Jesus – der Anfänger und Vollender des Glauben. Predigt zu Hebräer 12,1-3 von Dieter Koch
12,1-3

Jesus – der Anfänger und Vollender des Glauben. Predigt zu Hebräer 12,1-3 von Dieter Koch

Jesus – der Anfänger und Vollender des Glaubens

Liebe Gemeinde, eine herrlich tiefe Freude liegt über dem Einzug in Jerusalem. Eine Stunde der Erfüllung steht vor unseren Augen. Glück ist eingekehrt. Friede im Himmel, rufen die Jünger und Ehre dem in der Höhe (s. Lukas 19,38). In dieser Stunde sind ihre Herzen ganz auf Gott gerichtet und ihre Augen erheben sich zum Allmächtigen.

Was hier geschieht, ist der Widerhall der weihnachtlichen Botschaft, da die Engel riefen:  „Ehre sie Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“(Lukas 2,14). Was am Anfang nur Zusage ist, ein eröffnendes Wort, ist jetzt Ereignis. Der im Stall in Bethlehem Geborene, von Gott zum wahren Herrscher Bestimmte, zieht ein in die Königsstadt. Kam das Wunder des Glaubens erst nur zu den Hirten auf den Felder, erfüllte der Glanz des Reiches Gottes dann die armen Hütten Galiläas, so kehrt jetzt der Glauben, die Herzenszuversicht nach Jerusalem heim.

Es ist eine kurze selige Zeit. Dann bricht alles um. Jesu wird verspottet, verhöhnt, verraten und verflucht. Er wird am Kreuz elend und von Gott verlassen sterben. Und doch wird er auch in dieser ihm zugemuteten schweren Zeit nicht aufhören, aus Glauben um Glauben zu ringen, nicht aufhören seinen Herzensweg zu gehen für das Heil der Welt. Simon, „ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre“(Lukas 22,32). „Betet, damit ihr nicht in Anfechtung fallt“(Lukas 22,40). „Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir; doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe“(Lukas 22,42), so hören wir ihn in der Nacht des Verrats im Garten Gethsemane sprechen. Wie sie ihn  ans Kreuz genagelt haben, vollendet er sein Beten, krönt er seinen Glauben, indem er auch jetzt der Rache keinen Raum gibt, nicht flucht, sondern segnet: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“(Lukas 23,34) Schließlich das alles erlösende Wort, aus Glauben geboren: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist“(Lukas 23,46).

Erst am Ostermorgen klärte sich sein Schicksal. „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier. Er ist auferstanden“(Lukas 24,5f). Er ist heimgekehrt in Gottes Herrlichkeit und nun allen ein Wegbegleiter und Heiland. Darum werdet nicht matt und lasst den Mut nicht sinken. Er wirkt fort in uns, der uns den Mut des Glaubens bezeugt hat. Er spornt an und tröstet von innen, der uns die Liebe zu Gott in der Liebe zu den Mitmenschen zum Glänzen brachte: Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen. Das ist Richtschnur für alle Zeit, der Hoffnungsstrahl in hellen wie in dunklen Tagen.

In diesem Sinne lesen wir im Hebräerbrief: „Lasst uns nun laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns verordnet ist und aufsehen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der obwohl er hätte Freude haben  können, das Kreuz erduldete und die Schande geringachtete und sich gesetzt hat zur Rechten des Vaters“ (Hebräer 12,2f).

Lasst uns aufsehen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens. Das ist und das wird für immer das Zentrum christlichen Lebens bleiben. Ihn, Jesus suchen, seinen Glauben in uns aufnehmen, mit ihm beten und lieben. Lieben und abermals lieben – mit all der Geduld und der Kraft, die aus der Liebe kommen. Aufeinander achthaben und füreinander einstehen. Schmerzen annehmen und einander abnehmen.  Leid mindern und im Leid trösten und dabei immer neu sich Jesus übergeben und mit ihm in das Schicksalswalten hinein beten, Gott suchen Vater sagend, das ist der Herzschlag des christlichen Lebens. Der Glaube ist wie ein Senfkorn, das darauf wartet in uns auszutreiben, aufzuwachsen, Blüte und Frucht zu werden, um so unser Leben in Fülle zu verwandeln, nicht in die Menge äußerlicher Güter, sondern in die innere Fülle des Herzens. Glaube ist immer eine Herzensangelegenheit und Menschen, die vom Glauben getragen sind, bemühen sich, in Takt und Mitgefühl zu leben, und dabei um Vertrauen, innere Ruhe und Zufriedenheit sich zu mühen.

Der immer neue Blick auf Jesus hilft dazu. Er ist der Anfänger und Vollender des Glaubens. Aus Glauben dankte er Gott. Aus Glauben klagte er seinem Gott die Not. Aus Glauben erfüllte ihn Mitleid und Erbarmen mit Ausgestoßenen und Kranken.  Aus Glauben gab er sein Leben um der Liebe willen dahin. Aus Glauben trachtete er danach, Menschen zu versöhnen, Feinde umzuwenden zu Brüdern und Schwestern und uns allen das Vertrauen in unsere Gotteskindschaft zu geben. Aus Glauben ist er mit seinem ganzen Leben für Gott eingetreten. Er lebte nicht für sich, sondern war bei den Menschen und zeigte ihnen, wie nahe Gott ist. Er heilte Leib und Seele von Kranken und zog sich von Ausgestoßenen nicht zurück. Er löste die Menschen die ihm glaubten von ihrer Schuld. Er befreite sie von der Sorge um ihr Leben und gab ihnen Augen für die Not der Anderen. Er zeigte ihnen die Zukunft: das Reich der Liebe.

Es ist ein Geschenk, sein Geschenk an uns, immer neu in sein Leben einzutreten, aus seinem Gotteszeugnis zu schöpfen, zu eigenem Glauben zu finden,  mit ihm den Ewigen im Aufgang der Liebe zu entdecken und so in die herrlich tiefe Freude zu finden, aus der Ruhe strömt und Frieden,  Dulden und Vertrauen. Er, der Anfänger des Glaubens, wird unseren Glauben vollenden. Heute schon gewährt er Heimat, Heimat für unsere Seele.

Doch gibt es das überhaupt in einer entzauberten Welt? Gibt es das, Heimat und Geborgenheit in einer enthemmten und zersplitterten Zeit? Es gibt dies so wenig, wie es Gott einfach nur gibt. Aber es ereignet sich, wie sich Gott ereignet – im Aufgang des Lichts, wenn die Schleier von einem genommen werden und das Gewissen hell und rein uns die Wahrheit des Guten schauen lässt. Glauben kann man nicht machen und Vertrauen kann man nicht einfach haben.  Sie ereignen sich. Glaube klopft an, bricht auf – wie sich Gott für uns ereignet – in Momenten geheimnisvoller Tröstung, da wir uns inmitten der Angst loslassen in den ewigen Grund seiner Liebe – und neu und bewusster zu atmen beginnen, dankbar für jeden neuen Tag. Wer es zulässt, dem öffnen sich die inneren Tore. Er zieht ein in den Tempel seines Lebens, da Gott wohnt und auf ihn wartet – wie Jesus.

Eine herrlich tiefe Freude liegt über dem Einzug Jesu in Jerusalem. Eine Stunde der Füllung steht vor unseren Augen. Glück ist eingekehrt. Friede im Himmel, rufen die Jünger und Ehre dem in der Höhen. In  dieser Stunde sind ihre Herzen ganz auf Gott gerichtet und ihre Augen erheben sich zum Allmächtigen. Denn der hier unter königlichen Huldigungen einzieht, ergreift nicht irdische Macht. Sein Ziel ist nicht der Königspalast, sondern sein Ziel ist der Tempel, das Haus Gottes. Im Äußeren ereignet sich die Heimkehr in Gott. Das äußere Geschehen ist nur Spiegel eines inneren Geschehens. Der Tempel, das Bethaus ist das äußere Zeichen für den inneren Tempel unserer Seele, für das Reden des Herzens mit Gott in Bitte und Fürbitte, in Dank und Anbetung. Die Freude am Heiligtum, die Jesus mit den Betern des Alten Testaments teilte, wartet darauf, in innerer Verwandlung uns zur Freude am inneren Tempel, zur Freude an unserem Leben, zur inneren Ruhe unserer Seele zu leiten. Das teilen wir mit Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens.