Liebe Gemeinde,
der heutige Episteltext, aus dem zehnten Kapitel des Römerbriefes des Apostels Paulus ist uns noch ein wenig im Ohr: „Wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und in deinem Herzen glaubst, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet. Denn wenn man von Herzen glaubt, so wird man gerecht; und wenn man mit dem Munde bekennt, so wird man gerettet.“ So ist der Glaube an Gott und das persönliche Bekenntnis zu Jesus Christus die Grundlage christlichen Lebens.
So gut es zunächst auch ist, wenn ein Mensch sich als Christ versteht, der für die Ewigkeit gerettet ist, die Bewährung dieses Glaubens und dieses Bekenntnisses im Zusammenleben mit anderen Menschen steht ein Leben lang an.
Die Sorge um das gelingende Zusammenleben der zu Glauben und Bekenntnis Gekommenen scheint nun den Apostel im Predigttext unseres heutigen Sonntags zu bewegen:
4,1So ermahne ich euch nun, ich, der Gefangene in dem Herrn,
dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid,
2in aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe
3und seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens:
4ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung;
5ein Herr, ein Glaube, eine Taufe;
6ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.
Christsein ist kein Ehrenamt sondern ein Beruf. Sollten wir bisher Zweifel daran haben, so macht uns dieser Text deutlich, dass wir mögliche Zweifel vergessen sollten.
Alle Einfälle und Erfahrungen, die sofort zum Thema Beruf auftauchen, sind sicher sinnvoll in die hier entstehenden Überlegungen einzubeziehen.
Beispielsweise: Einen Beruf sollte ein Mensch mit Freude und Liebe ausüben.
Menschen die beruflich mit anderen Menschen zu tun haben, weil sie ihnen helfen und beistehen wollen, werden eher eine berufliche Erfüllung finden, wenn sie Menschen lieben.
Ein Christ kann als Berufsausübender hier Vorteile gegenüber anderen Menschen haben, weil er in seinem Beruf als Christ eine Menge an Kenntnissen und Erfahrungen gesammelt hat, die er in seinem anderen Beruf gut gebrauchen kann.
Da ist erstens der Umgang mit den anderen Menschen des gleichen Berufs.
Demut, Sanftmut und Geduld zu gebrauchen, heißt keinesfalls, sich alles gefallen lassen zu müssen. Das Geheimnis dabei ist, einen anderen in Liebe zu ertragen. Dann stellen sich die Grundgefühle von Demut, Sanftmut und Geduld schon ein.
Wie in jedem Beruf kommt der Erfolg mit der Übung und der Erfahrung.
Falls irgendjemand an dieser Stelle einwenden sollte, wir sollten es doch bitte nicht übertreiben mit dem Christsein als angeblichen Beruf, es gäbe doch die berufstätigen Mitarbeiter in den Kirchen, würde ich antworten:
Ich bin ihnen dankbar für ihren Hinweis auf die Menschen die Berufe in Kirchen und Gemeinden ausüben.
Die sind in den Gedankengängen unseres Textes nicht ausgenommen. Sie haben allerdings den in anderen Berufen Tätigen eines voraus. Sie leben die Berufung zum Christsein und ihren kirchlichen Beruf in der Arbeitswelt zusammen. Die Nachfrage nach dem Stand ihres Christseins in ihrem Berufsalltag wird stetig abgefragt. Sie werden sich häufiger als Christen in anderen Berufen fragen, ob sie ihrer Berufung als Christ nachkommen.
Seit darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens.
Der Apostel denkt an Gottes Geist, der uns zu Einigkeit und Frieden untereinander führen kann. Es ist nicht Friede, Freude, Eierkuchen gemeint, wie die Redewendung es laut Wikipedia ausdrückt: Eine oberflächliche intakte scheinbar friedlich-sorglose Fassade innerhalb einer Gesellschaft. „Diese Redewendung wird oft eingesetzt, um auszudrücken, dass man Probleme verdrängt, statt sie zu lösen.“ Zitat Wikipedia Ende.
Kirchengemeinde und die Gruppen in ihr sind zunächst auch Gruppen von Menschen, in denen es natürlich auch menschelt wie anderswo auch. Aber es gibt einen Anspruch von der
göttliche Wirklichkeit her gesehen. Der Predigttext formuliert ihn so:
4ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung;
5ein Herr, ein Glaube, eine Taufe;
Das sind Berufungen und Gaben in gleichem Maße. Wenn wir seine angebotenen Gaben annehmen, werden wir sicher einige Mühe damit haben, uns auf ihn hin und von uns weg zu orientieren. Wir dürfen viele von unseren Angewohnheiten, Seltsamkeiten und Absicherungen einfach mal loslassen. Unsere so oft krampfhaften Bemühungen um Anerkennung bei anderen Menschen sind ebenso überflüssig.
Gott liebt uns in einem unendlichen Maße. Er hat ja zu uns gesagt, ehe wir uns selbst erkennen konnten. Er hat uns Menschen in unser Leben gegeben, die ihrer Berufung treu uns von ihm berichtet haben, die uns getauft haben, die uns vom Glauben erzählt haben, Menschen, die uns Glauben vorgelebt haben. Gott hat eine Kirche geschaffen, die er als einen Leib ansieht, in der es seinen Geist gibt, in der wir auch berufen sind. Von Gott her sind wir rundherum versorgt. Eigentlich könnte er uns unsere Hausaufgaben allein machen lassen.
Natürlich überlässt er uns unserer christlichen Freiheit, selbst zu entscheiden, wann wir was machen werden, um unserer Berufung gerecht zu werden.
„ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.“
Der letzte Vers macht uns noch einmal die Qualität unserer Berufung deutlich. Die Worte sind nicht nur für den Verstand gedacht, sondern auch für unser Herz. Sie beschreiben, wie die Liebe Gottes uns überall hin begleitet. Wir dürfen mit Gottes Gegenwart nicht nur immer und überall rechnen, wir dürfen aus der Kraft seiner gegenwärtigen Liebe allein und in Gemeinschaft mit anderen leben.
Ich wünsche Ihnen kraftvolle Erfahrungen mit Gott.
Amen