Du musst dein Leben ändern! Das klingt vertraut. Vor Corona hat der Satz mal was Gutes bedeutet. Du musst dein Leben ändern – das hieß: Mach was aus Dir! Mach mehr aus Dir! Sei mehr als ein Herdentier, verbessere Dich!
Das war nicht nur mit Freude und Spaß verbunden, dies Gute. Das kostete auch Kraft und Zeit. War langweilig, oft das Gleiche. Stures Üben, bis alles richtig saß. Zumindest nach eigenem Ermessen. Nerventötend statt erfrischend. Nicht nur spannend, auch aufreibend. Teils von Erfolg gekrönt. Teils musste schon der Versuch als Erfolg herhalten. Du musst dein Leben ändern! Probieren war das mindeste. Aber das reichte meist, um das Ganze schließlich gut zu finden.
Mit Corona hat der Satz einen anderen Geschmack bekommen. Du musst dein Leben ändern! Ob du willst oder nicht. Das Muss ist jetzt ein echtes Muss. Und kein Darf oder Kann oder Könnte. Zwang ohne Wahl, das stand bis dahin nicht auf der Rechnung. Es hieß eher: Zwingen, das lass ich mich nur freiwillig. Letztendlich nur durch mich selbst. Und jetzt das!
Natürlich kann man so tun, als gäbe es einen Zwang von außen nicht. Es gibt sogar welche, die hingen am Gerät, die wurden schon beatmet. Und sie schaffen es trotzdem, diesen fremden Zwang aus ihrem Leben zu drängen. Was einer noch nicht erkrankten Person ja noch leichter fallen kann. Es gibt einige Leute, deren Leitsatz lautet: Du musst das Leben ändern - aber halt nicht Deines! Schlacken der Pubertät.
Und jetzt das! Corona hat das Leben verändert. Und es verändert weiter das Leben sehr vieler Menschen. Nähe und Distanz sind neu abzuwägen. Was ist das gute und richtige Maß? Mindestens zwei Meter Abstand? Immer mit Maske? Dabei nicht mehr als 15 Minuten zusammen sein? Ungelüftet schon gar nicht. Die Warn-App auf dem Smartphone? Wie kommen wir mit den neuen Zwängen gut zurecht?
1 So ahmt nun Gott nach als die geliebten Kinder 2 und wandelt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer, Gott zu einem lieblichen Geruch. 8 Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Lebt als Kinder des Lichts. 9 die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.
Wandle in Gottes Liebe als Kind des Lichts, sagt unser Predigttext. Dann kommst Du mit neuen Zwängen zurecht. Freien Willens. So in Licht und Liebe wandeln, was heißt das?
Schwarz und Gelb, Schwarz und Gelb! Borussia Dortmund ist nicht gemeint. Auch nicht die Biene Maja. Es geht um ein Warnsignal. Zu finden in Werkhallen, geklebt auf schlecht einsehbare Stufen. Um so etwas wie eine Lichtschranke, die an Stanzpressen montiert ist. So nach dem Motto: Der Gerät schläft nie und macht dich kaputt - pass also auf.
Schwarz und Gelb, Schwarz und Gelb! Gemeint sind Licht und Finsternis. Beide treten irgendwie immer zusammen auf. Was war zuerst da? Die Henne? Oder das Ei? Die Bibel sagt in Genesis 1,1: die Finsternis. Andererseits war vor all dem schon Gott da. Und der wiederum hängt ja mit dem Licht zusammen. Also was jetzt?
Gewiss ist eines: Lichtsignale machen nur Sinn, wenn sie unterbrochen werden. Stellen Sie sich vor: Sie befinden sich nachts auf einem Schiff nahe der Küste. Ein Orkan peitscht Wellen, Regen und Wolken auf. Es ist so gut wie nichts zu sehen. Kentern droht, oder Auflaufen und Leck. Halt, da war was. Ein Licht? War das jetzt der Mond? Ein Stern? Oder der Strahl eines Leuchtturms? Wenn das Licht regelmäßig von bestimmter Stelle leuchtet, dann hofft man: Ah, das Licht eines Leuchtturms. Orientierung in Sicht.
Ein Lichtsignal ergibt also nur Sinn, wenn es wechselt mit Phasen der Finsternis. Oder mit anderen Kontrasten. Es ist also egal, was zuerst da war, Licht oder Finsternis. Hauptsache, dies eine Licht ist da. Ok, es gibt auch Irrlichter. Aber Lichtsignale richten sich nach einem Code mit Regeln. Und so lassen sie sich letztlich von Irrlichtern unterscheiden.
Gottes Liebe wirkt wie so ein Lichtsignal. Zusammen mit Finsternis. Oder auch mit Irrlichtern. Aber darin als eigenes Signal erkennbar. Auch wenn es manchmal nicht erkannt wird. Und Menschen Irrlichtern folgen. Oder der Finsternis, weil sie meinen: Alles ist Finsternis, es gibt kein Lichtsignal, das orientiert. Das nach Regeln codiert ist.
Gottes Liebe wirkt wie so ein Lichtsignal im Zusammenspiel mit Finsternis. Gottes Liebe richtet aus, orientiert trotz, mit und in der Finsternis. Gottes Liebe ruft nämlich Gegenliebe hervor, besitzt Bindungsmacht. Auch in die Finsternis.
Diese Wirkung beruht auf Information. Jedes nach Regeln codierte Lichtsignal übermittelt eine Botschaft. Wie zum Beispiel dreimal kurz, dreimal lang, dreimal kurz. S-O-S. Save our souls.
Auch Gottes Lichtcode wirkt so. Er signalisiert eine Botschaft. Und die sagt: Vergiss Dein Leben in Finsternis oder Irrlicht. Ich halte an Dir fest. Auch wenn Du mich und meine Liebe ausgeschlagen hast. Ich lass in Dir Neues entstehen. Ich mache Dich zu einem anderen Menschen. Auf dass Du selbst Neues entstehen lässt. In Dir und für Dich. In Dir und für andere.
Woher stammt die Information, dass Gott in und aus Liebe verändert? Laut Epheserbrief hängt das mit Christi Opfer zusammen. Genauer gesagt: Mit der Menschen Urteil über den Tod Jesu Christi. Viele sagten damals einerseits: Jesus, das ist eigentlich nur einer von vielen namenlosen Toten. Forget about it. Andere sagten: Jesus Christus, das ist der eine, der als Gekreuzigter bis heute lebendig Gottes schöpferische Liebe zeigt.
Und es gab die, die vom einen zum anderen Lager wechseln. Mal wie bei Saulus Paulus mehr Knall auf Fall. Oder mal langsam und widerständig, fast unmerklich wie bei Petrus – deshalb auch Fels genannt. Bei beiden gilt: ihr neues Urteil über Jesus, das bewog sie zu einer neuen Sicht auf ihr Leben. Und dazu, ihr Leben zu ändern. Solche Leute gibt seit über 2000 Jahren. Sie haben Information und Leben verkettet. Bis heute. Geheimnis des Glaubens.
Vorhin wurde gesagt: In der Pandemie sind Nähe und Distanz unabwägbar geworden. Und doch immer wieder neu abzuwägen. Die zwei Meter Abstand, die einzuhalten sind, die helfen nur begrenzt. Und auch das Wissen um die Kontaktzeit, die eingehalten werden sollte. Ebenso die Corona App.
So stellen sich weiter Fragen. Wie komme ich da zurecht? War ich zu übergriffig? In meinem Bedürfnis nach Nähe. War ich zu abweisend? In meinem Wunsch nach Distanz. Und oft ist man nicht nur auf eines der beiden abonniert. Einmal will man mehr Nähe, ein anderes Mal mehr Distanz.
Dabei wird nicht nur die eigene Initiative fraglich. Auch das, was mir geschieht, was Mitmenschen tun. Habe ich die mir gezeigte Abweisung zu Recht verdient? Oder verstehe ich es zu Recht als böse, von vorne herein so abgewiesen worden zu sein? Habe ich den mir angetanen Übergriff zu Recht verdient? Oder verstehe ich es zu Recht als böse, so angegangen worden zu sein?
Solche Fragen stellen sich weiter. Und auf sie stellen sich nicht unbedingt gleich stimmige Antworten ein. Neues braucht seine Zeit. Auch ein anderes Ich. Lichtsignale der Liebe hin oder her. Licht kennt schließlich auch eine Reisezeit.
Am Ende leuchtet es zu Güte und Gerechtigkeit. Was das neue Ich dabei so alles antworten kann. Den eigenen Wunsch nach Nähe sagen und dabeibleiben, auch wenn der andere widerstrebt. Den eigenen Wunsch nach Abstand zeigen, und im Lot bleiben, wenn der andere sich trotzdem nähert. Oder trotz der eigenen Wünsche dem Bedürfnis anderer Folge leisten.
Mit gutem Gewissen den Wunsch anderer nach Nähe abweisen. Oder es bereuen, wenn ich mich einem Nähewunsch anderer widersetzt habe. Mit gutem Gewissen den Wunsch anderer nach Distanz abweisen. Oder es bereuen, wenn ich mich trotz eines Abstandswunsches genähert habe. Oder dem eigenen Bedürfnis folgen, im Widerspruch zu den Wünschen anderer.
Manche Antwort wird sich als falsch darstellen. Viele Antworten als passend. Manche stumm gebliebene Antwort als richtig. Und bei einigen wird es gut und recht sein, dass sie nicht geäußert worden sind. Dank Gottes Liebe ist mit dem Unwägbaren gut zurechtzukommen.
Du musst dein Leben ändern. Dank Gott hat der Satz einen anderen Geschmack bekommen. Alles bekommt seine Zeit. Durch Gottes Liebe ein anderer Mensch geworden, lautet das dann in einem: Dein Wille geschehe. Danach richte ich mich aus: Gottes Lichtsignal im Schwarz und Gelb.
Mein neues Muss ist dann ein echtes Muss. Aus freiem Willen. Und kein Darf oder Kann oder Könnte. Ein Zwang ohne Zwang. Eine Wahl, die nur das eine will und sieht: Schwarz und Gelb. Schwarz und Gelb. Ist zu Gottes Lichtsignal der Liebe geworden. Das Entstehen von Neuem. In mir. Auch gegen mein Widerstreben. Mit der Zeit. Das steht in der Rechnung, die alleine zählt. Auf den Nacken von Gottes Liebe geschrieben. Amen.
1. Welche Predigtsituation steht Ihnen vor Augen?
Im Zuge der neuen Verhaltensregeln zwecks Eindämmung des Coronavirus kam es in meiner privaten und beruflichen Erfahrung zu oft nur schwelenden Konflikten im Leben, wenn Leute ihre Erwartungen an Distanz oder Nähe im Tun ihrer Mitmenschen nicht erfüllt sahen. Eines der Anzeichen der Wirkung des pandemiebedingten Veränderungsdrucks. Wobei dem sozial nicht unbekannten Druck neuerdings eine klare subjektiven oder objektive Prozess- und Zielvorstellung fehlt. Sozusagen blind vertraut werden muss, was vielen schwer fällt.
2. Was hat Sie bei der Predigtvorbereitung beflügelt?
(Gottes) Liebe in der Predigt zu paränetisieren statt sie zu moralisieren.
3. Welche Entdeckung wird Sie weiter begleiten?
Die Bedeutung des Bilds vom Signalfeuer eines Leuchtturms für eine Schiffsbesatzung (Jonas?), die nachts in schwerer Sturmsee vor der Küste um gelingende Fahrt bzw. gegen das Scheitern kämpft. Darin eingeschlossen das Verständnis biblischer Texte und ihrer Kommunikation als codiertes Lichtsignal, also die physikalisch, technologische Metapher.
4. Was verdankt diese Predigt der abschließenden Bearbeitung?
Mit der Website Blablameter lasse ich meine Schreibarbeit auf Verständlichkeit überprüfen. Im Erstentwurf erzielte ich sehr gute Werte. Das Coaching zeigte mir, dass mein Text trotzdem zu sehr in abstrakt reflektierender Sprache verfasst ist und schlug vor, nach Leitmetaphern zu suchen. Dem bin ich nach gegangen. Ebenso den Empfehlungen zur Streichung von Doppelungen etc.pp. Herzlichen Dank.