KONFI-IMPULS zu 1. Petrus 2,21b-25 von Gerlinde Feine
2,21-25

KONFI-IMPULS zu 1. Petrus 2,21b-25 von Gerlinde Feine

Konfi-Impuls zu 1. Petrus 2, 21b-25 
erarbeitet mit der Konfigruppe der Stadtkirchengemeinde Böblingen

Annäherungen

1.Petrus 2, 18-25 handelt vom angemessenen Verhalten christlicher Sklaven gegenüber ihrer Herrschaft. Sie sollen dem Vorbild Jesu folgend gegenüber der Gewalt, die ihnen geschieht, stumm bleiben, Unrecht ertragen und sich nicht dagegen auflehnen. Dafür wird ihnen an Gottes Gnade Anteil gegeben. Weil die als Predigttext vorgesehene Epistel erst mit V.21b einsetzt, verschiebt sich ihre Aussage passend zum Thema des Sonntags: Jesus ist durch sein eigenes Leiden zum guten Hirten geworden, dem die in die Irre Gegangenen nun nachfolgen.

Nicht nur die Jugendlichen tun sich schwer, sich selbst in dem Argumentationszusammenhang von 1. Petr 2,18 ff zu verorten. „Wieso ist Jesus für uns mehr da als für die Menschen damals?“ ist eine der Fragen, die beim ersten Lesen des Textes in unserer Gruppe notiert werden. Das passive Aushalten von Unrecht als Zeichen der Nachfolge ist schwer vermittelbar, erst recht, wenn sonst das Eintreten für Gerechtigkeit, der Schutz der Schwachen und die Befreiung der Rechtlosen als christliche Tugenden im Konfis besprochen und geübt werden. Auch die Zuschreibung, „in die Irre gegangen“ zu sein, beziehen die Jugendlichen nicht auf sich.

Deutlich leichter fällt die Deutung der Leidens- und Erlösungsgeschichte in V.22-24. Selbst der Begriff „Holz“ als Symbol für das Kreuz ist, vielleicht auch wegen EG 97, kein Problem. Als Schlüsselwörter halten wir fest: „Vorbild“, „sich aufopfern“, „Betrug“, „Sünde“, „Gerechtigkeit“, „Hirte“ und „Bischof“. Die aus exegetischer Sicht ebenso markanten Begriffe „nachfolgen“ und „(Fuß)Spuren“ finden dagegen wenig Interesse.

Jedes dieser Wörter wird auf ein Plakat geschrieben und dient als Ausgangspunkt für eine Schreibmeditation, bei der die Jugendlichen von Tisch zu Tisch gehend stumme Unterhaltungen über die Bedeutungsfelder führen. Anschließend werden die „Gespräche“ gemeinsam ausgewertet. Als erste Ergebnisse lassen sich für die Predigt festhalten:

  • Der Begriff „Bischof“ ist für die Jugendlichen fest verknüpft mit den Amtsträgern, die sie aus den Medien kennen. Bischöfe sind „heilig“, „beschäftigen sich viel mit Gott“, sind „fast noch gläubiger wie ein normaler Pfarrer“, vor allem aber sind sie (römisch-)katholisch.

Diese starke Prägung des Begriffs könnte auch für erwachsene Predigthörende ein Verstehenshindernis sein. Die Basisbibel übersetzt daher episkopos in V.25 mit Beschützer. Die Bibel in gerechter Sprache vermeidet den Begriff ganz, indem sie vom Hirten schreibt, „der euer Leben behütet.“ Beide Varianten sind der Sache angemessen und ersparen umständliche historische Erklärungen.

  • Für „Betrug“ und „Sünde“ fallen den Jugendlichen zumeist Beispiele aus den Nachrichten ein, z.B.. „Steuerhinterziehung“, „Uli Hoeneß“, „jemanden hintergehen“, „etwas Böses tun“. Sie sind aber überzeugt davon, dass man Unrecht selbst wieder aus der Welt schaffen kann bzw. dass es gute Gründe geben kann, die den Betrug rechtfertigen: „Sünden können „verbessert“ werden“ und „Wenn man jemanden betrügt, hat das manchmal einen Hintergrund aus Angst, Wut…“ - „Betrug ist, wenn ein Mensch einen anderen bewusst hintergeht, eine Straftat begeht oder ähnliches. Ich denke, man darf über solche Menschen aber nicht vorschnell urteilen sondern muss sich erst mit der speziellen Situation auseinandersetzen, und wenn es jemandem leidtut, kann und sollte man meiner Meinung nach auch vergeben können.“

Die Vorstellung, dass jeder Mensch auf Gnade angewiesen ist, um vor Gott gerecht zu sein, ist ihnen fremd, denn: „Man kann seine Sünden immer begleichen und sie werden einem vergeben.“ Brauchen einen Erlöser also nur die, die es nicht schaffen, sich selbst zu erlösen? 

  • Unter Gerechtigkeit verstehen die Jugendlichen zunächst Gleichbehandlung und Gleichberechtigung sowie die Einhaltung von Gesetzen. Gerechtigkeit „ist, wenn man alle Leute gleich behandelt, … da jeder Mensch gleichberechtigt werden will / soll“, aber auch, „wenn niemand Vorteile bekommt.“ – „Im Gericht wird danach geurteilt, wer Recht hat. Das ist auch wichtig, jeder soll seine gerechte Strafe erhalten, doch man sollte auch vergeben können!“
  • Damit es in der Welt gerecht zugehen kann, braucht man aber auch „Mut“ und die Bereitschaft, „sich für andere ein(zu)setzen“, sich sogar aufzuopfern: „Wenn man etwas tut, was für einen selbst negativ ist, aber für eine andere Person positiv“, das ist für die Jugendlichen ein Ausdruck von Liebe.

Gemünzt auf die Bekennervideos fanatischer Selbstmordattentäter und ihren falschen Opferbegriff schrieb jemand: „man kann sich aufopfern, um bei Gott zu sein“. Diese negative Konnotation sollte mit im Blick sein, denn „Zu sterben als Aufopferung ist vielleicht das Extrembeispiel, aber es kann ja auch im Kleinen etwas für jemand anderes tun oder auf etwas verzichten, was dem anderen dann zugute kommt.“

Insgesamt zeigt sich, dass die für geübte Predigthörende geprägten Begriffe und Verstehenszusammenhänge der (lutherischen) Rechtfertigungstheologie bei den Jugendlichen und wohl auch vielen Erwachsenen nicht mehr vorausgesetzt werden können und ihnen zT diametral entgegenstehen. Die Predigt könnte darauf reagieren, indem sie zeigt, wie sich die rechtfertigende Gnade Gottes in Jesus Christus auswirkt, und darauf verzichtet, zu erklären, wie sie funktioniert („show, not tell“). Dabei helfen die Bilder vom Hirten und vom Vorbild, dem man nacheifern kann.[1]

Konkretionen

Für Jugendliche, die in der Stadt aufwachsen, ist der Begriff des Hirten durchweg positiv besetzt und wird mit biblischen Motiven, v.a. aus der Weihnachtsgeschichte, verknüpft. Er wird fast ausschließlich im übertragenen Sinn verwendet: „Ich denke, alle Mütter sind Hirten, aber auch Freunde, Bekannte und jegliche andere Personen, die man gern hat, passen aufeinander auf und beschützen sich gegenseitig, es hat etwas mit Liebe zu tun <3“

Unter http://schafzwitschern.diearnacher.de/ berichtet der Wanderschäfer Sven de Vries regelmäßig von seiner Arbeit und dem Leben mit einer großen Schafherde auf der Schwäbischen Alb. Er setzt sich dabei auch mit Zuschreibungen, Klischees und den Fragen auseinander, die ihm auf Twitter gestellt werden (Wanderschäfer@schafzwitschern). Inzwischen gibt es auch eine eigene Präsenz für Kinder und Jugendliche (@LammwillWissen), auf die man die Konfis hinweisen kann.

In die Schilderung seiner Tätigkeiten mischen sich Einsichten über das Verhältnis des Hirten zu seiner Herde, über Verantwortung, Einsatz für die Schwachen, sich aufopfern, beschützen, um jedes einzelne Schaf kämpfen, Abschied und Tod. Anekdoten und immer wieder auftretende Sympathieträger unter den Tieren können als Anschauungsbeispiele für die Predigt dienen, wie zB der Artikel über Leithammel im Allgemeinen oder über Mosche, das Findlingslamm mit der lustigen schwarz-weißen Zeichnung, das vom Schäfer mit der Flasche aufgezogen wurde. Weil es zum Leithammel ausgebildet werden sollte, trug es als Namen eine ruftaugliche Variante von Mose, um an den biblischen Anführers und Hirten seines Volkes zu erinnern. Wer mit Elementen der Dramaturgischen Homiletik arbeitet, wird „Mosches viel zu kurze Geschichte“ für prägnante Moves nutzen können (http://schafzwitschern.diearnacher.de/2015/12/mosches-viel-zu-kurze-geschichte/).

Aktionen

Wo trotz der anstehenden Konfirmationen Jugendliche am Gottesdienst beteiligt werden können, legt es sich nahe, sie um die Präsentation der bei der Schreibmeditation erstellten Plakate zu bitten oder diese wenigstens im Kirchraum aufzuhängen und darauf hinzuweisen.

Auch Geschichten und Bilder vom „Schafzwitschern“ sind für die Präsentation durch Jugendliche im Gottesdienst geeignet. In Gemeinden, in denen die technische Ausstattung es zulässt und social media-Elemente eingeführt sind, kann auch auf Twitter zugegriffen werden.

Auf unserem „Vorbild“-Plakat nennen die Jugendlichen konkrete Beispiele wie Justin Bieber und den Youtube-Künstler Inscope21, sagen aber auch ganz allgemein: „Ein Vorbild lebt entweder bereits das Leben, das man selbst gern führen würde oder er ist so ähnlich wie ein Schönheitsideal“.

Geschichten von Menschen, die ihrem Vorbild nachgeeifert sind und dabei Gutes für sich und andere bewirken konnten, können erzählt oder visualisiert werden. Dabei sind „lokale Größen“, wie die Kirchenpatrone oder Ortsprominente besonders geeignet.

Der griechische Begriff hypogrammos steht aber auch für die (Schreib-)Vorlage und das (Unterrichts-) Beispiel, das die Schüler möglichst originalgetreu nachzeichnen bzw auf dessen Hilfslinien sie bleiben sollten. Als Veranschaulichung dafür könnten Zettel vorbereitet werden mit bekannten Abkürzungen zur Christologie (INRI, IHS, FISCH statt ICHTHYS), auf denen für jeden Buchstaben ein Begriff gefunden und ergänzt werden muss (zB JESUS = Jede/r Einzelne Spürt Ueberall Segen). Kinder können auch die altchristlichen Symbole nachzeichnen[2]. Die Ergebnisse können entweder auf einer Moderationswand präsentiert oder in der Taufschale abgelegt werden, wo man sie nach dem Gottesdienst anschauen kann.

 

[1] Weitere Aussagen der Jugendlichen zu den von ihnen gefundenen Begriffen sowie die Anleitung zur Bibelarbeit mit Schreibmeditation gibt es online unter http://predigten.evangelisch.de/predigt/konfi-ideen-zu-1petrus-221b-25-von-gerlinde-feine

[2] Kopiervorlagen gibt es zB bei den Bastelanleitungen für Taufkerzen wie hier unter http://www.kirche-lauffen.de/website/de/l/kasualien_feierlichkeiten/tauf...