KONFI-IMPULSE zu 2. Korinther 6, 1-10 von Jens Scheilke-Hekermanns
6,1
"Vorbild sein ist anstrengend und langweilig!“
Der Predigttext für den Sonntag Invokavit hat das Problem – nicht nur für Konfis, sondern für die ganze Gemeinde -, dass die Schönheit und die strahlende Kraft des Evangeliums im Kontext vor dem Predigttext steht und der eigentliche Predigttext eine differenzierende, und irgendwie bremsende Fortführung der starken Gedanken des Kontextes ist. So wirkt er für sich genommen gesetzlich, einschränkend und langweilig. Eine Ausnahme davon ist vielleicht V2b: „Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe jetzt ist der Tag des Heils!“ Doch kann sich der Ton dieses Satzes innerhalb des Predigttextes nicht entfalten, da die umliegenden Verse zu deutlich eine andere Richtung einschlagen Auch werden die Begriffe Gnade und Heil an dieser Stelle nicht inhaltlich gefüllt und bleiben so für Menschen ohne spontan abrufbare Vorbildung an diesen Begriffen abstrakt und leer.
Dabei geht es doch Paulus genau darum, und deshalb schlage ich vor, den Predigttext deutlich vom Kontext her zu beleuchten. Unmittelbar vor dem Predigttext finden wir klassische, und klasse paulinische Beschreibungen des Evangeliums: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.“ (5,17) Oder: „So bitten wir nun an Christi Statt: Laßt Euch versöhnen mit Gott.“
Nun ist es sicherlich keine Art, sich zu Beginn einer Predigt bei der Gemeinde für den vorgegebenen Predigttext zu entschuldigen und sich mit der Gemeinde gegen die Gestalter der Predigtreihe zu verbünden, aber in diesem Fall wäre doch zu überlegen, ob vor Lesung des Predigttextes nicht gerade mit Blick auf die Konfis ein Hinweis hilfreich wäre, warum es sich gegen den ersten Augenschein lohnt, beim Predigttext und bei der Predigt zuzuhören.
Dann hören die Konfis vielleicht etwas weniger dies: Zu Beginn des Textes fühlt sich eine Autorität aufgerufen, die Hörer mit einer bedrohlichen Negativformulierung („nicht vergeblich“) zu „ermahnen“ (V1). Nach einem kurzen Aufruf in abstraktem Pfarrerdeutsch (V2) besteht der Text vor allem aus erst einer Liste unerfreulicher Dinge (Trübsal, Nöte, Ängste usw.), dann einem Tugendkatalog (Lauterkeit, Tugend, usw.) (V3-8b). Dann endet der Text mit offensichtlich in sich widersprüchlichen Aussagen (V9f).
Vermutlich sind Konfis – aber nicht nur sie! – von diesem Text zunächst wenig bis überhaupt nicht angesprochen und vermuten auch den Grund dafür, dass ihnen dieser Text vielleicht dunkel erscheint, nicht bei sich, sondern beim Text. Sie vermuten in einem Bibeltext nicht von vornherein eine für sie relevante Wahrheit, die es zu verstehen lohnt und sind deshalb für nachfolgende hermeneutische Hilfen auf dem Weg des Verstehens nicht dankbar, weil sie diesen Weg gar nicht begehen wollen.
Es gäbe die Möglichkeit, diesen Text anders klingen zu lassen, wenn die Position des Paulus beim 2. Korintherbrief allgemein erwähnt wird: Er schreibt diesen Brief eben gerade nicht als anerkannter Apostelfürst von oben herab mit unangreifbarer Autorität, sonder eher mit dem Rücken zur Wand. Er wurde angegriffen und beleidigt und schreibt diesen Brief mit einem ganzen Cocktail an Emotionen: Schmerz, Kränkung, Sorge um die Gemeinde und Empörung über seine Beleidiger.
Hilfreich wäre sicherlich auch eine Klärung der Sprechhaltung des Paulus in V.3-8: Sicherlich spricht Paulus von sich selbst und erwähnt die Gefahren, die ihm in Ausübung seines Apostelamts widerfuhren. Aber will er sich mit diesen Sätzen vor allem selbst auszeichnen und empfehlen, um sich dadurch gegen Angriffe zu wehren? Oder nimmt er sich als Vorbild für die Gemeinde? Das ist für die Predigt entscheidend, ob insbesondere V6-8 als christlicher Tugendkatalog zu lesen sind. Der Kontext legt diese Interpretation nahe, dass Paulus sich als Vorbild empfiehlt, dem es nachzueifern gilt: In 7,1 ruft er dazu auf, die „Heiligung“ zu „vollenden“ und sich dafür „von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes“ zu reinigen. Wie das geht, zeigt Paulus in unserem Predigttext an seinem Beispiel. Er ruft durch sein Vorbild die Korinther zu Vorbildlichkeit auf, und zwar gegenüber ihrer heidnischen Umwelt. So wie er von sich sagt, dass er „in nichts irgendeinen Anstoß“ gibt, so sollen es auch die Korinther halten. Beide Bedeutungsebenen ziehen sich durch den Text: Paulus verteidigt sich und seine Ausübung des Apostelamts, und gleichzeitig belehrt er seine Gemeinde an diesem Beispiel über christliche Lebensführung.
Daraus ergibt sich der Anknüpfungspunkt an die Lebenswelt Jugendlicher: Auch an sie wird oft der Anspruch gestellt, ein Vorbild für andere zu sein. Und die Frage ist: Ist das anstrengend, einschränkend und langweilig? Die Predigt kann an dieser Stelle versuchen, aus gefühltem Gesetz gefühltes Evangelium zu machen und in einer evangelischen Umkehrung der Verhältnisse diese Mahnung als Befreiung und Ermöglichung zu deuten: Dass ich Vorbild sein kann und darf für andere, hindert nicht, sondern steigert meine Lust am Leben, macht mich schöner, freier und stärker. Die Aufzählung des Paulus liest sich vielleicht zunächst langweilig: Lauterkeit, Erkenntnis, Langmut… Aber da steht auch anderes, was vielleicht zunächst überhört oder zunächst zu brav und keusch verstanden wird. Die Predigt könnte die „ungefärbte Liebe“ (V6) so lange mit Inhalt füllen bis Konfis kichern und die Kerngemeinde errötet. Denn auch oberhalb der Gürtellinie lässt sich viel über Liebe sagen, dass Konfis ahnen lassen könnte: „Jetzt geht es gerade um mich.“ Ruft Paulus dazu auf, sich gegenseitig Vorbild in der Liebe zu sein? Könnten nicht gerade darin Jugendliche Vorbilder für in Konventionen eingewöhnte Erwachsene sein? Oder die „Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken“ (V7): Hier lässt sich nicht nur an Star Wars, Lichtschwerter und die gute Seite der Macht anknüpfen, sondern allgemein zeigen, dass wer versucht, als Christ zu leben und darin Vorbild zu sein, nicht in irgendeinem kleinen Binnenhafen vor sich hin dümpelt, sonder voll im „Sturm des Geschehens“ (Bonhoeffer) steckt. Auch „Gerüchte“ (V8) sind ein großes Thema für Jugendliche: Was tue ich, wenn alle um mich herum lästern? Wie gehe ich mit Erzählungen über Dritte um?
Worin wollen Jugendliche, will die Gemeinde denn Anderen ein Vorbild sein? Ein Vorbild in Spontaneität, ein Vorbild in Kreativität, ein Vorbild darin, im eigenen Leben für Ruhe und Genuss zu sorgen? Ein Vorbild darin, Vorgaben von Erwachsenen zu hinterfragen. Ein Vorbild darin, überlebte Konventionen zu ändern. An dieser Frage knüpft die Aktion an: Worin will ich gern Vorbild sein?
Die einfachste Umsetzung ist die, dass die Gemeinde eingeladen wird, sich in einer kurzen Stille selbst eine Sache vorzunehmen bzw. bewusst zu machen, in der er/sie gern für andere Vorbild sein will. Möglich wäre auch eine kurze Murmelphase in den Bänken – nicht nur für Jugendliche ohnehin ein befreiender Moment im Gottesdienst. Möglich wäre auch, die Gemeinde mit Zetteln und Stiften auszustatten, so dass sich jeder etwas schriftlich vornehmen kann. Diese Zettel können leer ausgeteilt werden, sie könnten auch die Überschrift „Vorbild sein ist anstrengend und langweilig!“ tragen. Die Gemeinde wird an den enstsprechenden Stellen in der Predigt aufgefordert, die Begriffe anstrengend und langweilig zu streichen und dann zu ersetzen, so dass z.B. diese Aufschrift entstehen könnte: „Vorbild sein ist anstrengend und langweilig im Chillen.“
Die beschrifteten Zettel können gesammelt und für die Gemeinde sichtbar aufgehängt werden (Pinnwand, Wäscheleine o.ä.). Im Anschluss an das Lied nach der Predigt könnten ein paar Konfis ein paar Zettel verlesen, die ihnen besonders gefallen.
Im weiteren Verlauf des Gottesdienstes können die Fürbitten auf diese Zettel Bezug nehmen.
Der Predigttext für den Sonntag Invokavit hat das Problem – nicht nur für Konfis, sondern für die ganze Gemeinde -, dass die Schönheit und die strahlende Kraft des Evangeliums im Kontext vor dem Predigttext steht und der eigentliche Predigttext eine differenzierende, und irgendwie bremsende Fortführung der starken Gedanken des Kontextes ist. So wirkt er für sich genommen gesetzlich, einschränkend und langweilig. Eine Ausnahme davon ist vielleicht V2b: „Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe jetzt ist der Tag des Heils!“ Doch kann sich der Ton dieses Satzes innerhalb des Predigttextes nicht entfalten, da die umliegenden Verse zu deutlich eine andere Richtung einschlagen Auch werden die Begriffe Gnade und Heil an dieser Stelle nicht inhaltlich gefüllt und bleiben so für Menschen ohne spontan abrufbare Vorbildung an diesen Begriffen abstrakt und leer.
Dabei geht es doch Paulus genau darum, und deshalb schlage ich vor, den Predigttext deutlich vom Kontext her zu beleuchten. Unmittelbar vor dem Predigttext finden wir klassische, und klasse paulinische Beschreibungen des Evangeliums: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.“ (5,17) Oder: „So bitten wir nun an Christi Statt: Laßt Euch versöhnen mit Gott.“
Nun ist es sicherlich keine Art, sich zu Beginn einer Predigt bei der Gemeinde für den vorgegebenen Predigttext zu entschuldigen und sich mit der Gemeinde gegen die Gestalter der Predigtreihe zu verbünden, aber in diesem Fall wäre doch zu überlegen, ob vor Lesung des Predigttextes nicht gerade mit Blick auf die Konfis ein Hinweis hilfreich wäre, warum es sich gegen den ersten Augenschein lohnt, beim Predigttext und bei der Predigt zuzuhören.
Dann hören die Konfis vielleicht etwas weniger dies: Zu Beginn des Textes fühlt sich eine Autorität aufgerufen, die Hörer mit einer bedrohlichen Negativformulierung („nicht vergeblich“) zu „ermahnen“ (V1). Nach einem kurzen Aufruf in abstraktem Pfarrerdeutsch (V2) besteht der Text vor allem aus erst einer Liste unerfreulicher Dinge (Trübsal, Nöte, Ängste usw.), dann einem Tugendkatalog (Lauterkeit, Tugend, usw.) (V3-8b). Dann endet der Text mit offensichtlich in sich widersprüchlichen Aussagen (V9f).
Vermutlich sind Konfis – aber nicht nur sie! – von diesem Text zunächst wenig bis überhaupt nicht angesprochen und vermuten auch den Grund dafür, dass ihnen dieser Text vielleicht dunkel erscheint, nicht bei sich, sondern beim Text. Sie vermuten in einem Bibeltext nicht von vornherein eine für sie relevante Wahrheit, die es zu verstehen lohnt und sind deshalb für nachfolgende hermeneutische Hilfen auf dem Weg des Verstehens nicht dankbar, weil sie diesen Weg gar nicht begehen wollen.
Es gäbe die Möglichkeit, diesen Text anders klingen zu lassen, wenn die Position des Paulus beim 2. Korintherbrief allgemein erwähnt wird: Er schreibt diesen Brief eben gerade nicht als anerkannter Apostelfürst von oben herab mit unangreifbarer Autorität, sonder eher mit dem Rücken zur Wand. Er wurde angegriffen und beleidigt und schreibt diesen Brief mit einem ganzen Cocktail an Emotionen: Schmerz, Kränkung, Sorge um die Gemeinde und Empörung über seine Beleidiger.
Hilfreich wäre sicherlich auch eine Klärung der Sprechhaltung des Paulus in V.3-8: Sicherlich spricht Paulus von sich selbst und erwähnt die Gefahren, die ihm in Ausübung seines Apostelamts widerfuhren. Aber will er sich mit diesen Sätzen vor allem selbst auszeichnen und empfehlen, um sich dadurch gegen Angriffe zu wehren? Oder nimmt er sich als Vorbild für die Gemeinde? Das ist für die Predigt entscheidend, ob insbesondere V6-8 als christlicher Tugendkatalog zu lesen sind. Der Kontext legt diese Interpretation nahe, dass Paulus sich als Vorbild empfiehlt, dem es nachzueifern gilt: In 7,1 ruft er dazu auf, die „Heiligung“ zu „vollenden“ und sich dafür „von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes“ zu reinigen. Wie das geht, zeigt Paulus in unserem Predigttext an seinem Beispiel. Er ruft durch sein Vorbild die Korinther zu Vorbildlichkeit auf, und zwar gegenüber ihrer heidnischen Umwelt. So wie er von sich sagt, dass er „in nichts irgendeinen Anstoß“ gibt, so sollen es auch die Korinther halten. Beide Bedeutungsebenen ziehen sich durch den Text: Paulus verteidigt sich und seine Ausübung des Apostelamts, und gleichzeitig belehrt er seine Gemeinde an diesem Beispiel über christliche Lebensführung.
Daraus ergibt sich der Anknüpfungspunkt an die Lebenswelt Jugendlicher: Auch an sie wird oft der Anspruch gestellt, ein Vorbild für andere zu sein. Und die Frage ist: Ist das anstrengend, einschränkend und langweilig? Die Predigt kann an dieser Stelle versuchen, aus gefühltem Gesetz gefühltes Evangelium zu machen und in einer evangelischen Umkehrung der Verhältnisse diese Mahnung als Befreiung und Ermöglichung zu deuten: Dass ich Vorbild sein kann und darf für andere, hindert nicht, sondern steigert meine Lust am Leben, macht mich schöner, freier und stärker. Die Aufzählung des Paulus liest sich vielleicht zunächst langweilig: Lauterkeit, Erkenntnis, Langmut… Aber da steht auch anderes, was vielleicht zunächst überhört oder zunächst zu brav und keusch verstanden wird. Die Predigt könnte die „ungefärbte Liebe“ (V6) so lange mit Inhalt füllen bis Konfis kichern und die Kerngemeinde errötet. Denn auch oberhalb der Gürtellinie lässt sich viel über Liebe sagen, dass Konfis ahnen lassen könnte: „Jetzt geht es gerade um mich.“ Ruft Paulus dazu auf, sich gegenseitig Vorbild in der Liebe zu sein? Könnten nicht gerade darin Jugendliche Vorbilder für in Konventionen eingewöhnte Erwachsene sein? Oder die „Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken“ (V7): Hier lässt sich nicht nur an Star Wars, Lichtschwerter und die gute Seite der Macht anknüpfen, sondern allgemein zeigen, dass wer versucht, als Christ zu leben und darin Vorbild zu sein, nicht in irgendeinem kleinen Binnenhafen vor sich hin dümpelt, sonder voll im „Sturm des Geschehens“ (Bonhoeffer) steckt. Auch „Gerüchte“ (V8) sind ein großes Thema für Jugendliche: Was tue ich, wenn alle um mich herum lästern? Wie gehe ich mit Erzählungen über Dritte um?
Worin wollen Jugendliche, will die Gemeinde denn Anderen ein Vorbild sein? Ein Vorbild in Spontaneität, ein Vorbild in Kreativität, ein Vorbild darin, im eigenen Leben für Ruhe und Genuss zu sorgen? Ein Vorbild darin, Vorgaben von Erwachsenen zu hinterfragen. Ein Vorbild darin, überlebte Konventionen zu ändern. An dieser Frage knüpft die Aktion an: Worin will ich gern Vorbild sein?
Die einfachste Umsetzung ist die, dass die Gemeinde eingeladen wird, sich in einer kurzen Stille selbst eine Sache vorzunehmen bzw. bewusst zu machen, in der er/sie gern für andere Vorbild sein will. Möglich wäre auch eine kurze Murmelphase in den Bänken – nicht nur für Jugendliche ohnehin ein befreiender Moment im Gottesdienst. Möglich wäre auch, die Gemeinde mit Zetteln und Stiften auszustatten, so dass sich jeder etwas schriftlich vornehmen kann. Diese Zettel können leer ausgeteilt werden, sie könnten auch die Überschrift „Vorbild sein ist anstrengend und langweilig!“ tragen. Die Gemeinde wird an den enstsprechenden Stellen in der Predigt aufgefordert, die Begriffe anstrengend und langweilig zu streichen und dann zu ersetzen, so dass z.B. diese Aufschrift entstehen könnte: „Vorbild sein ist anstrengend und langweilig im Chillen.“
Die beschrifteten Zettel können gesammelt und für die Gemeinde sichtbar aufgehängt werden (Pinnwand, Wäscheleine o.ä.). Im Anschluss an das Lied nach der Predigt könnten ein paar Konfis ein paar Zettel verlesen, die ihnen besonders gefallen.
Im weiteren Verlauf des Gottesdienstes können die Fürbitten auf diese Zettel Bezug nehmen.
Perikope