Predigt zu 1. Korinther 3,9-15 von Claudia Bruweleit
3,9-15

(Predigt anlässlich der Goldenen Konfirmation)

Liebe Gemeinde!

Eine riesige Feuerwalze hatte sich durch die Wälder des Yellowstone Nationalparks in Amerika gefressen Ende der Achtziger Jahre. Nicht nur kleine Buschbrände hier und da, wie in jedem Jahr – nein, im heißen Sommer 1988 hatten sich die Feuer zusammengeschlossen und vernichteten alles mit ihrer Kraft. Die Menschen waren entsetzt - das würde das Ende des Nationalparks sein, das Ende seiner Wälder zumal, befürchteten sie. Es war die größte Feuersbrunst seit dem Beginn der Aufzeichnungen im Yellowstone Park. Mehr als ein Drittel der Parkfläche dieser weitläufigen Vulkanlandschaft mit riesigen Waldflächen und seltenen Tieren im Staat Wyoming verbrannte, 3.213 [1]Quadratkilometer. Zunächst sah es auch so aus, als wäre ein großer Teil dieser besonderen Landschaft und Vegetation unwiederbringlich zerstört. Doch schon im nächsten Sommer zeigten sich unzählige Schösslinge der sogenannten Drehkiefer gleichmäßig auf den verkohlten Flächen, auch die Walderdbeere eroberte sich den Raum. Und 25 Jahre danach konnten wir bei unserem Besuch im vergangenen Jahr erleben, dass eine neue Landschaft aus dem Feuer entstanden ist. Auf weiten Flächen finden sich grüne junge Nadelwälder, zwischen denen die verkohlten Überreste alter Bäume hervorstehen.

Wie war das möglich, dass so schnell die Natur sich dieses Gebiet zurückeroberte, dass sie, durch das Feuer geläutert, schön und jung und kräftig grün die verbrannten Flächen mit Wald bedeckt. Eine besondere Vorrichtung der Natur, so erklärte uns die Nationalparkhüterin Erica, sorge dafür, dass die Küstenkiefer einige Früchte ausbilde, die besonders fest harzverklebt seien. Diese Kiefernzapfen könnten Jahre lang am Baum verbleiben -auch eine Feuersbrunst zerstöre sie nicht, sondern ihre Schuppen öffneten sich erst nach einem Feuer aufgrund der hohen Temperaturen. Nach der Feuersbrunst hätten sie sich geöffnet und ihre Samen mit den Aschewinden weit über das Land tragen lassen. So kommt es, dass die Wälder des Yellowstone Parks schneller und gleichmäßiger wieder wuchsen, als Menschen es je hätten schaffen können.

Was ist das für ein Boden im Yellowstone Nationalpark – dass er immer wieder neue Pflanzen nährt und trägt? Aus Vulkanen entstanden, gibt er Halt und Mineralien und lässt besondere Pflanzen gedeihen, die an das karge Leben in großer Höhe angepasst sind.

Scheinbar gleichmütig bietet er die Grundlage für immer wieder neues Leben. Menschen glaubten, eine Katastrophe hätte mit dem Feuer alles zerstört, doch der Boden trägt neues Leben, junge Bäume, gibt der Landschaft neue Gestalt und erhält so langfristig die Artenvielfalt und Schönheit dieser Region.

Ist das ein Bild auch für unser Leben? Etwas verbrennt, stürzt ein – und neues keimt und wächst? 

Sie sind heute hier, um die Goldene Konfirmation zu feiern. Fünfzig oder mehr Jahre liegen zwischen dem Tag, an dem Sie hier in der Kirche sich zu Ihrem Glauben zu Jesus Christus bekannten und gesegnet wurden, und heute. Was ist seitdem in Ihrem Leben gewachsen, was zerstört worden? Und was hat sich behauptet, obwohl Sie es kaum für möglich hielten?
Wie ist es Ihnen gelungen, Schweres zu überstehen, Herausforderungen zu meistern,  die wie ein Feuer alles zu verbrennen drohten?
Der Predigttext heute fragt nach dem, was einen guten Boden gibt für das Leben. Einen Boden, der Halt gibt und Leben ermöglicht auch in Bedrohungen. Es ist der Apostel Paulus, der hier spricht. Er hat viele Gemeinden in Kleinasien und Süd-Europa gegründet, auch Korinth. Dieser jungen Gemeinde schreibt er in dem Wissen, dass jetzt ein anderer Gemeindeleiter dort das Sagen hat, Apollo – mit dessen Entscheidungen ist er nicht in allem einverstanden. Von ihm und sich selbst schreibt er:

Übersetzung: Basisbibel
Wir sind (...) Gottes Mitarbeiter.
(...)Ihr seid Gottes Ackerland –
oder besser: Gottes Bauwerk.
10Weil Gott mich in seiner Gnade dazu befähigt hat,
konnte ich als weiser Bauleiter das Fundament legen.
Jetzt baut ein anderer darauf weiter.
Aber jeder muss aufpassen,
wie er weiterbaut.

11Denn niemand kann ein anderes Fundament legen
als das, das schon gelegt ist.
Und das ist Jesus Christus.
12Es spielt keine Rolle,
womit auf dem Fundament weitergebaut wird:
mit Gold, Silber oder Edelsteinen,
Holz, Heu oder Stroh.
13Es wird sich zeigen,
was das Werk eines jeden Einzelnen wert ist.
Der Tag des Gerichts wird es aufdecken,
denn mit Feuer wird er hereinbrechen:
Das Feuer wird prüfen,
wie das Werk eines jeden Einzelnen beschaffen ist.
14Wenn das Werk, das jemand erbaut hat,
dem Feuer standhält,
wird er belohnt.
15Verbrennt das Werk,
wird er seinen Lohn verlieren.
Er wird zwar gerettet werden –
aber nur wie jemand,
der gerade noch dem Feuer entkommen ist.


Der gute Boden ist es, der Halt gibt und rettet – auch durch das Feuer hindurch. Paulus redet recht gelassen davon, was passieren kann. Es kann sein, dass alles verbrennt und nichts bestehen bleibt. Es kann auch sein, dass Edelsteine darunter sind und dass doch noch Lohn übrig bleibt – Paulus will sich nicht mit seinem Nachfolger vergleichen. Sie sind alle Gottes – die beiden Männer, die diese Gemeinde leiten und die Menschen, die in ihr leben. Was wächst, ist Gottes Bauwerk, sagt Paulus. Was aus den Menschen wird, ist nicht seine Aufgabe –  auch nicht das, was sie aus ihrem Lebensgebäude machen, nicht die Früchte, die sie bringen. Er hat nur eines getan: den Menschen von Jesus Christus erzählt. So hat er das Fundament gelegt für ein gutes, nachhaltiges Leben. Da reicht. Da braucht er sich mit niemandem mehr zu messen. Alles andere überlässt er Gott. Diese Ruhe sollen auch die Menschen in Korinth finden – eine Ruhe, die auf Gott vertraut. Auch sie haben darauf vertraut, dass Gott ihr Leben trägt und sie brauchten um diesen Grund nicht zu fürchten,
Denn, so sagt Paulus, niemand kann ein anderes Fundament legen als das, das schon gelegt ist.
Und das ist Jesus Christus.

Wir stehen immer schon auf dem guten Boden.
Was heißt guter Boden?
Es heißt, dass Gott uns liebt. Und dass seine Liebe gilt. Auch durch Krankheit und Schuld und selbst durch den Tod hindurch bleibt sie der gute Boden unseres Lebens.
Wenn Sie zurückblicken, was ist bestehen geblieben in Ihrem Leben? Und was wird weiter stark sein und tragen oder kräftig sein und wachsen? Sind es die Beziehungen zu besonderen Menschen? Sind es Begabungen, die Sie haben, die Sie an verschiedenen Stellen einsetzen konnten? Freunde zu gewinnen, vielleicht?
Worauf konnten Sie in schwieriger Zeit vertrauen?

Ich habe das erkennen können, als ich mit nur wenig über Vierzig Jahren schwer erkrankte, meine Kinder waren noch jung. Ich brauchte viel Geduld. Ein ganzes Jahr lang währten die Therapien. Ein weiteres Jahr brauchte ich, um mich davon zu erholen. In der Zeit halfen mir die alten Gebete. „Ich danke dir, mein himmlischer Vater, durch Jesus Christus, deinen lieben Sohn, dass du mich diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr behütet hast und bitte dich, du wollest mich diesen Tag hinfort auch behüten....“ So hat schon Martin Luther gebet und seit ihm viele, viele andere.
Das Vertrauen in Gott kann ein Grund sein im Leben. Mir flogen in jenen Tagen aber auch kleine Samen für neues Vertrauen zu – Briefe von Frauen, die es schon Ende der Sechziger Jahre geschafft hatten, den Krebs zu besiegen. Dass man ihn überleben kann, sehen Sie an mir, schrieb die alte Dame mit einem Lächeln... Menschen, die sich als Freunde zeigten und da waren, einfach so. Die Familie, die um mich war und mit mir bangte... Und viele Momente, in denen wir uns geborgen fühlten trotz aller Unsicherheit.

Sie werden, liebe Goldene Konfirmandinnen, liebe Gemeinde, Ihr Leben mit Ihren ganz eigenen Höhen und Tiefen vor Augen haben. Ich wünsche Ihnen, dass Sie es so annehmen  können, wie es ist. Mit der Gelassenheit, dass es auf gutem Grund gebaut ist. Vielleicht können Sie es gut sein lassen, obwohl einiges nicht so Bestand hatte, wie Sie es gehofft hatten. Vielleicht finden  Sie sich in veränderter Umgebung wieder, in neuen Aufgabenfeldern.
Auch Ihr Leben lässt sich rückwärts lesen durch Feuer und durch die grünenden Phasen hindurch als eines, das die Handschrift des Lebendigen Gottes trägt.

Jesus Christus hat uns genau das vorgelebt – Vertrauen in Gott und Liebe oder Verständnis für seine Mitmenschen. Kurz vor seinem Tod dachte er an den Mörder, der neben ihm gekreuzigt wurde und tröstete ihn. Obwohl er sich elend und gottverlassen fühlte, rief er nach Gott. Und Gott war bei ihm. Er erweckte ihn zu neuem Leben.

Das können wir lernen. Auf Gott zu vertrauen. Und versuchen, herauszufinden, was bestehen wird. Liebe macht unser Leben wertvoll – Liebe, die nicht für sich etwas erreichen will, sondern für den andern.
Vielleicht geht ja manche Frucht in unserem Leben erst rückblickend auf. Vielleicht ist ja auch in manchen Dingen, die wir tun, der Same der Liebe aufbewahrt. Die vielen Male, die Sie geduldig nach einer kranken Nachbarin gesehen haben, auch wenn sie immer wieder dasselbe erzählte. Die Liebe, mit der Sie Ihren Enkelkindern Bücher vorgelesen haben oder mit ihnen gebetet haben. Die stillen Stunden, in denen Sie sich um jemand Krankes gesorgt haben. Die glücklichen Tage, in denen Sie von Luft und Liebe haben leben können oder auch die Feste, an denen Sie sich mit anderen freuen konnten. Sie werden irgendwann aufgehen und ihre Früchte ausstreuen. Gott hat Großes daraus gemacht und gibt unseren bescheidenen Versuchen, unser Leben zu gestalten, Halt und Tiefe.
So segnet Gott uns Menschen durch die Jahre unseres Lebens und gibt uns einen Grund, den niemand uns nehmen kann – Jesus Christus, der voller Gottesliebe war und ist. Er begleite Sie.
Amen.


[1]  Vergleiche auch http://de.wikipedia.org/wiki/Küsten-Kiefer, abgerufen am 2.9.2014.

 

 

Perikope
07.09.2014
3,9-15