Predigt zu 2. Mose 16,1-3.11-18 von Winfried Klotz
16,1-3.11-18

(Gute Nachricht Bibel)

16 1 Von Elim zogen die Israeliten weiter in die Wüste Sin, die zwischen Elim und dem Berg Sinai liegt. Sie kamen dorthin am 15. Tag im 2. Monat nach dem Aufbruch aus Ägypten.

2 Hier in der Wüste rottete sich die ganze Gemeinde Israel gegen Mose und Aaron zusammen. Sie murrten:

3 »Hätte der HERR uns doch getötet, als wir noch in Ägypten waren! Dort saßen wir vor vollen Fleischtöpfen und konnten uns an Brot satt essen. Aber ihr habt uns herausgeführt und in diese Wüste gebracht, damit die ganze Gemeinde verhungert!«a a) 14,11-12S

11 Der HERR sagte zu Mose: 12 »Ich habe das Murren der Israeliten gehört und lasse ihnen sagen: 'Gegen Abend werdet ihr Fleisch zu essen bekommen und am Morgen so viel Brot, dass ihr satt werdet. Daran sollt ihr erkennen, dass ich der HERR, euer Gott, bin.'«

13 Am Abend kamen Wachteln und ließen sich überall im Lager nieder, und am Morgen lag rings um das Lager Tau.a a) (Wachteln) Num 11,21-23.31-34; Ps 78,26-31; 105,40; Weish 16,2-4; 19,11-12

14 Als der Tau verdunstet war, blieben auf dem Wüstenboden feine Körner zurück, die aussahen wie Reif.

15 Als die Leute von Israel es sahen, sagten sie zueinander: »Was ist denn das?«A Denn sie wussten nichts damit anzufangen.

Mose aber erklärte ihnen: »Dies ist das Brot, mit dem der HERR euch am Leben erhalten wird.a a) 1Kor 10,3 A) Was ist denn das: hebräisch Man hu, ein Wortspiel mit dem Begriff Manna* (vgl. Vers 31).

16 Und er befiehlt euch: 'Sammelt davon, so viel ihr braucht, pro Person einen Krug voll. B Jeder soll so viel sammeln, dass es für seine Familie ausreicht.'« B) einen Krug voll: wörtlich ein Gomer (= 1/10 Efa* = ca. 2l).

17 Die Leute gingen und sammelten, die einen mehr, die andern weniger.

18 Als sie es aber abmaßen, hatten die, die viel gesammelt hatten, nicht zu viel, und die, die wenig gesammelt hatten, nicht zu wenig. Jeder hatte gerade so viel gesammelt, wie er brauchte.a a) 2Kor 8,15

Liebe Gemeinde!

Gottes Gemeinde, mit Gott unterwegs, zwischen dem Sklavenhaus in Ägypten und dem versprochenen Land, in dem Milch und Honig fließen. Keine Fahrt „hoch auf dem gelben Wagen“, keine Vergnügungsreise oder lehrreiche Exkursion, kein Erholungsurlaub, sondern mühsame Fortbewegung in schwierigem Gelände, immer auf der Suche nach Nahrung und Wasser. In Elim, einer Oase, hatte das Volk Gottes aufgetankt, nun zogen sie wieder durch die Wüste, Frauen mit Kindern, Männer, Alte und Junge, Schafe und Ziegen, da wurden Wasser und Nahrung knapp. Wer schon mal im Sinai war, kann sich diese schwierige Wanderung der Gemeinde Gottes vorstellen. Wechsel von Sand – und Steinwüste, ab und zu eine Akazie, je nach Jahreszeit da und dort etwas grün. Man muss sich auskennen, um in dieser schwierigen Umgebung zu überleben, man braucht einen kundigen Führer. Mose führt das Volk, aber ist er kundig? Nein, Gott führt sein Volk, aber ist auf Ihn Verlass? Ist er gegenwärtig, erreichbar, hört, sieht er die Not?

„Er, der den Menschen Ohren gab, sollte selbst nicht hören? Er, der ihnen Augen schuf, sollte selbst nicht sehen?“ sagt ein Beter in Psalm 94. Aber wer vertraut darauf in der Not? Wer erinnert sich an Gottes große Tat, die Befreiung aus der Sklaverei? Wer glaubt an das Wort des auferstandenen Jesus: „Ich bin immer bei euch, jeden Tag, bis zum Ende der Welt.“ Auch Menschen, die mit Gott unterwegs sind, auch die Kirche und Gemeinde Jesu, ist hier zu Zeiten sehr vergesslich. In schwierigen Zeiten wächst nicht automatisch das Vertrauen zu Gott. Sondern es wachsen Enttäuschung, Ärger, Ratlosigkeit und hektische Bemühungen, ohne Vertrauen und Gehorsam zu Gott selbst das Problem zu lösen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen.

Unsere Geschichte aus dem 2. Buch Mose erzählt: „Hier in der Wüste rottete sich die ganze Gemeinde Israel gegen Mose und Aaron zusammen. Sie murrten: Hätte der HERR uns doch getötet, als wir noch in Ägypten waren!“

Gottes Gemeinde rottet sich zusammen gegen die Verantwortlichen, sie sind ganz einig darin, dass Mose und Aaron versagt haben, aber ihr Vorwurf geht noch weiter und zeigt die Gottlosigkeit der Herzen: „Hätte der HERR uns doch getötet, als wir noch in Ägypten waren!“ Das ist nicht Klage oder Anklage, das ist Aufruhr.

Es ist völlig belanglos, was Gott einmal für sein Volk getan hat! Wenn der Magen knurrt, kann man auf Gott verzichten. Nein schlimmer, wenn Mangel das Leben schwer macht, ist Gott offensichtlich ein Feind seines Volkes, der seine Gemeinde nur dazu aus der Sklaverei befreit hat, damit sie nun in der Wüste verhungert. In Ägypten war es eigentlich doch gar nicht so schlecht, meint man jetzt, trotz Sklaverei; es gab immer genug zu essen. Die Fleischtöpfe Ägyptens sind ja sprichwörtlich geworden!

Gottes Volk leidet Mangel auf dem Weg durch die Wüste; was macht die Situation so dramatisch? Unrealistische Erinnerungen, wie es früher war und Misstrauen gegen Gott. Gottes Volk traut Gottes Zusagen nicht mehr!

[In seinem Sommerrundbrief schreibt unser Dekan:

„Des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit“, sagt uns die Bibel, aber Gemeinde Jesu Christi ist stetem Wandel unterworfen. Das spüren wir im Odenwald wie überall in Deutschland. Innerhalb der letzten 20 Jahre ist die Zahl der Evangelischen im Dekanat Odenwald von knapp 50.000 auf unter 40.000 gesunken – nahezu jede Kirchengemeinde hat deutlich mehr Beerdigungen als Taufen. Bewährte Gruppen unserer Kirchengemeinden „laufen aus“: Ob Frauenhilfe, Posaunenchöre, Jugendgruppen: Die Zahlen gehen zurück. Immer mehr Menschen, die Mitglieder unserer Kirche sind, wissen immer weniger über ihre Religion und haben kaum mehr eine christliche religiöse Praxis. Immer mehr Menschen wachsen ohne jegliche religiöse Prägung auf. …..“ Und später:

„Was aber tun in dieser Situation?

Derzeit sind keine tragfähigen Konzepte erkennbar. Ob Optimierung des Bestehenden durch Management-Methoden oder „Wachsen gegen den Trend“ oder „Leuchttürme“; ob Zukunftskonferenzen wie vor einem Jahr in unserem Dekanat oder die „Impulspost“ der EKHN: Nichts davon weist tragfähig in die Zukunft. Im Gegenteil, innerkirchliche Konflikte um die Frage, welche Bereiche man schließt oder mit welcher Methode man noch einmal eine Trendwende versuchen sollte, stimmen wenig hoffnungsvoll.“

Was tun, wenn die Zahl der Mitglieder zurückgeht, die Finanzquellen nicht mehr sprudeln, die Vielfalt gemeindlicher Kreise und Gruppen abnimmt, Mitglieder der Kirche nichts mehr über ihren Glauben wissen? Müssten wir nicht zuerst einmal feststellen: Vieles, was nach Wachstum der Kirche aussah, war nur äußeren Faktoren geschuldet; nämlich den geburtenstarken Jahrgängen, dem Wachstum der Wirtschaft, einer nach dem 2. Weltkrieg freundlichen Stimmung gegenüber der Kirche im Westen Deutschlands? Und müssten wir nicht in uns gehen und sagen: Die Zeit des Wohlstandes und äußeren Wachstums der Kirche haben wir viel zu wenig dazu genutzt, Menschen zu evangelisieren, ich benutze dieses Wort ganz bewusst, viel mehr haben wir gemeint, in der Liga gesellschaftsrelevanter Kräfte mitspielen zu müssen in Anpassung und Widerstand? Ich erinnere mich an meine Zeit in der Kirchensynode der EKHN, wie wichtig war da die Verabschiedung von Resolutionen zu aktuellen Problemen. Wie wenig wichtig aber war die Frage, predigen wir das Evangelium so, dass es die Herzen der Menschen erreicht?]

Gottes Volk traut Gottes Zusagen nicht mehr, so habe ich gesagt. Das ist ein Grundschaden im Verhältnis zwischen Gott und seinem Volk damals wie heute. Aber wie finden wir wieder zum Vertrauen?

Unser Bibelwort aus dem 2. Buch Mose sagt: Gott hört das aufsässige Murren seines Volkes und verspricht Hilfe. Es ist ihm nicht gleichgültig, was aus seiner Gemeinde wird. Er besänftigt das Murren seiner unverständigen Leute und überwindet den Mangel. Fleisch und Brot gibt Gott seinem Volk, Wachteln und Manna. Gott handelt wie Eltern, die ihren murrenden, unzufriedenen und aufsässigen Kindern geben, was sie fordern, ohne sich über die Unverschämtheit aufzuhalten, die im Misstrauen liegt. Die Not ist doch wirklich da, nicht gespielt. Gott ist großzügig, über die Maßen großzügig! ER gibt! Es reicht für alle, was er gibt.

Die Israeliten müssen erst Gottes Brot kennenlernen, das Brot der Wüste, das Manna ist ihnen bisher unbekannt. Sie wissen erst einmal mit diesen feinen Körnern nichts anzufangen. Mose erklärt ihnen: „Dies ist das Brot, mit dem der HERR euch am Leben erhalten wird. Sammelt davon, so viel ihr braucht, pro Person einen Krug voll.“

Worin liegen Leben und Zukunft der Gemeinde Gottes heute? Doch genauso wie damals in dem Brot, das Gott gibt. Jesus Christus ist Gottes Brot für uns. Denn das ist Gottes Verheißung: Durch Jesus schenke ich Euch Leben, durch Jesus schenke ich Kirche und Gemeinde Zukunft!

Im 6.Kap. des Johev. sagt Jesus: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird ewig leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Leib. Ich gebe ihn hin, damit die Menschen zum Leben gelangen können.“ (V. 51)

Wir feiern (heute) das Abendmahl, Möglichkeit an Gottes Brot, Jesus, teilzuhaben. Er ist gegenwärtig, denn er lebt. Er stärkt uns, gerade auch für Wüstenwege. ER baut uns zu seiner Gemeinde, indem wir IHN empfangen unter Brot und Wein. Nicht neue Methoden und Konzepte, nicht neue Strukturen und neue Finanzquellen ebnen den Weg in die Zukunft der Gemeinde, sondern dass wir Jesus empfangen und durch ihn Vergebung und Leben. Mehr kann und darf es für das Leben der Gemeinde und Kirche, ja auch das Leben des Einzelnen vor Gott nicht sein. Gemeinde und Kirche lebt vom Zentrum, von Jesus Christus her, oder sie ist tot. Jeder Christ lebt von Jesus Christus her, oder er ist kein Christ. „Ich bin das Brot, das Leben schenkt, sagte Jesus zu ihnen. Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungrig sein. Wer sich an mich hält, wird keinen Durst mehr haben.“ (Joh 6, 35) Strukturen, die Lebensbedingungen der Kirche in der Gesellschaft werden sich ändern, leben wir aber vom Zentrum Jesus Christus her, wird Kirche sich immer wieder neu gestalten zum Dienst für ihren Herrn. Amen.

 

Perikope
03.08.2014
16,1-3.11-18