Predigt über Lukas 9,10-17 von Rainer Kopisch
9,10
Liebe Gemeinde,
  
  im Text des Evangeliums des heutigen Sonntags haben wir unter der Überschrift „die Speisung der 5000“ aus dem Johannesevangelium gehört, wie Jesus von 5 Broten und zwei Fisches etwa 5000 Männer zu essen gibt und 12 Körbe mit Brocken des gebrochenen Brotes übrig bleiben.
  
  Der Evangelist Lukas kennt diese überlieferte Geschichte und gibt sie mit genau den gleichen Zahlen wieder. Im Predigttext für den heutigen Tag ist ein „Und“ am Anfang wegelassen worden. Ich lese es aber mit, um einen Zusammenhang nicht wegfallen zu lassen, der mir wichtig erscheint.
   Auch wenn Ihnen die Johannesversion der Geschichte noch im Ohr ist, achten sie bitte auf die Besonderheiten, die Lukas in seinem Text wichtig erscheinen.
  
  „10 Und die Apostel kamen zurück und erzählten Jesus, wie große Dinge sie getan hatten. Und er nahm sie zu sich, und er zog sich mit ihnen allein in die Stadt zurück, die heißt Betsaida.
  11 Als die Menge das merkte, zog sie ihm nach. Und er ließ sie zu sich und sprach zu ihnen vom Reich Gottes und machte gesund, die der Heilung bedurften.
  12 Aber der Tag fing an, sich zu neigen.
  Da traten die Zwölf zu ihm und sprachen: Lass das Volk gehen, damit sie hingehen in die Dörfer und Höfe ringsum und Herberge und Essen finden; denn wir sind hier in der Wüste.
  13 Er aber sprach zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen. Sie sprachen: Wir haben nicht mehr als fünf Brote und zwei Fische, es sei denn, dass wir hingehen sollen und für alle diese Leute Essen kaufen.
  14 Denn es waren etwa fünftausend Mann. Er sprach aber zu seinen Jüngern: Lasst sie sich setzen in Gruppen zu je fünfzig.
  15 Und sie taten das und ließen alle sich setzen.
  16 Da nahm er die fünf Brote und zwei Fische und sah auf zum Himmel und dankte, brach sie und gab sie den Jüngern, damit sie dem Volk austeilten.
  17 Und sie aßen und wurden alle satt; und es wurde aufgesammelt, was sie an Brocken übrig ließen, zwölf Körbe voll.“
  Das „Und“, liebe Gemeinde bezieht sich auf die Aussendung der zwölf Jünger, die Lukas wenige Verse vorher am Anfang des neunten Kapitels geschildert hat.
  „1 Er rief aber die Zwölf zusammen und gab ihnen Gewalt und Macht über alle bösen Geister und dass sie Krankheiten heilen konnten
  2 und sandte sie aus, zu predigen das Reich Gottes und die Kranken zu heilen.
                                                                         ...
  6Und sie gingen hinaus und zogen von Dorf zu Dorf, predigten das Evangelium und machten gesund an allen Orten.“
  
  Und als sie zu Jesus zurückgekommen waren, gab es viel zu erzählen. Wir können uns vorstellen, dass es den Jüngern wichtig war, was Jesus ihnen zu ihren Erlebnissen und Erfahrungen sagte. Jesus war sicher auch daran gelegen, seinen Jüngern Mut zu machen, ihre Fähigkeiten zu predigen und zu heilen auch künftig in die Praxis umzusetzen, wenn es die Umstände erfordern würden.
  
  Jesus hat seine Jünger befähigt und beauftragt, selbstständig das Reich Gottes zu predigen und Kranke zu heilen. Lukas berichtet später im zehnten Kapitel von der Aussendung von zweiundsiebzig Jüngern.
  
  Die ungestörten Gespräche Jesu mit seinen Jüngern werden bald beendet durch Menschen, die Jesus und seinen Jüngern folgen, weil sie die Predigt des Reiches Gottes und die Heilung der Kranken von Jesus wollen.
  Die Jünger erleben also in der Folge des Geschehens, wie Jesus es selbst macht. Natürlich werden sie das, was sie hören und erleben mit ihren eigenen Erfahrungen vergleichen, besonders auch auf dem Hintergrund der jüngsten Gespräche mit Jesus.
  
  Hatte Jesus hier zwölf Jünger ausgesandt, so wird Lukas im nächsten Kapitel von der Aussendung von zweiundsiebzig Jüngern berichten. Sie werden ebenso mit Gewalt und Macht über alle bösen Geister ausgestattet werden und dass sie Krankheiten heilen zu können. Ihr Auftrag wird genauso heißen: das Reich Gottes zu predigen, böse Geister auszutreiben und Kranke zu heilen.
  Der Evangelist Matthäus nennt in seinem Bericht über die Aussendung der zwölf Jünger auch den Auftrag Jesu, Tote aufzuerwecken.
  In einem persönlichen Gespräch über Kirche und Heilen und erzählte ein Pfarrer im Ruhestand, als Gemeindepfarrer sei er nachts von einer ihm gut bekannten Familie angerufen worden, er möge kommen, denn der Familienvater sei gestorben.
  Als er in die Wohnung kam, wurde er gebeten, den Verstorbenen wieder zum Leben zu erwecken. Die Familie glaubte auf Grund der neutestamentlichen Berichte, dass eine Auferweckung von Toten möglich sei und sie hatte volles Vertrauen in ihren Pfarrer.
  Er kam in große Erklärungsnöte, der Familie klar zu machen, dass er als Pfarrer einen Toten nicht lebendig machen könne, denn die Familie war festen Glaubens, dass es möglich sein müsse, denn Jesus und seine Jünger hätten das auch getan.
  
  Hat Jesus die Predigt des Reiches Gottes und die Heilung der Kranken als seine Aufgabe und die Aufgabe seiner Jünger gesehen, so hat sich nach seinem Tod die Verkündigung der Jünger und Apostel neu ausgerichtet. Eine Auferstehungstheologie hat sich auf Grund der Osterereignisse entwickelt. Der auferstandene Jesus wird als Christus zum zentralen Inhalt der Verkündigung. Jesus wird wieder Gott. Das Johannesevangelium kennt ihn als das Wort, was im Anfang bei Gott war. Das Wort war Mitschöpfer.
  Die Fähigkeit, etwas zu schaffen, hatte Jesus in seiner Gottverbundenheit auch in seinem irdischen Leben gehabt.
  Den folgenden lukanischen Bericht von der Speisung der Fünftausend verstehe ich als ein Schöpfungswunder.
  Der Jesus, der das Reich Gottes predigt und Kranke heilt, lässt das Reich Gottes für alle Anwesenden für einen Moment erlebbar werden, indem er mit fünf Broten und zwei Fischen fünftausend Männer satt machen kann.
  Was Lukas mit dem Bericht an dieser Stelle erweisen will, zeigt uns der anschließende Text, das Bekenntnis des Petrus. Nachdem Jesus von seinen Jüngern erfragt hat, was die Leute über Jesus sagen, fragt Jesus die Jünger nach ihrer Meinung, wer er denn sei. Petrus antwortet deutlich und klar: Du bist der Christus Gottes!
  
  Liebe Gemeinde, was können wir tun, um das Reich Gottes im Leben sichtbar zu machen, in unserem eigenen Leben, im Leben der Gemeinde, im Leben der Kirche, im Leben der Menschen?
  
  Wir selbst werden wenig ohne die Kraft Gottes und seiner Liebe bewegen können.
  Zunächst müssen wir uns für uns selbst auf einen inneren Weg machen.
  Sie erinnern sich: „denn dein ist das Reich und die Kraft....
  Ja, das Vaterunser schafft uns den Zugang zu Gottes Reich, indem es uns über viele Stufen seiner Bitten für die Gegenwart Gottes öffnet.  Wenn wir es langsam, achtsam und bedächtig beten, werden wir allmählich Gottes Nähe erspüren zu können.
  Es gibt auch geführte Vaterunser-Meditationen als Buch oder CD, die eine Hilfe sein können, Gottes Nähe zu erspüren. Doch versuchen sie es selbst ohne Anleitung. Sie finden dann leichter ihren ganz persönlichen Zugang, auf den es ankommt.
  
  Martin Luther hat als Seelsorger – und das ist vielen von ihnen schon bekannt – die Aufmerksamkeit auf das eigene Tun gerichtet. Er hat vorgeschlagen, abends vor dem Einschlafen noch einmal aufmerksam den Ablauf des Tages zu betrachten.
  Ich kann dabei auf die Spuren Gottes in meinem Leben achten, und ich kann sehen, ob ich selbst etwas zum Aufscheinen des Reiches Gottes in dieser Welt beigetragen habe.
  Die Fragen, die dabei auftauchen, werden sehr persönliche sein.
  Habe ich heute von der Liebe Gottes weitergegeben, die ich geschenkt bekam?
  Habe ich jemand eine Freude gemacht?
  Habe ich Menschen zum Lächeln gebracht?
  
  Es wird ihnen auffallen, wenn Zeichen des Reiches Gottes oder seiner Gegenwart in ihrem Leben auftauchen. Dazu gehört eine achtsame Wahrnehmung, die uns oft leicht in der Hektik des Tagesgeschehens abhanden kommt.
  Ich meine die Achtsamkeit, die hilft, besonnener und mit allen Sinnen durch das eigene Leben zu gehen. Mit ihr erschließt sich auch der ganz persönliche Sinn des Lebens.
  Dieser persönliche Lebenssinn ist so eigen und einzigartig wie es unsere persönliche Beziehung zu Gott ist. Es gibt persönliche Geheimnisse in dieser Beziehung, von denen nur Gott und wir selbst wissen. Wir sollten es für uns behalten.
  Anderen Menschen wird schon auffallen, wenn wir den persönlichen Sinn unseres Lebens erkannt haben und als Christ oder Christin danach leben. In eigenartigerweise wird das Leben leichter, weil wir frei werden, uns für das Wichtige in unserem Leben zu entscheiden.
  „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen.“, sagt Jesus in der Bergpredigt in Matthäus 6, 33.
  Gott sorgt für euch.
  
  Gehen sie mit Gottes Segen durch ihre Tage.
  Amen
Perikope
14.07.2013
9,10