Predigt zu 2. Korinther 4, 16-18 von Christine Hubka
4,16
Wir werden nicht müde; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert. Denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit. Uns, die wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig. 2. Kor 4,16-18
O ja, doch, wir werden müde, lieber Paulus.
Da ist vieles, was uns müde macht.
Beginnen wir mit dem Erfreulichen:
Der Frühling bringt ja nicht nur warme Lüftchen,
sondern auch
die nach ihm benannte Müdigkeit.
Es ist leicht, bei Eiseskälte knackig frisch zu sein.
Vom linden Hauch umfächelt,
fallen einem viel schneller die Augen zu.
Dann sind da die Enkelkinder.
Die machen müde,
auch wenn es wunderschön ist,
einen Tag mit ihnen zu verbringen.
Oder die Menschen, um uns herum:
Nachbarinnen, Freunde, Arbeitskolleginnen.
Klienten. Familie.
Selbst die Leute in der U-Bahn.
Menschen machen müde. Manche zumindest.
Menschen können ganz schön anstrengend sein mit ihren Eigen-Arten und Un-Arten.
Manchmal machen wir uns selber auch müde.
Weil wir die unerfreulichen, grämlichen Gedanken in unserem Kopf
Ringelspiel fahren lassen.
Statt diesen Kreisel zu stoppen
und aus dem Ringelspiel auszusteigen:
Immer dasselbe denken macht müde.
Unerfreuliches denken macht müde:
Was wird, wenn …
Was hat sie jetzt wieder im Sinn …
Ich hab ja doch keine Chance mehr …
Ich halte es nicht mehr aus …
Alle sind gegen mich …
Da ist niemand, der zu mir hält …
Und keinem kann ich vertrauen …
Und Hoffnungslosigkeit macht müde.
Und Ungerechtigkeit macht müde.
Und Enttäuschung macht müde.
Und Sinnlosigkeit macht müde.
Das Verdrängen der Schuld macht müde.
Und das Erkennen von Schuld macht müde.
Vieles davon hat Paulus auch erlebt.
Manches hat er nicht gekannt.
Z.B. die Enkelkinder.
Wo nimmt er die Kraft her, zu sagen:
„Wir werden nicht müde“?
Denn ich glaube ihm.
Mir fällt auf, dass Paulus genau das Gegenteil von dem tut, was unter uns gang und gäbe ist:
Unter uns ist es üblich,
nach außen einen guten Eindruck zu machen.
Lächeln, lächeln, lächeln.
Zumindest der Mund muss lachen,
wenn schon nicht die Augen.
Je schlechter es einem Menschen geht,
umso größer wird die Anstrengung,
gut auszusehen.
Kranke Menschen wollen nicht besucht werden
nach der Operation
oder während einer Behandlung.
Denn sie wollen nicht, dass irgendjemand sieht,
wie es um sie steht:
Erschöpft, kraftlos, ungeschminkt. Voller Angst.
Nur nicht erkennen lassen,
wie es dem inneren Menschen geht.
Solange die Frisur sitzt, die Kleidung gebügelt ist, die Schuhe geputzt sind, die Schultern gestrafft, der Nacken gerade,
solange wird keiner merken,
wie es wirklich um mich steht.
Kennst du diese Situation:
Du hast den Eindruck,
dass es deinem Gegenüber nicht so gut geht.
Du fragst: Wie geht es dir?
Die Antwort kommt automatisch
und mit trübem Blick: Danke gut.
Die fragst weiter: Und wie geht es dir wirklich?
Dein Gegenüber ist unangenehm berührt,
weil es ihm oder ihr
ganz offensichtlich misslungen ist,
den Zustand des inneren Menschen
mit Hilfe des äußeren zu verbergen.
Manchmal werden wir selber gefragt:
Wie geht’s?
Reagierst du dann so ganz anders
als mein fiktives Gegenüber?
Paulus geht den umgekehrten Weg.
Er schreibt:
wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert
Er verwendet seine Kraft, seine Energie,
um innerlich klar zu bleiben.
Er sucht das innere Gleichgewicht
auf Kosten des äußeren Eindrucks.
Mich berührt die Erfahrung,
die er uns mitteilt:
Der innere Mensch
wird von Tag zu Tag erneuert.
Also: Am Abend todmüde,
vielleicht sogar kaputt. Erschöpft. Fix und fertig.
Wenn es ganz schlimm ist, zutiefst verzweifelt.
Hoffnungslos.
Aber am nächsten Morgen erneuert.
Wie geht das?
Das geht gar nicht,
in dem Sinn, dass wir es machen.
Das kann nur an uns geschehen.
Und wir dürfen es geschehen lassen.
Ein Lied, eines meiner Lieblingslieder,
drückt es für mich unübertreffbar aus.
Singen wir: Morgenlicht leuchtet EG 455:
Morgenlicht leuchtet, rein wie am Anfang.
Frühlied der Amsel, Schöpferlob klingt.
Dank für die Lieder, Dank für den Morgen.
Dan für das Wort, dem beides entspringt.
Sanft fallen Tropfen, sonnendurchleuchtet
So lag auf erstem Gras erster Tau.
Dank für die Spuren Gottes im Garten.
Grünende Frische, vollkommnes Blau.
Mein ist die Sonne, mein ist der Morgen,
Glanz, der zu mir aus Eden aufbricht!
Danküberschwänglich, Dank Gott am Morgen!
Wiedererschaffen grüßt uns sein Licht.
Jeder Tag ist ein völliger Neubeginn.
Gott macht mich neu.
Gott macht das Licht,
macht seine Schöpfung neu.
Auch wenn die Umstände die alten sind.
Wir wissen, dass Paulus an Epilepsie gelitten hat.
Die Krankheit hat ihn begleitet.
Sie war eine schwere Belastung.
Er wusste ja nie,
wann der nächste Anfall kommen würde.
Demütigend war das. Damals hat man das Erscheinungsbild dieser Krankheit
mit Dämonen in Verbindung gebracht.
Wie viel schlimme Erfahrungen
hat er mit seinem Leiden wohl gemacht.
Er hat Gott gebeten, auf Knien, das zu ändern.
Bis er eines Tages gemerkt hat:
Ich werde jeden Tag von Gott
neu mit Kraft und Leben ausgestattet.
Der äußere Mensch
wird von Anfällen gebeutelt.
Und dennoch kann ich Freude empfinden.
Ich kann Freundschaften erleben.
Ich spüre Glaube und Liebe und Hoffnung.
Immer wieder neu.
Ich bin im Gefängnis und verzweifle nicht.
Ich bin so krank
und kann meine Selbstachtung bewahren, auch wenn andere
mich für das Zucken und Fallen verachten.
Ich habe die Gemeinde Gottes verfolgt.
Bin schuldig geworden.
Für etliche bin ein Feind. Das Böse schlechthin.
Sie misstrauen mir. Sie hassen mich.
Und dennoch umfängt mich jeden Morgen
Gottes Liebe neu.
Sich diesem täglich neuen, täglich anderen Leben hinzugeben.
jeden Tag als einen ganz neue Schöpfung
aus Gottes Hand zu nehmen,
das kostet auch Kraft.
Denn das bedeutet ja,
das, was gestern und vorgestern und vorvorgestern gewesen ist, loszulassen.
Und das was morgen sein wird,
noch nicht erhaschen zu wollen.
Heute hat Gott mir sein Licht geschenkt.
Heute schenkt er mir mich selbst.
Heute lässt er mich leben und erleben,
was auch immer dieser Tag mit sich bringt.
Heute gibt er mich die Kraft.
Für das, was heute zu tun ist.
Jeder Tag, den ich so leben kann,
ist ein Tag, der es wert ist gelebt zu werden.
So empfindet es Paulus.
Ob er gerade in Freiheit ist.
Ob er im Gefängnis ist.
Ob er ohne Anfall durch den Tag kommt.
Oder ob es ihn wieder entsetzlich durchgeschüttelt hat,
und er wehrlos zu Boden gefallen ist.
Und morgen –
ja morgen ist der innere Mensch wieder neu.
Auch wenn sich die äußeren Verhältnisse
Nicht verändert haben.
Ich kann mich jeden Tag
Neu positionieren und anders darauf einstellen.
Für die Kraft, die ich dafür geschenkt bekomme.
Sei Gott Lob und Preis in Ewigkeit.
(Gehalten in der JA Josefstadt und in der evang. Markuskiche, 1160 Wien)
O ja, doch, wir werden müde, lieber Paulus.
Da ist vieles, was uns müde macht.
Beginnen wir mit dem Erfreulichen:
Der Frühling bringt ja nicht nur warme Lüftchen,
sondern auch
die nach ihm benannte Müdigkeit.
Es ist leicht, bei Eiseskälte knackig frisch zu sein.
Vom linden Hauch umfächelt,
fallen einem viel schneller die Augen zu.
Dann sind da die Enkelkinder.
Die machen müde,
auch wenn es wunderschön ist,
einen Tag mit ihnen zu verbringen.
Oder die Menschen, um uns herum:
Nachbarinnen, Freunde, Arbeitskolleginnen.
Klienten. Familie.
Selbst die Leute in der U-Bahn.
Menschen machen müde. Manche zumindest.
Menschen können ganz schön anstrengend sein mit ihren Eigen-Arten und Un-Arten.
Manchmal machen wir uns selber auch müde.
Weil wir die unerfreulichen, grämlichen Gedanken in unserem Kopf
Ringelspiel fahren lassen.
Statt diesen Kreisel zu stoppen
und aus dem Ringelspiel auszusteigen:
Immer dasselbe denken macht müde.
Unerfreuliches denken macht müde:
Was wird, wenn …
Was hat sie jetzt wieder im Sinn …
Ich hab ja doch keine Chance mehr …
Ich halte es nicht mehr aus …
Alle sind gegen mich …
Da ist niemand, der zu mir hält …
Und keinem kann ich vertrauen …
Und Hoffnungslosigkeit macht müde.
Und Ungerechtigkeit macht müde.
Und Enttäuschung macht müde.
Und Sinnlosigkeit macht müde.
Das Verdrängen der Schuld macht müde.
Und das Erkennen von Schuld macht müde.
Vieles davon hat Paulus auch erlebt.
Manches hat er nicht gekannt.
Z.B. die Enkelkinder.
Wo nimmt er die Kraft her, zu sagen:
„Wir werden nicht müde“?
Denn ich glaube ihm.
Mir fällt auf, dass Paulus genau das Gegenteil von dem tut, was unter uns gang und gäbe ist:
Unter uns ist es üblich,
nach außen einen guten Eindruck zu machen.
Lächeln, lächeln, lächeln.
Zumindest der Mund muss lachen,
wenn schon nicht die Augen.
Je schlechter es einem Menschen geht,
umso größer wird die Anstrengung,
gut auszusehen.
Kranke Menschen wollen nicht besucht werden
nach der Operation
oder während einer Behandlung.
Denn sie wollen nicht, dass irgendjemand sieht,
wie es um sie steht:
Erschöpft, kraftlos, ungeschminkt. Voller Angst.
Nur nicht erkennen lassen,
wie es dem inneren Menschen geht.
Solange die Frisur sitzt, die Kleidung gebügelt ist, die Schuhe geputzt sind, die Schultern gestrafft, der Nacken gerade,
solange wird keiner merken,
wie es wirklich um mich steht.
Kennst du diese Situation:
Du hast den Eindruck,
dass es deinem Gegenüber nicht so gut geht.
Du fragst: Wie geht es dir?
Die Antwort kommt automatisch
und mit trübem Blick: Danke gut.
Die fragst weiter: Und wie geht es dir wirklich?
Dein Gegenüber ist unangenehm berührt,
weil es ihm oder ihr
ganz offensichtlich misslungen ist,
den Zustand des inneren Menschen
mit Hilfe des äußeren zu verbergen.
Manchmal werden wir selber gefragt:
Wie geht’s?
Reagierst du dann so ganz anders
als mein fiktives Gegenüber?
Paulus geht den umgekehrten Weg.
Er schreibt:
wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert
Er verwendet seine Kraft, seine Energie,
um innerlich klar zu bleiben.
Er sucht das innere Gleichgewicht
auf Kosten des äußeren Eindrucks.
Mich berührt die Erfahrung,
die er uns mitteilt:
Der innere Mensch
wird von Tag zu Tag erneuert.
Also: Am Abend todmüde,
vielleicht sogar kaputt. Erschöpft. Fix und fertig.
Wenn es ganz schlimm ist, zutiefst verzweifelt.
Hoffnungslos.
Aber am nächsten Morgen erneuert.
Wie geht das?
Das geht gar nicht,
in dem Sinn, dass wir es machen.
Das kann nur an uns geschehen.
Und wir dürfen es geschehen lassen.
Ein Lied, eines meiner Lieblingslieder,
drückt es für mich unübertreffbar aus.
Singen wir: Morgenlicht leuchtet EG 455:
Morgenlicht leuchtet, rein wie am Anfang.
Frühlied der Amsel, Schöpferlob klingt.
Dank für die Lieder, Dank für den Morgen.
Dan für das Wort, dem beides entspringt.
Sanft fallen Tropfen, sonnendurchleuchtet
So lag auf erstem Gras erster Tau.
Dank für die Spuren Gottes im Garten.
Grünende Frische, vollkommnes Blau.
Mein ist die Sonne, mein ist der Morgen,
Glanz, der zu mir aus Eden aufbricht!
Danküberschwänglich, Dank Gott am Morgen!
Wiedererschaffen grüßt uns sein Licht.
Jeder Tag ist ein völliger Neubeginn.
Gott macht mich neu.
Gott macht das Licht,
macht seine Schöpfung neu.
Auch wenn die Umstände die alten sind.
Wir wissen, dass Paulus an Epilepsie gelitten hat.
Die Krankheit hat ihn begleitet.
Sie war eine schwere Belastung.
Er wusste ja nie,
wann der nächste Anfall kommen würde.
Demütigend war das. Damals hat man das Erscheinungsbild dieser Krankheit
mit Dämonen in Verbindung gebracht.
Wie viel schlimme Erfahrungen
hat er mit seinem Leiden wohl gemacht.
Er hat Gott gebeten, auf Knien, das zu ändern.
Bis er eines Tages gemerkt hat:
Ich werde jeden Tag von Gott
neu mit Kraft und Leben ausgestattet.
Der äußere Mensch
wird von Anfällen gebeutelt.
Und dennoch kann ich Freude empfinden.
Ich kann Freundschaften erleben.
Ich spüre Glaube und Liebe und Hoffnung.
Immer wieder neu.
Ich bin im Gefängnis und verzweifle nicht.
Ich bin so krank
und kann meine Selbstachtung bewahren, auch wenn andere
mich für das Zucken und Fallen verachten.
Ich habe die Gemeinde Gottes verfolgt.
Bin schuldig geworden.
Für etliche bin ein Feind. Das Böse schlechthin.
Sie misstrauen mir. Sie hassen mich.
Und dennoch umfängt mich jeden Morgen
Gottes Liebe neu.
Sich diesem täglich neuen, täglich anderen Leben hinzugeben.
jeden Tag als einen ganz neue Schöpfung
aus Gottes Hand zu nehmen,
das kostet auch Kraft.
Denn das bedeutet ja,
das, was gestern und vorgestern und vorvorgestern gewesen ist, loszulassen.
Und das was morgen sein wird,
noch nicht erhaschen zu wollen.
Heute hat Gott mir sein Licht geschenkt.
Heute schenkt er mir mich selbst.
Heute lässt er mich leben und erleben,
was auch immer dieser Tag mit sich bringt.
Heute gibt er mich die Kraft.
Für das, was heute zu tun ist.
Jeder Tag, den ich so leben kann,
ist ein Tag, der es wert ist gelebt zu werden.
So empfindet es Paulus.
Ob er gerade in Freiheit ist.
Ob er im Gefängnis ist.
Ob er ohne Anfall durch den Tag kommt.
Oder ob es ihn wieder entsetzlich durchgeschüttelt hat,
und er wehrlos zu Boden gefallen ist.
Und morgen –
ja morgen ist der innere Mensch wieder neu.
Auch wenn sich die äußeren Verhältnisse
Nicht verändert haben.
Ich kann mich jeden Tag
Neu positionieren und anders darauf einstellen.
Für die Kraft, die ich dafür geschenkt bekomme.
Sei Gott Lob und Preis in Ewigkeit.
(Gehalten in der JA Josefstadt und in der evang. Markuskiche, 1160 Wien)
Perikope