Predigttext: Apg 10,21-35
„Grenzüberschreitung“ titelt das Herausgeberteam von „Lied trifft Text“ zum Wort der 6. Predigtreihe unseres Sonntags. Primär ist an die Ausbreitung des Glaubens an den Christus über die Grenzen des jüdischen Glaubens hinaus gedacht. Kornelius wird zum Mittler der Botschaft des Evangeliums, indem er Petrus in sein Haus einlädt. Und mit Petrus kommt die Botschaft vom Heiland der - ganzen - Welt (V. 36: πάντων κύριος). Die Universalität des Anspruchs Gottes in Christus verwirklicht sich in der Überschreitung der jüdischen Glaubenswelt.
Schon Kornelius selbst ist als Sebomenos (hier φοβούμενος τὸν θεὸν) eine Scharnierperson. Den Proselytenstatus (Beschneidung) hat er für sich nicht als seinen Weg gesehen; er bleibt auf der Ebene der seiner Synagoge angeschlossenen Sympathisanten. Binnenjüdisch betrachtet im Kern ein „unreiner Heide“ (Pesch, Apostelgeschichte, EKK Studienausgabe 2012, S. 336).
Petrus wiederum darf man als Hin- und Hergerissenen bezeichnen. Der Streit mit Paulus (Gal 2, 11 ff) offenbart einen, der genau an der Frage der „Grenzüberschreitung“ wankelmütig, unauthentisch, unsicher und dann für die Andern, die „Paulaner“ heuchlerisch daherkommt.
Die dritte Gruppe sind die von Kornelius Eingeladenen. Offenbar reicht die Beziehungsebene der Freunde und Verwandten aus, einen angekündigten Missionseinsatz, bzw. einen Religionskurs für Erwachsene abzuwarten, dem Kornelius einen Rahmen verschafft. Was Kornelius seinen Gästen ankündigt, ist nicht weniger als Konfi kompakt im Hauskreis der Familie. Am Ende klärt sich die Konsequenz: Die Unterweisung war eine Taufkatechumene mit dem Ziel, den bisher Draußenstehenden Vollmitgliedschaft in der Gemeinde Jesu Christi zu vermitteln (10,47f).
Von diesem Prozess der Entgrenzung des Evangeliums gehe ich aus im Gespräch mit den Konfirmandinnen und Konfirmanden.
Ich sehe mir Petrus zunächst an, der Schwerpunkt liegt auf seiner Binnenpsychologie. In Kleingruppen/Halbplena lesen wir verschiedene seiner Stationen:
a) Der zu allem Entschlossene? Mt 26,31-35 und Joh 18,1-17 und Mt 26,69-75
b) Der Christ auf der Grenze: Apg 11,1-18 und Gal 2,6-14
Eine kurze Schilderung des in den Gruppen Gelesenen folgt im Plenum.
Zunächst klären wir die Frage: „Wer ist Petrus, welchen Auftrag hat er? Wer ist der Auftraggeber?“
Unter der Frage: „Was für ein Typ ist dieser Petrus eigentlich?“ diskutieren wir dann die Frage um Klarheit, Mut, Standing, Entschiedenheit.
Anschließend kommt unsere Geschichte zu Wort: Apg 10 komplett.
Schließlich versuche ich eine Identifikation mit den Freunden des Kornelius:
Wer würde sich zuhause bei einem Freund einladen lassen, wenn er wüsste, dass ein Prediger zu Gast sein soll?
Unter welchen Voraussetzungen würde ich mich einladen lassen?
Was ist eigentlich mein derzeitiger Standpunkt im Glauben?
Hier eignet sich eine Linienaufstellung: Ganz links im Raum: „Ich glaube zur Zeit nicht an Gott“, ganz rechts: „Ich glaube zur Zeit an Gott“, in der Mitte: Ich weiß nicht recht, ob ich an Gott glaube, oder ich will es jetzt nicht zeigen“.
Ich könnte auch fragen: Angenommen: Niemand unter uns wäre getauft. Wer würde sich taufen lassen? (Aufstellung: Ja, ich würde mich taufen lassen – Ich weiß nicht, oder ich will es nicht zeigen – Nein, Taufe wäre jetzt nichts für mich).
Eine kurze Auseinandersetzung oder eine grundsätzliche Erarbeitung dessen, was Konfirmation will, könnte sich anschließen.
Dann komme ich zurück zu Petrus: Ich inszeniere ein Standbild: Petrus will eigentlich nicht wirklich zu Kornelius kommen (Abwehr). Dann: Petrus lädt die Boten ein (Einladung). Dann: Petrus tritt über die Schwelle des Hauses von Kornelius: Innen alles fremde „Ungläubige“ (Wackliges Zögern, Blick zurück hinaus). Dann: Petrus staunt über das Wunder des Glaubens. Schließlich: Petrus kapiert etwas Neues.
Zum Schluss komme ich auf den Kern der Geschichte: Was, wenn Christus für alle da ist? Was könnte das bedeuten für unsere Konfigruppe, für unsere Gemeinde, für die Randständigen, Halbfertigen, Ungläubigen, für mich? Aber auch: Was heißt das für die Katholiken neben uns? Was heißt das für die türkischen Mitschüler, die aus der Kirche Ausgetretenen …
Und auch: Was heißt das für mich angesichts der hungernden Christen im Sudan? Was heißt das für mich angesichts der bedrängten Minderheiten auf den Philippinen, in China, andernorts in der Welt?
V. 35 endet mit der Ethik.
Zur Darbietung im Gottesdienst:
Zwei Standbilderseiten wären spannend: Hier Petrus auf der Schwelle im Zweifel, im schwanken. Dort die Zuhörerschar (vielleicht drei Beispiele: Der, der die Begegnung mit dem Christus sehnlichst erwartet; die, die nicht recht weiß, was sie hier soll; der, der dieser Einladung grundsätzlich ablehnend gegenübersteht.)
Und dann die Frage in den Raum: Könnte es nicht sein, dass hier unter uns jede der drei Haltungen anwesend ist? Halten wir diese Spannung zwischen den ganz entschlossenen und den eher ablehnenden aus? Und: Welches Bild geben wir ab, um andere zur Taufe, zur Konfirmation, zum Glauben an Christus zu ermutigen? Wie einladend ist unsere Gemeinde und wie einladend wirken wir selbst?
Auch spannend für Zuhörende: Ein inneres Selbstgespräch des Petrus (Wankelmütig zwischen Öffnung des Glaubens und Exklusivität, zwischen Hingehen und Bleiben, zwischen Zaudern und Staunen), es könnte mittwochs aus der Arbeit der Gruppen heraus entstehen.
Liedideen:
Ins Wasser fällt ein Stein, EG 637. Damit aus Fremden Freunde werden, EG 657. Aus Gottes guten Händen, EG 646. Wo wir dich loben, wachsen neue Lieder NL 94. Da berühren sich Himmel und Erde. Wenn das Brot, das wir teilen, NL 86.