(Diese Predigt ist bestimmt für einen Gottesdienst in Gebärdensprache. Deshalb ist sie in leichter Sprache verfasst und kürzer als Predigten für hörende Gemeinden.)
Liebe Gemeinde!
Ich stelle mir vor: da sitzt er, der Mann aus der Geschichte – früher gelähmt, jetzt wieder gesund. Ich stelle mir vor, er sitzt hier, aufrecht und munter bei uns!
Ich möchte ihn fragen: wie geht es Dir heute? Was hast du uns zu erzählen? Ich möchte ihm das Wort geben! Er sagt:
Ihr Lieben! Ich freue mich sehr, dass ich heute bei euch sein kann!
Was ich erlebt habe, das war unglaublich. Ich war gelähmt, konnte mich nicht bewegen. Ehrlich: Manchmal habe ich gedacht: besser, ich bin gar nicht mehr da, dann hat keiner Mühe mit mir. Das waren schreckliche Stunden. Ich fühlte mich hilflos und ausgeliefert und ich fühlte mich auch noch schuldig, weil andere durch mich leiden mussten, weniger Zeit hatten für sich und ihr Leben, Mühe und Arbeit mit mir hatten.
Aber meine Freunde haben immer gesagt: du wirst wieder gesund! Meine Freunde haben die Hoffnung, den Glauben an Gottes Hilfe, nie aufgegeben. Der beste Beweis dafür: dieser Tag, als Jesus kommt. Ich sehe es noch vor mir: meine Freunde tragen mich da zu dem Haus, und wir haben keine Chance, reinzukommen. Sie überlegen kurz miteinander und dann los, hoch aufs Dach mit mir und ich denke: Huch? Was machen die denn mit mir?? Schnell begreife ich: die machen ein Loch ins Dach! Das gibt´s doch nicht?! Die wollen mich da runter lassen - wenn das nur gut geht? Aber wie peinlich: dann sehen mich alle da im Haus!! Und gleichzeitig bin ich doch glücklich und stolz auf diese Freunde!
Heute denke ich: Richtige Freundschaft – die gibt´s nur mit Geben und Annehmen. Geben ist leicht. Annehmen ist schwer, für mich war es lange so. Ich kenne viele Menschen, für die ist das Annehmen auch schwer. Besser allein leiden, nur nicht andere bitten müssen: helft mir und die anderen damit nerven und stören! Auf der anderen Seite: Hilfe bekommen, nicht allein gelassen werden – das tut so gut!! Ich bin sicher: genau das haben meine Freunde auch gefühlt. Vielleicht konnte ich ihnen mit meiner Freude und Dankbarkeit doch etwas geben! Vielleicht gehören Geben und Nehmen zusammen?
Ja, und dann haben sie mich runtergelassen, genau vor die Füße von Jesus. Und da lag ich. Und was sagt Jesus als erstes zu mir? Er sagt ganz direkt zu mir: „Kind, deine Sünden sind dir vergeben.“ Ihr staunt vielleicht darüber. Bei euch sind „Sünden“ zu viele Kalorien zu essen oder zu schnell zu fahren mit dem Auto. Aber Sünden sind ja viel mehr! Wie oft hatte ich nachgedacht: warum, bin ich gelähmt? Warum gerade ich? Was hab ich falsch gemacht? Und dann ist mir schon dies und das eingefallen. Ja, ich hatte nicht alles gut gemacht in meinem Leben! Ich dachte immer: ich hab meine Krankheit verdient, sie ist die Strafe von Gott für irgendetwas?! Für was, das wollte ich herausfinden.
Und dann sagt Jesus: „Kind, deine Sünden sind dir vergeben“. Den Leuten im Haus bleibt der Atem stehen.
Aber ich weiß in diesem Moment genau: Jesus hat meine Gedanken und Gefühle verstanden – ohne lange mit mir geredet zu haben. Er hat nicht versucht, mich zu ändern – z.B. zu sagen: das ist ganz falsch, was du da denkst?! Oder zu sagen: was du fühlst, das stimmt ja nicht?! Jesus hat mich so akzeptiert, wie ich da war. Und hat einen Schlussstrich gezogen, mich befreit von dem Grübeln: was war früher. Heute kann ich sagen: Meine Sünden von früher, die hab ich losgelassen, sind nur noch „alte Suppe“, „Schnee von gestern“. Er, Gott, hat sie ja auch losgelassen! „Kind, deine Sünden sind dir vergeben!“ hat Jesus selbst gesagt.
Nur: gelähmt war ich ja immer noch?! Komisch. Die Sünden weg, also kein Grund mehr da für Strafe und ich war trotzdem krank?! Da habe ich verstanden: meine Lähmung – die war gar keine Strafe von Gott! Nein! Gott ist ganz anders als ich immer dachte! Barmherzig und freundlich – wie ich es in den Psalmen schon oft gelesen hatte! Er vergibt uns unsere Sünde! Er bestraft uns nicht mit Leid!
Und dann passierte es: Jesus sagt zu mir: „Steh auf, nimm dein Bett und geh nachhause!“ Und ich konnte es. Glaubt es oder nicht. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie das für mich war. Oder vielleicht doch?
Fühlt ihr eure Füße in den Strümpfen in den Schuhen? Ich habe sie lange nicht gefühlt!! Fühlt ihr, wie sie auf dem Boden stehen? Dann freut euch, genießt es!! Und jetzt legt mal eure Hände auf die Oberschenkel und spannt in den Beinen alle eure Muskeln an – und jetzt lasst sie wieder los! Wie weit haben euch eure Beine schon getragen! Wie hab ich mich früher danach gesehnt, meine Beine wieder bewegen zu können! Und jetzt kann ich es! Und nun geht mal in euern Rücken. Aufrecht sitzt ihr da! Könnt euch drehen und wenden, könnt euch bücken und hochstrecken. Ist das gut! Und jetzt schaut einander an – ihr seht euch auf Augenhöhe. Ich konnte andere immer nur von unten sehen und sie sahen auf mich herab. Jetzt bin ich aufrecht - so wie ihr. Großartig, einander ins Gesicht sehen zu können.
So hat Gott mich befreit, mich aufgerichtet und groß gemacht – so groß, wie ihr seid! Denkt an mich, wenn ihr euch klein und gelähmt fühlt – und vertraut auf Gottes Barmherzigkeit! Er wird euch auch befreien und immer wieder aufrichten!
Liebe Gemeinde! Ich kann mich nur noch bei dem Geheilten und beim Evangelisten Markus bedanken – wie gut, dass er uns diese Geschichte erzählt hat! Ich nehme daraus mit: wie schön Gemeinschaft ist, wie barmherzig Gott ist und wieviel er mir täglich schenkt.
Amen.