Eschatologisches Singen - Predigt von Esther Kuhn-Luz
Wochenspruch: Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder.
Lesung: „ Leidet jemand unter euch, der bete; ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen.“ Jak 5,13
Lesung: 12.5. „ Ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen.“
Predigt: „ Eschatologisches Singen“
„ … bis ich dich nach dieser Zeit lob und lieb in Ewigkeit.“
Wie ist das eigentlich mit dem Singen – hört das irgendwann auf?
Ja, werden manche sagen – ich spüre im Alter, das meine Stimme schwächer wird – das ich nicht mehr gut singen kann – oder andere sagen: ich habe so wenig gesungen – das kam in meinem Leben so wenig vor - irgendwann hat es einfach aufgehört mit dem Singen… Und das ist sehr sehr schade – weil singen ja so etwas befreiendes hat – weil sich da in mir etwas öffnet - es heißt ja nicht umsonst. Mit Herz, Leib und Seele singen….
„ Die Musik ist die beste Gottesgabe. Durch sie werden viele und große Anfechtungen verjagt. Musik ist der beste Trost für einen verstörten Menschen, auch wenn er nur ein wenig zu singen vermag. Sie ist eine Lehrmeisterin, die die Leute gelinder, sanftmütiger und vernünftiger macht.“ Diese therapeutischen Worte hat – Martin Luther aufgeschrieben. ( nachschauen – Musik und Luther)
Singen hat viel mit loben zu tun – das Herz weit machen – übe sich selbst hinaus wachsen können – auch wenn es in mir selber garnicht so nach Lob und Dankbarkeit aussieht und ich sofort vieles auf zählen könnte, was mein Leben zur Zeit beschwert – mit andern zusammen ( oder auch alleine) ein Lied zu singen, das bringt mich in eine andere „ Gefasstheit“. „ Mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen. „ heißt es im Kolosserbrief ( 3,16).
Immer wieder diese Aufforderung, Gott dankbar zu sein, ihm die eigene Dankbarkeit zu zu singen. Ok, wenn es mir gut geht . kein Problem. Aber das ist eben das besondere bei den geistlichen und biblischen Lieder – es ist keine „ Aufrechnung“ so in dem Sinne – ok, lieber Gott, du hast mir Gutes getan, jetzt singe ich dir dafür ein Loblied – ich bedanke mich bei dir. Das ist nicht schlecht – aber doch zu kurz gegriffen. Denn – in den biblischen Lobliedern geht es um eine Lebenseinstellung: ich verdanke mein ganzes Leben Gott. Und wenn es auch und immer wieder Situationen in meinem Leben gibt, die schwer aus zu halten sind – so stimmt das andere doch auch: ich verdanke mein Leben nicht mir selbst – mein Leben kommt von Gott und geht zu Gott zurück- und über all bin ich von Gott umgeben.
In himmlischen Situationen meines Lebens fällt es mir nicht schwer, Gott zu loben – aber auf den Misthäufen meiner Biografie – da verstummt oft mein Gesang .
Mich berührt dieser kleine Text von Gerhard Tersteegen:
„ Ist’s etwas Großes, dass die Engel Gott loben? Nein, denn wenn wir an ihrer Stelle wären, würden wir es auch tun – aber ich meine, dass Hiob auf dem Misthaufen – mit seiner Erfahrung von Tod und Krankheit – Gott lobte, das war etwas Großes und dieses Lob gefiel Gott besser als das Lob der Engel. „ EG S. 595
Ob es Gott besser gefiel weiß ich nicht, aber – wer es schafft, selbst in bedrückenden Situationen nicht das Singen auf zu geben – sich nicht von der eigenen Situation, den eigenen Gefühlen und Gedanken ganz vereinnahmen zu lassen, wer es noch schafft, weiterhin „ im Herzen Gott Lieder zu singen“, der kann spüren, wie noch eine andere Wirklichkeit eine Rolle spielt. Denn – die Lieder, die wir singen, sind ja viel vollmundiger, als wir das mit unseren eigenen Worten so sagen könnten. „ Du meine Seele singe, wohlauf und singe schön, dem, welchem alle Dinge zu Dienst und Willen stehn. Ich will den Herren droben hier preisen auf der Erd, ich will ihn herzlich loben – solang ich leben wird!“ Ging es ihnen nicht auch so, als wir das am Anfang des Gottesdienst miteinander gesungen haben – dass es in einem drin da gleich viel weiter wird…? Vielleicht wegen der schönen Melodie – vielleicht aber auch, weil wir daran erinnert werden, dass wir unser Leben Gott verdanken. So wie wir vorhin gesungen haben: „ Wenn mein Können, mein Vermögen nicht vermag, nichts helfen kann, kommt mein Gott und hebt mir an sein Vermögen beizulegen….“
In den Liedern kann unser Mund oft viel mehr, als unser Herz schon kann. Und manchmal schleifen die Lieder das müde Herz hinter sich her, bis es wieder gestärkt ist. David kann die Depression bei König Saul nicht durch gute Worte heilen – sondern nur durch sein Saitenspiel. Von Franziskus von Assisi wird erzählt, dass er gegen die Traurigkeit immer angesungen hat. Wenn ihn eine Krankheit quälte fing er an ein Lied zu singen zum Lobe Gottes in den Geschöpfen. Als er fast blind und – mit erst 44 Jahren – im Sterben lag, wollte er, dass man singt, weil er so von den Lasten der Schmerzen frei würde. Er selbst komponierte im Sterben noch Lieder - die Brüder sangen ihm unter Tränen sein Lied von der Schwester Sonne, Dem Bruder Feuer, der Schwester Wasser. Und es wird erzählt, dass er dort auf dem Sterbebett die letzte Strophe hin zufügte: „ Sei gelobt, mein Herr durch unseren Bruder, den Tod.“
„Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde ( und Freude vertieft werde). „ Johevg. 3, 16f Diese Verse werden wir nachher als Kantate vom Chor hören – eine Kantate von Johann Rosenmüller. Und sie weist mit ihren Versen darauf hin, dass nicht nur die Welt – und alle, die an Christus glauen – das ewige Leben haben werden – auch die Musik wird ewiges Leben haben… auch für sie gilt nicht der Tod als eine absolute Grenze. Wie könnten wir sonst von den Engelschören reden? Und davon , Gott nicht nur in diesem Leben, sondern auch in Ewigkeit loben und lieben ?( Vers 10, Sollt ich meinem Gott nicht singen 325)
Die Lieder und die Musik – so sagt es Fulbert Steffensky – sind die Vorspiele des ewigen Lebens – und er zitiert damit Augustin. „ Es ist falsch, wenn der musikalische Beginn des Gottesdienstes als Orgelvorspiel bezeichnet wird. Es ist ein Vorspiel des ewigen Lebens – aber nicht ein Vorspiel zum Gottesdienst. „ ( S. 93 , Der Schatz im Acker)
Es gibt ja Situationen, in denen ich das Gefühl habe, dass „ das Licht der Ewigkeit“ sehr erhellend und wunderschön blitzartig in meinen Alltag einbricht – und in mir plötzlich ein Lied, ein Singen entsteht - es kommt so über mich… zum Beispiel wenn ich durch die wunderschöne blühende Natur, die Schöpfung Gottes gehe.
Paul Gerhard hat in seinem Leben viel Leid erfahren – den Tod mehrerer Kinder, den Verlust seiner Stelle, immer wieder ein Scheitern …. Trotzdem – er kann nicht anders als gegen seine Traurigkeit sein Singen zu setzen – fast trotzig klingt das dann. „ Mein Herze geht in Sprüngen und kann nicht traurig sein, ist voller Freud und Singen, sieht lauter Sonnenschein. Die Sonne, die mir lachet, das ist mein Herr Jesus Christ. Das, was mich singen machet, ist, was im Himmel ist ( EG 351,13). Der Glaube an die Auferstehung öffnet den Blick in eine Realität, die so viel weiter wird. Trotz aller Traurigkeit – befreit von der Endgültigkeit des Todes…. Jeder stirbt in Gott hinein… in dieses Licht des Lebens…
Gibt es ein Singen – in Ewigkeit?
Es gibt auf jeden Fall ein Singen von der Ewigkeit, das viel mit unsrem Leben heute zu tun hat. Wenn wir spüren, dass die Ewigkeit Gottes mitten in meinem Alltag aufblitzt.
Morgenglanz der Ewigkeit – Licht vom unerschaffnen Lichte – schick uns diese Morgenzeit deine Strahlen zu Gesichte… und vertreib durch deine Macht unsere Nacht. Ein Lied der Mystik, in dem die äußere Erfahrung des anbrechenden Morgens zu einer inneren Erfahrung werden kann – und das Aufstehen ein Vorgeschmack wird für die Auferstehung.
„Leucht uns selbst in jener Welt, du verklärte Gnadensonne, führ uns durch das Tränenfeld in das Land der süßen Wonne, da die Lust, die uns erhöht, nie vergeht.“ ( Christian Knorr von Rosenroth, 17. Jhdt.)
Und Marie Schmalenbach verstärkt das noch in ihrem Lied „ Brich herein, süßer Schein, selger Ewigkeit“, dass die Strahlen der Ewigkeit in unser Leben jetzt scheinen mögen: „ Ewigkeit, in die Zeit leuchte hell hinein, dass uns werde klein das Kleine und das Große groß erscheine selge Ewigkeit.“
„ Ich will singen von der Gnade des Herrn ewiglich“ – diesen Vers aus dem Psalm 89 hat uns der Chor gerade ins Herz gesungen… wie geht das, ewiglich singen? Von nun an bis in Ewigkeit?
In einer Liedpredigt über Paul Gerhard erzählt ein Vater von seinem verstorbenen Kind.
Als wir unseren Jüngsten verloren hatten, war er zunächst in einer kahlen
Friedhofskapelle aufgebahrt – tot, kahl, leer. Hier fehlt was, kam es über
mich. Und ich ließ den Kruzifixus aus der Kirche holen und sie stellten ihn
auf den Tisch neben dem Sarg. Und nun war keiner mehr allein. Friedrich
war nicht mehr allein – und Jesus war nicht mehr allein. Beide sind sie in
Gottes freundliche Hände gefallen. Und beide sind sie und bleiben sie in
Gottes Hand gut aufgehoben. Ja, „Gottes Lieb in Ewigkeit“!
Das haben wir gesungen am Sarg und vor dem Kruzifix. „
Singen angesichts des Todes – mit dieser Hoffnungskraft, die wir manchmal nur sehr zögerlich mitsingen, wenn dann – wie bei Paul Gerhard – vom „ Haus der Wonne“ die Rede ist, indem ich stets „ freudenvoll gleich wie die helle Sonne “mit andren singen soll. „ Da will ich immer wohnen und nicht als ein Gast – da will ich herrlich singen von deinem großen Tun…“ ( EG 529, 12)
Singen, weil mir der Himmel geöffnet wird….
Und mit Blick in die Ewigkeit – in das Ruhen in der Liebe Gottes – dass da vieles ein Ende hat – Tränen und Schmerz und Belastungen und die ganze Hektik… da haben manche dann die Idee ein Loblied zu singen.
„ Zur Beerdigung meiner
Wünsche ich mir das Tedeum
Tedeum Laudamus
Den Freudengesang
Unpassenderweise – passenderweise
Denn ein Totenbett
Ist ein Totenbett mehr nicht
Einen Freudensprung will ich tun am Ende
Hinab hinauf
Leicht wie der Geist der Rose.“ Marie-Luise Kaschnitz
Es geht ums Singen heute am Sonntag Kantate – ums Singen und die Ewigkeit – oder anders gefragt: wie singen verändert – von Ewigkeit zu Ewigkeit – und im Himmel wie auf Erden.
Wir haben vorhin in der SL einen Text aus der JohOffbg 15, 2-4 gehört – garnicht einfach, diese Texte zu verstehen… und doch spannend, wie da von Gottes Harfen gesprochen wird – und von dem Lied des Mose und dem Lied des Lammes. Das reizt doch sehr, sich damit auseinander zu setzen – was uns diese Worte für unser Singen, für unseren Glauben zu sagen haben.
Der alte Seher von Patmos, Johannes hat diese Zeilen auf geschrieben. Und er läßt uns mitsehen, was er sieht. Er sieht »so etwas« wie ein »gläsernes Meer«, »mit Feuerschein untermischt«. Sonst können sich ja Dinge, die nicht zusammenpassen, beißen wie Feuer und Wasser. Aber hier sieht er, wie sie sich mischen, gegen alle Naturerfahrung, uns rätselhaft. Was könnte denn das schon sein, so etwas wie ein »gläsernes Meer«? Und dies dann noch mit Feuerschein »untermischt«? Vielleicht ein Spiegelbild? Aber wovon?
Wenn der ein bißchen erfahrene Bibelleser das Wort »Meer« hört, kann er gar nicht anders: Ihm oder ihr fällt das Schilfmeer ein, am oberen Nil, dessen Wellen und Fluten einst gebannt wurden, so daß das Volk Israel dem Sklavenhause Ägypten entkommen konnte in die Freiheit. Und wenn wir das Wort »Feuer« hören, dann steigt vor unserem inneren Auge unwillkürlich die Feuersäule auf, durch die Gott seinem jüdischen Volk voranleuchtete auf seinen dunklen und schmerzlichen Wüstenwegen in die ersehnte Freiheit des Israel-Landes. Genau das ist wohl auch im Seher Johannes aufgeblitzt. Denn vom Meer her, das er sah, und vom Feuerschein her, den er sah, hörte er nun auch das seit alters bekannte Befreiungslied des Mose singen: »Singt dem Herrn, denn hoch erhob er sich, Roß und Reiter hat er ins Meer gestürzt«; soweit wir erkennen können, sind das die allerältesten Worte der Bibel, zur Zeit des Geschehens – etwa 1200 vor Christus – zuerst gesungen von Mirjam, die den Takt dazu mit der Handpauke schlug. Ihr Bruder Mose ist dann später mit eigenen Worten in dieses Sieges- und Befreiungslied eingefallen; beides haben wir im 2. Buch Mose, Kap. 15, zusammen. – 1250 Jahre später hörte dann der Seher von Patmos das Lied mit der Stimme und mit den Worten des Mose. Das kann uns gewiß machen, daß er im »gläsernen Meer« das Schilfmeer sah und im »Feuerschein« die Fackel auf Israels Weg in die Freiheit. Nur: Jetzt ist das unüberwindlich drohende, menschenverschlingende Meer von damals kristallklar, durchsichtig-gläsern geworden, nach über tausend Jahren hat die Panik von einst ihre Schrecken verloren, und schon im gläsern gewordenen Meer kann man den Vor-Schein der Freiheit leuchten sehen.
dem Seher von Patmos gegangen ist. Auch er hatte einen Unterdrücker seiner Generation: Gajus Caligula, was auf deutsch »Soldatenstiefel« heißt, also »Knobelbecher« – ein Terrorist auf dem Kaiserthron in Rom.
( fällt weg: Weltgeschichte wiederholt sich doch – unter immer anderen »Namen«, anderen »Zahlen«, anderen »Bildern« und Bestialitäten, Unmenschlichkeiten. Immer wieder das alte Lied! Aber nun das Geschenk Israels und der Bibel an die Menschheit: Ganz leise, unter all den Miß- und Schreckenstönen alter Lieder, wie z.B. Beethoven sie am Anfang des letzten Satzes seiner 9. Sinfonie nachgeahmt hat, ein Haltruf: »O Freunde, nicht diese Töne!, sondern laßt uns angenehmere anstimmen und freudenvollere«. Und leise, und ja wirklich nur zaghaft, klingen Anfänge eines neuen Liedes an.
Dazu braucht’s Vorsänger. Aus uns kommt doch, wenn wir singen, am Ende auch nur ein altes Lied heraus. Aber damals, am Schilfmeer, hat es eine Mirjam gegeben, und ein Mose ist in ihr Lied eingefallen)
Johannes auf Patmos hat das ganze jüdische Volk das Lied des Mose singen hören, und nicht nur singen, sondern mit Instrumenten begleitet, »mit Harfen schön«.
Er hat in dieser Nacht eine ganz andere Globalisierung vor Augen: eine andere Weltordnung als die von »Tier« und Unmenschlichkeit, von »Bild« und »Zahl«.
In jener Patmos-Nacht hat der Seher nämlich aus dem großen Singen der Mirjam und des Mose und des Volkes der geretteten Sieger eine weitere, allerleiseste Stimme herausgehört, unter dem Lied des Mose auch noch »das Lied des Lammes«. Zwei Lieder bei- und ineinander, als wär’s, musikalisch gesehen, eine Doppelfuge. Das »Lied des Lammes«, das ist natürlich Jesu Lied, und wir erleben hier, wie Mose und Jesus ein und dasselbe Befreiungslied zusammen singen, also Altes und Neues Testament und Juden und Christen in einer Tonart zusammenklingen.
(Fällt weg:Der Name »Jesus« wird hier nicht ausgesprochen. Er muß in der Welt des Soldatenstiefels ein Geheimtip bleiben. Aber man gab auch ihm, wie dem Tyrannen, einen Tiernamen – Agnus Dei, Lamm Gottes – und setzte ihn damit ganz bewußt gegen das große »Tier« der Unmenschlichkeit und der »Bilder« und der »Zahlen« in Rom. Lamm gegen Bestie. Und bei »Lamm« dachten sie natürlich sofort ebenfalls an die Ägyptengeschichte Israels, an das Passa-Lamm, dessen Blut die Juden an die Pfosten ihrer Flüchtlingslager in Ägypten strichen; da schreckte der Todesengel vor ihnen zurück. Wenn Jesus »Lamm Gottes« heißt, dann bezeichnet dieser Name Jesus den Schutzjuden, der den Todesengel auch von unseren Wohnungen und Seelen verscheucht. )
Und so nun klingen das Lied des Mose und das Lied Jesu zusammen: Mose befreit das jüdische Volk aus ägyptischer Unterdrückung, Jesus befreit die Menschheit von den Todesschatten dunkler Engel und Wesen. Jesus hört in der Nacht von Patmos auf das frühere Lied des Mose und singt so sein, unser aller neues Lied.
Neu nämlich: für uns. Denn nun sind auch wir am Schilfmeer dabei, bei Mirjam und Mose. Und im Ägäischen Meer, auf der Insel Patmos, dort, wo Johannes das große Duett Mose-Jesus singen hört.
Was aber besingen sie? Zuerst die »Werke«, dann die »Wege« Gottes; in alledem aber ihn selbst, den Gott Israels, den melekh ha-‘olam, der sich jetzt auch als ein »König der Völker« durchsetzt, weil nun alle Völker zu ihm hin aufbrechen, nach Jerusalem, um dort ihn zu feiern: den Israel-Gott als Menschheits-Gott, den Mose-Gott nun auch als Jesus-Gott.
überall erleben wir das ewige Auf und Ab der Kräfte, der »Namen«, der »Zahlen«, der »Bilder«, im Großen wie im Kleinen, im Wahn von mörderischen Selbstmördern in Tel Aviv oder in Erfurt, die meinen, ihnen Widriges endgültig besiegen zu können. Das Lied des Lammes hat dagegen nur eine schwache Stimme und verklingt, wie nachher Schuberts Agnus Dei, im allerleisesten. Aber es verliert seinen Text nicht: Dona nobis pacem Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott, wenigstens zu unseren Zeiten . Wird Israel, wird Mose »Sieger« in der Weltgeschichte werden? Wir wissen es nicht. Wir können nur wissen, daß gerade sie, die Menschen in Israel, wenn sie »siegen« , doch nur die Geretteten und Überlebenden sind, daß sie und wir alle einen Sieg auch verspielen können, und daß darum Mirjams und Moses Lied heute nur dann »freudevoller« klingt, wenn wir dazu und mit ihnen zusammen unser »Agnus Dei« singen: Lamm Gottes, der du trägst die Sünde der Welt, gib ihnen und uns deinen Frieden.
„Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde ( und Freude vertieft werde). „ Johevg. 3, 16f Diese Verse werden wir nachher als Kantate vom Chor hören – eine Kantate von Johann Rosenmüller.
Amen
Kantate von Johann Rosenmüller
Fürbitten Vaterunser