Predigt über Galater 5,1-6 von Eberhard Busch
5,1
Das tönt wie eine helle Fanfare, die uns zum Aufbruch ruft – das, was unser Bibelwort gleich am Anfang sagt: „Christus hat uns befreit“. Gottlob, wir sind durch ihn befreit! Es ist derselbe Ton, der schon in den Anfängen des Volkes Israel erklingt. Zu ihm spricht der Höchste: „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus der Sklaverei in Ägypten herausgeführt hat.“ Das bringt Gott fertig, weil er selbst frei ist. Er steht unter keinem Zwang. Er kann tun, was ihm beliebt. Aber wohlgemerkt: offenbar das beliebt ihm und offenbar nur das, was er in der Sendung seines Sohnes erklärt hat: „Er hat mich gesandt, den Gefangenen zu verkünden, dass sie frei sein sollen“ (Jes. 61,1, Lk. 4,18). Dieses sein „Verkünden“ besteht in Worten, aber nicht bloß in einem Reden. Er setzt sich selbst dafür ein und gibt sich selbst dafür her, dass seine Menschen frei sein sollen. Das tut er darum, weil er uns liebt und weil er in seiner Liebe zu uns steht. Im Jahr 1945 machte sich in der Schweiz ein zornig-schroffes Nein gegenüber den kriegerischen Deutschen breit. Aber damals hörte der Schweizer Theologe Karl Barth Jesus zu den jetzt doch vielmehr niedergeschlagenen Nachbarn im Norden seines Landes sagen: „Ich bin für euch. Ich bin euer Freund.“ So verkündet der Heiland der Menschen Gefangenen, dass sie frei sein sollen.
Eben das ist es nun, was er den Gefangenen, den Mutlosen, den an soviel Schweres Gebundenen schenkt, ja, was er allen seinen Menschen gibt – mit einem Wort: „Freiheit“. Glauben wir an Gott, folgen wir diesem Jesus, so glauben wir, dass wir freie Menschen sein dürfen. Nicht niedergeknickt von unheimlichen Mächten, sondern Leute wie du und ich, die nun den Kopf hochhalten, die aufrecht und mutig ihres Weges gehen. Menschen, die auch nicht mehr hörig sind dem, was die Masse der Meisten ihnen einflüstert oder ins Ohr brüllt, sondern ebenso Wagemutige wie Besonnene, die notfalls auch gegen den Strom schwimmen können. Freie Menschen, die nur eben menschlich sind, also auch nicht hochnäsig und nicht übermütig, sondern die es bejahen, dass sie sind, was sie sind – in ihren natürlichen Grenzen und Fähigkeiten, mit ihren Stärken und ihren Schwächen. Sie sind frei – nicht auf Kosten Anderer, aber hoffentlich zu deren Gunsten. Sie sind es in aller Freiheit. Beliebige Willkür ist allerdings nicht Freiheit, sondern unter Umständen eine gefährliche Krankheit. Wie die Freiheit Gottes darin besteht, dass er sich an uns bindet, so gründet unsere Freiheit darin, dass er uns an sich bindet und dass wir dem gern Folge leisten.
Wir feiern heute das Reformationsfest. Vor bald 500 Jahren haben sich damals die evangelischen Kirchen in der Christenheit gebildet. Reformation heißt Erneuerung. Und gemeint ist damit die Erneuerung der Kirche – nicht einfach zu ihrer Anpassung an eine neue Zeit, sondern die erneute Sammlung um das Evangelium, um die freimachende frohe Botschaft von Jesus Christus. Eine der wegweisenden Schriften Martin Luthers trug den Titel: „Von der Freiheit eines Christenmenschen“. Das zeigt die Marschroute der Reformation an. Das Recht, davon zu reden, fand Luther in unserem Text aus dem Galaterbrief. Hören wir, was er in seinem Hören darauf damals sagte! „Es ist unmöglich, dass die Vernunft sollte erkennen, wie und was für ein großes, herrliches Ding es um diese Freiheit ist.“ „So lasst uns nun ja lernen, dass wir diese unsere Freiheit in aller Herrlichkeit hoch und teuer halten, welche uns kein Kaiser, kein Prophet noch Erzvater, kein Engel vom Himmel, sondern Christus, Gottes Sohn, durch den alle Dinge im Himmel und auf Erden geschaffen sind, durch seinen Tod erworben hat.“
So sagt es der Apostel Paulus „Christus hat uns befreit, damit wir in Freiheit leben“. Aber was heißt das „in Freiheit leben“? Das wird deutlich, wenn wir uns klar machen, dass diese Freiheit von zwei Seiten bedroht ist. Auf der einen Seite ist sie bedroht, wenn sie eben doch als Willkür missverstanden wird. Da meint ein Mensch, er lebe darum in Freiheit, weil er in ihr machen könne, was ihm beliebt. Luther sagte dazu: „Die christliche Freiheit ist nicht eine solche Freiheit, dass die Schafe nun mögen ohne Hut und Hüter in der Irre laufen (weg) von ihrem Hirten, wie sie wollen.“ Und der Dichter Gotthold Ephraim Lessing hat uns zum Nachdenken eingeladen und gesagt: „Es ist nicht jeder frei, der seiner Ketten spottet.“ In der Bibel heißt es im 1. Petrusbrief (2,16): So sollen die Christen mit Übeltätern umgehen als Menschen, „die frei sind – doch nicht, um mit ihrer Freiheit die Bosheit zu bemänteln, sondern um Gott mit ihr zu dienen“. Eben das darf nicht passieren, dass wir unsere Falschheit schön reden mit der Behauptung, das sei doch eine Gestalt unserer Freiheit. Vielmehr, wie Paulus im Galaterbrief ausführt (V 13f.): darin vollzieht sich die Freiheit: „Dient einander in der Liebe.“
Die andere Seite, von der her diese Freiheit bedroht ist, beschäftigt den Apostel im Gegenüber zu den Galatern nun noch viel mehr; und sie war im Lauf der Kirchengeschichte immer wieder von dieser Seite her bedroht. Es ist die Bedrohung durch Gesetzlichkeit. Vermutlich verstanden und verstehen die Vertreter eines gesetzlichen Denkens ihre Haltung als eine notwendige Reaktion auf die menschliche Willkür oder als eine Schutzmaßnahme gegen deren Gefährlichkeit. Aber sie täuschen sich. Sie geraten damit nur vom Regen in die Traufe. Und selbst wenn sie mit ihrem Auftreten den Willkür-Menschen Eindruck machen und sie auf ihre Seite ziehen, sondern – Gesetzlichkeit ist nicht Freiheit, sondern ihr schnurgerades Gegenteil. Gewiss, der gesetzliche Mensch redet vielleicht auch von Gott, womöglich noch viel lauter als der freie Mensch. Auch er redet wohl von Gnade, aber von einer, die er braucht zur Durchführung seiner Gesetzlichkeit. Er meint eben etwas grundsätzlich anderes als der freie Mensch. Ja, Gesetzlichkeit ist eigentlich nichts als Ärgernis an der „herrlichen Freiheit der Kinder Gottes“, wie Paulus sagt (Röm. 8,21). Es ärgert ihn, dass es den Menschen auf dem Weg der Freiheit zu bequem gemacht werde. Die würden so nur „faule Leute“ hervorbringen. Haben die Gesetzlichen recht? Der Erfolg scheint ihnen recht zu geben. Wo immer ihr Anliegen vertreten wird, da hat das einen weithin beträchtlichen Zulauf.
Aber der Erfolg ist kein Maßstab für das, was recht ist. Beachten wir: Gesetzlichkeit und Freiheit unterscheiden sich tiefgreifend! Die Gesetzlichkeit sagt immer am entscheidenden Punkt ein unerbittliches „du musst“. Auch wenn sie ganz nett von Christus redet und von Liebe, aber sie verrät sich am entscheidenden Punkt dadurch, dass sie erklärt: das alles gelte für mich nicht, es sei denn unter der Bedingung, dass ich erst dies oder das machen „muss“. Dieses „du musst“ ist das Wesen der Gesetzlichkeit. Der gesetzliche Mensch wird daher die übrigen Menschen verachten, die diese Bedingung noch nicht erfüllt haben, oder er wird einen missionarischen Eifer entfalten, damit auch die anderen dieselbe Bedingung so wie er erfüllen. Die Freiheit unterscheidet sich aber dadurch von der Gesetzlichkeit, dass sie am entscheidenden Punkt eben nicht jenes „ich muss“ sagt. Sie sagt: „Allein Gott tut das“, und sie bedankt sich daraufhin mit einem fröhlichen, freien „ich darf“. Darum wird der freie Mensch nicht seine Mitmenschen verachten. Er wird ihnen wohl auch helfen wollen, aber dazu, dass sie aller Freiheit auf ihren eigenen Beinen stehen können.
Das Bibelwort verdeutlicht das, was hier Freiheit heißt, an dem jüdischen Brauch der Beschneidung von Knaben. Die Stellung dazu war schon damals eine Streitfrage, wie sie ja auch kürzlich in unseren Medien erneut auftauchte. Ein jüdischer Arzt in Israel schrieb dazu weise Sätze in einer unserer Zeitungen: „Das Urteil der nicht jüdischen Richter in Köln (zur Untersagung dieser Handlung um des Kindes willen) sollte Anlass für zwei urjüdische Akte sein: nachdenken und diskutieren. Juden sollten die kommenden Jahre nutzen, um sich zu vergegenwärtigen, warum sie ihre Söhne eigentlich weiterhin beschneiden. Die Feier des ‚Brith’ (d.h. des Bundes Gottes mit seinem Volk) am achten Tag nach der Geburt sollte ein wichtiger symbolischer Akt bleiben“, aber nur ein symbolischer! Das kommt dem nahe, was schon Paulus zu diesem Ritus sagte. Und es ist tatsächlich aufregend, was er da (V 6) sagt: Ausschlaggebend ist hier weder das Ja noch das Nein dazu. Wörtlich: „In Christus Jesus vermag weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas.“
Sondern? Allein darauf kommt es an: auf den „Glauben, der sich durch Liebe wirksam erweist“. Lassen wir uns den Satz an diesem Reformationstag durch Martin Luther erklären! In dieser Formulierung, sagt er, grenzt sich der Apostel noch einmal ab einerseits gegen die, die es sich in ihrer Willkür bequem machen, und andererseits gegen die, die durch ihre Aktivitäten einen Platz im Himmel erobern möchten. Sondern das meine der Apostel: „Es ist wohl wahr, dass der Glaube ohne die Werke gerecht macht; ich rede aber von dem rechten Glauben, der, nachdem er die Person gerecht gemacht hat, nicht müßig ist und schlafend liegt, sondern er ist durch die Liebe tätig.“ Darauf weist uns der Reformator heute hin: Nach der biblischen Botschaft ermutigt uns die Gnade und Liebe Gottes zu diesem Doppelten, das zu unterscheiden, aber das nicht zu trennen ist. Sie lädt uns ein, uns im Leben und im Sterben allein an Gottes unverdientes Erbarmen zu halten. Und sie treibt uns dazu an, uns einander in Liebe und Verständnis und Vergebungsbereitschaft zuzuwenden. Johannes Calvin formulierte es so: „Wir werden nicht ohne die Werke, aber nicht durch die Werke gerechtfertigt.“ Das ist kurz gesagt. Aber es braucht ein ganzes Leben, uns in diese Wahrheit einzuüben. Dabei stehe uns Gott bei mit seiner Hilfe!
Eben das ist es nun, was er den Gefangenen, den Mutlosen, den an soviel Schweres Gebundenen schenkt, ja, was er allen seinen Menschen gibt – mit einem Wort: „Freiheit“. Glauben wir an Gott, folgen wir diesem Jesus, so glauben wir, dass wir freie Menschen sein dürfen. Nicht niedergeknickt von unheimlichen Mächten, sondern Leute wie du und ich, die nun den Kopf hochhalten, die aufrecht und mutig ihres Weges gehen. Menschen, die auch nicht mehr hörig sind dem, was die Masse der Meisten ihnen einflüstert oder ins Ohr brüllt, sondern ebenso Wagemutige wie Besonnene, die notfalls auch gegen den Strom schwimmen können. Freie Menschen, die nur eben menschlich sind, also auch nicht hochnäsig und nicht übermütig, sondern die es bejahen, dass sie sind, was sie sind – in ihren natürlichen Grenzen und Fähigkeiten, mit ihren Stärken und ihren Schwächen. Sie sind frei – nicht auf Kosten Anderer, aber hoffentlich zu deren Gunsten. Sie sind es in aller Freiheit. Beliebige Willkür ist allerdings nicht Freiheit, sondern unter Umständen eine gefährliche Krankheit. Wie die Freiheit Gottes darin besteht, dass er sich an uns bindet, so gründet unsere Freiheit darin, dass er uns an sich bindet und dass wir dem gern Folge leisten.
Wir feiern heute das Reformationsfest. Vor bald 500 Jahren haben sich damals die evangelischen Kirchen in der Christenheit gebildet. Reformation heißt Erneuerung. Und gemeint ist damit die Erneuerung der Kirche – nicht einfach zu ihrer Anpassung an eine neue Zeit, sondern die erneute Sammlung um das Evangelium, um die freimachende frohe Botschaft von Jesus Christus. Eine der wegweisenden Schriften Martin Luthers trug den Titel: „Von der Freiheit eines Christenmenschen“. Das zeigt die Marschroute der Reformation an. Das Recht, davon zu reden, fand Luther in unserem Text aus dem Galaterbrief. Hören wir, was er in seinem Hören darauf damals sagte! „Es ist unmöglich, dass die Vernunft sollte erkennen, wie und was für ein großes, herrliches Ding es um diese Freiheit ist.“ „So lasst uns nun ja lernen, dass wir diese unsere Freiheit in aller Herrlichkeit hoch und teuer halten, welche uns kein Kaiser, kein Prophet noch Erzvater, kein Engel vom Himmel, sondern Christus, Gottes Sohn, durch den alle Dinge im Himmel und auf Erden geschaffen sind, durch seinen Tod erworben hat.“
So sagt es der Apostel Paulus „Christus hat uns befreit, damit wir in Freiheit leben“. Aber was heißt das „in Freiheit leben“? Das wird deutlich, wenn wir uns klar machen, dass diese Freiheit von zwei Seiten bedroht ist. Auf der einen Seite ist sie bedroht, wenn sie eben doch als Willkür missverstanden wird. Da meint ein Mensch, er lebe darum in Freiheit, weil er in ihr machen könne, was ihm beliebt. Luther sagte dazu: „Die christliche Freiheit ist nicht eine solche Freiheit, dass die Schafe nun mögen ohne Hut und Hüter in der Irre laufen (weg) von ihrem Hirten, wie sie wollen.“ Und der Dichter Gotthold Ephraim Lessing hat uns zum Nachdenken eingeladen und gesagt: „Es ist nicht jeder frei, der seiner Ketten spottet.“ In der Bibel heißt es im 1. Petrusbrief (2,16): So sollen die Christen mit Übeltätern umgehen als Menschen, „die frei sind – doch nicht, um mit ihrer Freiheit die Bosheit zu bemänteln, sondern um Gott mit ihr zu dienen“. Eben das darf nicht passieren, dass wir unsere Falschheit schön reden mit der Behauptung, das sei doch eine Gestalt unserer Freiheit. Vielmehr, wie Paulus im Galaterbrief ausführt (V 13f.): darin vollzieht sich die Freiheit: „Dient einander in der Liebe.“
Die andere Seite, von der her diese Freiheit bedroht ist, beschäftigt den Apostel im Gegenüber zu den Galatern nun noch viel mehr; und sie war im Lauf der Kirchengeschichte immer wieder von dieser Seite her bedroht. Es ist die Bedrohung durch Gesetzlichkeit. Vermutlich verstanden und verstehen die Vertreter eines gesetzlichen Denkens ihre Haltung als eine notwendige Reaktion auf die menschliche Willkür oder als eine Schutzmaßnahme gegen deren Gefährlichkeit. Aber sie täuschen sich. Sie geraten damit nur vom Regen in die Traufe. Und selbst wenn sie mit ihrem Auftreten den Willkür-Menschen Eindruck machen und sie auf ihre Seite ziehen, sondern – Gesetzlichkeit ist nicht Freiheit, sondern ihr schnurgerades Gegenteil. Gewiss, der gesetzliche Mensch redet vielleicht auch von Gott, womöglich noch viel lauter als der freie Mensch. Auch er redet wohl von Gnade, aber von einer, die er braucht zur Durchführung seiner Gesetzlichkeit. Er meint eben etwas grundsätzlich anderes als der freie Mensch. Ja, Gesetzlichkeit ist eigentlich nichts als Ärgernis an der „herrlichen Freiheit der Kinder Gottes“, wie Paulus sagt (Röm. 8,21). Es ärgert ihn, dass es den Menschen auf dem Weg der Freiheit zu bequem gemacht werde. Die würden so nur „faule Leute“ hervorbringen. Haben die Gesetzlichen recht? Der Erfolg scheint ihnen recht zu geben. Wo immer ihr Anliegen vertreten wird, da hat das einen weithin beträchtlichen Zulauf.
Aber der Erfolg ist kein Maßstab für das, was recht ist. Beachten wir: Gesetzlichkeit und Freiheit unterscheiden sich tiefgreifend! Die Gesetzlichkeit sagt immer am entscheidenden Punkt ein unerbittliches „du musst“. Auch wenn sie ganz nett von Christus redet und von Liebe, aber sie verrät sich am entscheidenden Punkt dadurch, dass sie erklärt: das alles gelte für mich nicht, es sei denn unter der Bedingung, dass ich erst dies oder das machen „muss“. Dieses „du musst“ ist das Wesen der Gesetzlichkeit. Der gesetzliche Mensch wird daher die übrigen Menschen verachten, die diese Bedingung noch nicht erfüllt haben, oder er wird einen missionarischen Eifer entfalten, damit auch die anderen dieselbe Bedingung so wie er erfüllen. Die Freiheit unterscheidet sich aber dadurch von der Gesetzlichkeit, dass sie am entscheidenden Punkt eben nicht jenes „ich muss“ sagt. Sie sagt: „Allein Gott tut das“, und sie bedankt sich daraufhin mit einem fröhlichen, freien „ich darf“. Darum wird der freie Mensch nicht seine Mitmenschen verachten. Er wird ihnen wohl auch helfen wollen, aber dazu, dass sie aller Freiheit auf ihren eigenen Beinen stehen können.
Das Bibelwort verdeutlicht das, was hier Freiheit heißt, an dem jüdischen Brauch der Beschneidung von Knaben. Die Stellung dazu war schon damals eine Streitfrage, wie sie ja auch kürzlich in unseren Medien erneut auftauchte. Ein jüdischer Arzt in Israel schrieb dazu weise Sätze in einer unserer Zeitungen: „Das Urteil der nicht jüdischen Richter in Köln (zur Untersagung dieser Handlung um des Kindes willen) sollte Anlass für zwei urjüdische Akte sein: nachdenken und diskutieren. Juden sollten die kommenden Jahre nutzen, um sich zu vergegenwärtigen, warum sie ihre Söhne eigentlich weiterhin beschneiden. Die Feier des ‚Brith’ (d.h. des Bundes Gottes mit seinem Volk) am achten Tag nach der Geburt sollte ein wichtiger symbolischer Akt bleiben“, aber nur ein symbolischer! Das kommt dem nahe, was schon Paulus zu diesem Ritus sagte. Und es ist tatsächlich aufregend, was er da (V 6) sagt: Ausschlaggebend ist hier weder das Ja noch das Nein dazu. Wörtlich: „In Christus Jesus vermag weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas.“
Sondern? Allein darauf kommt es an: auf den „Glauben, der sich durch Liebe wirksam erweist“. Lassen wir uns den Satz an diesem Reformationstag durch Martin Luther erklären! In dieser Formulierung, sagt er, grenzt sich der Apostel noch einmal ab einerseits gegen die, die es sich in ihrer Willkür bequem machen, und andererseits gegen die, die durch ihre Aktivitäten einen Platz im Himmel erobern möchten. Sondern das meine der Apostel: „Es ist wohl wahr, dass der Glaube ohne die Werke gerecht macht; ich rede aber von dem rechten Glauben, der, nachdem er die Person gerecht gemacht hat, nicht müßig ist und schlafend liegt, sondern er ist durch die Liebe tätig.“ Darauf weist uns der Reformator heute hin: Nach der biblischen Botschaft ermutigt uns die Gnade und Liebe Gottes zu diesem Doppelten, das zu unterscheiden, aber das nicht zu trennen ist. Sie lädt uns ein, uns im Leben und im Sterben allein an Gottes unverdientes Erbarmen zu halten. Und sie treibt uns dazu an, uns einander in Liebe und Verständnis und Vergebungsbereitschaft zuzuwenden. Johannes Calvin formulierte es so: „Wir werden nicht ohne die Werke, aber nicht durch die Werke gerechtfertigt.“ Das ist kurz gesagt. Aber es braucht ein ganzes Leben, uns in diese Wahrheit einzuüben. Dabei stehe uns Gott bei mit seiner Hilfe!
Perikope