KONFI-IMPULSE zum Israel-Sonntag von Gerlinde Feine
Konfi-Impulse zum 10. Sonntag nach Trinitatis (Israel-Sonntag) – einige allgemeine Hinweise
Der Israelsonntag erinnert an den 9. Tag des jüdischen Monats Aw (im Jahr 2012 war es der 28. Juli). Tischa be Aw ist ein Tag, an dem sich das ganze Leiden des Volkes Israel zu verdichten scheint: am 9. Aw, so sagt es die Überlieferung, wurde Jerusalem von den Babyloniern erobert und der erste Tempel zerstört, am 9. Aw rund 500 Jahre später fand die Zerstörung des zweiten Tempels durch Römische Truppen statt, im Jahr 1290 wurden an diesem Tag alle Juden aus England vertrieben, fast 200 Jahre später aus Spanien. Auch der erste Weltkrieg, in dem viele jüdische Soldaten für ihre Heimatländer kämpften und starben, begann am 9. Aw. Drei Monate danach im Jahr 1938 brannten in Deutschland die Synagogen, und spätestens seit damals, als die christlichen Kirchen es versäumten, laut und energisch einzuschreiten gegen die Verfolgung der Deutschen jüdischen Glaubens, ist es nicht mehr möglich, unbefangen mit diesem Sonntag und seinem Proprium umzugehen. Das Thema „Judenmission“ verbietet sich von selbst, aber der urspüngliche Sinn, daß nämlich Kirche und Synagoge gemeinsam trauern um den verlorenen Tempel, und die eine die andere trösten möge, läßt sich vor dem Hintergrund der aktuellen Situation in Israel auch kaum vermitteln.
Im Hinblick auf die Konfis kommt hinzu, daß diese aus dem schulischen Religionsunterricht noch wenig Vorwissen zur Geschichte Israels mitbringen. Zwar kennen sie die Vätererzählungen und den Exodus aus der Grundschule und haben auch schon einen Eindruck der frühen Königszeit (Saul, David) gewinnen können. Auch soziale Themen aus der Zeit nach der Reichsteilung sind durch die Vermittlung bestimmter Personen (Elia, Amos) u.U. bekannt. Die tiefgreifenden Auswirkungen, die die späteren Niederlagen und insbesondere der Verlust Jerusalems auf das Selbstverständnis Israels und die Theologie der Exilszeit hatten, werden i.d.R. erst nach der Konfi-Zeit in der Schule behandelt. Beim Stichwort „Israel“ werden die Jugendlichen daher zuerst an den modernen Staat und seine über die Nachrichten übermittelte Situation denken; auch das Stichwort „Holocaust“ wird je nach Schultyp einigen (nicht allen!) schon etwas sagen. Viele kennen auch bestimmte Symbole (Davidsstern), Gegenstände (Menora!) bzw. Grundtexte des Judentums (Schema Jisrael, Dtn 6,4ff) und wissen, warum Jerusalem eine bzw. die Heilige Stadt für die drei großen Weltreligionen ist. Wie die meisten Menschen in der Gemeinde haben sie kaum persönliche Erfahrungen und Begegnungen mit Menschen Jüdischen Glaubens, kennen aber jüdische Musik (Klezmer!), Tänze und auch Popkultur.
Wegen seiner problematischen Geschichte (vgl. die Zusammenstellung von Ingrid Schmidt: https://www.asf-ev.de/fileadmin/scripts/download.php?path=fileadmin/Red…) und der besonderen Beziehungen zwischen Christen und Juden verbieten sich besondere „Inszenierungen“ fast von selbst. Der Gottesdienst ist auch nicht dazu da, Informationslücken zu schließen oder an diesem einen Tag im Jahr (noch dazu versteckt in den Sommerferien) jüdische Traditionen für sich zu entdecken und zu vereinnahmen. Wo in einer Gemeinde auch sonst das christlich-jüdische Gespräch gepflegt wird (zB durch Tora-Lernwochen oder die Sorge für jüdische Zeugnisse, Gebäude und Friedhöfe vor Ort), sind die Spielräume größer.
Ganz generell gilt: Auch der Gottesdienst am 10. Sonntag nach Trinitatis ist ein christlicher Gottesdienst – und jeder christliche Gottesdienst, ganz egal an welchem Tag, weiß um seine eigenen jüdischen Wurzeln, die gemeinsamen Texte und die jeweiligen sensiblen Bereiche.
Mögliche jugendgemäße Elemente, die auch für ältere Gemeindeglieder ansprechend sein könnten:
-          „Hevenu shalom alechem“ (EG 433) kennen die Konfis aus der Schule,  zT sogar aus dem Musikunterricht. Die einfachen Tanzschritte dazu sind ebenfalls weit verbreitet. Wo der Raum es zuläßt, kann die Gemeinde eingeladen werden, sich im Kreis aufzustellen und (nach kurzer Erinnerung an die Schrittfolge) dieses Lied als Friedensbitte vor dem Segen zu tanzen. Wenn der Kreis groß genug ist, um die Sitzreihen zu umschließen, bleiben auch die, die nicht mittanzen können oder wollen, mit eingeschlossen.
-          Auch der Kanon „Schalom chaverim“ (EG 434) ist sehr populär und läßt sich mit den Strophen von „Befiehl du deine Wege“ (EG 361) gut kombinieren (vgl. Lied trifft Text, S. 214). Das gemeinsame Singen sollte allerdings durch die Kantorin oder den Kantor vom Altarraum aus angeleitet werden.
-          Um die Vielschichtigkeit dieses Sonntags und seines Themas zu verdeutlichen, ohne durch eine Fülle „trockener Information“ an den Leuten vorbeizureden, eignen sich Briefe oder Statements von „Landeskundigen“, die von JugendmitarbeiterInnen oder Konfis nach entsprechender Vorbereitung (Mikrofonprobe!) im Rahmen des Gottesdienstes / der Predigt verlesen werden, zB der Bericht eines Jugendlichen, der seine Zeit als Freiwilliger bei Aktion Sühnezeichen Friedensdienste in Israel schildert (https://www.asf-ev.de/fileadmin/scripts/download.php?path=fileadmin/Red… Dateien/Kirchengemeinden/Freiwilligenbericht_Israelsonntag.pdf)
-          Mit Ironie und Augenzwinkern formuliert ist „Der koschere Knigge, trittsicher durch die deutsch-jüdischen Fettnäpfchen“ von M. Wuliger. Das im Internet abrufbare Eingangskapitel „Darf man ‚Jude‘ sagen?“  (http://www.fischerverlage.de/sixcms/media.php/308/LP_978-3-596-18251-0…) sollte man allerdings nur dann im Gottesdienst vorlesen lassen, wenn die Ironie und das Augenzwinkern darin durch die Vortragenden deutlich erkennbar gemacht werden.
-          Weitere Vorschläge zur (auch jugendgemäßen) Gestaltung des Israelsonntags finden sich in den Arbeitshilfen und fertigen Gottesdienstentwürfen verschiedener Organisationen.
Perikope