchte dich nicht, sondern rede und schweige nicht! Denn ich bin mit dir, niemand wird dich antasten und dir Böses antun; ich habe nämlich viel Volk in dieser Stadt.“ (V. 9+10) Paulus verlegte sein Wirken in das große Haus von Titius Justus, ein gottesfürchtiger Grieche, der zum Glauben an Jesus gekommen war. Sein Haus lag neben der Synagoge. Jetzt erfolgten die ersten Taufen, eine kleine Gemeinde entstand.

Soweit meine Nacherzählung dessen, was in der Apostelgeschichte berichtet wird. (Kap. 18, 1-18)

Paulus hat zusammen mit Apollos in der Hafenstadt Korinth gewirkt; er ist so etwas wie der Vater der Gemeinde. Anschaulich sagt er später: „in Christus Jesus habe ich euch gezeugt durch das Evangelium“. (Kap. 4, 15)

Von außen betrachtet war Paulus in Korinth nicht übermäßig erfolgreich mit der Verkündigung der Botschaft von Jesus, durch den Gott rettet; nicht viele Weise, Mächtige und Angesehene ließen sich zum Glauben rufen. (1, 26) Sklaven, Ungebildete kamen zum Glauben. Korinth war als römische Wiedergründung eine Stadt mit einem bunten Völkergemisch, unterschiedlichste Menschen suchten hier ihren Anteil am Wohlstand; gegensätzlich, widersprüchlich, brodelnd, so stelle ich mir die Situation in der Stadt vor. Ähnlich war auch die kleine christliche Gemeinde: voller Leben, es brodelte nur so in den Gottesdiensten; ein Durcheinander mit Gesängen, Gebeten- auch in unverständlicher Sprache – Impulsbeiträgen von Frauen und Männern mit prophetischer Begabung. (Kap. 14) Und – man scheute die Auseinandersetzung nicht; es gab einige Meinungsführer, die sich Gefolgsleute sammelten, es gab so etwas wie Fanclubs für Paulus, Apollos, Kephas (Petrus), ja sogar für Christus!

Irgendwie hatten die Korinther etwas nicht richtig verstanden! Das machte Paulus große Sorgen, wenn er an diese Gemeinde aus der Ferne dachte und für sie betete. „Ist der Christus zerteilt? Wurde etwa Paulus für euch gekreuzigt? Wurdet ihr auf den Namen des Paulus getauft?“ so fragt er in seinem besorgten Brief diese Leute. Paulus fragt sich, in welche Richtung bewegt sich der Glaube der christlichen Gemeinde in Korinth? Wer ist Jesus Christus für die Frauen und Männer in Korinth?

Und so erinnert Paulus an seinen Dienst als Bote Christi bei den Korinthern: „Auch ich bin, als ich zu euch kam, nicht mit großartigen Worten und abgründiger Weisheit dahergekommen, euch das Geheimnis Gottes zu verkündigen. Denn ich hatte beschlossen, bei euch nichts anderes zu wissen außer das eine: Jesus Christus, und zwar den Gekreuzigten.“ Paulus nennt das einen Beschluss, ein Urteil, dass im Zentrum seiner Verkündigung des Glaubens an den einen Gott Jesus Christus, der Gekreuzigten steht.

Wir fragen uns vielleicht: Hätte ein breiterer Ansatz in der Verkündigung Paulus nicht mehr Erfolg gebracht? Es gab ein Gemisch von Religionen, Religiosität in Korinth, vom jüdischen Glauben an den einen Gott und sein gutes Gesetz, griechisch-römische Verehrung der Götter bis zu okkult-esoterischen Praktiken. Warum diese Verengung auf das eine: Jesus Christus, der Gekreuzigte? Während sonst ein glanzvoller Kult, das Leben begleitende und strukturierende Riten, Erkenntnis der hinter allem stehenden, tieferen Wirklichkeit die religiösen Bedürfnisse der Menschen anziehen und befriedigen sollte. Ist demgegenüber die Verkündigung des gekreuzigten Christus als gottgesandten Retter nicht anstößig und ärgerlich? Das kann doch niemand beeindrucken, sondern nur Widerspruch hervorrufen!

Axel Kühner berichtet folgende Begegnung: „Nach einem Vortrag kommt eine Frau zu mir und sagt schnippisch: „An einen barmherzigen Gott im Himmel glaube ich auch, aber einen gekreuzigten Jesus brauche ich nicht. Ein leidender, blutender Christus am Kreuz ist mir zu unappetitlich und zuwider!” (Das große Axel Kühner Textarchiv Nr. 72)

Warum dieser Widerstand? Die Frau im Beispiel begründet ihn mit ihrem ästhetischen Empfinden; aber das dürfte nur die äußere Begründung der Ablehnung sein. Ich vermute: Ihr Bewusstsein von einem barmherzigen Gott kollidiert mit der im Evangelium bezeugten Barmherzigkeit Gottes, die sichtbar wurde im Leben, Sterben und Auferstehen von Jesus. Wenn Gott sowieso die Menschen barmherzig aufnimmt, für was ist dann Jesus gekommen, hat in Wort und Tat Gottes Erbarmen mit den Menschen groß gemacht und hat sein Leben als Lösegeld für viele gegeben? (Mk. 10, 45b)

Brauchen Erlösung durch Jesus nur die großen Sünder, während die anderen Menschen durch ihre guten Taten und weil Gott doch barmherzig ist ans Ziel gelangen?

Seitdem Paulus vor Damaskus dem auferstanden Christus begegnet ist, weiß er was Verlorenheit ist; er hatte trotz bester Absichten gegen Gottes Willen gelebt, nicht erkannt, was Gott durch Jesus getan hat. Gerade deshalb ist Jesus Christus, der Gekreuzigte, nun Dreh und Angelpunkt seines Zeugnisses. Paulus predigt das Wort vom Kreuz, „Torheit für die, die verloren gehen, für die aber, die gerettet werden, für uns, ist es Gottes Kraft.“ Das hat Paulus, das haben die Korinther erlebt, dass ihr Leben versöhnt wurde mit Gott im Glauben an den gekreuzigten Christus Jesus. Das ist die Weisheit Gottes!

Weisheit, das Christentum der Korinther war so ähnlich wie ein überhitzter Suppentopf, der überzukochen drohte. Fortschritt, Steigerung wurde in jeder Beziehung erstrebt. Geistliche Gaben, Erkenntnisse, Weisheit (1. Kor. 12+14), immer im Vergleich mit anderen, - wer kann mehr, wer ist fortgeschrittener in der Erkenntnis? – bewegte Herzen und Sinne. Es war- im Bild gesprochen- eine pubertierende Gemeinde! Nur nicht als unmündig gelten, sondern sich in der Gemeinde und vor der Welt behaupten. War da ein Gekreuzigter als Retter und Herr nicht schwierig zu vermitteln?

Damals wie heute gab es die Ansicht, dass der Mensch fähig sei, zu Gott aus eigener Kraft aufzusteigen. Verfehlung und Schuld sind da nur äußerliche Übel, die der Mensch durch Erkenntnis seines göttlichen Ursprungs abstreift. Wer diesen Weg geht gelangt zur Vollkommenheit! Darauf bezieht sich Paulus, wenn er schreibt: „Von Weisheit aber reden wir im Kreis der Vollkommenen - jedoch nicht von der Weisheit dieser Weltzeit noch der Herrscher dieser Weltzeit, die zunichte werden.“ Zur Vollkommenheit wollten die Korinther gelangen; Paulus nimmt dieses Wort auf und bezieht es auf den Weg des Glaubens an den gekreuzigten Christus. Der Gekreuzigte ist der Weg zur Vollkommenheit! So hat Gott es in seiner Weisheit bestimmt, völlig im Gegensatz zur menschlichen Weltweisheit. Das ist Gottes Geheimnis, das die „Weltmächte“, gemeint sind nicht nur die sichtbaren, sondern auch die unsichtbaren Mächte, nicht durchschaut haben. Gott aber hat es durch seinen Geist denen offenbart, die er berufen und erwählt hat. (Kap. 1, 2. 24. 26. bes. 28) An ihnen hat sich die Botschaft, dass Gott durch den Gekreuzigten rettet, als Wort voller Geist und Kraft erwiesen.

Noch einmal: „Uns aber hat es Gott offenbart durch den Geist; der Geist nämlich ergründet alles, auch die Tiefen Gottes.“

Das ist paulinisches- nein! – christliches Selbstbewusstsein! Wir bewegen uns im Glauben an den für uns gekreuzigten Christus nicht im Ungefähren, sondern sind dessen gewiss. Gottes Geist hat uns darin gewiss gemacht. Dass unsere Gewissheit von Gott kommt wird darin sichtbar, dass durch uns etwas spürbar wird von der Niedrigkeit, Demut, Liebe und Klarheit, die in Jesus Christus war. Das ist Erweis des Geistes und der Kraft. Amen.

Perikope
Datum 16.01.2022
Bibelbuch: 1. Korinther
Kapitel / Verse: 2,1-10