Gott verspricht: Ich lass dich nicht im Stich! - Predigt zu 4. Mose 6,22-27 von Winfried Klotz
6,22-27

Liebe Gemeinde!

Brauchen wir den Segen? Folgende Notiz habe ich dazu gefunden:

‚Ein alter Mann ist vollkommen taub. Aber er geht jeden Sonntag zum Gottesdienst. Als ihn jemand fragt, warum er in die Kirche geht, obwohl er kein Wort versteht, antwortet er: „Der Segen!”‘ (Das große Axel Kühner Textarchiv, Elektronische Ausgabe, Nr. 59)

Was ist denn so Besonderes am Segen, diesem kurzen Schlussritual? Warum braucht der alte, vollkommen taube Mann den Segen? Was verbindet er damit?

Offensichtlich mehr als nur Worte, mehr als eine Information; die erhobenen Hände und das Zeichen des Kreuzes sind ihm ein göttliches Versprechen, ein wirksames Zeichen für Gottes freundliche Gegenwart in seinem Leben. Segnen ist abgeleitet vom lateinischen „signare“- mit einem Zeichen versehen; ER verspricht uns Schutz, Gnade und Frieden, denn die sind nicht selbstverständlich.

Brauchen wir den Segen?

Es muss uns nachdenklich machen, was wir seit ungefähr zwei Monaten erleben. Es kündigte sich an als fernes Donnergrollen- ach ja, in China breitet sich ein Virus aus, aber wir sind weit weg von China. Und dann war es da, das Corona – Virus und legte nicht nur ein Land, sondern alle Industrieländer lahm. Und ein nicht für möglich gehaltenes Sterben begann, wurde das Virus nicht als eher ungefährlich angekündigt? Die Schulen, Universitäten, Kitas wurden geschlossen, Gottesdienste verboten, Geschäfte und Restaurants geschlossen, die Wirtschaft lahmgelegt; bleibt zu Hause! Steckt Euch nicht an!

Ja, liebe Gemeinde, wir brauchen Segen von Gott, wir brauchen das Zeichen der Freundlichkeit und Güte Gottes.

Segen, was sagt das Zeugnis der Bibel?

Als Gott Abram losschickt „Geh aus deinem Vaterland“, da sagt er auch:

„Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und bin dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.“ (1. Mose 12, 2-3) Losgeschickt in einer unkalkulierbare Zukunft gibt Gott Abram „Segen“ mit. Das ist keine Lebensversicherung und Glücksgarantie, aber doch ein Versprechen: Ich lass Dich nicht im Stich! Wenn jemand mir verspricht: Ich lass Dich nicht im Stich! dann ist entscheidend, wer mir das zusagt. Sagt das ein bisher unzuverlässiger Mensch, werde ich nicht viel darauf geben; sagt es ein echter Freund, eine echte Freundin, wird mir die Zusage Mut und Zuversicht geben. Sagt das aber Gott, dann ist das eine feste Burg gegenüber allen Unwägbarkeiten. Darauf werde ich vertrauen!

Segen ist Gottes Zusage: Ich lass Dich nicht im Stich! Dieser Gott aber ist mir kein Trugbild, sondern durch Jesus gewiss. Jesus hat gelehrt, Gott als Vater anzureden. Ich halte mich an Jesus, den Brückenbauer zu Gott. Ich erfahre doch, dass in und bei Jesus mir Gott nahekommt! Ist es nicht so, dass der Abram versprochene Segen zu allen Völkern kommen soll? Ist nicht genau das geschehen durch die Botschaft von Jesus?

Ja, davon bin ich überzeugt und deshalb freue ich mich am Zuspruch des Segens in unserem Abschnitt aus dem vierten Buch Mose- Numeri:

„Der Herr segne dich und behüte dich.“

Der Herr segne dich! Das meint erst einmal, Gott gebe dir all das, was du zum Leben nötig hast. Psalm 65 sagt es so: Du krönst das Jahr mit deinem Gut, und deine Fußtapfen triefen von Segen. (65,12) Der Ertrag der Arbeit, Nachkommen, das Dach über dem Kopf, all das ist Segen, Gutes, das nicht selbstverständlich ist, Gutes, das Gott gibt und erhält.

Und behüte dich! Unsere Welt ist kein sicherer Ort, auch Gottes Segen macht sie nicht dazu. Aber wer unter dem Zeichen des Segens seinen Weg geht, erlebt Gottes Mitgehen. Erlebt, dass er/sie nicht im Stich gelassen ist. Erlebt Bewahrung und Führung. Das alles im Glauben, also in diesem persönlichen Vertrauen auf Gott, dass uns möglich geworden ist durch Jesus. Segen ist kein frommer Wunsch, sondern wird zugesprochen im Auftrag; Gott will segnen. Also, der Herr segne dich und behüte dich, er will es tun!

„Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.“

Altertümlich klingt das und ist doch aus dem Miteinander unter Menschen abgeleitet; wer seinen Nächsten freundlich ansieht, verspricht ihm damit Gutes, Güte, Zuwendung. So möge Gott dich freundlich ansehen und dich liebevoll begleiten. In Psalm 4 heißt es: „Viele sagen: »Wer wird uns Gutes sehen lassen? «HERR, lass leuchten über uns das Licht deines Antlitzes! Du erfreust mein Herz, ob jene auch viel Wein und Korn haben.“ (Psalm 4, 7-8) Gottes freundliche Zuwendung ist spürbar, erfahrbar und weit wertvoller als Wein und Korn, sprich Wohlstand oder Reichtum. Sie ist für uns durch Jesus Christus Wirklichkeit geworden. Deshalb lässt Paulus im Epheserbrief der Gemeinde schreiben: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus. (1, 3)

„Der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.“

Noch einmal ist die Rede vom Angesicht Gottes; ER wende es dir zu, übersetzt die Gute Nachricht Bibel. Auch das erklärt sich aus dem Umgang miteinander: eine Beziehung ist gestört, wenn Menschen bewusst aneinander vorbeisehen. Wo Freundlichkeit, wo Liebe das Verhältnis bestimmt, da suchen sich die Blicke. Von Jesus erzählt Lukas: „Als Jesus an die Stelle kam, schaute er hinauf und redete ihn an: »Zachäus, komm schnell herunter, ich muss heute dein Gast sein!“ (Lukas 19, 5) Jesus Blick sucht den Zöllner Zachäus oben im Baum; da sitzt er mit Recht, werden manche gedacht haben, wer will mit dem etwas zu tun haben?! Aber Jesus sucht ihn, sucht die Gemeinschaft beim Essen und Gespräch mit ihm, das verändert Zachäus Leben zum Guten. So wird Zachäus ein Gesegneter.

Segen- nur Worte, nur fromme Wünsche?

Entscheidend ist der Auftraggeber, entscheidend ist, dass Gott dahinter steht, entscheidend ist, dass wir durch Jesus in seine Nähe gerückt sind und erfahren könne, wie sein Heiliger Geist an uns wirkt. Strenggenommen brauchen wir Gottes Segen nicht, so wie wir auch Gott nicht „brauchen“. Suchen wir aber im Durcheinander unsres Lebens einen Ort des Friedens, dann werden wir ihn in Gott finden, in dem Gott und Vater von Jesus. Bei ihm ist Leben in Fülle (Johannes 10, 10), er schenkt Segen, der unser Leben reich macht – auch da, wo uns Mangel und Unerfülltheit begleiten.

Segen geschieht mit den Zeichen des Händeaufhebens, das für eine Handauflegung steht und dem Leidens- und Sieges-Zeichen des Kreuzes. Gott verspricht uns: Ich lass Dich nicht im Stich! Das ist ein großes Wort, dass wir immer wieder durchbuchstabieren, ja durchkämpfen müssen. Das Versprechen des Segens ist keine Art religiöser Versicherung, die im Schadensfall eintritt. Gott suchen im Gebet, in seinem Wort, in der Gemeinschaft mit anderen ist „Not-wendig“! Dann kann es so sein, wie der Liederdichter Johann Jakob Schütz formuliert hat:

Ich rief zum Herrn in meiner Not: »Ach Gott, vernimm mein Schreien!«

Da half mein Helfer mir vom Tod und ließ mir Trost gedeihen.

Drum dank, ach Gott, drum dank ich dir; ach danket, danket Gott mit mir!

Gebt unserm Gott die Ehre! (EG 326, 4)

Zuletzt: Wir sind Gesegnete, damit wir einander segnen!

Amen.

Vier Fragen zur Predigtvorbereitung an Pfarrer Winfried Klotz

1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Am 7. 6. werde ich in einem kleinen Odenwalddorf als Vertreter der Pfarrerin predigen; nur wenige kommen zum Gottesdienst. Gedacht habe ich bei der Predigt aber eher an Menschen, die eine Folie oder Herausforderung für ihre eigene Predigt suchen.

2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Bei jeder Predigt treibt mich der innere Auftrag und der Wunsch, noch nicht betretenes Gelände zu beschreiten.

3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Das weiß ich jetzt gerade nicht! Wenn ich am 7. 6. gepredigt habe - und das heißt für mich – jetzt erst ist die Predigt fertig, ist es mir vielleicht klar. Eine Predigt braucht freie Rede, es reicht nicht, ein Konzept abzulesen!

4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Die Rückmeldung vom Predigtcaoch war hilfreich und führte zu einer Neuausrichtung was die Hörer und Leser betrifft.

Perikope
07.06.2020
6,22-27