KONFI–IMPULSE zu Kolosser 2,12 - 15 von Remi Kick
2,12

KONFI–IMPULSE zu Kolosser 2,12 - 15 von Remi Kick

Der Sonntag Quasimodogeniti trägt seinen Namen in Anspielung auf die Worte von 1 Petrus 2,2 „Wie Säuglinge nach Milch verlangen, so sollt ihr nach dem unverfälschten Wort Gottes verlangen, um zu wachsen und gerettet werden.“
Der Evangelist Johannes berichtet uns von der ersten Erscheinung des Auferstandenen vor den Jüngern und von den Zweifeln des abwesenden Thomas. Der auferstandene Jesus war ja bis jetzt nur Maria aus Magdala begegnet.
Der Predigttext aus dem Brief an die Kolosser führt die Konsequenzen der Auferstehung für die Gläubigen deutlich aus:
Mit ihm seid ihr begraben worden durch die Taufe; mit ihm seid ihr auch auferstanden durch den Glauben aus der Kraft Gottes, der ihn auferweckt hat von den Toten.
Betonte Paulus in Römer 6,8 noch, dass wir mit Christus gestorben sind, und seine Überzeugung dass wir mit Ihm leben werden, heißt es im Kolosserbrief: Wir sind begraben worden durch die Taufe und jetzt auch schon auferstanden durch den Glauben aus der Kraft Gottes. Die Taufe verankert uns in das Geschehen der Heiligen Woche, Karfreitag und Ostern. Dieses Geschehen bildet eine Ganzheit. Für den Verfasser des Kolosserbriefes sind wir jetzt schon sowohl mit Christus begraben worden als auch mit ihm auferstanden. Wir sind lebendig gemacht worden — das Heil ist nicht unser Werk. Wir haben uns nicht befreit, sondern wir wurden befreit. Vieles in unserem Leben ist nicht unser Werk: wir werden geboren, werden geliebt …
„Und er hat euch mit ihm lebendig gemacht, die ihr tot wart in den Sünden und in der Unbeschnittenheit eures Fleisches, und hat uns vergeben alle Sünden.‟
Da in Vers 11 von der Beschneidung als dem Ablegen des sündigen Wesens, das durch Christus an uns vorgenommen wird, geredet wird, ist die „Unbeschnittenheit eures Fleisches‟ wohl ein Synonym des alten Menschen, von dem der Apostel in Kol 3,5–11 spricht. Diese Sprachwendungen sind wohl für Jugendliche genauso wie für die meisten Gemeindeglieder eher abstrus.
Je nach Kontext der Gemeinde ist die Problematik der Beschneidung verschieden zu bewerten, die Größe der islamischen und jüdischen Gemeinden vor Ortkönnen ein Eingehen auf das Thema erfordern unterHinweis auf Gen. 17,1–2. 9–11:
 „Wandle vor mir und sei fromm. Und ich will meinen Bund zwischen mir und dir schließen … Das ist aber mein Bund, den ihr halten sollt zwischen mir und euch und deinem Geschlecht nach dir: Alles, was männlich ist unter euch, soll beschnitten werden … das soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und euch.“
Die Entfernung der Vorhaut ist ein Zeichen der Zugehörigkeit zum Bund zwischen Gott und Abraham, in dessen Nachfolge sich sowohl Juden als auch Muslime sehen. Die Beschneidung ist der Siegel des Bundes auf Abrahams Volk, eine Mahnung auch im intimsten Bereich des Lebens vor Gott zu wandeln.
Die Beschneidung kann; den Jugendlichen angepasst, im Religionsgeschichtlichen Kontext gesehen werden, aber vielleicht direkter, doch politisch heikler, im Kontrast zu den Opfern, die die Ideologien den Menschen abverlangt haben und noch verlangen. Zum Beispiel Wachstum um jeden Preis, auch um den Preis von Tchernobyl und Fukushima. Nahe liegend ist auch der Kontrast zum Leistungsdruck, den die Jugendlichen in Deutschland erleben, man verlangt viel und opfert ihre Jugend, sie bleiben weiter unten. Taufe und Beschneidung sind ja keine Leistung, die der Täufling oder Beschnittene erbringt.       
Fleisch (σαρξ) steht in der Bibel sowohl für den Menschen, seine Leiblichkeit [Lk 3,6], als auch für seine Schwäche beziehungsweise Sünde [Rm 8,4].
Ein sehr problematischer Begriff — wie geh ich mit meinem Körper um? Der Druck, in bestimmte Klamotten zu passen, um als „cool” zu gelten, oder den Leitbildern der dominanten Gruppe zu entsprechen.
„Er hat den Schuldbrief getilgt, der mit seinen Forderungen gegen uns war, und hat ihn weggetan und an das Kreuz geheftet.‟
Wo ist unser Schuldbrief? Was steht in diesem Brief?
Heute sind die vermeintlichen Heilsversprechen, die sich zur Zeit des Kolosserbriefes in Vorstufen der Gnosis ausdrückten, radikal säkularisiert worden, sie gelten selten einem Jenseits, sondern zielen auf das Hier und Jetzt des Erfolgs, des Wohlfühlens. Sie werden oft zu Leitlinien, Zwänge, die das Leben regieren.
Wo sind die Erwartungen, „Du solltest, musst … dies … und dies nicht …”, die Forderungen an uns — die Zwänge … die auf uns prallen? All diese Erwartungen belasten uns, sie lassen sich als Schuld erfahren und werden auch oft so hochstilisiert. Die neue Sinus Studie: Wie ticken die Jugendlichen in Deutschland? 2012 scheint den grössten Druck bei Jugendlichen im Leistungsdruck auszumachen. Nur der, der etwas leistet, ist wer, man grenzt sich ab von dem, der nichts oder nicht soviel leistet.
Fit, jung, schön, leistungsstark, technisch–versiert – das sind wohl Beschreibungen die auf viele der Mode– und Medien–Ikonen passen, sie werden zu Vorbildern, die nachgeahmt werden (müssen), um sozial angenommen zu werden.
Mögliche Aktionen mit den Konfirmandinnen und Konfirmanden

  Unsere „Schuldbriefe“

falls es Zeit für ein Treffen vor dem Gottesdienst gibt
 Unseren Schuldbrief niederschreiben, jede für sich und als Gruppe
— wahre Schuld und eingeredete Schulden, Verpflichtungen, Gruppen- oder gesellschaftliche Zwänge, Vorurteile. Diese wahren Schulden könnte man dann auflisten und während des Sündenbekenntnisses als Zettel symbolisch auf ein leeres Kreuz heften. Dieses Kreuz kann während der Absolution zur Seite getragen werden.
oder:
Zettel herstellen, die auf einer Seite Photokopien von Schlagzeilen der lokalen Presse zum Thema Leistungsdruck, Vorurteile (zum Beispiel die Vorverurteilung des Berufsschüler im Mordfall Lena in Emden) und auf der anderen eine Aufschrift „Meine, deine, unsere Schuld“ enthalten. Diese können von den Konfirmanden frei gewählt und dann wie oben einzeln auf das Kreuz geheftet werden.
oder (falls es zu keinem Treffen vor dem Gottesdienst kommt):
Die Zettel wie oben aber nur mit der Aufschrift „Meine, deine, unsere Schuld“ und wie oben während des Gottesdienst von den Konfirmanden analere Kreuz heften lassen oder selbst vor dem Gottesdienst heften.
Im Sündenbekenntnis sollten in den zweiersten Fällen die Zettel vor dem anheften kurz erläutert werden oder im dritten Fall die leeren Zettel anhand der vor Ort relevanten Formen des extremen Leistungsdruck, der überzogen Erwartungen, aufgenommen werden. Das Kreuz kann dann während der Absolution zur Seite getragen werden.

  Fesseln lösen:

Man könnte die Schulden thematisieren, das heisst in Oberbegriffe zusammenfassen: Leistungsdruck, Ausbeutung der Mitmenschen, Ausbeutung der Umwelt, usw. Diese Themen anhand von Bildern deutlich machen, die Bilder dann zu Kettengliedern aus Papier zusammenflechten zu einer längeren Kette. Während des Sündenbekenntnisses  können dann die einzeln Kettenglieder  beim jeweiligen Thema nach und nach von einigen Konfirmanden durchschnitten werden. Das Sündenbekenntnis sollte jedoch so formuliert sein:
„Herr, wir geben dir Dank, weil Du uns annimmst, befreie uns von der Fessel des Leistungsdruckes, den wir in der Schule, im Betreib erfahren und spüren lassen …“ 
Je nach Möglichkeit könnte die papierene Kette wenn die Kettenglieder groß genug gestaltet werden, einen Blumenstrauß verbergen, heimische helle Blumen, die dann bei der Absolution verteilt werden können. Dies ist nur sinnvoll, wenn nicht eine zu grosse Anzahl von Gottesdienstbesucher leer ausgehen muß.   
3. Gestaltung des Sündenbekenntnisses und Fürbittengebet
Wie oben erwähnt sollte das Sündenbekenntnis wie das Fürbittengebet auf den zunehmend Leistungsdruck in der Gesellschaft eingehen, er trifft ja Erwachsene und Jugendliche zugleich, Stress, Burn-out, Turbo–Abi usw. Im Fürbittengebet kann um Segen und Kraft für die Arbeit, Schule nach den Ferien… gebeten werden.       
Hintergrundstudie
Sinus-Studie: Wie ticken Jugendliche? 2012
Marc Calmbach, Peter Martin Thomas, Inga Borchard, Bodo Flaig, Wie ticken Jugendliche? Lebenswelten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren in Deutschland 2012, Verlag Haus Altenberg, 368 Seiten, ISBN 978-3-7761-0278-9
Perikope
Datum 15.04.2012
Bibelbuch: Kolosser
Kapitel / Verse: 2,12
Wochenlied: 102
Wochenspruch: 1 Petr 1,3