"Ich habe einen Traum ..." - Predigt über Jesaja 25, 8-9 von Dieter Splinter
25,8
"Ich habe einen Traum ..." - Predigt über Jesaja 25, 8-9 von Dieter Splinter
Er wird den Tod verschlingen auf ewig. Und Gott der Herr wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen und wird aufheben die Schmach seines Volks in allen Landen; denn der Herr hat's gesagt. Zu der Zeit wird man sagen: „Siehe, das ist unser Gott, auf den wir hofften, dass er uns helfe. Das ist der Herr, auf den wir hofften; lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.“
I.
Liebe Gemeinde!
Sie ist immer noch ergreifend. „I have a dream...“. Unter diesem Titel ist sie bekannt geworden – jene ergreifende Rede. Martin Luther King hat sie im Sommer 1963 in Washington gehalten. Eine viertel Million Menschen hatte sich dort versammelt. Sie wollten die Bürgerrechte der farbigen Amerikaner endlich verwirklicht sehen. Pfarrer Martin Luther King war ihr Sprecher. In seiner Rede brachte er die Sorgen und Hoffnungen der Bürgerrechtsbewegung auf den Punkt. „I have a dream...“. „Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach dem Inhalt ihres Charakters beurteilt werden.“ So lautet eine Aussage seiner bewegenden Rede.
Heute, fünfzig Jahre später, ist eingetreten, was damals noch undenkbar war. Nicht ein weißer, sondern ein afro-amerkanischer Präsident regiert im Weißen Haus. Nicht die Hautfarbe ist entscheidend, sondern der Charakter, das Können eines Menschen.„Ich habe einen Traum...“. Träume können wahr werden. Vor allem, wenn man sie in ergreifende Worte fassen kann.
Gilt das auch für die Worte Jesajas? „Er wird den Tod verschlingen auf ewig. Und Gott der Herr wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen und wird aufheben die Schmach seines Volks in allen Landen; denn der Herr hat's gesagt.“? Für viele Israelis ist das wahr geworden. Einst verstreut in viele Länder, leben die Juden wieder in einem eigenen Staat. Wohl glänzt noch manche Träne in den Augen, wenn Juden an ihre Toten in den Gaskammern denken. Doch sieht man in vielen Gesichtern zugleich Stolz auf das Erreichte.
Für viele Palästinenser ist das anders. Sie sehen sich um ihr Land gebracht. Und da kommt Jesaja ins Spiel. Er formuliert einen Traum. Kurz vor den Worten, die wir hier bedenken, fängt er so damit an: „Und der Herr Zebaoth wird auf diesem Berge allen Völkern ein fettes Mahl machen, ein Mahl von reinem Wein, von Fett, von Mark, von Wein, darin keine Hefe ist. Und er wird auf diesem Berge die Hülle wegnehmen, mit der alle Völker verhüllt sind, und die Decke, mit der alle Heiden zugedeckt sind.“
II.
Da wird ein Traum in Worte gefasst. Die Völker der Erde werden sich in Jerusalem zu einem großen Freudenmahl versammeln. Alle haben mehr als genug zu essen. Man schenkt sich nur noch reinen Wein ein. Keiner lügt mehr. Keiner übervorteilt den anderen mehr. Krieg gibt es nicht mehr. Mord und Totschlag ebenso nicht. An die Stelle des Terrors ist Toleranz getreten. An die Stelle des Tötens das Trösten. Israelis und Palästinenser feiern ebenso miteinander wie Iraner und Amerikaner, Chinesen und Japaner, Muslime und Christen – und jene, die Jesaja Heiden nennt. Sie alle tun das, weil das weggezogen wurde, worin sie sich eingehüllt hatten: Zwietracht und Feindschaft. Gott hat das getan. Darum feiern alle. Sie haben Grund dazu: „Er – Gott - wird den Tod verschlingen auf ewig.“
Das ist eine belebende Aussicht. Freilich nur dann, wenn sie recht verstanden wird. Die Heiden, von denen Jesaja spricht, wissen das. Sie erzählten in alter Zeit eine Geschichte. Sie handelt von einer Frau namens Sybille. Die war in den griechischen Gott Apollon verliebt. Und der in sie. Sybille wünschte sich unsterblich zu sein – so wie Apollon. Dieser erfüllte ihren Wunsch. Doch da Sybille vergessen hatte, sich auch die ewige Jugend zu wünschen, wurde sie alt und älter. Dabei schrumpfte sie immer mehr zusammen. Doch sie konnte nicht sterben. Vor solch einem endlosen Leben kann man nur warnen. Die Geschichte der Sybille tut es. An sie knüpft ein Ausleger der Jesajaworte an. Er stellt fest:
„Eine in ihrem endlosen Dasein endlos schrumpfende Person ist ... Sinnbild und Inbegriff dessen, was die Bibel für tödlich hält. Die Macht des Todes beginnt nicht erst da, wo der biologische Lebensprozeß sein Ende findet. Mit Leichen gibt sich der Tod nicht zufrieden. Er greift nur zu gern mitten hinein ins volle Menschenleben. Seine Herrschaft beginnt bereits überall dort, wo unser Leben beziehungslos und verhältnislos wird, wo Gemeinschaft zerbricht und freiwillige und unfreiwillige Isolation das Dasein verödet. Deshalb wohnen z.B. die Gefangenen im Schatten des Todes. Und die lebenslangen Haftstrafen, die wir durch unsere Gerichte über Schwerverbrecher verhängen lassen, sind nach biblischem Urteil nichts anderes als Varianten der Todesstrafe, kaum weniger grausam als diese.“ (Eberhard Jüngel: Jesaja 25,8 Vernichten wird er den Tod auf ewig., in:Unterbrechungen. Predigten IV, München 1989, S.59 f) Den Tod zu überwinden, ihn gar zu verschlingen, das ist in der Bibel also noch etwas anderes als das Lebensende zu beenden. Den Tod zu überwinden, das beginnt für die Bibel vielmehr mitten im Leben.
III.
Um das endgültig deutlich zu machen, setzt nun aber Gott dem Lebensende eines ganz bestimmten Menschen ein Ende. Jesus von Nazareth, seinen eingeborenen Sohn, lässt Gott nicht im Tod. Darum feiern wir bekanntlich Ostern. Und auf das erste Ostern, auf die Auferstehung Jesu, haben darum Christen immer wieder die Worte Jesajas angewandt: „Zu der Zeit wird man sagen: 'Siehe, das ist unser Gott, auf den wir hofften, dass er uns helfe. Das ist der Herr, auf den wir hofften; lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.'“
Von Jesaja verheißen – in Jesus erfüllt. Auf dieses Schema lassen sich die Worte Jesajas bringen. Freilich, Gott lässt sich nicht auf ein Schema bringen. Wir können uns seinen Werken gedanklich zwar nähern, doch sie nie ganz erfassen. Wir sind Menschen und nicht Gott. Immerhin können wir jedoch sehen: Jesus erfüllt nicht einfach die Verheißung des Jesajas. Vielmehr erneuert er sie und gibt ihr einen neuen Grund: sich selber!
So spricht denn das Neue Testament auch von einer neuen Zeit, die mit Jesus und seiner Auferstehung begonnen hat. Gott arbeitet an einer neuen Schöpfung. Er will einen neuen Himmel und eine neue Erde. Die Auferstehung der Toten ist darum im Neuen Testament nicht einfach bloß das Ende des Lebensendes jedes einzelnen. Sie ist der Beginn von etwas radikal Neuen.
Im letzten Buch der Bibel hat der Seher Johannes dieses radikal Neue formuliert. Er knüpft dabei an Jesaja an: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Rede sind vergangen.... Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alle neu!“
IV.
Das ist nun erst recht ein Traum, die Vision von einem ganz anderen Leben. Man kann diese Vision als Vertröstung abtun. Man kann in ihr eine Utopie für Leichtgläubige sehen. Oder aber sich darauf einlassen und sagen: „Ich habe einen Traum...“.
Martin Luther King hat das getan. Auch er bekannte: Gott arbeitet an einem neuen Himmel und an einer neuen Erde für uns. „Und Gott der Herr wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen...“ - egal ob sie eine gelbe oder eine rote, eine weiße oder eine dunkle Hautfarbe haben. Dieser neue Himmel und diese neue Erde sind für alle da. Gott ist dabei, dafür den Tod zu überwinden.
Der Tod gibt sich nicht mit Leichen zufrieden. Er nagt nicht bloß mit dem Zahn der Zeit an uns. Immer da, wo Menschen Tränen des Schmerzes, der Einsamkeit, der Verzweiflung weinen, lacht sich der Tod ins Fäustchen. Er greift nur zu gern hinein ins volle Leben. Er freut sich darüber, wenn Menschen durch Not und Leid, durch Zwietracht und Feindschaft gleichsam zum Schrumpfen gebracht werden.
Doch da, wo Menschen sagen: „Ich habe einen Traum...“ stellen sie sich auf die Seite Gottes und werden zu seinen Mitarbeitern. Wir können den neuen Himmel und die neue Erde nicht selber machen. Doch immer dort, wo wir dem Tod entgegen treten, werden wir zu Zeugen der Auferstehung. Ärzte werden es, wenn sie Leben retten. Therapeutinnen werden es, wenn sie Depressiven zu neuer Lebensfreude verhelfen. Politiker werden es, wenn sie friedliche Lösungen für kriegerische Konflikte finden. Menschen werden es, die andere mit ihren bewegenden Worten Mut machen. Immer, wenn das geschieht, bekommen wir einen Vorgeschmack, dass ein neuer Himmel und eine neue Erde auf uns wartet – und Gott abwischen wird alle Tränen.
Ich jedenfalls habe diesen Traum – und will ihn mir nicht nehmen lassen. Warum sollte ich auch? – Hat doch Jesus Christus mit seiner Auferstehung die Hoffnung auf die Erfüllung dieses Traums für dich und mich erneuert. Und darum bewahre der Friede Gottes, welcher höher ist denn alle Vernunft, unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen.
I.
Liebe Gemeinde!
Sie ist immer noch ergreifend. „I have a dream...“. Unter diesem Titel ist sie bekannt geworden – jene ergreifende Rede. Martin Luther King hat sie im Sommer 1963 in Washington gehalten. Eine viertel Million Menschen hatte sich dort versammelt. Sie wollten die Bürgerrechte der farbigen Amerikaner endlich verwirklicht sehen. Pfarrer Martin Luther King war ihr Sprecher. In seiner Rede brachte er die Sorgen und Hoffnungen der Bürgerrechtsbewegung auf den Punkt. „I have a dream...“. „Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach dem Inhalt ihres Charakters beurteilt werden.“ So lautet eine Aussage seiner bewegenden Rede.
Heute, fünfzig Jahre später, ist eingetreten, was damals noch undenkbar war. Nicht ein weißer, sondern ein afro-amerkanischer Präsident regiert im Weißen Haus. Nicht die Hautfarbe ist entscheidend, sondern der Charakter, das Können eines Menschen.„Ich habe einen Traum...“. Träume können wahr werden. Vor allem, wenn man sie in ergreifende Worte fassen kann.
Gilt das auch für die Worte Jesajas? „Er wird den Tod verschlingen auf ewig. Und Gott der Herr wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen und wird aufheben die Schmach seines Volks in allen Landen; denn der Herr hat's gesagt.“? Für viele Israelis ist das wahr geworden. Einst verstreut in viele Länder, leben die Juden wieder in einem eigenen Staat. Wohl glänzt noch manche Träne in den Augen, wenn Juden an ihre Toten in den Gaskammern denken. Doch sieht man in vielen Gesichtern zugleich Stolz auf das Erreichte.
Für viele Palästinenser ist das anders. Sie sehen sich um ihr Land gebracht. Und da kommt Jesaja ins Spiel. Er formuliert einen Traum. Kurz vor den Worten, die wir hier bedenken, fängt er so damit an: „Und der Herr Zebaoth wird auf diesem Berge allen Völkern ein fettes Mahl machen, ein Mahl von reinem Wein, von Fett, von Mark, von Wein, darin keine Hefe ist. Und er wird auf diesem Berge die Hülle wegnehmen, mit der alle Völker verhüllt sind, und die Decke, mit der alle Heiden zugedeckt sind.“
II.
Da wird ein Traum in Worte gefasst. Die Völker der Erde werden sich in Jerusalem zu einem großen Freudenmahl versammeln. Alle haben mehr als genug zu essen. Man schenkt sich nur noch reinen Wein ein. Keiner lügt mehr. Keiner übervorteilt den anderen mehr. Krieg gibt es nicht mehr. Mord und Totschlag ebenso nicht. An die Stelle des Terrors ist Toleranz getreten. An die Stelle des Tötens das Trösten. Israelis und Palästinenser feiern ebenso miteinander wie Iraner und Amerikaner, Chinesen und Japaner, Muslime und Christen – und jene, die Jesaja Heiden nennt. Sie alle tun das, weil das weggezogen wurde, worin sie sich eingehüllt hatten: Zwietracht und Feindschaft. Gott hat das getan. Darum feiern alle. Sie haben Grund dazu: „Er – Gott - wird den Tod verschlingen auf ewig.“
Das ist eine belebende Aussicht. Freilich nur dann, wenn sie recht verstanden wird. Die Heiden, von denen Jesaja spricht, wissen das. Sie erzählten in alter Zeit eine Geschichte. Sie handelt von einer Frau namens Sybille. Die war in den griechischen Gott Apollon verliebt. Und der in sie. Sybille wünschte sich unsterblich zu sein – so wie Apollon. Dieser erfüllte ihren Wunsch. Doch da Sybille vergessen hatte, sich auch die ewige Jugend zu wünschen, wurde sie alt und älter. Dabei schrumpfte sie immer mehr zusammen. Doch sie konnte nicht sterben. Vor solch einem endlosen Leben kann man nur warnen. Die Geschichte der Sybille tut es. An sie knüpft ein Ausleger der Jesajaworte an. Er stellt fest:
„Eine in ihrem endlosen Dasein endlos schrumpfende Person ist ... Sinnbild und Inbegriff dessen, was die Bibel für tödlich hält. Die Macht des Todes beginnt nicht erst da, wo der biologische Lebensprozeß sein Ende findet. Mit Leichen gibt sich der Tod nicht zufrieden. Er greift nur zu gern mitten hinein ins volle Menschenleben. Seine Herrschaft beginnt bereits überall dort, wo unser Leben beziehungslos und verhältnislos wird, wo Gemeinschaft zerbricht und freiwillige und unfreiwillige Isolation das Dasein verödet. Deshalb wohnen z.B. die Gefangenen im Schatten des Todes. Und die lebenslangen Haftstrafen, die wir durch unsere Gerichte über Schwerverbrecher verhängen lassen, sind nach biblischem Urteil nichts anderes als Varianten der Todesstrafe, kaum weniger grausam als diese.“ (Eberhard Jüngel: Jesaja 25,8 Vernichten wird er den Tod auf ewig., in:Unterbrechungen. Predigten IV, München 1989, S.59 f) Den Tod zu überwinden, ihn gar zu verschlingen, das ist in der Bibel also noch etwas anderes als das Lebensende zu beenden. Den Tod zu überwinden, das beginnt für die Bibel vielmehr mitten im Leben.
III.
Um das endgültig deutlich zu machen, setzt nun aber Gott dem Lebensende eines ganz bestimmten Menschen ein Ende. Jesus von Nazareth, seinen eingeborenen Sohn, lässt Gott nicht im Tod. Darum feiern wir bekanntlich Ostern. Und auf das erste Ostern, auf die Auferstehung Jesu, haben darum Christen immer wieder die Worte Jesajas angewandt: „Zu der Zeit wird man sagen: 'Siehe, das ist unser Gott, auf den wir hofften, dass er uns helfe. Das ist der Herr, auf den wir hofften; lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.'“
Von Jesaja verheißen – in Jesus erfüllt. Auf dieses Schema lassen sich die Worte Jesajas bringen. Freilich, Gott lässt sich nicht auf ein Schema bringen. Wir können uns seinen Werken gedanklich zwar nähern, doch sie nie ganz erfassen. Wir sind Menschen und nicht Gott. Immerhin können wir jedoch sehen: Jesus erfüllt nicht einfach die Verheißung des Jesajas. Vielmehr erneuert er sie und gibt ihr einen neuen Grund: sich selber!
So spricht denn das Neue Testament auch von einer neuen Zeit, die mit Jesus und seiner Auferstehung begonnen hat. Gott arbeitet an einer neuen Schöpfung. Er will einen neuen Himmel und eine neue Erde. Die Auferstehung der Toten ist darum im Neuen Testament nicht einfach bloß das Ende des Lebensendes jedes einzelnen. Sie ist der Beginn von etwas radikal Neuen.
Im letzten Buch der Bibel hat der Seher Johannes dieses radikal Neue formuliert. Er knüpft dabei an Jesaja an: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Rede sind vergangen.... Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alle neu!“
IV.
Das ist nun erst recht ein Traum, die Vision von einem ganz anderen Leben. Man kann diese Vision als Vertröstung abtun. Man kann in ihr eine Utopie für Leichtgläubige sehen. Oder aber sich darauf einlassen und sagen: „Ich habe einen Traum...“.
Martin Luther King hat das getan. Auch er bekannte: Gott arbeitet an einem neuen Himmel und an einer neuen Erde für uns. „Und Gott der Herr wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen...“ - egal ob sie eine gelbe oder eine rote, eine weiße oder eine dunkle Hautfarbe haben. Dieser neue Himmel und diese neue Erde sind für alle da. Gott ist dabei, dafür den Tod zu überwinden.
Der Tod gibt sich nicht mit Leichen zufrieden. Er nagt nicht bloß mit dem Zahn der Zeit an uns. Immer da, wo Menschen Tränen des Schmerzes, der Einsamkeit, der Verzweiflung weinen, lacht sich der Tod ins Fäustchen. Er greift nur zu gern hinein ins volle Leben. Er freut sich darüber, wenn Menschen durch Not und Leid, durch Zwietracht und Feindschaft gleichsam zum Schrumpfen gebracht werden.
Doch da, wo Menschen sagen: „Ich habe einen Traum...“ stellen sie sich auf die Seite Gottes und werden zu seinen Mitarbeitern. Wir können den neuen Himmel und die neue Erde nicht selber machen. Doch immer dort, wo wir dem Tod entgegen treten, werden wir zu Zeugen der Auferstehung. Ärzte werden es, wenn sie Leben retten. Therapeutinnen werden es, wenn sie Depressiven zu neuer Lebensfreude verhelfen. Politiker werden es, wenn sie friedliche Lösungen für kriegerische Konflikte finden. Menschen werden es, die andere mit ihren bewegenden Worten Mut machen. Immer, wenn das geschieht, bekommen wir einen Vorgeschmack, dass ein neuer Himmel und eine neue Erde auf uns wartet – und Gott abwischen wird alle Tränen.
Ich jedenfalls habe diesen Traum – und will ihn mir nicht nehmen lassen. Warum sollte ich auch? – Hat doch Jesus Christus mit seiner Auferstehung die Hoffnung auf die Erfüllung dieses Traums für dich und mich erneuert. Und darum bewahre der Friede Gottes, welcher höher ist denn alle Vernunft, unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen.
Perikope
Datum 01.04.2013
Reihe: 2012/2013 Reihe 5
Bibelbuch: Jesaja
Kapitel / Verse: 25,8
Wochenlied: 101 105
Wochenspruch: Offb 1,18