Predigt über Lukas 22, 31-34 von Jörg Coburger
22,31

Predigt über Lukas 22, 31-34 von Jörg Coburger

31) „Simon, Simon, siehe der Satan hat begehrt euch zu sieben wie den Weizen.
  32) Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dereinst dich bekehrst, so stärke deine Brüder
  33) Er aber sprach: Herr, bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.
  34) Er aber sprach: Petrus, ich sage dir, der Hahn wird heute nicht krähen, ehe du dreimal geleugnet hast, dass du mich kennst.“
  
  
  Der Satan ist am Werk! So stellt es Jesus jedenfalls erschreckend fest. Von geht Macht und Wirksamkeit aus. Wir verhalten wir uns heute dazu? Eine Zumutung ist es auf jeden Fall. Wir haben eine breite Palette an Möglichkeiten, uns diesem Wort reflexartig zu entziehen. Wir sind aufgeklärt und haben im psychologischen Zeitalter viele Techniken entwickelt. Die eine Farbe von Frömmigkeit zum Beispiel malt das Böse ständig an die Wand und scheint an den Satan mehr zu glauben, als ans Evangelium. Wiederum ein anderer Pol besteht eher darin, die Sache mit dem Satan distanziert- lächelnd zu bewerten, aber damit nicht beantwortet zu haben. Andere helfen sich mit dem Satz „Nun, wer den Satan für sich braucht…“ nicht ohne das Wort „Satan“ und der berühmten Geste mit Zeige- und Mittelfinger nonverbal in Anführungsstriche zu setzen.
  
  Und manchmal geht es unter uns Christen so greifbar böse und unbarmherzig zu, dass man die Macht, die hier zweifelsohne beschrieben ist, materialiter mit Händen greifen kann. Sie ist da. Wer das bestreitet, ist nicht ganz bei Trost. Ich verstehe Jesus so: Rechne damit, dass du Menschenkind Anfälligkeiten hast! Lust zur Rache, Schadenfreude, manches Gepetze, Lust, zu verletzen – und zwar auch absichtlich und gezielt! Warum verletzen wir, was wir lieben? Schau dem ins Gesicht und verdränge das nicht. Das ist ja etwas anderes, als den Satan ständig herzubeschwören. Sei nüchtern! Es ist weise und besonnen, mit der Macht des Bösen zu rechnen. Jeder Mensch hat auch eine abgründige Seite in seiner Seele. Und solche Menschen wie Petrus – himmelhoch jauchzend zu Tode betrübt – sind wohl auf ihre je eigene Art dafür anfällig. Mutig ist er, voller Empathie, impulsiv, oft sehr dünnhäutig, nimmt er sich stets mehr vor, als er schaffen kann. Die Differenz zwischen Eigenwahrnehmung und Sicht auf uns von außen ist aber nicht sein, sondern unser aller Problem.
  Wer wir sind und wie es um uns steht erfahren wir nicht nur im Blick auf uns selbst und indem wir uns selbst anschauen. Wir sind nicht selbstgerecht. Dies wahrzunehmen ist von therapeutischer Kraft.
  
  Ob es eine Person ist, konnte bis heute in den Geisteswissenschaften nie geklärt werden. Dass wir heute nicht mehr an die rot-schwarze Gestalt mit Hörner, Mistgabel, Pferdefuß und Rattenschwanz denken geht auf jeden Fall in Ordnung.
  
  Hier ist ein kleiner Exkurs nötig. Es gibt sehr wohl die Satanisten-Szene, die das aktuell dennoch konkret so unternimmt, braucht dringend Seelsorge und Therapie und Angebote zur Heilung. Ich erinnere mich an den jungen Mann, der erst dann zum Ausstieg fähig wurde, als man bei den Satanisten sein kurz vorher an Krebs verstorbene 52-jährige Mutter in einer Art satanischem Übergabe-Ritual, das er mir erschütternd schilderte, als einem „Sieg des Bösen“ feiern wollte. Da ist er wach und mündig geworden und hat sich Hilfe gesucht. Es hat lange gedauert, bis er nicht mehr fasziniert – festgehalten – von denen war!
  
  Wir fragten: Eine Person? Aber weitgehende Einigkeit besteht darüber, dass das Satanische von personaler Macht und Kraft ist, Menschen in Bitterkeit nach unter zu ziehen. Jesus lässt zwischen den Zeilen keinen Zweifel daran, dass der ursurpierte Prozess des Siebens, als des Trennens von Spreu und Weizen, des Richtens und Entscheidens: Gut oder Schlecht“ nur satanisch ausgehen kann, nämlich: „Versager!“
  
  Mir gefällt Bonhoeffers Ausdruck, dass „Gott auf unseren krummen Linien gerade schreiben kann“. Das genau geschieht hier! Jesus schaut weiter und hinterlässt Petrus nicht in Verzweiflung. Unser „Siehste“ wenn einer gestürzt ist, gibt es bei Jesus niemals.
  
  Viele Auslegerinnen und Ausleger empören sich bei diesem Text über eine „schallende Ohrfeige Jesu für Petrus“ Eben habe er sich ganz geöffnet und Jesus stoße ihn weg. Ja, so kann das gelesen werden. Aber stimmt das? Ist diese psychologische Auslegung treffend? Wir sind immerzu fasziniert von uns, von unseren Petrus- Erfahrungen fasziniert und von dem, was wir im Glauben wagen: sich öffnen, enttäuscht werden usw. Aber der Glaube schaut sich nicht immerzu beim Glauben zu. Für mich ist es eine ermutigende, sich auch etwas pädagogische Geschichte. Im Umfeld dieser Worte im 22.Kapitel schenkt Jesus reinen Wein ein. Glauben kann etwas, ja, Glauben kann euch viel kosten, sogar das ganze Leben. Wir sitzen sicher und warm in Deutschland; noch sitzen wir sicher und warm, und so verlernt man manches und wird eng statt offen.
  
  Stärke deine Brüder mit diesen Erfahrungen! Verschweige sie nicht. Jesus will, dass Petrus brauchbar bleibt. Es gibt keinen Grund, auf Versagen, auf Verleugnen stolz zu sein und mit seinen Lebensbrüchen anzugeben. Doch daraus kann jedoch Segen werden. Wenn wir ehrlich sein wollen. „Da bin ich auf die Schnauze gefallen, weil… heute weiß ich das, ich höre auf, andere dafür verantwortlich zu machen, ich habe es verursacht, heute aber darf ich neu und anders leben“ Das Reizwort „Bekehrung“ fällt hier. (epistrepsas ) Brüche brauchen Brüche. Jesus wusste das! Leiste es dir, davon zu berichten. Das holt uns vom Sockel. Das macht uns auch menschlich.
  
  Wir haben in unseren Freiberger Gemeinden einen Kurs „Erwachsen glauben“ Dort sitzen viele Menschen, die manchmal im geschützten Raum auf je ihre eigene Art aus ihrem Leben von solchen Petrus- Erfahrungen berichten. Und in der Tat: Sie ermutigen uns alle. Wir haben manchmal mit gestaunt, uns auch empört, haben mitgeweint, mitgelacht, waren miterschrocken, was Menschen angezettelt haben und was heute aus ihnen geworden ist. Es ist wirklich eine Stärkung des Glaubens für uns alle, weil wir authentisch hören, was Gott heute bewirken kann. Da sind keine Helden, aber Menschen,
  
  Und wir? Was können wir, was sollen wir tun? Die alte lukanische Frage! Ich weiß auch nicht so recht, ob ich lukanisch sagen sollte, lasst euch taufen zur Vergebung der Sünde. Aber ich will sagen: Offen sein, für das, was der Herr noch in meinem Leben tun will und Großes mit mir vorhat! Auf meinen krummen Linien gerade schreiben. Ich bete darum.