Gnade sei mit uns und Friede von Gott, dem Vater unseres Herrn Jesus Christus.
Wir hören den Predigttext für den heutigen Sonntag, den 8. Sonntag nach Trinitatis. Er steht im Brief an die Epheser im 5. Kapitel:
8 Ihr ward damals Finsternis, doch jetzt im Herrn seid ihr Licht! So wandelt wie die Kinder des Lichtes. 9 Das Licht bringt seine Frucht in jederlei Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. 10 Prüft was dem Herrn gefällt 11 und beteiligt euch nicht an den fruchtlosen Werken der Finsternis – zieht diese vielmehr ans Licht! 12 Denn was durch diese Leute im Verborgenen geschieht, das ist schon auszusprechen schändlich. 13 Doch wenn dies alles ans Licht gebracht wird, wird es durch das Licht offenbar; 14 denn alles, was offenbar wird, ist Licht. Darum heißt es:
„Wach auf, du Schläfer!
Steh auf von den Toten!
So wird Christus über dir erstrahlen!“
Und Gott segnete dieses Sein Wort an uns und lass es auch durch uns zu einem Segen werden!
Liebe Gemeinde!
Vor kurzem war ich im Bremervörder „Park der Sinne“ – dort gibt es ein „Dunkelhaus“. Man muss durch einen dunkeln Raum gehen und den Weg finden, entdecken, was es in dem Haus alles gibt. Manche Dinge sind leicht zu erkennen, andere sind etwas schwieriger. Ecken und Kanten können zur Stolperfalle werden und man nimmt wahr, dass manches im Dunkel gar nicht zu gebrauchen ist, wie zum Beispiel eine normale Armbanduhr. Eine Steigerung ist das Café „Dunkel“, dort wird im Dunkeln sogar serviert. Wo ist die Kaffeetasse? Wo liegt die Gabel? Was ist das für ein Kuchen? Im Dunkeln ist es schwierig. Als ich wieder draußen im Hellen war, war ich Gott sehr dankbar, dass ich sehen kann.
In Ephesus lebten viele Menschen, die Heiden waren und Christen geworden sind. Sie haben die Erfahrung gemacht, was es heißt im Dunkeln zu leben. Die Angst vor den Göttern, deren Verlangen nach Opfern, nach Unterwerfung und auch materiellen Gütern hat sie nur noch das Dunkel sehen lassen. Das muss eine Befreiung gewesen sein, als sie von Jesus Christus gehört haben. Von dem Mann, der mit seinen Jüngern – ganz „normalen“ Menschen, gegessen hat, gefeiert hat, mit ihnen zusammen war. Der gesagt hat, ich komme, um euch zu befreien, von allem wovor ihr Angst habt, ja sogar von dem, was belastet und krank macht, was die Bibel Sünde nennt. Als sie von Menschen gehört haben, die in einer ganz neuen Weise von einem Gott gesprochen haben, von einem Gott der liebt. Diesen Menschen ist ein Licht aufgegangen. Gott hat sich ihrer angenommen, sie haben sich taufen lassen. Und nun sagt Paulus: „Ihr seid jetzt im Herrn selbst Licht.“ Dieses Licht-werden ist schön zu sehen in der Osternacht, die wir hier in dieser Kirche feiern. Alle bekommen beim Eingang eine Kerze, aber die Kirche ist dunkel. Erst wenn in die dunkle Kirche die Osterkerze getragen wird und der Liedruf erklingt: „Christus ist das Licht!“ wird es heller. Dann wird das Licht von Kerze zu Kerze weitergegeben, bis die ganze Kirche erleuchtet ist.
Die Osterkerze brennt nun zu Taufgottesdiensten und erinnert an das Licht, von dem hier im Predigttext erzählt wird. Nun fordert Paulus auf, auch danach zu leben. Denn das Licht deckt ja auch Verborgenes auf.
Man kann im Dunkelhaus ein zweites Mal durchgehen, dann mit Licht. Es ist doch erstaunlich, was da – bei Licht betrachtet – auf einmal alles zu sehen ist: Die Fußangel ist ein Hocker, der Sessel scheußlich gemustert und in der Ecke liegen Fusseln. Zum Glück können wir das Licht anmachen, aber wir können dann auch sehen, was wir lieber nicht sehen wollen.
Paulus ruft dazu auf, das Licht anzumachen. Das Licht, das die Christen erleuchtet, dazu einzusetzen, auch Helligkeit zu schaffen. Er sagt, „das Licht bringt seine Frucht in jederlei Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft, was dem Herrn gefällt, und beteiligt euch nicht an den fruchtlosen Werken der Finsternis!“
Hier sind wir nicht mehr nur in Ephesus. Hier ruft Paulus diesen Satz uns selber zu: „Wandelt wie die Kinder des Lichts!“ Dumm wäre es, wenn man im Dunkelhaus die Augen zu macht, weil man weiß, dass jetzt das Licht an ist. Nein, wir sollen die Augen auf machen und auf das reagieren, was wir sehen. Der Hocker sollte zur Seite gestellt werden, damit keiner – und erst recht kein Blinder darüber stolpert, den Sessel kann man mit einem Tuch oder neuen Bezug versehen, dass er zu einer Augenweide wird und die Fusseln gehören in den Staubsauger. In so einem Haus ist das vielleicht ja noch einfach zu erledigen. Aber in unserem Leben? „Das Licht bringt seine Frucht in jederlei Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. Prüft was dem Herrn gefällt und beteiligt euch nicht an den fruchtlosen Werken der Finsternis – zieht diese vielmehr ans Licht! Denn wenn dies ans Licht gebracht wird, wird es durch das Licht offenbar; denn alles, was offenbar wird, ist Licht.“ schreibt Paulus. Das ist ja eigentlich ganz einfach.
Die Christen in Ephesus hatten es da einfach. Denn sie wussten, wie die Dunkelheit aussieht, sie wussten, wie es ist, wenn man die Dinge in einem neuen Licht sieht. Wissen wir das auch? Wir haben es nie erlebt, Heiden zu sein, von bösartigen, habgierigen Göttern abhängig zu sein. Ich bin schon als Kind getauft worden und mit der Vorstellung vom liebenden Gott groß geworden.
Vielleicht ist es deshalb so schwer zu sehen, wie gut wir es haben. Doch bösartige und habgierige Götter, sind sie uns wirklich unbekannt? Laufen wir ihnen nicht doch nach? Die Götter, die uns die Zeit stehlen, zur Ruhe zu kommen oder uns um unsere Mitmenschen zu kümmern? Da sitzen wir stundenlang vor dem Fernseher, am Smartphone oder spielen Sudoku. Ich jedenfalls erwische mich dabei – nicht dass das grundsätzlich verkehrt ist, nicht dass es unbedingt Werke der Finsternis sind, aber wenn es mein Leben einengt, wenn da Abhängigkeiten, ja sogar Süchte entstehen? Wenn meine Kontakte zu anderen Menschen dadurch abbrechen, wenn ich die Nöte oder Freuden meiner Mitmenschen oder auch meine eigenen nicht mehr wahrnehme? Wenn die Ferne und Exotik meines Urlaubes wichtiger ist, als die Erholung. Wenn ich mich nur darum kümmere, was die Anderen sagen und nicht mehr danach frage, was für mich wichtig ist oder auch was für den Anderen gut ist? Wenn ich mich verstecke hinter einer Fassade der Fröhlichkeit, um nicht gefragt zu werden, wie es mir geht oder ich damit signalisiere, dass mich nichts und keiner interessiert? Oder die Dunkelheit, die in Ablehnung oder gar Hass gegenüber anderen Menschen erscheint. Sind wir davor wirklich verschont? Wir sind zwar im Licht, wir sind in Christus getauft, wir glauben an einen Gott, der es gut mit uns meint. Und doch sind wir auf dieser Welt, wo es die Dunkelheit auch gibt. Auch die Christen in Ephesus waren nicht davor gefeit, deshalb wurde ja auch dieser Brief verfasst, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Dunkelheit nicht weg ist. So soll aber der Brief auch uns heute Mut machen, das Licht zu sehen, das uns von Gott her leuchtet. Das in der Ewigkeit Gottes immer leuchtet und uns frei macht von allem Schweren. Das glauben wir und deshalb können wir auch in unserer Trauer um geliebte Menschen Licht sehen.
Als meine Großmutter verstarb, ich war gerade 13, da habe ich diese Dunkelheit gespürt. Es war das erste Mal, dass ich bewusst erlebt habe, dass der Tod mir einen lieben Menschen nimmt. Meine Großmutter hat mir viel von ihrem Glauben weitergegeben, sie hat mit mir gebetet, sie hat mich, als ich Konfirmand war, zu den Gottesdiensten begleitet, sie war es auch, die mir den Weg in das Theologiestudium zeigte… Der Verlust stimmt mich noch immer traurig, doch mit der Dankbarkeit leuchtet jedes Mal ein helles Licht auf in meinem Leben.
Es wird Zeit, dass Gott uns die Augen öffnet und wir dieses Licht sehen, dass wir die Stolpersteine, die traurigen, die hässlichen Dinge und den Dreck in unserem persönlichen Dunkelhaus sehen und dass wir etwas ändern, nicht weil es von uns verlangt wird, sondern weil wir es sehen. Weil Gott uns die Augen öffnet für das Schöne, das hinter dem Dunkel liegt. Dass wir entdecken, dass Jesus mit anderen Maßstäben misst, dass Gott auch uns im Licht seiner Liebe sieht, dann können wir vielleicht leichter loslassen was uns bedrängt oder woran wir meinten uns festhalten zu müssen.
Wenn wir in unserem Dunkelhaus Licht machen, dann können auch die anderen sehen, denn das Licht leuchtet auch denen, die mit uns im Haus sind. Dazu gebe uns Gott uns das Licht seiner Liebe. Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus zum ewigen Leben.
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Ich habe eine ganz normale „Trinitatisgemeinde“, das bedeutet, eine Gemeinde im Sommerloch, recht ausgedünnt, die Kerngemeinde, die nicht im Sommerurlaub ist… Vielleicht hat sich der eine oder andere Urlauber in unseren Gottesdienst verirrt – die Urlauberseelsorge findet allerdings an anderen Orten statt. Die Gemeinde kommt mit den Dunkelheiten dieser Tage in den Gottesdienst, Kriegsberichte aus der Ukraine und aus Israel, Aufrüsten in Russland und bei der NATO, Gewalt statt demokratische Auseinandersetzung in den USA bei der Vorbereitung der Präsidentschaftswahl. Viele Menschen suchen ein Licht am Ende dieses Tunnels, ein Licht der Zuversicht und Hoffnung…
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
Die Gegensätze hell-dunkel, Licht-Finsternis sind anschaulich und reizen mit ihnen zu spielen. Bei der Vorbereitung erinnerte ich mich, dass ich einmal im „Park der Sinne“ in Bremervörde war. Dort gibt es einen Dunkel-Raum und ein „Café Dunkel“, wo ganz anschaulich die Erfahrung von Dunkelheit und Blindheit in der Finsternis gemacht werden kann. Davon ausgehend möchte ich die erhellende Erfahrung weitergeben, wenn etwas ins rechte Licht gerückt wird oder die Schatten der Dunkelheit verliert.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Die Symbolkraft des Lichtes ist natürlich unübertroffen. In der Osternacht wird die Osterkerze entzündet, bei Taufen reichen wir die Taufkerzen weiter, um auf dieses Licht, das Christus selbst ist, hinzuweisen. Der Verfasser des Epheserbriefes macht aber ganz deutlich, dass es nicht reicht, dieses Licht zu empfangen, sondern wir zu Lichtträgern werden, um das Licht weiter zu reichen und um mit der eigenen Zuversicht und Hoffnung andere Menschen aus der Dunkelheit zu holen. Christus ist das Licht, das die Kraft und die Energie dazu gibt.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Zunächst eine wohltuende und wohlwollende Rückmeldung und eine Analyse, die dem Prediger und der Predigt mit ihrem Anliegen völlig gerecht wurde. Hilfreich ist der Hinweis, stärker die eigene Person des Predigers zu Wort kommen zu lassen. Nicht Verallgemeinerungen zu nennen, sondern von konkreten Erfahrungen zu berichten. Diese Impulse werden über die konkrete Predigtarbeit hinaus bleiben. DANKE!