Gott geht mit uns

Liebe Gemeinde, sie ist immer elegant. Die Krone sitzt niemals schief. Aber am liebsten trägt sie Hüte. Wer? Die Königin von England. Viele würden gern mal mit ihr einen Tee trinken.Andere dagegen finden, eine Königin ist so was von altmodisch. Vertreterin einer autoritären Staatsform, der Monarchie. Braucht kein Mensch mehr. Oder doch?

Zur Zeit Martin Luthers gab es viel mehr Könige, ja sogar Kaiser, Prinzessinnen und Fürsten mit dem ganzen Hofstaat drum herum. Aber Luther hat sich eine ganz eigene Königin gewählt.

Seine Königin kam mit auf die zur Zeit Luthers so beschwerlichen Reisen. Sie war sogar dabei, als er sich auf der Wartburg verstecken musste. Dort merkte er bald: Seine Königin, die Bibel, ist auch alltagstauglich und geht mit durch dick und dünn. Das hat Martin Luther erkannt, als er die Bibel lesen durfte, was damals nur ganz wenigen möglich war.

Er wollte seine Königin unters Volk bringen. Darum hat er die Bibel ins Deutsche übersetzt und sie von ihrem Los befreit, in Bibliotheken zu verstauben.

Die Bibel sollte ins Leben und darum forderte Luther: in allen Fragen, in der Politik und beim Regieren, im Petersdom und in der Dorfkirche, im Leben und im Sterben sollen wir ihre Stimme hören..

Typisch evangelisch sei das, haben die Menschen später gesagt und von Martin Luthers Haltung und Erwartung an die Bibel mit einer Parole gesprochen: Sola scriptura, allein die Schrift.

Allein die Schrift soll gelten.

Damit zettelt Martin Luther eine Menge Ärger an. Er fordert die ganze Kirchenlehre, die klugen Theologen seiner Zeit und den Papst obendrein heraus.

Was Glaube ist, das soll sich ganz allein an der Bibel ausrichten.

Die Kirchenfürsten waren empört, das Volk begeistert: Wenn Menschen im Jahr 1517 nur auf das Geschehen in ihrer Welt blickten, dann waren sie verunsichert, ängstlich und ausgeliefert. Doch als sie begannen, Gottes Wort selbst zu lesen, haben sie erfahren: Gott liebt die Menschen. Es ist ihm nicht gleichgütig, wie es ihnen ergeht und was aus seiner Erde wird.

Wenn wir uns im Jahr 2017 verunsichert und ängstlich fragen: was soll nur werden, mit uns, mit unserer Gesellschaft und mit dieser Erde dann hören wir genauso: Jeder Weg, den du gehst, den leichten, den schweren, ist ein Weg, den Gott mitgeht.

In der Bibel schlüpft Gottes Wort in Menschenworte. Menschen haben die Bibel geschrieben und was sie von Gott erfahren haben, in ihre Worte gefasst. So werden zerbrechliche Menschenworte zum Gefäß dessen, was Gott uns zu sagen hat. Dabei mischt in den Worten der Bibel auch immer wieder die Zeit mit, in der die Propheten, Apostel oder Psalmbeter gelebt haben, ihre Werte, Überzeugungen und auch ihre Irrtümer.

Darum diskutieren wir Protestanten wie auch andere Christinnen und Christen so leidenschaftlich über die Bibel und stellen sie nicht ins Museum. Denn die Menschenworte der Bibel werden immer wieder zu Gottes Worten, zu Trost, Wegweiser, Mahnung und zu Liebeserklärungen.

Manchmal bleiben Worte auch fern und fremd wie die Laute einer lang zu Ende erzählten Geschichte. Aber oft beginnen sie auch zu leuchten und treffen mitten ins Herz.

Und wenn wir zwischen manchen Widersprüchen nicht wissen, was davon genau Gottes Wort für uns ist, dann hilft uns einer das zu erkennen. Dann können wir auf Jesus schauen.

Er ist die Geschichte, die davon erzählt, wer Gott ist. Er ist das eine Wort, das Gott uns zu sagen hat. Wer Gott finden will, wird darum auf Jesus schauen. Seine Haltung der Barmherzigkeit zeigt, dass Gottes Wort keine Waffe ist, die sich gegen andere richtet. Es ist für mich ein Widerspruch, wenn ein Mensch auf die Bibel schwört und die Würde von Menschen missachtet, eine neue Mauer baut. An Jesus sehe ich, wie Gottes Wort tatsächlich wirkt: Es richtet auf und macht frei. Es öffnet Weg zueinander.

Ja, da erfüllt es sich, worauf Menschen so lange gewartet und gehofft haben voll Klarheit und Wärme:

Wenn ich traurig bin und mein Weg schwer geworden ist, wie gut tun da Worte, die mich trösten. Das kann der Gedanke einer Freundin sein, ein Liedvers oder ein Wort aus der Bibel, das vom Licht erzählt, wo ich nur noch Dunkel sehe.

Wenn ich zum Kreuz schaue, sehe ich Jesus, der fragt: mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? ( Mt 27,46b) Und ich erfahre aus der Bibel, dass er die größte Verlassenheit ertragen hat, damit ich gewiss bin: Gott ist bei mir.

Wenn Menschen ihr Kind zur Taufe bringen, suchen sie ein Wort für ihr Kind. Sie danken Gott für das Wunder eines neuen Lebens und bitten um Gottes Nähe und Schutz.

„Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen Wegen“ (Ps 91,11) diesen oder einen anderen Taufspruch geben sie ihrem Kind mit.

Meine Bibel begleitet mich schon ganz lange. Sie sehen es vielleicht. Sie hat schon ganz schön was mit gemacht.

Da ist der Lack ab. Es gibt das eine oder andere Eselsohr.

Immer wieder neu entdecke ich Schätze in ihr. Auch jetzt am Jahresanfang, wo ich mich bang frage, was soll nur werden, was möchte Gott von mir, von uns als Kirche, für diese Welt?

Und dann lese ich noch einmal aus der Bergpredigt; :

„Selig sind die Friedensstifter, denn sie werden Gottes Kinder heißen“ (Mt 5,9)

heißt es da.

Ja, Friedensstifter braucht unsere Welt. Braucht mich und dich, dass wir fröhlich und zuversichtlich Gottes gute Botschaft weiter sagen.

So spricht keine autoritäre Macht, die keine andere Meinung neben sich duldetund auch keine entfernte Verwandte, die nur ab und zu mal vorbei schaut.

Die Bibel hält was aus, sie hält stand, auch wenn es schwierig wird.

Sie beschenkt uns und macht reich auf unserer Suche nach Weisung und Leben.

So wird sie zur Königin, die ausrichtet, was Gott heute zu sagen hat.

Mir und Ihnen auch.

So verleiht sie dem Leben ihren Glanz.

Amen.