Liebe Gemeinde,
1.
Was wird an Ostern gefeiert? Das wurden in einer repräsentativen Umfrage gut 1000 Menschen gefragt.
Fünf Prozent meinen, dass der Frühlingsanfang gefeiert wird.
Vier Prozent sagen, zu Ostern sei Jesus Christus zu seinem Vater zurückgekehrt.
Für die Geburt Jesu - stimmen drei Prozent,
auf die Entsendung des Heiligen Geistes tippt ein Prozent der Teilnehmer.
Neun Prozent mussten komplett passen oder machten keine Angaben.
Gut drei Viertel der Befragten (78 Prozent) wussten, was beim höchsten Fest der Christenheit gefeiert wird: die Auferstehung Jesu von den Toten. Na ja, immerhin denn doch 78 %. Das ist ja so schlecht nicht.
Hier bei uns in der Kirche werden es mehr als 78 % sein, ich nehme stark an: 100%.
Ostern, Osterglaube, Jesu Auferstehung – Sie wissen das im Grunde schon, mit diesem Wissen, mit dieser Erwartung sind Sie hier.
Ihr wisst schon… - so beginnt auch Petrus seine Kurzpredigt über einige wichtige Lebensstationen von Jesus.
Das passiert im Hause eines Mannes namens Kornelius.
Kornelius, ein römischer Hauptmann, hat mit seiner Familie schon einiges gehört über Jesus, ist schon sehr interessiert, wenn auch noch nicht getauft.
Bekommt mit, dass einer der Apostel, also Petrus, in der Nähe ist, bittet ihn zu sich in sein Haus, so eine Chance bekommt man schließlich nicht oft.
Und Petrus, als er kommt und zu den Leuten spricht, muss nicht bei Null anfangen, kann an Bekanntes anknüpfen.
Petrus tat seinen Mund auf und sprach: Gott hat das Wort dem Volk Israel gesandt und Frieden verkündigt durch Jesus Christus, welcher ist Herr über alle.
Ihr wisst, was in ganz Judäa geschehen ist, angefangen von Galiläa nach der Taufe, die Johannes predigte, wie Gott Jesus von Nazareth gesalbt hat mit heiligem Geist und Kraft; der ist umhergezogen und hat Gutes getan und alle gesund gemacht, die in der Gewalt des Teufels waren, denn Gott war mit ihm. Und wir sind Zeugen für alles, was er getan hat im jüdischen Land und in Jerusalem.
Den haben sie an das Kreuz gehängt und getötet.
Den hat Gott auferweckt am dritten Tag und hat ihn erscheinen lassen, nicht dem ganzen Volk, sondern uns, den von Gott vorher erwählten Zeugen, die wir mit ihm gegessen und getrunken haben, nachdem er auferstanden war von den Toten. Und er hat uns geboten, dem Volk zu predigen und zu bezeugen, dass er von Gott bestimmt ist zum Richter der Lebenden und der Toten. Von diesem bezeugen alle Propheten, dass durch seinen Namen alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünden empfangen sollen.
2.
Liebe Gemeinde: „Das Ding ist durch, oder?“
Dieser Satz stammt vom 2.April. Und sorgte für einen Eklat in Fußballdeutschland.
Was ist geschehen? Borussia Dortmund ist gerade im Championsleague – Viertelfinal-Hinspiel bei Real Madrid böse unter die Räder gekommen. 0:3. Eine denkbar schlechte Ausgangslage für das Rückspiel. Gleich nach Abpfiff steht Trainer Jürgen Klopp beim ZDF zum Interview bereit. Das führt Jochen Breyer. Der ist nicht nur jünger als Klopp, sondern sieht auch jünger aus. Und dann gegen Ende stellt Breyer diese eine zugespitzte Frage, die den schwarz-gelben Coach auf die Palme bringt: "Sind wir ehrlich, Herr Klopp, das Ding ist durch, oder?". Mit sichtlich genervtem Minenspiel ätzt der BVB-Trainer zurück: "Wie könnte man mir Geld überweisen für meinen Job, wenn ich heute hier sagen würde, die Sache ist durch. Das wäre genauso doof, als wenn ich sagen würde, wir hauen die sicher weg".
Es folgt dann noch Klopps Nachsatz: "Auf doofe Fragen kann man auch doof antworten." Und er als er kurz darauf geht, ist er so angesäuert, er knallt das teure Mikro auf den Tisch, statt es dort vorsichtig abzulegen.
„Das Ding ist durch.“ Also mit anderen Worten: das kann man abhaken, keine realistische Chance mehr, vergiss es – das eine Woche vor dem Rückspiel so zu sagen, das hat Klopp genervt, da ist er gegen angegangen, wenn auch nicht ruhig souverän, sondern eher aggressiv.
Das Ding ist durch?
3.
Fußball hat er nicht gespielt, Petrus, die anderen Jünger auch nicht. Soweit wir wissen.
Aber es gibt eine Phase in seinem Leben, wo dem Petrus klar ist: „Das Ding ist durch“. Da kann man nichts mehr machen. Die Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Alles verloren. Alles aus.
Petrus, einer der Jünger von Jesus.
Stammt aus Galilä, wie Jesus.
Ein Fischer von Beruf. Und eigentlich „Simon“ mit Namen.
Verheiratet (anders als Jesus, der Single ist).
Als er Jesus begegnet, ist sein Leben von heute auf morgen ganz neu ausgerichtet, neu sortiert.
Er ist fasziniert von Jesus. Von dessen Worten und Taten.
Es ist, als ob eine neue Welt heraufzieht, sich ganz neue Lebensmöglichkeiten eröffnen.
Einmal heilt Jesus die schwerkranke Schwiegermutter von Petrus.
Petrus selbst - leidet nicht gerade an zu viel Bescheidenheit.
Er ist ein Wortführer. Er nimmt den Mund voll. Er prescht vor.
Unter den 12 Jüngern ist er durchaus herausragend.
Als es für Jesus nach zwei Jahren brenzlig wird, in Jerusalem, legt Petrus sich fest in seiner Treue zu Jesus, ganz selbstbewusst: Er sagt. „Auch wenn alle anderen vielleicht schwächeln werden – ich nicht.“
Jesus ist da eher skeptisch: „Noch ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“
Aber Petrus setzt noch eins drauf:
„Und wenn ich mit dir sterben müsste – ich werde dich nie verleugnen.“
Kurz darauf: Jesus bittet, nicht alleingelassen zu werden, aber Petrus pennt ein. Es ist schließlich schon spät.
Wieder nur kurz darauf, als Jesus gefangen genommen und verhört wird, sitzt Petrus draußen vor dem Tor am Feuer, und wartet ab, wie sich die Dinge entwickeln.
Die Situation ist angespannt.
Petrus wird erkannt: „Du gehörst doch auch zu Jesus, diesem Gotteslästerer, stimmt´s ? Komm, gib´s zu, dein Dialekt verrät dich.“
Und dreimal sagt Petrus: „Ich weiß gar nicht, was ihr da redest. Ich kenne diesen Menschen gar nicht.“ Da kräht der Hahn. Petrus weiß was los ist und macht sich weinend davon.
Einen halben Tag danach: Kreuzigung und Tod Jesu - für Petrus, und nicht nur für ihn, ein Zusammenbruch. Ein Desaster. „Ich hatte gehofft, dass Jesus es sei, der Israel erlösen würde.“ (Lk 24,21). Und nun das: Jesus, offensichtlich gescheitert, gestorben und begraben. Die Hoffnungen gleich mit.
Hand aufs Herz, Petrus. Das Ding ist durch, oder?
4.
Vielleicht ist es bei Ihnen ein Gemisch, liebe Gemeinde, an diesem Ostermontag. Es gibt Dinge, die Ihnen das Herz leicht machen, ein Feiertag, Vorfreude auf ein gutes Oster-Essen vielleicht, Gäste, etwas Gelungenes.
Und zugleich auch Schweres, das Sie belastet; ungelöste Aufgaben, die nach den Osterferien anstehen; Niederlagen, die Ihnen wehtun.
Für den niedergeschlagenen Petrus kommt an diesem Punkt die Erfahrung von Ostern.
Osterglaube, Osterfreude.
In der Predigt, die Petrus im Hause des Kornelius hält, teilt er das so relativ nüchtern, sachlich mit: Einige Stationen aus dem Leben von Jesus, dann Tod, dann Auferstehung.
Und wir sprechen das so ähnlich ja auch im Glaubensbekenntnis.
Aber eigentlich ist Ostern mehr als nur eine festgefügte Zeile in einem Text oder einer Rede.
Ostern ist viel bewegender.
„Liebe lebt auf, die längst erstorben schien.
Liebe wächst wie Weizen, und ihr Halm ist grün.“
Anders gesagt: Die Sache Jesu ist nicht zu Ende, sondern geht weiter.
Jesus – ist nicht gescheitert, sondern von Gott bestätigt, erhöht.
Und: Der lebendige Geist Jesu weht wo er will und begeistert Menschen.
Auch den Petrus.
Und der wiederum erzählt es freudig weiter und weiter und weiter.
Das führt zu: Osterfreude in Jerusalem, Kapernaum, Cäsarea,
Das führt zu: Osterfreude in Würzbug, Hamburg, Winzlar.
„Christ ist erstanden von der Marter alle,
des solln wir alle froh sein,
Christ will unser Trost sein.
Kyrieleis.“
Das Ding ist ganz und gar nicht durch – sondern das Blatt wendet sich. Österlich.
5.
Zwischenfrage:
Der gestorbene Jesus am dritten Tage auferstanden von den Toten.
Ist das
- schwer zu glauben?
- nicht zu glauben?
- Zentrum unseres Glaubens?
- wörtlich zu verstehen?
- symbolisch zu verstehen?
Wie geht es Ihnen damit?
Die Bibel schildert an keiner Stelle den Vorgang von Jesu Auferstehung direkt, so dass man sagen könnte: „Ach schade, dass das nicht im Bild festgehalten und vielleicht live übertragen wurde.“
Die Bibel erzählt das alles vielmehr indirekt.
Erzählt davon, dass Jesus nach seinem Tod einzelnen Menschen erschienen ist, zuerst Frauen, dann Männern. Die ihn oftmals nicht sofort erkannt haben. Manchmal z.B. erst beim gemeinsamen Essen (wie wir vorhin von den Emmausjüngern gehört haben).
Oder auch: dass das Grab leer gewesen ist: „Ihr sucht Christus, er ist nicht hier.“ So dass man sich also auf die Suche machen muss.
Kritiker sagen: „Na ja, das mit den Erscheinungen war eine Art Trauerarbeit der Jünger. Die mussten diesen Frust verarbeiten, dass Jesus nicht mehr da war, da hatten Sie halt Visionen von einem Auferstandenen.“
Und zum leeren Grab sagten manche schon damals: „Der gekreuzigte Jesus ist von seinen Anhängern nicht nur ins Grab hineingelegt sondern auch wieder herausgenommen, also geklaut, worden. Um behaupten zu können: das Grab ist leer.“
Oder man sagt: „Jesus ist schlicht und ergreifend im Grab geblieben. Eine Wiederbelebung Toter ist unmöglich. Das Ding ist durch.“
Ich persönlich finde diese historischen Fragen nicht am allerwichtigsten.
Mir ist anderes wichtiger:
Erfahre ich Jesus hier und heute als einen Toten - oder als einen Lebendigen?
Geht von seinem Weg hier und heute Resignation aus oder gar nichts mehr - oder Hoffnung?
Und ist Glaube nur ein Rückblick auf irgendwelche früheren Ereignisse - oder geht es da um eine unendlich gütige Lebensmacht, die mich jeden Tag begleitet und die mir Zukunft eröffnet?
6.
Das Ding ist ganz und gar nicht durch.
Der BVB hatte eine dreiprozentige Chance im Rückspiel. Hat begeistert gespielt und mit 2:0 gewonnen, sehr achtbar, das fand sogar die spanische Presse. Zum Weiterkommen hat es nicht ganz gereicht. Aber viele neue Sympathien sind dem BVB zugewachsen.
Das Ding ist ganz und gar nicht durch.
Ostern ist Gottes Rückspiel.
An Ostern gelingt Gott der Ausgleich.
Ja, sogar mehr: der entscheidende Treffer:
Gegen tödliche Strukturen, gegen Beziehungsabbruch.
Das Leben siegt über den Tod.
Und der auferstandene Jesus ist in unseren Herzen und in unserer Mitte,
hier heute an diesem Ostermontagmorgen.
Amen
Predigt zu Apostelgeschichte 10,34-43 von Christian Stasch
10,34-43
Perikope