Gottes Geist wie Bienen – Predigt zu 1. Korinther 1,12-16 von Barbara Eberhardt
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Gottes Geist wie Bienen – Predigt zu 1. Korinther 1,12-16 von Barbara Eberhardt

Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen, was uns von Gott geschenkt ist. Und davon reden wir auch nicht mit Worten, welche menschliche Weisheit lehren kann, sondern mit Worten, die der Geist lehrt, und deuten geistliche Dinge für geistliche Menschen. Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; es ist ihm eine Torheit und er kann es nicht erkennen; denn es muss geistlich beurteilt werden. Der geistliche Mensch aber beurteilt alles und wird doch selber von niemandem beurteilt. Denn „wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer will ihn unterweisen“? (Jesaja 40,13) Wir aber haben Christi Sinn.

Es geschieht ein Brausen vom Himmel. Na ja, vielleicht ist es auch ein mittelleises Summen. Ich stehe mit meiner Freundin in ihrem Garten. Vor uns sind vier Bienenstöcke. Bienen ziehen ihre Schleifen, landen am Kasten, krabbeln um den Eingang herum und verschwinden schließlich darin, während andere von innen auftauchen und zum Start ansetzen.
Meine Freundin ist seit drei Jahren Hobby-Imkerin. Das auch noch, habe ich mir gedacht, als sie mir damals erzählt hat, dass sie mittwochs jetzt immer den Imkerkurs hat. Sie hatte zu dieser Zeit schon genug um die Ohren. Eine kränkelnde Mutter, um die sie sich kümmern musste. Eine Arbeitsstelle, mit der sie schon seit Jahren nicht zufrieden war, weil sie da ein funktionierendes Rädchen sein sollte. Mitdenken, eine eigene Meinung haben, war nicht erwünscht. Die Hierarchien sollten gewahrt bleiben. Bewirb dich doch woanders, habe ich geraten. Ja, aber, sagte sie. Und blieb. Eine Torheit war das in meinen Augen. Nach meiner Logik wäre ein Jobwechsel angesagt gewesen.  
Stattdessen begann sie mit den Bienen. Immer wenn wir uns getroffen haben, hat sie davon erzählt. Von Smoker und Imkerhut, vom Heranziehen einer Bienenkönigin, von Waben und Honigarten.
Irgendwann war meine Freundin mit ihrem Kurs fertig. Sie trat dem Imkerverein bei, ging zum Imkerstammtisch, kaufte sich Bienenkästen. Am Anfang hatte sie wenig Glück. Ein Volk war krank, eines verließ den Bienenstock. Dieses Jahr aber geht es sehr gut. Ein Volk hat sie sogar auf ihrem Gartengrundstück in der Fränkischen Schweiz eingefangen. Es war einfach da.
Mittlerweile bin ich froh, dass meine Freundin dieses Hobby begonnen hat. Es ist ein neuer Geist bei ihr eingezogen. Sie hadert nicht mehr so mit ihrem Job. Wenn ich sie besuche, stehen wir erst einmal vor den Bienen. Und staunen.

Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen, was uns von Gott geschenkt ist.

Es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel, erzählt die Bibel. Wie das Summen eines Bienenschwarms. Und der Geist Gottes kommt.
Als Kind habe ich diese Szene mit Begeisterung gemalt. Menschen mit grünen und gelben und blauen Gewändern und auf einem jeden von ihnen eine rote Feuerflamme. Und alle lachten von einem Ohr zum anderen. Überhaupt haben mir die biblischen Geschichten in Ohren und Herz gesummt . Sie waren voll Zauber und Farben. Es wimmelte von Tieren. Esel mit ihren Jungen und Fische und Kamele und Schafe, viele Schafe, von denen auch ich eins sein durfte. Ich lief mit Jesus über Felder, saß mit ihm auf dem Fischerboot, als ein Sturm kam. Die Jünger hatten Angst, aber ich, ich wusste immer: Jesus wird mich beschützen.
Ich wohnte Tür an Tür mit dem kleinen Zachäus, der auf einen Baum klettern musste, um Jesus zu sehen. Da wuselten so viele Menschen herum in gelben und grünen und blauen Gewändern, und Zachäus wäre verschwunden in der Menge. Aber Jesus sah genau auf den Baum und auf ihn, und Zachäus lachte von einem Ohr bis zum anderen und ich mit ihm, denn Jesus sieht auf die Kleinen, auf dich und mich, kennt auch dich und hat dich lieb.
Das war mir als Kind tiefe Gewissheit und deshalb war mir auch die Geschichte so einleuchtend mit dem Geist, der brausend in vielen kleinen Feuerflammen kommt. Denn Gott schaut auf jeden einzelnen Menschen, auch auf die kleinsten, und alle bekommen etwas ab von seiner Liebe.

Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen, was uns von Gott geschenkt ist.

Irgendwann ist der Zauber der Kindheit ausgeflogen wie ein Bienenschwarm. Unbeachtet stapelten sich meine Bilder von Pfingsten und Zachäus und all den anderen in der Ecke und verblassten. Die Kinderbibel wurde gegen die Lutherbibel ausgetauscht, und die enthielt nur noch stumme Buchstaben, von denen ich die Hälfte nicht verstand. Überhaupt war jetzt Verstehen angesagt und die Welt wurde erklärt. Urknall und Evolution, und was können wir überhaupt von Jesus wissen? Gelebt hat er wohl und gekreuzigt wurde er auch, aber alles andere, Ostern und Himmelfahrt und Pfingsten? Das musst du glauben, hat der Pfarrer gesagt. Aber Müssen wollte ich damals nicht, mach ich auch heute nur ungern. Und vom Heiligen Geist war eh nichts zu sehen. Atomkraft, nein danke und Unfriede herrscht auf der Erde, und die Worte des Pfarrers in der Kirche klangen wie Rauschen in der Ferne, schwarz und weiß und manchmal auch grau, aber niemals mehr farbig.

Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; es ist ihm eine Torheit und er kann es nicht erkennen; denn es muss geistlich beurteilt werden.

Ich weiß nicht, wann es begonnen hat, dass die biblischen Worte ihr Summen zurückgewonnen haben. Vielleicht war Gottes Geist im Spiel. So wie er oft im Spiel ist, wenn etwas Neues entsteht. Ein neuer Blick. Ein neuer Weg.
Vielleicht war es, als ich mit anderen über die Bibel diskutiert habe. Als ich meine Fragen und Kritik offen gesagt habe und andere nicht geantwortet haben: Du musst eben glauben. Da zumindest ist der Geist zurückgekommen, den ich in meiner Kindheit gespürt habe. Das Gefühl, angenommen zu sein, so wie ich bin. Mit all meinen Zweifeln. Vielleicht die Kleinste von allen, die sich auf einen Baum in sicherer Entfernung zurückgezogen hat. Und doch hat Gott gerade mich angesehen.

Als Erwachsene haben wir es in Manchem schwerer als die Kinder. Wir kennen den Geist der Welt: Rationalisieren, regulieren. Nach dem Nutzen fragen. Sich unterordnen. Dem glauben, was schwarz auf weiß steht. Erst die Arbeit dann das Spiel. Manchmal lebe ich auch so. Muss ich, denn ich lebe nicht auf einer Insel, sondern in einer Welt mit Krankenversicherung und Lohnsteuerjahresausgleich, mit Gesetzen und Terminen. Und ich verstehe jetzt auch, warum meine Freundin ihre Arbeitsstelle behalten hat – bis heute. Dem Geist der Welt kann man nicht durch Jobwechsel entfliehen.   

Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, damit wir wissen, was uns von Gott geschenkt ist.

Gott schenkt uns seinen Geist. Er umgibt uns, Erwachsene wie Kinder, mit Brausen und Summen, wie Hunderte kleiner Bienen, die Schleifen in den Luft ziehen. Manche landen und und manche fliegen weiter.

Gestern, erzählt meine Freundin, als wir gemeinsam vor ihren Bienenkästen stehen, gestern hat sie in einen ihrer Kästen hineingeguckt. Emsiges Treiben war da, denn es war am frühen Abend und viele Bienen waren gerade heimgekommen. Alle hatten gelbe Höschen. Denn im Moment ist alles gelb. Die Birken, der Raps. Und da war eine Biene, die hatte ein blaues Höschen. Wo hatte sie das her?, frage ich. Keine Ahnung, sagt meine Freundin. Kann man nicht verstehen. Aber es war so schön.