Predigt über Hesekiel 37, 24-28 von Michael Plathow
37,24

Predigt über Hesekiel 37, 24-28 von Michael Plathow

Ich will unter ihnen wohnen und sie sollen mein Volk sein, verheißt Gott
-Eine kurze Weihnachtpredigt zur volkskirchlichen Christvesper-
Liebe Gemeinde des Heiligen Abends,
nun darf und soll Stille einkehren. Die Hektik der Vorbereitungen für das Fest darf der Ruhe des Weihnachtsabends mit all dem Schönen, was ihn schmückt, weichen: Kerzen und Transparent, Lebkuchen und Spekulatius, Singen und Spielen, Beschenktwerden und Schenken.
Nun, in diesem Gottesdienst darf - bei all den Problemen und Sorgen, aber auch Freuden und Hoffnungen, die wir mitbringen - in uns und unter uns Stille einkehren für die Verheißung der Weihnacht. Es ist die Verheißung Gottes an uns persönlich, ob jung oder alt, ob Familie oder allein, ob einheimisch oder zugezogen; es ist die Verheißung für unsere Gemeinden, für unser Land, für unseren blauen Planeten Erde.
Denn die Verheißung für ein unter sich und mit Gott zerrissenes Land aus der dem alttestamentlichen Propheten Hesekiel zugeschriebenen Heilsbotschaft gilt uns: Hesekiel 37, 24 - 28
“Und mein Knecht David soll ihr König sein und der einzige Hirte für sie alle. Und sie sollen wandeln in meinen Rechten und meine Gebote halten und danach tun. Und sie sollen wieder in dem Lande wohnen, das ich meinem Knecht Jakob gegeben habe, in dem eure Väter gewohnt haben. Sie und ihre Kinder und Kindeskinder sollen darin wohnen für immer, und mein Knecht David soll für immer ihr Fürst sein. Und ich will mit ihnen einen Bund des Friedens schließen, der soll ein ewiger Bund mit ihnen sein. Und ich will sie erhalten und mehren, und mein Heiligtum soll unter ihnen sein für immer. Ich will unter ihnen wohnen und will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein, damit auch die Heiden erfahren, dass ich der Herr bin, der Israel heilig macht, wenn mein Heiligtum für immer unter ihnen sein wird.”
Wir beten:
  “Ewigkeit, in der Zeit,
  leuchte hell hinein,
  dass uns werde klein das Kleine
  und das Große groß erscheine“ (Maria Schmalenbach, 1875)
1. Liebe weihnachtliche Gemeinde, Gott selbst ist es, der hier Zukunft verheißt seinem Volk: “Ich will” und “es soll“, Wirkworte, die wirken, was sie verheißen und die sagen, was sie tun. Ich will Wohnung unter euch machen, in eurer Mitte dabei, bei euch sein. Heute am Festtag und im Alltag.
Vielleicht erinnert sich mancher.
In einer weihnachtlichen Legende wird erzählt: Gott-Vater berät sich mit seiner himmlischen Umgebung, wie er den Menschen, in und unter sich errissen, verstrickt in Unfrieden und Ungerechtigkeit, Freiheit für Frieden und Gerechtigkeit, Heil und Heilung, bringen kann. Weltliche Potentaten fallen nach all ihrem Scheitern aus. Schließlich ein Gedankenblitz: Gott selbst will - u. zw. in einem schwachen Kind - einer von ihnen, mitten unter ihnen da sein als Heiland der Welt für Frieden und Gerechtigkeit.
“Gott selbst wird Mensch, Dir Mensch zugute“.
So will Gott seine Treue, seine Bundestreue mit den Menschen erweisen - anders als zeitliche Verträge - unkündbar, “für immer”, wie es da heißt.
Die Verheißung des alttestamentlichen Propheten vom alles verändernden Heil durch die neuschaffende Tat Gottes an seinem Volk gibt uns den Rahmen, der uns heute zur kritischen Solidarität mit der politischen Situation Israels ruft, zugleich auch zum Danken für die friedliche Einigung des geteilten Deutschland im sich einenden Europa. Vor nun gut 22 Jahren.
2. “Ich will unter ihnen wohnen und will ihr Gott sein und sie sollen mein Volk sein” (Hes 37, 27); denn “wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich” (2. Mose 33, 19)
Wenn, liebe Gemeinde, Gott an Weihnachten in unser Mitte kommt, tritt der Ewige ein in unsere Zeit und führt uns die Perspektive des Ewigen vor Augen.
Wenn Gott an Weihnachten Mensch, dir Mensch zugute wird, so “ruht die Herrschaft auf ihm, und er heißt Ratgeber und Held der Gerechtigkeit, Friedensstifter und Friedensfürst (Jes 9, 5f).
Wenn Gott das Licht von Weihnachten hereinscheinen lässt, ist unserer Welt mit ihren Problemen ein neuer Schein gegeben (Joh 1, 5).
Wenn der Himmel von Bethlehem die Erde berührt, werden Friede und Gerechtigkeit sich küssen (Ps 5, 11).
Wenn Gott seinen Bund mit der Menschheit an Weihnachten, seine Treue zur Erde im Kind Jesus von Nazareth verheißt, so soll alles anders werden: Trost erblüht wie die Rose von Jericho in Trauer und Alleinsein. Gemeinschaft wächst, wo Selbstsucht Beziehungen zerreißt. Herzen öffnen sich, wo Liebe ersehnt wird. Freude kommt, wo der Kummer herrscht.
“Durch die herzliche Barmherzigkeit unsers Gottes” ...hat uns besucht der “Aufgang aus der Höhe, auf dass er erscheine denen, die da sitzen in Finsternis  und im Schatten des Todes, und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens” (Lk 2, 78f).
3. Liebe Gemeinde des Weihnachtsabends, die Verheißung Gottes durch den Propheten hat sich in einzigartiger Weise erfüllt als Vorausereignen des sich einst vollendenden Heils Gottes. “Christ der Retter ist da” - das bedeutet Weihnacht und das bekennen wir an Weihnachten.
Da wird das steinerne Herz unserer Verhärtung das fleischerne der Liebe, weil “sie erkennen, dass Gott der Herr ist” (Jer 24, 17), der allem Verdorrten, Trockenem und Abgestorbenem seinen Lebensatem gibt, “sodass ihr wieder lebendig werdet” (Hes 37, 6), neu verdanktes erfülltes Leben erfahrt. Da wird das schuldhaft Zerrissene und Zerstrittene zusammengebracht; da wird nicht der Stab über die anderen gebrochen (Hes 37, 15f ). Da kommen die Gebote Gottes als Weisungen zum Leben in Geltung und werden gelebt. Es ist dir ja gesagt, “was gut ist und was Gott von dir will” (Mi 6, 8). Recht und Gesetz sind verbunden, indem “Gerechtigkeit und Liebe sich küssen” (Ps 85, 11).
Wie Gott einst den Bund für das Leben auf unserer Erde mit Noah schloss, wie Gott diesen Bund für die Zukunft der Menschheit mit Abraham bestätigte, so erneuert er seine Bundestreue in seiner Menschwerdung für den Frieden, den Schalom, der Welt. Persönlicher Wunsch und Menschheitssehnsucht, schwanger an Weihnachten, verbinden sich mit dem Kind in der Krippe : der Frieden des Menschen mit Gott, mit sich selbst und der Mitwelt. Dieser Friede wird uns je neu zugesagt im Evangelium, das unser Herz neu macht, in der Feier des Abendmahls, die an Leben und Seligkeit Anteil gibt. Dieser Friede wird real im “Beten, Tun des Gerechten und Warten auf die Zeit Gottes” (D. Bonhoeffer). Friedensgebete und Verantwortung für den Frieden aus dem Glauben, dass Gott im Friedenfürst Jesus Christus da und bei uns ist.
Der Kern und die Schale, das Innen und Außen der Verheißung, “dass Gott unter uns wohnt, er unser Gott und wir sein Volk sind”, sind untrennbar verbunden. Wie er, im Kind in der Krippe Mensch, einer von uns geworden ist zu Heil und Leben für uns, und wir auf seine Zusage “Ich bin bei dir” persönlich antworten: “Du bist bei mir” wie ein Hirt, dessen Stimme wir hörend zu uns sprechen lassen, der uns leitet und begleitet, der mich und meine Lieben trägt und antwortend singen lässt mit unseren Kindern: “Weil ich Jesu Schäflein bin, freu` ich mich nur immerhin über meinen guten Hirten, der mich wohl weiß zu bewirten, der mich lieb hat, der mich kennt und bei meinem Namen nennt“. So, so strahlt Weihnachten wider auch durch uns und unser Leben: konkret in Freiheit und Verantwortung. Es seien Leuchtfeuer oder Kerzenschein, Spuren ziehend oder nur Spurenelemente in unseren Familien, Nachbarschaften und sozialen Vernetzungen, die wir erfahren lassen: ”Christ der Retter ist da. Der Herr ist Gott. Sein Geist schafft Frieden und Gerechtigkeit“, auf dass die Welt glaubt auch durch uns.
Mit all dem Schönen, das das Fest umrahmt, geschieht da wahre Weihnacht.
“Ehre sei Gott in der Höhe und Friede und Gerechtigkeit auf Erde”. ”Freue dich, o Christenheit”. Amen.