Liebe Gemeinde am Ostermontag!
Als Predigttext hören wir einen Abschnitt aus dem 1. Korintherbrief im 15. Kapitel! Paulus schreibt, warum der Glaube an die Auferstehung von so grundlegender Bedeutung ist! (1. Kor 15, 12-20):
12 Wenn aber Christus gepredigt wird, dass er von den Toten auferstanden ist, wie sagen dann einige unter euch: Es gibt keine Auferstehung der Toten?
13 Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferstanden.
14 Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich.
15 Wir würden dann auch als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir gegen Gott bezeugt hätten, er habe Christus auferweckt, den er nicht auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auferstehen.
16 Denn wenn die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht auferstanden.
17 Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden;
18 so sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren.
19 Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.
20 Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.
Und Gott segne dieses sein Wort an uns und lass es auch durch uns zu einem Segen werden. Amen
Liebe Ostergemeinde! Gab es Situationen in Ihrem Leben, da haben Sie gesagt: „Nichts wird mehr so sein wie es einmal war!”? Nichts wird mehr so sein wie es einmal war! Ich denke an so schöne Ereignisse wie die Hochzeit oder die Geburt eines Kindes: „Nichts wird mehr so sein wie es einmal war!” Die Zeit der Einsamkeit ist vorbei, die Zeit des Wartens, die Zeit der Vorbereitung. Gerade die Familien, die heute Ihre Kinder zur Taufe gebracht haben, werden das wissen: „Nichts wird mehr so sein wie es einmal war!” Das Leben richtet sich nun nach den Kindern aus, man kann abends nicht mehr so einfach weg, der Schlaf fehlt, wenn die Zähne kommen, oder wenn nachts der Hunger quält und die Kleinen rebellieren. Aber es gibt, Gott sei dank, ja auch die andere Seite: Das Lächeln, das einen langen gestressten Tag vergessen lässt; die Kinderhand, die sich in die große Hand des Erwachsenen schiebt, und wir erleben, dass wir Geborgenheit schenken, aber viel Liebe und Vertrauen zurückbekommen. Das Leben hat sich total verändert - nichts wird mehr so sein wie es war. Auch wenn die Kleinen groß sind - das Leben wird durch sie verändert: kleine Kinder, kleine Sorgen ...
Nichts wird mehr so sein wie es einmal war! Auch Großeltern können davon ein Lied singen, wenn das erste Enkelkind endlich das ist. Plötzlich verschieben sich die Werte. Was vorher wichtig war, die Arbeit, das Bankkonto, die Lebensversicherung, wird zweitrangig. Ein ganz anderer Schatz des Lebens wird da entdeckt und bereichert den Alltag. „Nichts wird mehr so sein wie es einmal war!”
Doch nicht nur am Anfang des Lebens hören wir diese Worte, auch am Ende, dann wenn ein lieber Mensch gehen musste, dann, wenn der Tod das Leben verändert hat. Oder auch eine Krankheit: Bei einer Talkshow erzählte eine Frau von ihrem Krebsleiden, Brustkrebs, eine Brust musste ihr5 abgenommen werden: „Nichts war so wie es vorher einmal war!” Oder ich denke an die Ehefrau, die plötzlich entdeckt, dass ihr Mann sie jahrelang betrogen hat. Eine andere, eine jüngere, eine, nur so zum Spaß ... Er hat ihr geschworen: „Alles ist vorbei, ich liebe nur Dich!” Doch für sie ist das Vertrauen dahin - nichts wird mehr so sein wie es früher einmal war.
Im letzten Jahr fiel dieser Satz öfter - angesichts der Terroranschläge in Frankreich, angesichts der Terrorwarnung vor einem Fußballspiel in Hannover. Und nun schon wieder – das Herz Europas wurde getroffen. Schrecklich die Bilder aus Brüssel in der vergangenen Woche. Die Karwoche wurde zur Leidenswoche von so vielen Menschen! Die Unbefangenheit ist dahin, wenn man nun auf Bahnhöfen, Flugplätzen oder in Stadien ist. Nichts ist so wie es früher einmal war. Ein Satz, den wir auch schon nach den Anschlägen des 11. Septembers 2001 immer wieder gehört haben – eine Kehrtwende in der Weltgeschichte.
Ein Satz, der aber in ganz besonderer Weise für das Ereignis zutrifft, das wir heute feiern. Das Ereignis, das nicht von Angst und Unsicherheit geprägt ist, sondern von Freiheit und Aufbruch ins Leben. Das Ereignis, das Menschen seit Jahrtausenden bewegt und Hoffnung gibt und das der Kirche ihren Grund und ihre Kraft für ihr Dasein schenkt.
Nichts ist so wie es einmal war! Hier haben diese Worte ihre tiefste und radikalste Bedeutung. Denn das Ereignis der Auferstehung hat alles umgekrempelt, hat dem Leben eine ganz neue und entscheidende Richtung gegeben! „Christus ist auferstanden von den Toten und der Erstling geworden unten denen, die da schlafen.” (V.20) Das ist die Veränderung, das ist der Neuanfang, das ist der Aufbruch nach vorn. Nichts ist so wie es einmal war. Das haben schon die gedacht, die den Karfreitag erlebten, die mit dem Christus am Kreuz nicht nur einen Freund und Bruder dahinsterben sahen, sondern auch all ihre Hoffnungen – die Hoffnung auf ein Leben an seiner Seite, die Hoffnung auf seine Umkehrung aller Werte, die Hoffnung auf den Anbruch des neuen Reiches …. Und nun: Alles am Ende.
Ihr Denken kreiste zu sehr um Tod und Ende, um Verlust und Verzweiflung als dass sie den Gedanken mitgehen konnten, den Jesus ihnen schon geschenkt hatte: Dass wie bei einem Weizenkorn, das in die Erde gelegt wird, sein Tod Frucht und Leben und Aufbruch in Gottes Ewigkeit bedeutet.
Aus dem Tod entsteht Leben, aus dem Grab kommt einer zurück, und nicht nur einer, er ist der erste. Es braucht seine Zeit, bis dieser Gedanken reifen kann - vielleicht auch so wie bei dem Weizenkorn, das nicht von heute auf morgen seine grünen Blätter durch den kalten Boden schiebt. Aber dann - diejenigen, die das erleben brechen in einen Jubel aus: „Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden, Halleluja!”
Eine Erfahrung, die nicht nur den Tod verändert, sondern auch die Menschen, die dies wahrhaftig erleben - nichts ist so wie es vorher war. Abgelegt die Furcht vor dem Tod, dahin die Verzweiflung an seinem Kreuz, fortgeweht der Zweifel, der alle Hoffnungen genommen hatte.
Wie ein Kraftfeld, von der eine ungeheure Energie ausgeht. Diesem Kraftfeld kann sich niemand entziehen, dieses Kraftfeld verströmt, vergießt, ja vergeudet fast seine Energie - Gottes Energie: Leben, auch dort, wo alles am Ende erscheint; Liebe, auch wenn wir nur das Leiden am Kreuz sehen; Aufbruch mit den Farben der Zukunft, auch wenn uns der graue Alltag festhalten will.
Das muss alles verändern, danach kann nichts mehr sein wie es war!
Stimmt das denn überhaupt?
Was hat sich seit den Anschlägen des letzten Jahres in Europa verändert? Was hat der Terror in Brüssel am letzten Dienstag mit uns gemacht?
Wie verändern die Fluchtlingsströme das Leben und Denken in unserem Land?
Was hat sich seit dieser Auferstehung verändert, seit Gott seine Lebensenergien verströmt hat?
Nicht einmal 50 Prozent aller Christen glauben heute noch an die Auferstehung und die eigene Zukunft nach dem Tod. „Woran denken Sie bei Ostern?”, fragte eine große EKD-Kampagne. Die Antworten waren ernüchternd: Ostereier, freie Tage und Cholesterin sind mehr in den Köpfen und Bäuchen verankert als Jesu Auferstehung. Hat die Reduzierung der Osterkraft auf Triviales und die Skepsis gegenüber der Auferstehung genau in dieser Frage ihren Grund: „Bitteschön - was hat sich denn verändert mit dem Ostermorgen, wo ist denn der österliche Aufbruch zu spüren, wo ist die Lebensenergie Gottes wahrzunehmen?”
Auch Paulus scheint es nötig zu haben, gegen die Skeptiker der Auferstehung zu argumentieren. Paulus versucht es mit einer Beweiskette:
„Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferstanden. Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich.“ (VV 13f)
Hat das die Korinther überzeugt? Überzeugt das heute die Skeptiker?
Man könnte, der Logik des Paulus folgend, heute die Frage stellen: Was wäre gewesen wenn der christliche Glaube nicht da gewesen wäre? Was wäre gewesen, wenn die Auferstehung nicht der Anfangspunkt einer weltweiten Kirche gewesen wäre? Sicherlich: Vieles ist verkehrt gelaufen, wo auch Christen, wo auch die Kirchen schuldig geworden sind. Aber haben die frühchristlichen Gemeinden ihre Welt nicht verändert, als sie sich weigerten den römischen Kaiser als Gottheit zu verehren? Oder als Kaiser Konstantin im 4. Jahrhundert n.Chr. der erste Christ in einer Staatsmacht wurde. Er hat den Sonntag, den Tag nach dem Sabbat, als den freien Tag der Christen eingeführt – in Erinnerung an den ersten Ostertag, den Tag der Auferstehung. Welch eine Veränderung, dass sich der Lauf der Woche im römischen Reich nach dem Auferstehungstag richtete. Und all die Klöster, die unser Land seit dem früher Mittelalter übersäten, die so gute Früchte gebracht haben - nicht nur durch ihre Gottesdienste, sondern auch durch ihre Schulen, die Apotheken, ihre Werkstätten ... Sie haben das Land und das Leben positiv verändert. Und die herausragenden Menschen, die Vorbilder im Glauben für viele geworden sind: Franz von Assisi, der gegen die reiche Kirche protestierte; Martin Luther, der in seiner Kirche nicht mehr den befreienden Glauben des Ostermorgens fand; Dietrich Bonhoeffer, der seiner Kirche vormachte, dass sie sich auch in weltliche Dinge einmischen muss, wenn eine Diktator den Staat in eine Katastrophe führt .... Sie alle haben die Lebensenergie der Auferstehung nachhaltig weitergegeben. Was wäre gewesen ohne sie. Und all die Mütter und Väter, die Großmütter und Großvater, die Abend für Abend am Bett ihrer Kinder sitzen, mit ihnen ein Abendgebet sprechen und den vergehenden Tag noch einmal mit den Augen des Glaubens betrachten - sollen die nicht die Welt verändert haben? Wie viel Hoffnung, wie viel Lebensmut, wie viel Freude breitet sich dort aus. Und all die Eheleute, die den Trend der Zeit nicht nachgehen, sich nicht scheiden lassen, sondern in Treue beieinander bleiben, vorleben, was Versöhnung heißt, und zeigen, dass es auch anders geht - sollen die die Welt nicht verändert haben?
Das sind alles keine Beweise, für die Kraft und die Energie der Auferstehung. Und vielleicht will auch Paulus mit seiner Argumentation nichts beweisen, sondern einfach zeigen, wie sehr wir den Glauben an die Auferstehung in diesem Leben und in dem kommenden brauchen. Aber es sind deutliche Hinweise auf das Leben, leuchtend und schön, wie die Osterglocken, die wie ein Protest gegen die noch anhaltende Kälte ihre leuchtend gelben Blüte zum Himmel erheben.
Wir wissen ja nicht, wie die Welt ohne sie aussähe, ohne all die Menschen im Glauben, ohne diejenigen, die sich von der Kraft der Auferstehung anstecken ließen, ohne diejenigen, die spürten, dass nach diesem Ereignis nichts mehr so ist, wie es vorher war.
Das Osterlied, das wir am Ende singen - „Christ ist er erstanden” - sagt es ganz deutlich, was wäre, wenn die Auferstehung nicht gewesen wäre. Es zeichnet ein Bild von dieser Welt, wie sie aussähe ohne die Lebenskraft Gottes, die oftmals nur im Verborgenen wirkt: „Wär er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen ...!”
Nichts ist so wie es vorher war! Dieser Tag hat die Welt wirklich verändert!
Und wir? Lassen wir uns verändern! Amen!
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, der auferstanden ist, um diese Welt zu verändern. Amen.